Augustus und Caesar als Titel

Das mit Heinrich VI. war eine Notlösung: Eigentlich wollte Friedrich Barbarossa seinen Sohn schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser krönen lassen, aber der Papst weigerte sich. Also bekam der Sohn als notdürftigen Ersatz eben den Titel "Caesar" verliehen.
Ansonsten ist mir nicht bekannt, dass der Caesar-Titel im HRR verwendet worden wäre.
 
Schön finde ichs in diesem Zusammenhang, wie oft Caesar in populärwissenschaftlichen Kontexten als "erster Kaiser genannt wird. Warum machen die das wohl? Weil sies nicht besser wissen? Oder weil es das Publikum so erwartet bzw. weil es dessen (mehr oder minder existenten) Bedürfnis nach "Vereinfachung" gerecht wird?

Hmm... das is nen bisschen viel "Vereinfachung" :devil: Ich würd daher aufs Unwissen tippen.
Aber: die ganze "Kaisertum"-Sache ist so eindeutig nicht, würd mich wundern, wenns nicht den ein oder anderen ernsthaften Wissenschaftler gibt, der Caesar schon als "Kaiser" ansieht. Ist immer eine Frage der Interpretation der tatsächlichen Machtstellung und natürlich der Quellen, die wir über diese Machtstellung haben (die können übertreiben, lückenhaft sein usw.). Und wenn die Zeitgenossen Caesar schon nicht mochten, weil er sich wie ein "König" verhielt, dann fehlt nicht mehr viel, auch den schon "Kaiser" zu nennen, wenn man alle anderen Unterschiede zu später mal ignoriert...
Diese Einteilung in Republik und Kaiserzeit ist, hmm... sicher nicht "willkürlich", aber auch nicht total eindeutig. Man könnte sicherlich irgendwelche Argumente finden, Caesar schon als "Kaiser" zu bezeichnen, wenn man das wöllte und wenn es nicht gefühlte 99% der Historiker anders machen würden und man dadurch einfach ziemlich alleine dastünde mit so einer Theorie.
Man muss übrigens auch aufpassen, oft wird auch Augustus einfach nur "Caesar" genannt und es kann da zu Verwechslungen kommen.
 
"Caesar" war Augustus' "richtiger" Name nach seiner Adoption durch Caesar. In antiken Texten wird er in der Zeit zwischen seiner Adoption und der Verleihung der Bezeichnung "Augustus" daher meist Caesar genannt. In heutigen Publikationen wird er für diese Zeit meist Octavian genannt, ein Name, den er in Wahrheit nie geführt hat.

Die tatsächliche Machtstellung ist als Grundlage schon etwas vage, um daran einen Titel festzumachen. Und wenn, dann müsste man, wie ich oben schon geschrieben habe, konsequenterweise schon Sulla als Kaiser bezeichnen, und das macht mW niemand.
 
...Im Heiligen Römischen Reich erhob Kaiser Friedrich I. seinen Sohn und designierten Nachfolger Heinrich 1186 zum Caesar; die genaue Tragweite dieses einmaligen Akts ist in der Forschung jedoch umstritten

Weiß da zufällig jemand mehr darüber? Bzw. wann und wie ist der Caesar-Titel im MA wieder aufgekommen (Karl der Große ist ja Imperator, Augustus, nebenbei auch noch Rex aber kein Caesar), und wurde er überhaupt häufig noch als "lateinischer" Titel verwendet, oder bald schon eher als deutscher Begriff (damit ja mit etwas anderer Bedeutung?)

N Haufen MA-Fragen fürs Antike-Forum, aber wenn wir grad schon dabei sind... ;)
Ja macht ja nichts, auch wenn es hier etwas "OT" ist.
;)

