2. Weltkrieg: Wie wäre es weitergegangen, wenn die Wehrmacht Moskau besetzt hätte?

Die meisten waren sicherlich Frauen und Kinder, aber es waren auch Männer dabei. Und Frauen arbeiteten während des 2. Weltkrieges ja ebenfalls in den Fabriken und ersetzten die Männer, und die Kinder werden ja auch irgendwann erwachsen. ;) Das heißt, auch wenn es größtenteils Frauen und Kinder waren, waren es doch kampf- bzw. arbeitsfähige Sowjetbürger.

EDIT: Ich habe jetzt auch Zahlen gefunden. 1939 lebten 6.440.000 Menschen in Usbekistan, 5.990.000 in Kasachstan, 1.458.000 in Kirgistan, 1.484.000 in Tadschikistan, 1.252.000 in Turkmenistan und 5.758.000 in Sibirien. Rechnet man all diese Daten zusammen und addiert noch 5 Millionen Flüchtlinge kommt man auf 27.409.000 Menschen, die im asiatischen Teil der Sowjetunion lebten. Du hast recht, ein Krieg im großen Stil wäre nicht mehr möglich gewesen, ich bin aber davon überzeugt, dass Nadelstichangriffe eine sehr große Truppenkonzentration der Wehrmacht am Ural erfordert hätten.
 
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Die meisten waren sicherlich Frauen und Kinder, aber es waren auch Männer dabei. Und Frauen arbeiteten während des 2. Weltkrieges ja ebenfalls in den Fabriken und ersetzten die Männer, und die Kinder werden ja auch irgendwann erwachsen. ;) Das heißt, auch wenn es größtenteils Frauen und Kinder waren, waren es doch kampf- bzw. arbeitsfähige Sowjetbürger.

EDIT: Ich habe jetzt auch Zahlen gefunden. 1939 lebten 6.440.000 Menschen in Usbekistan, 5.990.000 in Kasachstan, 1.458.000 in Kirgistan, 1.484.000 in Tadschikistan, 1.252.000 in Turkmenistan und 5.758.000 in Sibirien. Rechnet man all diese Daten zusammen und addiert noch 5 Millionen Flüchtlinge kommt man auf 27.409.000 Menschen, die im asiatischen Teil der Sowjetunion lebten. Du hast recht, ein Krieg im großen Stil wäre nicht mehr möglich gewesen, ich bin aber davon überzeugt, dass Nadelstichangriffe eine sehr große Truppenkonzentration der Wehrmacht am Ural erfordert hätten.

Naja ganz müßige Diskussion.

Wohl können wir nur Mutmaßen was passiert wäre, oder ein Roman schreiben wie Dan Brown.

Letzlich hätte der Ausgang des Krieges wohl von der Leidensfähigkeit der Amerikaner und Briten abgehängt. Ab wann hätten die einen Seperatfriden geschlossen. Wo war die Schmerzgrenze eigener Verlust.


Hitler hätte auch versuchen können die Türkvölker auf seine Seite zu ziehen das ist allerdings spekulation.

Zum Thema Partizanen, die Mongolen haben schon einmal gezeigt wie man auch den verbieteresten Wiederstand brechen kann und das sogar in Russland selbst.
 
Naja ganz müßige Diskussion.
Wohl können wir nur Mutmaßen was passiert wäre, oder ein Roman schreiben wie Dan Brown.

Deine bisher beste Aussagen hier, vieleicht sogar die Beste des ganzen Stranges.

Letzlich hätte der Ausgang des Krieges wohl von der Leidensfähigkeit der Amerikaner und Briten abgehängt. Ab wann hätten die einen Seperatfriden geschlossen. Wo war die Schmerzgrenze eigener Verlust.

Warum? Die hätten doch die Reste der Russen weiter unterstützen können, die amerikanische Wirtschaft gab das ja wohl her.

Hitler hätte auch versuchen können die Türkvölker auf seine Seite zu ziehen das ist allerdings spekulation.

Er bzw. seine Spezialisten haben das bei so manchem Volk versucht und teilweise auch erreicht. "Leider" stand einer erfolgreichen Weiterführung aber der Rassenwahn dieser Herren im Wege

Zum Thema Partizanen, die Mongolen haben schon einmal gezeigt wie man auch den verbieteresten Wiederstand brechen kann und das sogar in Russland selbst.

