Maelonn schrieb:Die Methode der Steinbearbeitung der Clovisleute ist sehr charakteristisch. Das gab es in keiner anderen Kultur - außer eben Solutreen.
Du mußt dich nun auch nicht an einer flapsigen, in Klammern gesetzten Nebenbemerkung von mir derart hochhangeln.
Es gibt zwei Gemeinsamkeiten in der Technik: die Spitzen sind beidseitig mit Schneiden versehen und dünner geschlagen. Die Solutréen-Spitzen sind jedoch nicht gekehlt und erfordern damit eine völlig andere Befestigungstechnik. Im Gegenteil laufen die Solutréen-Spitzen am unteren Ende genauso spitz zu wie am oberen.
Es gibt noch einen weiteren auffälligen Unterschied zwischen Clovis und Solutréen: die Clovis-Kultur hielt sich offenbar nur wenige Jahrhunderte; sie wurde nach bisherigem Kenntnisstand sehr viel rascher aufgegeben als die Solutréen-Kultur.
Maelonn schrieb:Von den 4000 Kilometern abgesehen, gibt es sowas bei den Eskimos. Die leben die Hälfte des Jahres unter extremsten Bedingungen im Packeis. Das tun sie tatsächlich mit Fellbooten.
Nein, sie leben nicht im und nicht auf dem Packeis – sie jagen auf dem Meer. Sowie auf dem Eis. Wenn man sich den WP-Artikel zum Stichwort Packeis ansieht, sind Packeisverhältnisse wohl auch nicht unbedingt Bootswetter:
Packeis ? WikipediaEine genaue Definition, ab wann eine Meereseisbedeckung so dicht ist, dass sie als Packeis gelten kann, existiert nicht. Typischerweise wird aber von einer Meeresbedeckung von 80–100 Prozent ausgegangen. Das Eis ist dann so dicht, dass es ein Hindernis für die Schifffahrt darstellt und weite Wanderungen der arktischen Landfauna ermöglicht.
Zwischen der Technik der Inuit, Fellboote herzustellen und dem Solutréen liegen tausende von Jahren technischer Weiterentwicklung, so daß die allererste Frage ist: konnte man im Solutréen entsprechende Boote überhaupt schon herstellen? Daß es bislang keinen Solutréen-Fundort gibt, der eine Anpassung an maritime Jagdbeute nahelegt, steht dem entgegen. An bisherigen Fundorten sind zwar teilweise Muscheln und „estuarine fish“ als Nahrung erkennbar (siehe Link zu WP), aber keine Meeressäuger, und auch keine Boote. Dh also, daß die konsumierten Muscheln und Fische ohne seegängige Fahrzeuge erreicht werden konnten.
Im weiteren gibt es in der englischen Wikipedia einen Artikel zur Solutréen-Hypothese mit einigen guten Argumenten: Solutrean hypothesis - Wikipedia, the free encyclopedia (eine deutsche Version des Artikels gibt es nicht). Hier sind auch Bilder der Clovis- und Solutréen-Spitzen eingestellt.
Ferner gibt der Artikel die Einschätzung von Westley und Dix wieder:
„it is clear from the paleoceanographic and paleo-environmental data that the LGM North Atlantic does not fit the descriptions provided by the proponents of the Solutrean Atlantic Hypothesis. Although ice use and sea mammal hunting may have been important in other contexts, in this instance, the conditions militate against an ice-edge-following, maritime-adapted European population reaching the Americas.“
Der Abstract dieses Artikels:
„One current hypothesis for the Pleistocene peopling of the Americas invokes a dispersal by European hunter-gatherers along a biologically productive “corridor” situated on the edge of the sea-ice that filled the Atlantic Ocean during the Last Glacial Maximum (LGM). In this paper, we assert that critical paleoceanographic data underpinning this hypothesis has not yet been examined in sufficient detail. To this end, we present data which show that the corridor may not have existed, and that, if it did, its suitability as a migration route is highly questionable. In addition to demonstrating that the hypothesized migration was unlikely, this highlights the importance of integrating paleoceanographic and archaeological data in studies of paleo-coastal societies.“
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Journal of the North Atlantic ():85-98. 2008 The Solutrean Atlantic Hypothesis: A View from the Ocean. Kieran Westley, Justin Dix.
Wenn man sich die auf der Seite wiedergegebene Karte File:CLIMAP.jpg - Wikipedia, the free encyclopedia ansieht, ist zudem fraglich, ob eine Ansiedlung bzw ein Landgang in Neufundland zur in Frage stehenden Zeit überhaupt möglich war.
Zur Frage der Parallelentwicklungen: Diese ist doch bei den Spitzen durchaus möglich. Um nicht zu sagen: warum eigentlich ausgerechnet bei diesen nicht? Denn Parallelentwicklungen hat es ja zb auch bei Grabstöcken, beim Domestizieren von Pflanzen, bei den Pyramiden und schon bei Haustypen (Grubenhaus, Plankenhaus, Adobekonstruktionen …) gegeben, zur Holzbearbeitung wurden ähnliche Werkzeuge erfunden, und dies betrifft dann eindeutig Zeiträume, in denen ein Kontakt nach Europa und Asien nicht bestand.