Bismarck, der größte Politiker?

Bismarck führte viele " kleine " Kriege vor der Reichsbildung .
Das wird aber leider nie erwähnt , wenn es um seine Person geht .
Kanonier
 
Was sind denn bitte "viele kleine Kriege"?

Und deine Behauptung, das diese Kriege nicht erwähnt werden, stimmt nun auch ganz und gar nicht.
Und wieso führte Bismarck diese Kriege? Deine Ausführung, ich kann mich ja irren, klingt so, als ob du der Auffassung bist, das Bismarck diese Kriege verschuldet hat. Dem ist auch nicht so.

Hier findest du ein paar Infos zu den drei Kriegen.

https://www.geschichtsforum.de/thema/ursachen-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71.37437/

https://www.geschichtsforum.de/them...-71-und-der-gruendung-des-kaiserreichs.56569/

https://www.geschichtsforum.de/thema/deutscher-krieg-1866.38342/

https://www.geschichtsforum.de/thema/der-vergessene-deutsch-daenische-krieg-von-1864.46852
 
Sein Norddeutscher Bund ist am Ende wenig mehr als die Wiederauferstehung der mit der Olmützer Punktation beerdigten Erfurter Union gewesen, mit einigen territorialen Zugewinnen für Preußen und einer entsprechend stärkeren Stellung gegenüber den Kleinstaaten wohl, aber die Einigung dieses Raumes ist eigentlich etwas, dass der Zollverein und die Erfurter Union bereits voweg genommen hatten.

Mit dem wesentlichen Unterschied, das der Norddeutsche Bund gegenüber den Erfurter Unionspprojekt von den Großmächten anerkannt worden war.

Bismarck war ohne Zweifel jemand, der es blendend verstand gegebene Gelegenheiten auszunützen, allerdings würde ich meinen, wird man hier auch sehen müssen, dass Bismarck den Vorteil hatte stets aus einer starken Position heraus die verhandeln, die sich auf preußens militärischer Macht gründete und dass er verwirklichte, was die großen Linien der europäischen Politik zuließen und wahrscheinlich machten, dass er allerdings relativ wenig selbst gestaltete.

Bei dem Krieg gegen Österreich war die französische Neutralität wohl nicht so ganz unwichtig. Und 1870 war es ebenfalls hilfreich, das Petersburg mit dafür Sorg trug, das man in Wien sich nicht den Revanchegelüsten hingab. Das waren keine Positionen der Stärke, sondern diese war nicht ohne Gefährdung.
 
Mit dem wesentlichen Unterschied, das der Norddeutsche Bund gegenüber den Erfurter Unionspprojekt von den Großmächten anerkannt worden war.

Wobei dabei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Österreich im besiegten Zustand gar keine andere Wahl hatte als das anzuerkennen, Napoleon III. sich Zugeständnisse in Luxemburg und Belgien versprach und Großbritannien ohne kontinentalen Partner mangels Landheer ohnehin nichts dagegen unternehmen konnte.

Die einzige Großmacht die wirklich handlungsfähig gewesen wäre und sich keinen direkten Profit davon versprach war Russland und dass man in St. Petersburg nach dem Krimkrieg nicht daran dachte sich ausgerechnet für die Wiederherstellung von Österreichs Position zu verwenden liegt auf der Hand.

Insofern war diese Anerkennung kein großes diplomatisches Kunststück

Anders als im Fall der Erfurter Union, als es das russisch-österreichische Zerwürfnis noch nicht gab und Österreich nicht geschlagen war.

Bei dem Krieg gegen Österreich war die französische Neutralität wohl nicht so ganz unwichtig.

Wohl wahr, nur die französische Neutralität war ja von französischer Seite her den Österreichern ohnehin zugesagt worden.
Die Linie war ja wohl sich nicht dagegen zu streuben, dass Österreich Preußen über den Haufen wirft und sich Schlesien zurückholt um sich dafür mit Venedig wegen der Aussöhnung mit Italien abfinden zu lassen und evt. Nutznießer in Form kleinerer Grenzkorrekturen am Rhein zu sein.

Von dem her braucht man nicht so zu tun, als hätte die französische Armee hufescharrend an der Grenze gestanden und es wäre ein Meisterstück der Bismarck'schen Diplomatie gewesen Frankreich heraus zu halten.
Das Frankreich nicht direkt involviert wurde lag letztendlich an 4 Dingen:

1. Weil Paris davon aufging, dass die Österreicher und Verbündeten diesen Krieg ohne Hilfe gewinnen würden.
2. Weil man in Paris ohnehin auf Neutralität und seinen diplomatischen Handel mit Wien baute, weil man meinte von diesem Krieg auch ohne direkte Beteiligung profitieren zu können.
3. Weil die hochgekochte Situation in Ungarn neben der militärisch prekären Situation Wien dazu nötigen musste Schritte auf einen Frieden hin zu beschleunigen und es nicht erlaubte den Krieg in die Länge zu ziehen.
4. Weil Wien auch auf Grund innenpolitischer und finanzieller Faktoren gezwungen war diesen Krieg schneller zu liquidieren, als Frankreich überhaupt seine Kräfte mobislisieren und wirklich schlagkräftig am Rhein aufmarschieren konnte.

