@Trajan, Du solltest dabei aber nicht vergessen, dass die beste Konservation immer noch das Verbleiben im Boden ist. Was dort 1000 Jahre und länger geschlummert hat, hält meist auch noch 100 weitere Jahre aus.
Ave El Quijote,
Jein, grundsätzlich stimmt das zwar schon. Dem entgegen steht aber der gigantische Landschaftsverbrauch speziell in Deutschland durch Hoch- und Tiefbauten aller Art. Und nur selten bemerkt ein Baggerführer was er da gerade angräbt, und selbst wenn, macht der Polier Druck, nur ja weiter zu baggern und das Maul zu halten.
Denn nach Gesetzeslage ist der Grundstückseigner verpflichtet, den Bau einzustellen und die dann notwendigen Ausgrabungen selbst zu bezahlen. Klingt etwas komisch, ist aber so. Denn archäologische Stätten auf dem Baugrundstück werden grundsätzlich als Altlasten behandelt. Und ob alte verdreckte Öltanks und kontaminierter Grund oder römische Villa: Der Bauherr hat für eine sachgerechte Entsorgung der Altlasten und für die notwendigen Kosten gerade zu stehen! In der Praxis springen dann oft die Gemeinden ein, aber auch die haben ein Interesse die Kosten klein und einen Investor munter zu halten und lassen sich daher meist mit schnell durchgeführten Kleingrabungen oder weniger abspeisen.
Dementsprechend verschwinden für jede aufgedeckte Fundstelle bestimmt zehn Stück auf Nimmerwiedersehen. Der Informationsverlust für die Historie ist daher, parallel zum Landschaftsverbrauch, enorm gross. Zur Zeit ist er noch deutlich grösser, als der Informationsverlust durch Schwarzgräber, die im Vergleich dazu nur mit Kleingeräten unterwegs sind.
Ein Beispiel ist Hedemünden. Die Wallanlage war schon ewig bekannt. Von Historikern wurde sie mal als bronzezeitlich, mal als mittelalterlich, jedenfalls germanisch eingeschätzt. Erst als mit dem Aufkommen der preisgünstigen Metallsonden die Anlage fleissig geplündert wurde, und römische Artefakte in den entsprechenden Foren auftauchten, schreckte man auf. Das was andere schon lange gemunkelt hatten, war jetzt plötzlich klar: Es ist ein Römerlager der Okkupationszeit! Dann erst kam Geld für Ausgrabungen, an dem übrigens auch ganz erheblich Hobbyarchäologen beteiligt sind, die von Hr. Grote betreut werden, denn sonst wäre dass garnicht finanzierbar.
Ergo: Ausgerechnet Vandalen legten des Pudels Kern offen, die offizielle Archäologie kommt viel zu spät auf den Acker, und braucht zudem dringend die geldwerte Unterstüzung der Hobbyarchäologen. Hätte man die Vandalen nicht gehabt, so wären zwar die vielen schönen Münzen im Boden geblieben, aber man hätte vielleicht eine nette Chipfabrik auf das Gelände gesetzt und die so wertvollen Informationen wären in einem Haufen Abraum verschwunden.
Das könnte man natürlich mit einer geeigneten Gesetzesregelung viel besser in den Griff bekommen. So könnte man z.B. einen Art Waffenschein für Sondengänger einführen: Jeder Sondengänger erhält nach einer sinnvoll gestalteten Prüfung einen Suchschein, mit dem er unter Anwendung wichtiger Kriterien (Fundstellensicherung, Anzeige und Aufzeichnung aller Funde, Rechte auf Funde nach wissenschaftlicher Sichtung, usw.) frei suchen kann. Dabei wäre das Führen von Prospektionsgeräten ohne diesen Schein allerdings auch deutlich empfindlicher zu bestrafen, als es zur Zeit der Fall ist.
Die Folge wäre z.B. dass die statistisch so enorm wichtigen Streumünzenfunde der Wissenschaft zu Gute kämen, anstatt für 10 Euro bei ebay verschleudert zu werden; interessante Fundstellen würden bekannt, lange bevor Investorenbagger und lustlose Gemeinden für ein Verschwinden sorgen.
Beste Grüsse, Trajan.