Das der Umgang mit Bogen, Schwert usw. eine zum Teil Jahre lange Ausbildung/ Übung voraussetzt, darauf wurde in diesem Forum schon oft verwiesen. Das man mit einem Gewehr auch als "Ungelernter/Ungeübter" relativ schnell klarkommt, hat wohl die masse beim Wehrdienst begriffen.
Das auch Einzelne mit Sprengstoff sehr viel Schaden anrichten können, ist nicht erst eine Erkenntnis der unserer Zeit.
Ich hoffe ich hab jetzt den Bogen nicht weiter überspannt, als der angedeutete Vergleich des "Könnens" mongolischer Besatzer mit dem deutschen Besatzer hätten machen können.
 
... was der Großdeutschen Wehrmacht 1941 alles an ... Ausrüstung gefehlt hat,... um den Winterkrieg in Russland zu führen.

In der Besprechung vom 29.7.41 wurde vom GQM die Frage der Winterausstattung geklärt, am 3.8.41 in die Wege geleitet. Dieses bezog sich ausschließlich auf den Umfang der vorgesehenen Besatzungsarmee.

Der unerwartete Feldzugverlauf und insbesondere die noch durchzuführenden Offensiven, schließlich die zunehmenden Friktionen in der Transportlage durch den Zustand der Strecken und Straßen führten dazu, dass auch dieses Volumen der Winterausstattung keinen Transportraum fand und nur höchst verzögert befördert wurde.

Danach wurde - die Katastrophe zeichnete sich bereits ab - die Transportbewegung "BOGEN" geplant, die zwischen dem 22. und 30.10.41 durchgeführt werden sollte. Dazu standen seit Anfang Oktober im Reich 341 volle Eisenbahnzüge an Winterausstattung bereit (Bekleidung, Unterkunftsmaterial, GerätFrostschutzmittel, Öl, Kfz-Winterausrüstung, Schlitten, Skier, Winterreifen). Die Züge sollten bevorzugt in die Spitzenbahnhöfe der Armeen vorgeführt werden. Davon konnten jedoch nur 130 Züge (rd. 5.000 Waggons) in geschlossener Bewegung gefahren werden.

Den weiteren Transportsperren fiel die Masse der Operation "BOGEN" zum Opfer, sie wurden nur bis zu den Nachschubsammelstellen im Westteil vorgeführt und blieben liegen, wurden dann im Folgenden vereinzelt abgerufen, wie es die Streckenlage zuließ.

Um mit Wintereinbruch den Bedarf zu decken, hätten täglich mehrere Hundert Züge zusätzlich zu den üblichen Versorgungszügen gefahren werden müssen, obwohl die Tagesleistungen zT weit unter 100 insgesamt absanken. Halder notierte daher am 10.11.1941, dass die Winterversorgung der Heeresgruppen zT nicht vor Ende Januar 1942 vorgebracht werden könne.

Die NS-Führung versuchte in diesem Sinne mit einer Pressekampagne, den Mangel an vorhandener Ausrüstung zu kaschieren: am 18.11.41 wurde angewiesen zu berichten, dass die Ausrüstung im Sommer 41 beschafft worden sei, und sich Verzögerungen durch die Transportlage ergeben würden. Am 21.12.41 folgten dann die Aufrufe zum Sammeln von Winterausrüstung.

Als Teufelskreis erwies sich die mangelnde Ausrüstung für die Winterhärte des Eisenbahnbetriebes (Waggons, Loks, Streckenausrüstungen). Dieses verursachte dann katastrophale Verluste im rollenden Bestand, der wiederum die Vorführung von Winterausrüstung unmöglich machte. Störungen am heimischen Eisenbahnbetrieb waren ab unter minus 15 Grad reichlich bekannt, dort endete quasi die Wintersicherung, trotzdem fehlten insbesondere massenweise Kältesicherungen.

(Schüler, Logistik im Rußlandfeldzug, S. 453 ff.)
 
Als Teufelskreis erwies sich die mangelnde Ausrüstung für die Winterhärte des Eisenbahnbetriebes (Waggons, Loks, Streckenausrüstungen). Dieses verursachte dann katastrophale Verluste im rollenden Bestand, der wiederum die Vorführung von Winterausrüstung unmöglich machte. Störungen am heimischen Eisenbahnbetrieb waren ab unter minus 15 Grad reichlich bekannt, dort endete quasi die Wintersicherung, trotzdem fehlten insbesondere massenweise Kältesicherungen.