Und 1870 war es ebenfalls hilfreich, das Petersburg mit dafür Sorg trug, das man in Wien sich nicht den Revanchegelüsten hingab.

Ja, aber auch das war kein orriginär Bismarck'sches Verdienst, sondern wieder dem durch den Krimkrieg lädierten russisch-österreichischen Verhältnis geschuldet, das Bismarck in den Schoß viel.

Natürlich spielte hier auch Bismarcks diplomatisches Geschick eine Rolle, aber ausslaggebend für diese Entscheidung war letztendlich, dass St. Petersburg die zunehmende Abneigung gegen Wien hier wichtiger war, als Angst vor einem preußischen Machtgewinn, so denn überhaupt mit einem preußischen Sieg zu rechnen war, was vor diesem Krieg ja durchaus bezweifelt werden durfte.
Auch mag die Abneigung der zaristischen Regierung gegenüber Frankreich und der liberalen französischen Presse, die sich ja doch in Teilen sehr vehement für die polnische Sache engagiert hatte, hier eine Rolle für die Entscheidung gespielt haben Preußen diesen Krieg führen zu lassen, dito Revanchegelüste wegen des verlorenen Krimkrieges.


Bismarck nutzte das, aber die Konstellation die er nutzte hat er nicht durch politische Genialität zusammengebracht, sondern sie war durch Ereignisse vorgeziechnet, die mitunter auf eine Zeit deutlich vor seinem Amtsantritt zurückgingen und für die er absolut nichts konnte.

Das waren keine Positionen der Stärke, sondern diese war nicht ohne Gefährdung.

Nein. Es wäre gefährlich gewesen, wenn es kein österreichisch-russisches Zerwürfnis und keinen grundsätzlichen russisch-französischen Antagonismus gegeben hätte.
Oder wenn man in Sachen 1866/1867 in Paris als sich die Lage zugespitzt hatte ernsthaft bewaffnete Intervention, erwogen hätte, statt sich von Anfang an auf einen Neutralitätskurs festzulegen.
Oder aber wenn die innenpolitische Situation in Österreich 1866/1867 Wien erlaubt hätte diesen Konflikt in die Länge zu ziehen um Frankreich Gelegenheit zu eröffnen doch noch zu intervenieren, tat sie aber nicht, weil Wien damit einen offenen Aufstand in Ungarn riskiert hätte.

Das Risiko das Bismarck tatsächlich einging war durchaus kalkulierbar und es war unter diesen Umständen eine starke Ausgangsposition, zumal die maßgeblichen Verträge ja nicht zu Beginn der Kriege zustande gebracht wurden, sondern zu deren Ende hin.
 
Im Verlauf des August 1870 bildete sich ein engeres Einvernehmen zwischen den neutralen Mächten heraus, die "Neutralenliga".
Es war vor allem das Zarenreich, das nach Kriegsbeginn entschieden auf ein europäisches Zusammenwirken der neutralen im Interesse einer Lokalisierung des Krieges drängte. Petersburg schlug London am 24.Juli ein " system de neutralite combinee" vor, einer Entente zwischen England und Russland um Dänemark und Österreich-Ungarn vom Eintritt in dem Krieg abzuhalten. Aber London lehnte ab.

In Kopenhagen begann sich unterdessen die Situtation mit der Ankunft des französischen Sonderbevollmächtigten Cadore zu verschärfen. Petersburg wollte London nun dazu gewinnen, in Paris zu intervenieren, damit dieses die dänische Neutralität respektiere.

Inn Petersburg erfuhr der englische Botschafter von Direktor Westmann, Gortschakow war zu dieser Zeit nicht in Petersburg anwesend, das die russische Regierung noch weitergehende Pläne habe. Zar Alexander sei der Meinung, dass die großen neutralen Mächte zu einem Übereinkommen gelangen sollten "mit der Absicht den Krieg innerhalb der augenblicklichen Grenzen zu halten und die schnelle Wiederherstellung des Friedens zu fördern."
Eine Union dieser Staaten, unter welchen Namen auch immer, "wäre höchst nützlich, um den kleinen Staaten bei der Aufrechterhaltung ihrer Unabhängikeit und Neutralität einen Rückhalt zu gewähren und einem Geist des Abenteurertums auf Seiten Frankreichs ein Hindernis entgegenzustellen."
London lehnte ab. Man hatte in London wohl Bedenken einen Schritt zu unternehmen, der in Paris zweifellos als unfreundlicher Akt angesehen werden würde.