Ich schließe mich Ravenik an.
Im HRR wurde der Titel "Caesar" eigentlich nicht verwendet. Daß Friedrich I. ihn für seinen Sohn Heinrich VI. dennoch verwendete, hatte sicher keine Bedeutung und zwar schon deshalb, weil er nicht durch die Kirche legitimiert war. Heinrich VI. war seit 1169 König und sein Vater Kaiser Friedrich I. wollte ihn schon zu seinen Lebzeiten zum Mitkaiser krönen lassen, was der Papst jedoch verweigerte. Deshalb griff Friedrich wahrscheinlich auf diesen alten römischen Titel zurück, denn man führte ja die Tradition des alten Römischen Reiches fort. Aber wie gesagt, ohne Legitimation durch die Kirche bzw. den Papst war das zur Zeit Friedrichs I. nichts wert.
So war der wirklich legitime Titel von Heinrich VI. bei der Abreise Friedrichs I. zu seinem Kreuzzug eben nur "römischer König" und erst 1191 (nach Friedrichs Tod) wurde Heinrich dann Kaiser.
Ich habe gerade noch schnell in zwei Büchern nachgeschaut. In meinem Buch aus DDR-Zeiten wird der "Caesaren-Titel" Heinrichs nicht einmal erwähnt - in dem anderen (dem neueren) zwar schon, aber nicht, was das bedeutete.
Es war vermutlich lediglich eine Trotzreaktion Friedrichs. So würde ich das einordnen.
:)

Aber:
...In heutigen Publikationen wird er für diese Zeit meist Octavian genannt, ein Name, den er in Wahrheit nie geführt hat...

Und wie kommt man "heute" auf den Namen Oktavian, wenn er sich selbst nie so ganannt haben soll?
Ich kenne ihn bis zum Ende des Bürgerkrieges nur unter diesem Namen...
:grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Und weil er imanchmal n der römischen Literatur, zum Beispiel bei Cicero, Octavianus genannt wird. Steht im Wikipediaartikel in den Fußnoten.
 
Das mit Heinrich VI. war eine Notlösung: Eigentlich wollte Friedrich Barbarossa seinen Sohn schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser krönen lassen, aber der Papst weigerte sich. Also bekam der Sohn als notdürftigen Ersatz eben den Titel "Caesar" verliehen.
Ansonsten ist mir nicht bekannt, dass der Caesar-Titel im HRR verwendet worden wäre.

Friedrich I. Barbarossa hatte dafür ein Vorbild im byzantinischen Reich. Deren Augusti/Basileus ernannten in aller Regel ihre Söhne und engste Verwandte zu Caesares.
 
Das stimmt, wobei zu Barbarossas Zeiten der Titel "Kaisar" aber schon etwas heruntergekommen war: Der "Sebastokrator" war ranghöher, und der "Kaisar" wurde schon leicht inflationär vergeben.
 
Titel: Caesar vs. Augustus

Diokletian ernannte als Nebenkaiser einen Augustus (Maximian) und später zwei Caesaren als Unterkaiser.

Hier wird in der römischen Geschichte endgültig deutlich, dass der Caesartitel weniger wert ist als der Augustustitel, sofern man überhaupt von Titeln sprechen kann und nicht eher von Beinamen.

1.: Wieso ist das so?

2.: Wieso aklammierten die Soldaten trotzdem ihre Usurpatoren zum Caesar und nicht zum Augustus?

3.: Wann und wieso findet der Wandel statt? (Wir reden ja heute nicht von Augustus Karl dem Grossen.)
 
Diokletian ernannte als Nebenkaiser einen Augustus (Maximian) und später zwei Caesaren als Unterkaiser.

Hier wird in der römischen Geschichte endgültig deutlich, dass der Caesartitel weniger wert ist als der Augustustitel, sofern man überhaupt von Titeln sprechen kann und nicht eher von Beinamen.
Nicht erst da. Bereits Galba verlieh seinem designierten Nachfolger Piso die Bezeichnung "Caesar". In der Folgezeit erhielten viele designierte Nachfolger die Bezeichnung Caesar, z. B. Traian. Besonders schön sieht man das am Beispiel Commodus: 166 wurde er von seinem Vater zum Caesar erhoben, 177 dann zum Augustus. "Caesar" war also eine Vorstufe zum "Augustus". Auch Pertinax ernannte seinen Sohn zum Caesar. Septimius Severus einigte sich mit seinem Gegner Clodius Albinus darauf, dass sich dieser mit dem Caesar-Titel begnügen würde. Daran sieht man also, dass der Caesar-Titel nicht nur für einen Nachfolger, sondern auch für einen nicht gleichrangigen Mitregenten (mit Aussicht auf eine eventuelle Nachfolge als Augustus) verwendet wurde. Seine eigenen Söhne Caracalla und Geta erhob Septimius Severus ebenfalls zunächst zu Caesares, später dann zu Augusti.