(Schüler, Logistik im Rußlandfeldzug, S. 453 ff.)


Es ist das Kontinuum Hitlerscher Politik und Kriegführung, der "Grand Hand ohne Vieren" sprich das extreme Hasard-Spiel.

Aber ich werde bei Barbarossa einfach den Verdacht nicht los, dass die Arroganz des Generalstabs gegenüber Russland ganz gehörig mitspielte.

Das "fehlende Wissen" wurde von den Zeitzeugen und "Winterkämpfern" 41-42 übrigens als schwerwiegender wie die fehlende Ausrüstung angesehen. Und ein paar Broschüren drucken und zur Truppe bringen, wäre vermutlich weniger ein Problem gewesen.

Es ist wirklich kaum zu glauben, das deutsche Heer hatte doch taufrische Russland-Erfahrung von 14-18. Ein großer Teil der höheren Offziersränge persönliche. Die Witterung, die Wegeverhältnisse, das muss alles bekannt gewesen sein.

Mein Fazit:
Die Arroganz der großdeutschen Oberoffiziere hat einen ganz erheblichen Anteil am letztlich fürchterlichen Ausgang des Feldzuges.
 
Das "fehlende Wissen" wurde von den Zeitzeugen und "Winterkämpfern" 41-42 übrigens als schwerwiegender wie die fehlende Ausrüstung angesehen. Und ein paar Broschüren drucken und zur Truppe bringen, wäre vermutlich weniger ein Problem gewesen.

Das ist nicht ganz unproblematisch, wenn auch massig Quellen diese "Entschuldigung" bzw. Erklärung vorbringen.

Man sollte hier sehen, dass es diplomatisch und propagandistisch für notwendig gehalten wurden, den Rückschlag vor Moskau mit großen Verlusten auf höhere Gewalt zu schieben. Obwohl der Winter klimatisch im Rahmen der Erwartungen lag
(OKH - Militärgeographische über das Europäische Rußland, Ausgabe 1. März 1941, dort S. 16 ff. 2a): Landesnatur - Klima)
wurden die Entwicklungen auf die Überraschung geschoben. Diese wiederum lag nicht in den angetroffenen Bedingungen, die vorher eingehend analysiert worden waren, sondern in der völligen Fehlschätzung des Zeitplans und der Überspannung der Transportpläne jenseits der Dnjepr-Düna-Linie.

Der militärische Schlüssel dieser "Entgleisung" (derailing) des Feldzugplans liegt hier, wie der Titel schon andeutet:
http://www.geschichtsforum.de/527809-post30.html
und so schon früher:
Andreas Hillgruber: Die Bedeutung der Schlacht von Smolensk in der zweiten Juli-Hälfte 1941 für den Ausgang des Ostkrieges. In: Felder und Vorfelder russischer Geschichte. Hrsg. von Auerbach/Hillgruber/Schramm, 1985.
 
Das ist nicht ganz unproblematisch, wenn auch massig Quellen diese "Entschuldigung" bzw. Erklärung vorbringen.


Das hat jetzt etwas verwirrt. (manchmal editiert man in die Irre...)

Ich meinte das "Wissen" auf wesentlich niedrigerer Ebene. Die kämpfende Truppe hatte zunächst keine Ahnung wie bei derartigen Minustemperaturen Waffen und Material verwendungsfähig bleibt.
Eben die in den verlinkten Seiten genannten Punkte.
Es ist eigentlich alles profan.
Angefangen bei dem Punkt, dass Eisen Kälte leitet, die genagelten Knobelbecher demnach zwingend zu erfrorenen Füssen führten.

Das Versäumnis der Führung lag mMn in der "Nichtsammlung" und "Nichtweitergabe" solchen überlebensnotwendigen Wissens.
 
