Akzeptanz der kleindeutschen Lösung

Ganz einfach ausgedrückt erschien es den Beteiligten als rationalere und auch als vorteilhaftere Lösung. Und es war mehr als ein Staatenbund. Es gab einige bundesstaatliche Elemente wie die berühmte "erste" deutsche Flotte und - zumeist nur auf dem Papier - das Bundesheer. Auf uns wirkt es vielleicht wie ein HRR light, aber ich denke die Verantwortlichen sahen es als sehr guten Kompromiss für die Lösung einer komplizierten Lage. Zeitgenössische Kritik steht natürlich auf einem anderen Blatt.

(Mit der Thurn und Taxischen Post überlebte sogar die so lückenhafte Reichspost bis 1867, als sie von Preußen übernommen wurde. Einige Rechte waren so unklar, dass sie nie geregelt wurden, sondern einfach ignoriert, um sie zu vergessen.)

Er gab auch den Rahmen vor, was zu Deutschland gehörte. Bemerkenswerter Weise war allerdings Böhmen eingeschlossen und das eigentliche Preußen samt Posen gehörte nur 1848-51 dazu. Die Verwirklichung der kleindeutschen Lösung im Reich ist natürlich damit preußische Propaganda: Liechtenstein und Luxemburg (und Limburg) fehlten, während Posen dazugehörte.

(Immer ist zu bedenken, dass die nationale Bewegung friedlicher war. Polen und Tschechen wurde die eigene Identität gegönnt und ihren Forderungen, wo sie nicht gleich mitvertreten wurden, zumindest Raum gegeben. [Polen mehr als Böhmen] Wir haben es trotz aller Modernität noch mit fremden Vorstellungen zu tun, auch bei Metternich und Co.)
 
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(Immer ist zu bedenken, dass die nationale Bewegung friedlicher wahr. Polen und Tschechen wurde die eigene Identität gegönnt und ihren Forderungen, wo sie nicht gleich mitvertreten wurden, zumindest Raum gegeben. [Polen mehr als Böhmen] Wir haben es trotz aller Modernität noch mit fremden Vorstellungen zu tun, auch bei Metternich und Co.)

Ja, der liberale Nationalismus um 1848 blickte darauf, wer sich kulturell und sprachlich welcher Nation zugehörig fühlte, wohingegen der spätere, chauvinistische Nationalismus nach nationaler Größe und Territorien schielte und sich um die Gefühle der am Ende tatsächlich Betroffenen wenig Gedanken machte.
 
Er gab auch den Rahmen vor, was zu Deutschland gehörte. Bemerkenswerter Weise war allerdings Böhmen eingeschlossen und das eigentliche Preußen samt Posen gehörte nur 1848-51 dazu. Die Verwirklichung der kleindeutschen Lösung im Reich ist natürlich damit preußische Propaganda: Liechtenstein und Luxemburg (und Limburg) fehlten, während Posen dazugehörte.

Böhmen war zwar im Deutschen Bund, aber nicht mehrheitlich deutschsprachig. Wir hatten vor einigen Tagen einen Thread zum Thema der Sudetengebiete gehabt, da steht einiges dazu drin. Allerdings gehörte Böhmen schon seit Jahrhunderten zum Heiligen Römischen Reich, und seit Erbfolge im 15. oder 16. Jhdt. (müßte ich auch nachsehen) zu den Ländern der Habsburger Krone.

Aufgrund der Zugehörigkeit zum Deutschen Bund, umaßte das Paulskirchenparlament auch daher Abgeordnete aus dem tschechischsprachigen Böhmen, die der deutschen Einigung zwar positiv gegenüber standen, sich aber nicht als Teil der deutschen Nation sahen. In dem Zeitraum gab es auch den ersten Slawenkongreß.

