Bei der Werbung oder dem Engagement der Ausländer zum Militairdienste vermittelst des Handgeldes und der Kapitulation, bediente man sich, wie schon oben erwähnt, aller Mittel um schöne große Leute zu bekommen. Jeder Inhaber eines Regimentes sparte kein Geld, wenn er nur zu seinem Zwecke gelangen konnte; deshalb hatten auch diejenigen Officiere, welche auf Regimentskosten warben, ein freieres Spiel, als diejenigen, welche für Rechnung der Regierung dieses Geschäft trieben. Man warb Studenten, als Regimentsfeldprediger, Auditeure, Feldärzte; Handlungsdiener, als Regimentsquartiermeister, Regimentsschreiber, Regimentskassierer; und Handwerker, als Regimentsglaser, Regimentsschlosser, Regimentsschmiede, Regimentsschneider und Schuhmacher etc. etc., an, und wenn sie, die Angeworbenen, zu dem Orte ihrer Bestimmung gelangten, mußten sie gemeine Soldaten werden. So schickte ein Französischer Dragoner=Lieutenant einen Unterofficier in ein Benediktinerkloster in Lothringen, unter der Maske eines reuigen Sünders, der hier Gelegenheit fand, mit den Novizen eine genauere Bekanntschaft zu machen, und sich mit dreien davon zu machen, denen er das Soldatenleben sehr reizend geschildert hatte. Sie nahmen Dienste; allein zwei von ihnen wollte dieses Leben nicht gefallen, sie kehrten zum Kloster zurück; der dritte blieb Soldat, und suchte die Befreiung nicht nach. So bediente man sich der Bettelmönche, Juden, Freudenmädchen etc. als Unterhändler und Emissaire. Eine der Letztern verführte von der ehemaligen Churpfälzischen Garde vier Grenadiere, mit denen sie sich nach und nach trauen ließ, und jeden einzeln auf dem Marsche begleitete; dann kehrte sie jedesmal auf frische Werbung in ihr Standquartier zurück. Bei dem Fünften wurde sie ertappt und das Spinnhaus auf Zeitlebens war ihre Belohnung. Die Trauung verrichtete jedesmal ein als Feldprediger verkleideter Unterofficier. Nicht genug, daß man junge, noch unerfahrene Mannspersonen, junge schön gewachsene Männer durch alle nur mögliche Kunstgriffe überlistete und in die Falle lockte, indem die Werber unter allen Gestalten erschienen, bald als lutherischer, bald als katholischer Geistlicher, als Schiffskapitain, Preußischer Kriegs= und Hofrath, Kammerrath, Reisecommis; dann wieder als Fuhrmann, Tyroler Deckenhändler, Schauspieler etc., sondern man machte sie auch ganz gegen den Willen und die Verordnungen der Regierungen betrunken, gab ihnen Opium, ja man raubte sie da förmlich, wo alle List nichts helfen wollte. So wurde ein Verwalter von einem adlichen Gute im Holländischen förmlich geraubt. Dieser, ein schöner großer junger Mann, wurde schon vier Jahre von den Werbern verfolgt, die alle List und Kunst aufboten ihn zu fangen, allein vergebens, er war immer auf seiner Hut, und drei der geschicktesten Werber verloren durch ihn ihr Leben, weil er sie bei den Anfällen auf seine Person erschoß...
aus "Oeconomische Encyclopädie, oder allgemeines System der Staat= Stadt= Haus= und Landwirtschaft in alphabetischer Ordnung" 1773-1858, von D. Johann Georg Krünitz