:gruml:
Repos "Geschichtchen" auf die in diesem Thread ja schon eingegangen wurden.
Komisch das die Einschätzung dieses "arroganten" Generalstab von Verantwortlichen aller Welt geteilt wurden. Da wird dann der 1.Weltkrieg als "Beweis" herangezogen. Gibt es, lieber Repo, noch andere Erfahrungen die zeitlich näher lagen?
zb. sow. Einmarsch in Polen und dem damit verbunden Chaos in der Roten Armee - beobachtet von der deutschen Wehrmacht?
oder
Sow. Angriff auf Finnland in der zahlenmäßig und techn. weit überlegene Verbände der Roten Armee durch die kleine finnische Armee wiederholt geschlagen wurden? Beobachtet von der "Weltgemeinschaft".
Natürlich haben diese Gegenheiten für die Geschichtchen Repos keinerlei Relevanz.
:vermoebeln:
 
:gruml:
Repos "Geschichtchen" auf die in diesem Thread ja schon eingegangen wurden.
Komisch das die Einschätzung dieses "arroganten" Generalstab von Verantwortlichen aller Welt geteilt wurden. Da wird dann der 1.Weltkrieg als "Beweis" herangezogen. Gibt es, lieber Repo, noch andere Erfahrungen die zeitlich näher lagen?
zb. sow. Einmarsch in Polen und dem damit verbunden Chaos in der Roten Armee - beobachtet von der deutschen Wehrmacht?
oder
Sow. Angriff auf Finnland in der zahlenmäßig und techn. weit überlegene Verbände der Roten Armee durch die kleine finnische Armee wiederholt geschlagen wurden? Beobachtet von der "Weltgemeinschaft".
Natürlich haben diese Gegenheiten für die Geschichtchen Repos keinerlei Relevanz.
:vermoebeln:

Da du ja den Winterkrieg selbst ansprichst - so genau beobachtet scheint die Wehrmacht bzw. ihre Planer ihn doch nicht.

Auch die russischen Soldaten hatten z.B. zu wenig oder keine Winterkleidung.

Eher kam es durch diesen Krieg noch mehr zu Fehleinschätzungen der Roten Armee durch die deutsche Seite. Man war halt der Meinung das die Russen zu blöd sind aus allen Fehlern zu lernen.

Und die Finnen waren zwar gut in der Verteidigung ihrer Heimat gegen einen (ebenfalls überheblichen), schlecht ausgebildeten und organisierten Gegner aber zusammen mit der Wehrmacht dann doch nicht in der Lage Murmansk oder die Mumanskbahn zu erreichen bzw. zu zerstören.
 
:gruml:
Repos "Geschichtchen" auf die in diesem Thread ja schon eingegangen wurden.


Lieber Freund,

solltest Du mich nochmals so anmachen, musst Du Dich aber warm anziehen.
Sehr warm.

Was ist denn mit Deinem ewigen Strategiegefasel, welche Kompetenz hat Du denn vorzuweisen?
3. Computerspiel mit Internethilfe nicht geschafft....
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hat jetzt etwas verwirrt. (manchmal editiert man in die Irre...)

Ja, das Zitat war eigentlich auf die Ausrüstung und auf die propagandistische Behandlung der Schwierigkeiten bezogen, nicht auf die Wahrnehmung "vorne". War mißverständlich, sorry.

Bzgl. der oberen Führung kann man anmerken, dass bereits die Vielzahl von Plänen und Logistiküberlegungen zeigt, dass der "Paar-Wochen-Feldzug" problematisch werden würde. Man spekulierte, die Rote Armee vorwärts einer Linie (vernichtend) schlagen zu können, die versorgungsseitig noch zu bewältigen war. Das misslang, ebenso wie man sich bei der Regeneration der Verluste verschätzte.

Bemerkenswert ist aber dann im weiteren Verlauf, dass sich die obere Führung Anfang Juli 1941 einhellig im Glauben wiegte, der Feldzug sei nach den Erfolgen der ersten 14 Tage gewonnen.
 
Die Einleitung der von mir verlinkten Seite:

Die Direktiven zur Winterwehrkrafterhaltung aus dem Jahr 1942 umfassen Hilfsmittel zur Erhaltung der Wehrkraft der Wehrmacht im Winterwetter. Sie beinhalten Hinweise, Anleitungen und Tipps, die zunächst vom Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen Fritz Todt und seinem Nachfolger Albert Speer nur für das Personal des Straßenwinterdienstes bestimmt in Form einer Dienstanweisung unter dem Eindruck der katastrophalen Bedingungen im Kriegswinter 1941/42 ausgegeben wurden. Es handelt sich zum großen Teil um Improvisationen, dem harten und rauen Winterwetter im europäischen Osten widerstehen zu können und trotzdem dabei die menschliche Arbeits- bzw. Kampfkraft zu erhalten. Die darin enthaltenen Regeln sind, soweit dies möglich und anwendbar war, teilweise bzw. ganz von der Wehrmachtsführung übernommen worden und in deren Führungsstil integriert. Dies betraf in erster Linie jene Heeressoldaten, die in den östlich okkupierten Gebieten eingesetzt waren.