Warum sich Lichtenstein nicht einem der größeren Länder (Schweiz, Österreich oder Deutsches Reich) nach 1871 angeschlossen hat, vermag ich nicht zu sagen. Ein Beitritt zum Deutschen Reich hätte den Nachteil gehabt, dass es eine Enklave gebildet hätte. Vielleicht wollte man in Lichtenstein auch nur selbständig sein.

Luxemburg war durch vertragliche Übereinkünfte als eine Art Pufferstaat definiert, s. Londoner Konferenz (1867) – Wikipedia Bis 1866 war es Tei des Deutschen Bundes, regiert vom König der Niederlande (Personalunion), ab 1871 zwar nicht Teil des neu erstandenen Deutschen Reiches, aber blieb bis 1918 Teil des Deutscher Zollverein – Wikipedia , war also wirtschaftlich mit dem Deutschen Reich eng verbunden. (Nach 1918 ging man eine entsprechende Zollunion mit Belgien ein.)

Der Fall Limburg ist speziell. Das Gebiet des Herzogtum Limburg gehörte vor 1866 nie zu den Niederlanden bzw. den Vorgängerstaaten. Wenn ich auf die Schnelle nichts übersehen habe, gehört das Territorium bis 1797 zum Heiligen Römischen Reich. Zu welchen einzelnen Herzogtümern, Grafschaften etc. es gehört haben mag, ist mir zu aufwendig, das eben zu recherchieren. Sprachlich liegt es im Deutsch-Niederländischen Grenzbereich. Dem Standardniederländischen näher als dem Hochdeutschen. Ich vermute, aufgrund der Regentschaft des Königs der Niederlande in Personalunion als Herzog von Limburg und der Grenzlage dürfte wohl Niederländisch damals bereits weit als Standardsprache verwendet worden sein. Übrigens wurden auch in Teilen des Niederrheins und Münsterlands bis ins 19. Jhdt. Niederländisch als Amtssprache verwendet. Andererseits bilden die Dialekte in Limburg ein Dialelektkontinuum zum einen mit den niederländischen als auch mit den niederdeutschen Dialekten. Im Paulskirchenparlament saßen auch die Abgeordneten aus Limburg, die Limburg als deutsches Land anerkennen lassen wollten. Ob dies nur deswegen war, weil der Deutsche Bund einen Weg der Liberalisierung im Gegensatz zu den Niederlanden verhieß, oder ob man sich damals in Limburg mehr als Deutscher als als Niederländer sah, vermag ich nicht zu sagen.
 
Warum sich Lichtenstein nicht einem der größeren Länder (Schweiz, Österreich oder Deutsches Reich) nach 1871 angeschlossen hat, vermag ich nicht zu sagen. Ein Beitritt zum Deutschen Reich hätte den Nachteil gehabt, dass es eine Enklave gebildet hätte. Vielleicht wollte man in Lichtenstein auch nur selbständig sein.
Für einen Anschluss Liechtensteins an wen auch immer gab es keinen Grund. Das Haus Liechtenstein (also die Fürstenfamilie) war eng mit Österreich verbunden und in erster Linie ein österreichisches Adelsgeschlecht. Es hatte sogar einen Sitz im "Herrenhaus", dem Oberhaus des österreichischen Reichsrates (vergleichbar dem britischen "House of Lords"). Der Grundbesitz des Hauses Liechtenstein in Österreich war größer als das Fürstentum Liechtenstein. Die meisten Mitglieder der Fürstenfamilie (einschließlich des Fürsten!) hielten sich meist oder immer in Österreich auf, wurden in Österreich geboren und starben hier, und machten hier Karriere; ihr Fürstentum kannten sie kaum. Aber: Dank des Fürstentums war der Fürst (auch) ein souveräner Monarch. Wirtschaftlich war das Fürstentum eng mit Österreich verknüpft. (Auch rechtlich: Z. B. wurde das österreichische "Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch" auch in Liechtenstein eingeführt, und das Oberlandesgericht Innsbruck in Tirol fungierte nebenbei als Höchstgericht für Liechtenstein.)