1.: Wieso ist das so?
Weil's so ist.
Okay, das ist eine blöde Antwort, aber es hat sich eben so eingebürgert.
Den Ursprung vermute ich am ehesten darin, dass zur Zeit der Iulisch-Claudischen Dynastie viele Erben (eventuell durch Adoption) den Familiennamen Caesar führten. Beispiele: Augustus war von Caesar adoptiert worden und hieß somit nun wie sein Adoptivvater Gaius Iulius Caesar. Als Augustus den Tiberius adoptierte, erhielt er, der von Geburt an Tiberius Claudius Nero geheißen hatte, den neuen Namen Tiberius Iulius Caesar, da er durch die Adoption ja in die Familie von Iulius Caesar aufgenommen worden war. Auch Nero, der von Geburt an Lucius Domitius Ahenobarbus hieß, erhielt durch seine Adoption durch Claudius den Namen Nero Claudius Caesar Drusus Germanicus.
So mag sich eben eingebürgert haben, dass ein "Caesar" designierter Nachfolger sei.
Ich finde jedenfalls bei Sueton, Plutarch und Tacitus keine Begründung dafür, wieso Galba Piso "Caesar" nannte. Allerdings geht aus den Darstellungen hervor, dass schon in der Zeit nach Neros Tod "Caesar" als Titel begriffen wurde.
Interessant ist übrigens auch, dass, als Vespasian Kaiser wurde, der in Rom weilende Domitian noch vor der Ankunft seines Vaters zum Caesar wurde.

2.: Wieso aklammierten die Soldaten trotzdem ihre Usurpatoren zum Caesar und nicht zum Augustus?
Wo hast Du das denn her?
Zumindest führten Soldatenkaiser immer von Anfang an den Titel "Augustus". So z. B. auch Konstantin I., obwohl er von seinen Mitkaisern anfangs nur als Caesar anerkannt wurde.

3.: Wann und wieso findet der Wandel statt? (Wir reden ja heute nicht von Augustus Karl dem Grossen.)
Keine Ahnung.
 
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Im Ursprung diente der Titel/Name Caeser zur Legitimation der Nachfolge Oktavians. Er machte damit seinen Machtanspruch deutlich.
Der Titel Augustus, den er vom Senat erhielt diente der Überhöhung der eigenen Person, quasi mit einem sakralen Akt. Während er Caesar als seinem Vorgänger nachfolgte, gab es kein Beispiel für den Titel Augustus in der vorhergehenden Geschichte.
Betrachtet man die spätkaiserzeitliche Tetrachie, so verhält es sich im Prinzip ähnlich. Die Augusti unterstrichen ihren Machtanspruch vor allen anderen(wie Oktavian) und legitimierten ihre Nachfolger durch den Titel Caesar ( ebenfalls wie Oktavian). Diese wurden nach Abtritt der der Augusti selbst zu Augusti und designierten wiederum ihre Nachfolger durch dien Titel Caesar. Dies spiegelt im Grunde genommen den Werdegang des ersten Kaisers wieder und soll die Kontinuität, Legitimation und die Überhöhung des römischen Kaisers bzw. Kaisertums wiederspiegeln.
Aus Namen und Ehrung werden hier Titel.
Seit Konstantin und spätestens seit Theodosius gilt der Kaiser wiederum als Schützer der Kirche. Dies spannt den Bogen zum mittelalterlichen von Karl dem Großen begründetem Kaisertum, welches er letztendlich auch auf Grund der Überhöhung der eigenen Person aufgreift. Im Prinzip ist es also:
Caesar/Kaiser=Anspruch auf das Amt und die Macht
Augustus= Überhöhung der eigenen Person
Somit kann man nicht von Wertigkeit Caesar vs Augustus sprechen.
 