Todt war in den Dezembertagen 1941 während der "Winterkrise" ins unmittelbare Frontgebiet vor Moskau gefahren, und hatte die katastrophalen Zustände gesehen.
 
@Sascha66
Laut Einschätzung OKH arbeitete die Rote Armee, vor Op.B, an der Abstellung der Mängel die zutage getreten sind so daß 1942 zur Masse auch noch relativ gute Ausbildung treten würde.

Und die Finnen waren zwar gut in der Verteidigung ihrer Heimat gegen einen (ebenfalls überheblichen), schlecht ausgebildeten und organisierten Gegner aber zusammen mit der Wehrmacht dann doch nicht in der Lage Murmansk oder die Mumanskbahn zu erreichen bzw. zu zerstören.
Das hatte mit Politik zu tun denn die Sperrung der Bahn hätte Konflikte mit USA / GB gebracht. Das wollten die Finnen nicht, darum hielten sie sich auch nach der Op.B. mit ihren Engagement zurück.

@Repo
ja "lieber" Freund.
Wenn man außer Verdrehungen und Interpretationen nichts vorweisen kann (siehe Thread: "Wieso hatten die US-Amerikaner die A-Bombe zuerst?" dein Post 11.) muß man ausfällig werden.
Warm anziehen muß ich mich eh, denn es wird Winter.

Aber keine Sorge, du stehst in Zukunft wieder auf der "Ignorierliste", dann kannst du deine Geschichtchen weiter erzählen.
 
Mentale Verfassung der Wehrmacht

Die differenzierte Haltung der militärischen Führung im Vorfeld der Operation Barbarossa hat Hillgruber sehr gut beschrieben (Hillgruber: das Rußland-Bild der führenden deutschen Militärs vor beginn des Angriffs auf die Sowjetunion, S. 167ff in: Zwei Wege nach Moskau, Wegner, Hg, 1991).

Zunächst differenziert er zwei Phasen. Die reine militärische Phase, die geprägt war von primär operativen Überlegungen der Militärs und die weltanschauliche Phase, in der Hitler zunehmend Einfluss nahm auf die Führung des Krieges als Vernichtungskrieg (Kommissarbefehl, Aufhebung der Kriegsgerichtsbarkeit etc.).

Es soll primär auf die militärische Phase bzw. Sichtweise eingegangen werden. Die Beurteilung der SU durch die Spitzengliederungen speiste sich aus einer Reihe von Quellen. Zum einen die historischen Erfahrungen der WW1-Kriegsführung, ergänzt durch Anleihen an die Kriegsführungen Napoleons in Russland, erstaunlicherweise, zum anderen die Berichte Köstrings und die Auswertungen von Fremde Heere Ost.

Das allgemeine, dominate Russland-Bild der deutschen Militärs beschreint er wohl zutreffend als "Doppelgesicht des Russland-Bildes", das zum einen durch die Überzeugung des "tönernen Kolosses" geprägt war und zum anderen durch die "alptraumhafte Vorstellung von einem ungeheuren Wachstum Russlands, das bei seinem "Drang nach Westen" alles überrollen werde, wenn ihm nicht frühzeitig Einhalt geboten werde" (ebd. S. 167). Im Kontrast zum tönernen Koloss stand somit die "russsiche Dampfwalze".

Diese "Dampfwalze" erhielt noch eine zusätzlich Bedrohung durch das Gefühl der diffusen Bedrohung durch den "weltrevolutionären Impuls des Kommunismus" und dem damit zusammenhängenden starken antikommunistischen Weltbild im deutschen Offizierskorps.