Ein Anschluss an das Deutsche Reich konnte unter diesen Umständen (auch abgesehen von der fehlenden Landverbindung) wohl kaum in Frage kommen. Ein Anschluss an die republikanische Schweiz ohnehin nicht. Für einen völligen Anschluss an Österreich gab es keinen Grund: Der Fürst konnte die Vorteile von beidem genießen: souveräner Fürst und österreichischer Hochadliger sein. Warum hätte er das aufgeben sollen?

Böhmen war zwar im Deutschen Bund, aber nicht mehrheitlich deutschsprachig. Wir hatten vor einigen Tagen einen Thread zum Thema der Sudetengebiete gehabt, da steht einiges dazu drin. Allerdings gehörte Böhmen schon seit Jahrhunderten zum Heiligen Römischen Reich, und seit Erbfolge im 15. oder 16. Jhdt. (müßte ich auch nachsehen) zu den Ländern der Habsburger Krone.
Böhmen wurde 1306-1307, 1438-1457, 1527-1619, 1620-1740 und 1743/45-1918 von den Habsburgern regiert. Anfangs war es allerdings eine Wahlmonarchie. Nach dem fehlgeschlagenen Aufstand im Dreißigjährigen Krieg wurde die Thronfolge erblich.
 
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Einspruch zu Limburg. Venlo, welches in Limburg liegt, war Teil der spanischen Niederlande. Nachdem das Herzogtum Geldern sein Selbstständigkeit verloren hatte. Venlo schloss sich dann der Utrechter Union an. Damit den Aufständischen an. Die Utrechter Union war der Vorläufer der Republik der sieben vereinigten Provinzen. Große Teile der heutigen niederländischen Provinz Limburg waren Generalitätslande und wurden nicht als eigene Provinz geführt.
Das Gebiet der Niederlande gehörten generell bis 1648 formal zum HRRdN.

https://de.wikipedia.org/wiki/Republik_der_Sieben_Vereinigten_Provinzen
 
1839 teilten sich die Niederlande bekanntlich nicht ganz friedlich in Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Dabei kamen Teile Luxemburgs an Belgien. Limburg war eine niederländische Provinz, die zwischen Belgien und den Niederlanden geteilt wurde. Die Niederlande und Luxemburg wurden in Personalunion regiert, aber nur Luxemburg war im Deutschen Bund. Die Verkleinerung hätte Konsequenzen hinsichtlich des Stimmrechts haben müssen. Daher wurde das nun kleinere niederländische Limburg als Herzogtum aufgenommen und wurde 1866 einfach wieder eine Niederländische Provinz. Daher habe ich es in Klammern gesetzt. Es war ja eigentlich nur ein Handel, um Probleme zu vermeiden und militärischen Schutz für den niederländischen Teil Limburgs zu erhalten, während Limburg nicht eigentlich deutsch werden sollte. Man wollte rationaler sein, blieb aber, wie die EU heute, Lösungen treu, die schon zu Gebilden wie dem HRR geführt hatten.

1848 wollten sich die Limburger Abgeordneten in Frankfurt allerdings einem deutschen Staat anschließen, was das Parlament auch beschloss. Dies hatte aufgrund der benachteiligten Stellung der Limburger auch Rückhalt in der Bevölkerung. Nachdem die Niederlande liberale Reformen begannen, schwand dieser allerdings und in Frankfurt war die Angelegenheit aus Rücksicht auf die Diplomatie sowieso vertrödelt worden. (Sagt Wikipedia, ich hatte die 48er Episode dazu gar nicht im Blick, nur die 'Belgische Revolution'.)

Das alte Herzogtum Limburg kam in den Koalitionskriegen an Frankreich und existierte nicht mehr. Aber es gab nach 1648 durchaus einige kleine Gebiete im Bereich der Niederlande, die noch lange offiziell zum Reich gehörten und teils allmählich, teils als Folge der Revolution in Frankreich Niederländisch wurden.
 