Im Ursprung diente der Titel/Name Caeser zur Legitimation der Nachfolge Oktavians. Er machte damit seinen Machtanspruch deutlich.
In erster Linie bedeutete Octavius' Adoption nur, dass er privatrechtlich in die Fußstapfen seines Adoptivvaters trat, indem er dessen Namen erhielt und Anspruch auf dessen Vermögen hatte, wobei Caesar sein Erbe aber ohnehin testamentarisch regelte. Octavian konnte aus der Adoption und von seinem neuen Namen aber keinen direkten Machtanspruch ableiten, denn Rom war keine Erbmonarchie (und wurde es auch nie). Sehr wohl aber ergab sich für Octavian aus seiner Adoption eine religiös-moralische Verpflichtung, seinen Adoptivvater zu rächen. Als Sohn und Rächer Caesars konnte Octavian die Gefolgschaft eines Teils von Caesars Anhängern gewinnen und sich somit eine erste Machtbasis schaffen. (Allerdings hielt ihn das nicht davon ab, sich zeitweise mit dem Senat und somit indirekt auch mit den Caesarmördern zu verbünden.) In weiterer Folge ließ er aber seine Machtposition stets von Senat und Volk absegnen, statt zu versuchen, kraft des Namens seines Adoptivvaters zu herrschen. Seinen Machtanspruch stützte Octavian also nicht darauf, dass er Caesars Sohn sei und dessen Namen führe, sondern dass es der Wille von Volk und Senat sei, wie er das auch in seinen "Res Gestae" ständig betonte. (Caesar erwähnt er in diesem Tatenbericht nicht einmal namentlich, sondern merkt nur kurz an, dass er seinen Vater gerächt habe.)
 
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Einen Machtanspruch nach römischen Recht kann Oktavian natürlich nicht ableiten, aber er macht seinen Gegnern unmissverständlich klar welchen politischen Anspruch er hat und wessen Politik er fortführt. Der Name Caesar wird damit letztlich mit der Einführung des Prinzipats zu einem Titel der einen klaren Machtanspruch verkörpert.
Rechtlich existiert nach dem Tode Caesars immer noch die röm. Republik und Oktavian versucht diesen Anschein weiter aufrecht zu erhalten und sich als Retter und Bewahrer derselben darzustellen.
Es ist immer schwierig in kurzen Sätzen komplexe Zusammenhänge darzustellen.
Man kann dem ebenfalls gegenüberstellen, dass die habsburgischen Kaiser am Ende nur noch einen leeren Titel führen der keinen Machtanspruch mehr darstellt. Hier wäre dann meine Aussage ebenfalls nicht mehr korrekt. Dennoch halte ich meine oben getätigte Aussage für grundsätzlich nachvollziehbar.:fs:
 
PS:

In wieweit Oktavians Machtanspruch der Wille von Volk und Senat, ist sei mal dahingestellt!:machtdenmods:
 
3.: Wann und wieso findet der Wandel statt? (Wir reden ja heute nicht von Augustus Karl dem Grossen.)


Was aber korrekt wäre, denn es gibt Münzen Karls mit der Aufschrift
Karolus Imperator Augustus.


Mann kann übrigens das, was Ravenik weiter oben schon zur familienrechtlichen Stellung gesagt hat, auch bei Augustus sehen, und damit wird deutlich, daß es eine Familientradition ist, die sich einbürgert.
Auch Tiberius gelangt als Adoptivsohn von Augustus seine Stellung, wobei bezeichnenderweise die Adoption erst spät erfolgt, hier wird er als nunmehr Caesar quasi designiert, bevor er erst nach dem Tode des Augustus diesen Titel selbst übernimmt.
Und auch Augustus hat dies schon zuvor mit seinen beiden Enkeln Gaius und Lucius demonstiert, die ja als Caesares, also als direkte Familienmitglieder, direkt ins das öffentliche Rampenlicht gestellt wurden, womit sie klar als designierte Nachfolger gekennzeichnet wurden, natürlich ohne schon Augustus zu sein.
 
kleine Zwischenfrage:
geht es hier um Gaius Iulius Caesar und Octavian (den späteren Augustus) und deren Titel zu ihren Lebzeiten, oder geht es hier um die Titulatur der römischen Kaiser nach Augustus?
 
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