Während der Lektüre über die Zeit ist mir aufgefallen, dass die Loyalität der Menschen damals häufig Hitler galt, jedoch viel weniger häufig der Partei oder Bewegung. Ich weiss, dass dies aufgrund der Umstände äusserst schwer einzuschätzen ist, aber hat die Geschichtswissenschaft hierzu halbwegs zuverlässige Einschätzungen? Vielleicht auch, wie dieser Anteil sich über die Zeit verändert hat?
Hitler hat sich vor allem durch die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit Prestige bei einem Großteil der deutschen Bevölkerung verschafft. Er profitierte von einem abflauen der Weltwirtschaftskrise, und das System der Mefo-Wechsel, das Hjalmar Schacht anwendete, war von der Bevölkerung kaum zu überblicken. Hitler war kein Wirtschaftspolitiker, und das Nazi-Wirtschaftswunder war vor allem auf Schacht zurückzuführen. Bei Kriegsausbruch herrschte im DR fast Vollbeschäftigung, und das wurde natürlich auch propagandistisch groß herausgestrichen. Dieser Erfolg verschaffte Hitler aber auch unter Deutschen Prestige, die dem NS kritisch gegenüber standen, die von Erscheinungen des NS vielleicht sogar abgestoßen sein mochten.
Es trugen außenpolitische Erfolge und während des Krieges militärische Erfolge dazu bei, dass Hitler bis zur Kriegswende 1942 ein recht hohes Ansehen in der deutschen Bevölkerung genoss. 1938 und dann noch einmal 1940 nach dem siegreichen Frankreich-Feldzug war sein Ansehen auf dem Höhepunkt.
Mit dem Unternehmen Barbarossa begann der Holocaust, begann der Rasse- und Vernichtungskrieg gegen die SU. In Polen bereits hatten Einsatzgruppen bereits systematisch die Vernichtung der polnischen Intelligenz. In der SU wurden viele Wehrmachtssoldaten Zeugen und Mitwisser (und Mittäter). Die erzählten natürlich in der Heimat wenigstens einer Ehefrau, Freundin oder Vertrauensperson davon. Mit den hohen deutschen Verlusten, dem schwindenden Kriegsglück, dem Bombenkrieg und der zunehmenden Repression des NS-Regimes gegen das eigene Volk verblasste auch Hitlers Nimbus.
Der starrsinnige Haltebefehl vor Stalingrad und das grausame opfern der 6. Armee. ließen doch starke Zweifel an Hitlers Kompetenz aufkommen.
Als die Judendeportationen begannen, gab es noch Leute, auch dem Nationalsozialismus gegenüber aufgeschlossene, die Hitler damit nicht in Verbindung brachten oder bringen wollten. Henriette von Schirach, Frau des Reichsjugendführers und Gauleiters von Wien wurde bei einem Besuch in Amsterdam Zeugin von Judendeportationen. Sie sprach Hitler darauf an, worauf sie nie wieder auf den Berghof eingeladen wurde.
Seit Kriegsbeginn trat Hitler auch kaum noch an die Öffentlichkeit, wendete sich selten nur mit Reden an das Volk. Mit den zunehmenden Sorgen und Belastungen des Krieges, den Einschränkungen und Repressionen schwand auch Hitlers Ansehen in der Bevölkerung und auch die Loyalität der Bevölkerung. In den "guten Nazijahren" von 1935-37 und 1938, als Hitler auf dem Höhepunkt seiner Macht stand, dürfte die überwiegende Mehrheit des deutschen Volks loyal zu Hitler gestanden haben, auch wenn sie nur in Teilen ideologisch mit dem NS übereinstimmte oder einzelne Punkte der NS-Ideologie ablehnte.