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Einspruch zu Limburg. Venlo, welches in Limburg liegt, war Teil der spanischen Niederlande. Nachdem das Herzogtum Geldern sein Selbstständigkeit verloren hatte. Venlo schloss sich dann der Utrechter Union an. Damit den Aufständischen an. Die Utrechter Union war der Vorläufer der Republik der sieben vereinigten Provinzen. Große Teile der heutigen niederländischen Provinz Limburg waren Generalitätslande und wurden nicht als eigene Provinz geführt.
Das Gebiet der Niederlande gehörten generell bis 1648 formal zum HRRdN.

https://de.wikipedia.org/wiki/Republik_der_Sieben_Vereinigten_Provinzen

Danke für die Präzisierung. Da habe ich mich teilweise geirrt. Ich habe noch aus der Karte, die im von Apvar verlinkten Wiki-Artikel die entsrechenden Teile separiert:

upload_2022-1-1_15-33-21.jpeg


Laut Angabe ist das der Gebietststand kurz vor der Französischen Revolution, also vor 1789. Da sieht man, dass einige Gebiete des späteren Herzogtums Limburg bzw. Provinz Limburg als Enklaven im HRR lagen. Welches die sie umgebenden Territorien und ihre Herrscher waren, habe ich jetzt nicht sauf die Schnelle herausfinden können.
 
Ich sehe gerade, die Karte ist ein wenig mickirg ausgefallen, damit die Mitdiskutanten nicht in den Monitor oder ins Display ihrer Geräte kriechen müssen, hier noch die XL-Version::)

upload_2022-1-1_15-41-34.jpeg


Also wie man sieht, eine ziemlicher Flickenteppich.
 
Die Frage ist, ob ein großdeutscher Staat der neben faktisch allen deutschsprachigen Europäern auch viele Tschechen und Polen angehört hätten, in Europa überhaupt durchsetzbar war. Jedenfalls in Kontinentaleuropa wäre dieser Staat eindeutig der Hegemon gewesen und was wäre mit den Ungarn und den restlichen passiert. Ein Königreich Ungarn als unabhängiger Staat, wo die Ungarn eine Minderheit waren.

Wer würde der König/Kaiser die Habsburger oder die Hohenzollander.

Eine kleindeutsche Lösung mit einem guten Verhältnis zu Österreich war vielleicht sowieso schon der "best case".
 
Nur war das nicht unbedingt abzusehen. Seit 1740 gab es zwischen Preussen und Österreich 4 Kriege.
Die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege haben zwar alles durcheinander gebracht.
Aber beim Wiener Kongress scheinen sich beide auch nicht so gut verstanden zu haben.
1848-1849 Stichwort Kartätschenprinz, später unser ach so geachtete Kaiser Wilhelm.
Österreich stand zwar an der Seite von Preussen beim Deutsch-Dänischen Krieg.
Dafür krachte es dafür im Deutsch-Deutschen Krieg wieder heftig.
Und Österreich hat sich beim Deutsch-Französischen Krieg rausgehalten.
 
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Und Österreich hat sich beim Deutsch-Französischen Krieg rausgehalten.

Österreich-Ungarn betrieb aktive Vorbereitungen zum Krieg. Höhepunkt war Ende Juli/Anfang August 1870 die Teilmobilmachung der Armee. Am 30.Juli legte Ministerpräsident Andrassy den ungarischen Parlament eines Gesetzesvorlage zur Einberufung der für 1870 beschlossenen Honvedrekruten noch vor Oktober und zur Sicherstellung des hiermit zusammenhängenden Kredits von 5 Millionen Forint vor. Auf dem Ministerrat vom 04.August teilte Kriegsminister Kuhn die Anordnung zur Beschaffung der nötigen Pferde und die teilweise Einberufung der Soldaten und Unteroffiziere mit.
Und dann war da noch das Zarenreich.