Dieses Bedohungsgefühl führte zur weit verbreiteten Einschätzung im Offizierkorps, dass es auf längere Sicht zu einem Konflikt zwischen dem 3. Reich und der SU kommen würde. Und damit zusammenhängend war die Haltung verbreitet, dass man im Rahmen eines Präventivkrieges diese subjektiv wahrgenommenen Bedrohung ausschalten solle. Allerdings hat diese Haltung wenig gemeinsam mit der Präventivkriegsthese durch Hitler, allenfalls die Instrumentalisierung der Einstellung.

In diesem Sinne kann man den Angriff als wünschenswertes Ereignis aus der Sichtweise des deutschen Offizierkorps klassifizieren, ohne dass es selber dynamisierend auf den Krieg gegen die SU, im Sinne einer "Kriegstreiberei, aktiv eingewirkt hat, m.E..

War es also "Arroganz", dass man angesichts der "russsichen Dampfwalze" die SU beabsichtigte anzugreifen oder kalkuliertes militärisches Kalkül? Diese Frage verweist im wesentlichen auf die Qualität der "Feindaufklärung" und die Frage der zutreffenden Beurteilung der RKKA und des militärisch ökonomischen Komplexes.

Apriori ist hier anzumerken und diese Information war allgemein zugänglich, dass es der SU in den dreißiger Jahren durch die brutale Industriealisierung und der damit gleichzeitig einsetzenden Tiefenrüstung gelungen war, die notwendige ökonomische Grundlage für eine Kriegsführung zu schaffen.

Bei der Beurteilung der SU standen dem OKW bzw. dem OKH im wesentlichen drei Quellen zur Verfügung. 1. Die qualifizierten Berichte von Köstring aus Moskau, der versuchte die Stärken und die Schwächen der RKKA zu beschreiben. 2. die eingehenden Berichte bei Fremde Heere Ost, die allerdings über keine Osteuropa-Experten verfügten und 3. die erst 41 einsetzende Höhenluftaufklärung.

Im Oktober kam in diesem Zusammenhang FHO zu dem Ergebnis, "dass die Rote Armee ein ernstzunehmender Faktor sei und über eine beachtliche Defensivkraft verfüge, dass sie jedoch keinen Bewegungskrieg im großen Rahmen führen konne" (ebd. S. 176).

In der Folge gab FHO am 1.Janurar 41 ein "Handbuch heraus, dass eher ein Dokument der Unkenntnis ist, laut Hillgruber. Man ging von einem gravierenden Modernisierungsrückstand aus, von einer apathischen Offizierskaste und einem Staatssystem, dass lediglich durch Stalins-Terror zusammengehalten wurde. Und darauf wartete beendet zu werden.

Diese Situation verweist auf ein offensichtlich grundsätzliches Problem hin, auf das Megragee (Inside Hitlers High Command, 2000) explizit hinweist, dass der Generalstab sehr stark dominiert wurde durch das "operative Denken". Die systematische Beschaffung und Auswertung von Informationen über den zukünftigen Kriegsschauplatz im Osten erfolgte höchst fragmentarisch. Die militärische Aufklärung hatte eine deutlich untergeordnete Rolle bei der Planung und Ausformulierung der strategischen und operativen Planung.

Erstaunlich ist auch, dass dieses Problem durchaus ein verbreitetes war. Das Urteil über die RKKA war traditionell in GB, Frankreich und den USA eher geprägt durch eine geringschätzige Beurteilung (vgl. Exkurs: die Präferenz Polens, statt der SU als Bündnispartner im Osten durch GB). Eine Einschätzung, die in der Anfangsphase von Barbarrossa deutlich geäußert wurde und zu ähnlichen Prognosen über die Länge, in diesem Fall eher die Kürze, des Krieges führte. (vgl. Exkurs: interessant ist, dass die USA relativ lange die Frage problematisierten, ob es Sinn machen würde, Kriegsmaterial nach GB zu schicken, da sie den Zusammbruch von GB für möglich hielten. Das wirft ein weiteres Schlaglicht auf die völlig unzureichende Qualität der militärischen Aufklärung in den dreißiger Jahren, weltweit)

Betrachtet man im Detail die Aufklärung der USA für diesen Zeitraum in der SU, dann kann man eigentlich von einer "Terra incognita" sprechen (Leshuk: US Intelligence Perceptions of the Soviet Power 1921-1946, 2003).