Der Ballhausplatz hatte durch den eigenen Geschäftsträger in Berlin Wind davon bekommen hatte, das Russland in dem Krieg eintreten würde, falls Österreich-Ungarn gegen Preußen antreten sollte. In diesen kritischen Tagen sprach der Zar mehrfach mit dem Vertreter des Ballhausplatzes Chotek. Es wurde deutlich, das die friedliche Entwicklung der beiden Kaiserreiche davon abhing, wie Österreich sich zum Krieg zwischen Preußen und Frankreich verhalten würde.

Österreich hatte sich gezwungenermaßen aus dem Kriege herausgehalten.
 
Wer ist "man"?

Die politischen Einheiten, die noch am ehesten ein Interesse an einem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehabt hätten, wie etwa die reichsunmittelbaren Städte, Reichsritterschaften, Klöster und Bistümer, die existierten nicht mehr.

Wer hätte ein Interesse daran gehabt, Institutionen (Kaiser? Reichskammergericht?) wiederherstellen, die vorher schon nicht mehr funktioniert hatten?

Naja, offenbar gab es doch nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation weiterhin das Bedürfnis nach einem Reich Deutscher Nation. Warum hat man sonst überhaupt den Deutschen Bund gegründet und warum gab es dann diese starke Nationalbewegung im 19. Jahrhundert? Warum waren politische Lieder wie von Arndt "Was ist des Deutschen Vaterland" so populär?

Wirkt auf mich ehrlich gesagt nicht so, als wären die Deutschen froh darüber gewesen, dass dieses Heilige Römische Reich endlich weg war und man nun noch mehr Kleinstaaterei haben wollte.
 
Wirkt auf mich ehrlich gesagt nicht so, als wären die Deutschen froh darüber gewesen, dass dieses Heilige Römische Reich endlich weg war und man nun noch mehr Kleinstaaterei haben wollte.
Durch das Ende des HRR und den Reichdeputationshauptschluß kam es ja nicht zu mehr Kleinstaaterei - im Gegenteil. Im Deutschen Bund gab es ab 1815 zunächst 41 Mitgliedsstaaten. Das HRR hatte etwa 300 Mitgliedsstaaten. Samuel Pufendorf charakterisierte das HRR als ein "irregulären und einem Monstrum ähnlichen Körper". Dahin wollte man nicht zurück. Der Schritt zum Deutschen Bund war also auch ein Schritt weg von Kleinstaaterei.

Warum waren politische Lieder wie von Arndt "Was ist des Deutschen Vaterland" so populär?
Weil vielen im Vormärz und bis 1848 der Deutsche Bund nur als Zwischenlösung galt. Nur war man sich nicht einig, ob es ein "Großdeutschland" mit Österreich (und was wird aus den nicht-deutschen Ländern in Österreich?) oder Kleindeutschland ohne Österreich unter preußischer Führung werden sollte. Darüber diskutierten viele, daher auch dieses Lied, das für "Großdeutschland" eintritt.

Wilhelm I. wollte doch 1871 gar nicht Kaiser werden.
Er wurde aber von Bismarck überzeugt, es dennoch zu werden.
 
Naja, offenbar gab es doch nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation weiterhin das Bedürfnis nach einem Reich Deutscher Nation. Warum hat man sonst überhaupt den Deutschen Bund gegründet und warum gab es dann diese starke Nationalbewegung im 19. Jahrhundert? Warum waren politische Lieder wie von Arndt "Was ist des Deutschen Vaterland" so populär?

Wirkt auf mich ehrlich gesagt nicht so, als wären die Deutschen froh darüber gewesen, dass dieses Heilige Römische Reich endlich weg war und man nun noch mehr Kleinstaaterei haben wollte.

Den Deutschen Bund hat man gegründet um unter Vermeidung eines gesamtdeutschen Nationalstaates, der unweigerlich die Machtfrage gestellt hätte das Zentrum Europas wiederstandsfähig genug gegen Expansionsbestrebungen Frankreichs im Westen und Russlands im Osten zu machen und somit eine dauerhafte Friedensordnung zu etablieren.