Betrachtet man abschließend die Einstellung Halders zum Angriff auf die SU, dann ist keine Begeisterung für diesen Krieg vorhanden, dennoch sieht er ihn als Herausforderung an seine professionelle Kompetenz. Nahezu identisch sah es der Generalsquartiermeister, der es als Herausforderung begriff und den Feldzug zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollte.

Eine Sichtweise, die die Haltung von zwei Spitzen-Offizieren beschreibt, die ausgesprochen sysemkritisch waren.

Es war, so scheint es, ein wenig Arroganz, die die Machbarkeit der Operation Barbarossa beflügelte, aber es waren auch die systemimmanenten Grenzen der Generalstabsarbeit, die eine objektive Sichtweise auf den östlichen Kriegsschauplatz verhindert haben.

Dass es dann bereits auf der Ebene der taktischen Gliederungen der RKKA zu "bösen Überraschungen" auf deutscher Seite gekommen ist, indem die Anzahl der Infantriedivisionen überschätzt und die Anzahl der Panzer- bzw. Mech-Korps im Rahmen der "Grenzschlachten" unterschätzt worden ist, auf diesen Aspekt weist Glantz im Rahmen seines Berichtsbandes zu den "Borderbattles" hin.

Die Aufklärung war nicht nur auf der operativen Seite mangelhaft, sie wies auch auf der taktischen Ebene nicht unerhebliche Defizite auf.
 
Zuletzt bearbeitet:
schöner Beitrag Thanepower
:hoch:

Auf der anderen Seite sollte man nicht vergessen das wohl jede andere Armee bei den Verlusten welche die Rote Armee 1941 erlitt zusammengebrochen wäre.
 
schöner Beitrag Thanepower :hoch:
Auf der anderen Seite sollte man nicht vergessen das wohl jede andere Armee bei den Verlusten welche die Rote Armee 1941 erlitt zusammengebrochen wäre.

Da schließe ich mich umfassend an. :winke:

Die Unruhe stieg schließlich, als dieser erwartete Zusammenbruch sich weiter verzögerte. Die Planung sah eben dieses Ergebnis in einer Linie vor, die logistisch noch zu versorgen war. Darüber gab es Schätzungen, ebenso Warnungen.

Bzgl. fehlendem Zusammenbruch: die Verluste waren gigantisch. Was man unterschätzt hatte, war die Regenerationskraft und die brachiale/rücksichtslose Mobilisierung der sowjetischen Kriegsgesellschaft.
 
Zuletzt bearbeitet:
In dem Zusammenhang zu Entwicklungen im 2.WK, die nicht eingetreten sind, habe ich eine Frage.
In einer TV Doku kam mir zu Ohren, daß Stalin 1943 die westlichen Alliierten mit der Eröffnung der 2tn Front im Westen so unter Druck stellte, indem er einen seperaten Frieden bzw. Waffenstillstand mit Hitlerdeutschland androhte.

Gibt es dazu etwas genaueres?
 
Gibt es dazu etwas genaueres?

Im Vorfeld der Teheraner Konferenz informierte Moskau die westalliierte Seite über die laufenden Kontakte, die von der deutschen Seite
stammen sollten.

FreiDok - Deutsch-sowjetische Sondierungen über einen separaten Friedensschluß im Zweiten Weltkrieg : Bericht und Dokumentation

Martin, Bernd
Deutsch-sowjetische Sondierungen über einen separaten Friedensschluß im Zweiten Weltkrieg : Bericht und Dokumentation, in: Inge Auerbach (Hrsg.): Felder und Vorfelder russischer Geschichte : Studien zu Ehren von Peter Scheibert. Freiburg: Rombach, 1985. S. 280 - 308
dort S. 283
 
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Carell schreibt in seinem 2. Band zum Russlandkrieg darüber, und wie der ominöse "Werther" durch seinen Verrat und die deshalb verlorengegangene Schlacht bei Kursk, diese hoffnungsvolle Option zunichte gemacht hätte.

"Werther" war erfunden worden, um die Spuren zur Entschlüsselung der Enigma zu verwischen. Sehr erfolgreich.
Die "Rote Kapelle", Stauffenberg, Tresckow wurden dahinter vermutet, selbst Bormann war unter den Verdächtigen.

Mit Nachwirkungen bis heute.
Erst neulich hat doch tatsächlich einer öffentlich Bonhoeffer einen "ganz gewöhnlichen Landesverräter" genannt.
 
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