Der Einrichtung eines deutschen Nationalstaates hatte man auch mehr oder minder vor Wien 1814/1815 bereits eine Absage erteilt, weil man Zwecks Abwerbung der Rheinbundstaaten aus dem Napoléonischen Bündnis Bayern, Würtemberg und Baden bereits 1813 Bestandsgarantie zugesichert hatte, ebenso, wie man Großbritannien die Wiederherstellung des damals noch in Personalunion verbundenen Braunschweig-Lüneburg, (auch "Kurhannover"), nachmalig Kgr. Hannover zugesichert hatte.

Damit war bereits vor dem Wiener Kongress, was die größeren Brocken angeht, der Bestand des "3. Deutschland" mehr oder minder beschlossene Sache, sofern man die sächsische Frage einmal ausklammert, die ja dann noch für reichlich Zündstoff sorgte.

Der Deutsche Bund war das Mittel, die Kleinstaaten militärisch zu sichern und zu verhindern, dass diese einer auswärtigen Macht zum Opfer fielen oder sich mit einer solchen verbündeten, was gegen die Interessen Österreichs und Preußens ging.
Die Erfahrung hatte man ja mit den Rheinbundstaaten gemacht, die Erfahrung, dass größere Teilstaaten des alten Reiches Ausschehrten und mit auswärtigen Mächten gegen andere Reichsmitglieder paktierten, hatte man im Gestalt Bayerns, Sachsens und vor allem Preußens auch schonmal gemacht.


Das hatte mit einem wie auch immer gearteten deutschen Nationalismus wenig zu tun, zumal diesem Bund mit Böhmen, Mähren, und den Österreichischen Kronländern, die das heutige Slowenien bilden, in diesem Bund auch einige Territorien vertreten waren, deren Bevölkerung in diesem Sinne kaum als "deutsch" gelten konnte, genau wie über die Territorien Hannover, Luxemburg, umd Holstein, die Monarchen von Großbritannien, Dänemark (Bis 1864) und der Niederlande am Bundestag zu Frankfurt ein Wörtchen mitzureden hatten.

Warum waren politische Lieder wie von Arndt "Was ist des Deutschen Vaterland" so populär?
Das wurden sie in diesem Ausmaß erst im Verlaufe des 19. Jahrhunderts.
 
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ähm, verstehe ich das richtig, dass Österreich dann gegen den Norddeutschen Bund zusammen mit Frankreich in den Krieg gezogen wären, wenn Moskau nicht interveniert hätte?
Ja bist du denn der Meinung, dass man sich in Wien damit abgefunden hätte, aus dem Raum des ehemaligen Deutschen Bundes weitgehend verdrängt zu sein, wenn man die Möglichkeit gesehen hätte, das mit militärischen Mitteln rückgängig zu machen?

In Österreich hätte man machtpolitisch sicherlich besser damit leben können, wenn Frankreich ein paar linksrheinische Gebiete bekommen hätte und sonstigenfalls die Verhältnisse von vor 1866/1867 wieder hergestellt worden wären.
 
Es ging vor allem um den Titel. Wilhelm I. wollte Kaiser der Deutschen heissen. Durchsetzbar war aber "nur" der Titel Deutscher Kaiser und das hatte Wilhelm I. nun gar nicht gefallen.

Da hat es ein ganz schönes Gerangel gegeben. Es waren die Bayern, und zwar nur diese, die den Titel Kaiser der Deutschen nicht akzeptieren wollten. Auch versuchte der Bruder von Ludwig II. Prinz Luitpold noch dafür zu sorgen, das die bayrischen Truppen ihren Fahneneid behalten konnten. Er hat dies gegenüber Wilhelm I. auch entsprechend vertreten; allerdings ohne seinen eigenen König Ludwig II. darüber auch nur zu informieren, das er eigenmächtig in die Verhandlungen eingreift.
 
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