London war der Meinung das Kopenhagen jetzt die Nordschleswig Frage aufgreifen könnte, was ganz sicher nicht im Interesse Bismarcks war.
Mit Fortschreiten des Krieges und der Erfolge der deutschen Armeen und die dadurch veränderte politische Situation trat nun auch Italien auf dem Plan. Der italienische Außenminister Visconti Venosta informierte London darüber, das Napoleon III. sich um einen Kriegseintritt Italiens bemühe. Und man hoffe durch den italienischen Eintritt Österreich-Ungarn gewissermaßen mitzureißen. Italien wollte auch eine Liga der Neutralen und wurde eben in diesem Sinne in London vorstellig, da man sich vor den französischen Pressionen fürchtete.

So eine Liga hätte Bismarck durchaus noch um die "Früchte des Krieges" bringen können.

London stimmte den Vorschlag Italiens zu. Visconti Veneosta ging es nämlich nicht nur um die eigene Neutralität, sondern eben auch um Vermittlung; etwas was Bismarck überhaupt nicht wollte. König Viktor Emanuel wünschte eine bewaffnete Mediation vor, die dem Schutze und der Rettung des französischen Territoriums dienen sollte. Visconti Venosta wies Minghetti in London an, Granville mitzuteilen: "Wir wünschen lebhaft, dass England eine Mediation vorschlägt, und akzeptieren unsererseits im voraus die Bedingungen, die es zugrunde legt, wobei wir darauf rechnen, dass England ebenso wie wir die territoriale Integrität Frankreichs will."

Spätestens ab hier war Bismarcks diplomatische Fähigkeiten gefordert.

Die englische Diplomatie war unterdessen nämlich auch nicht untätig und arbeitete daran die restlichen neutralen Staaten für eine Vereinbarung analog derjenigen zwischen England und Italien zu gewinnen.

Gortschakow, ebenso wie der Zar, war für diesen Vorschlag Londons sofort zu haben. Der Himmel begann sich für Bismarck immer mehr zu bedecken und seine Position war gegen diese Liga der Neutralen erstmal ganz gewiss nicht stark.
 
Wobei dabei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Österreich im besiegten Zustand gar keine andere Wahl hatte als das anzuerkennen, Napoleon III. sich Zugeständnisse in Luxemburg und Belgien versprach und Großbritannien ohne kontinentalen Partner mangels Landheer ohnehin nichts dagegen unternehmen konnte.

Olmütz wurde auch mit vorgehaltener Pistole erzwungen.

Als der preußische Vertreter Redern Gortschakow über den Austritt Preußen aus dem Deutschen Bund informierte, vermied dieser eine eindeutige Stellungnahme. Die russische Regierung dachte nicht daran, die Auflösung des Deutschen Bundes anzuerkennen und beließ ihren Gesandten in Frankfurt und wies ihm später auch an, dem Bundestag nach Augsburg zu folgen. Na, das war ja schon einmal ein toller Auftakt für Bismarck.

Anfang Juni 1866 hatte Gortschakow sich dahingehend geäußert, das Frankreich, England und eben Russland im geeigneten Moment eingreifen sollten. Diesen Moment sah Gortschkow am 01.Juli 1866 für gekommen an. Er schlug den französischen Botschafter Talleyrand in Petersburg vor, das Preußen das Recht abgesprochen werde, den alten Bund zu verlassen und einen neuen im Norden Deutschlands zu gründen. Zu diesem Zwecke sollten London, Paris und Petersburg eine gemeinsame Note in Berlin Bismarck überreichen.

Gortschakow war zu spät dran und Bismarck hatte Glück, hatte Napoleon III. auf Wunsch Kaiser Franz-Josephs der Nacht vom 04.07. auf dem 05.07.1866 seine Mediationsangebote an den preußischen und italienischen König gerichtet. Am 06.Juli ließ der französische Außenminister in Petersburg anfragen, ob Russland die französischen Forderungen auch mit Gewalt unterstützen würde.

Also 1866 war auch nicht ganz ungefährlich.
 
Was sind denn bitte "viele kleine Kriege"?

Und deine Behauptung, das diese Kriege nicht erwähnt werden, stimmt nun auch ganz und gar nicht.
Und wieso führte Bismarck diese Kriege? Deine Ausführung, ich kann mich ja irren, klingt so, als ob du der Auffassung bist, das Bismarck diese Kriege verschuldet hat. Dem ist auch nicht so.

Hier findest du ein paar Infos zu den drei Kriegen.

https://www.geschichtsforum.de/thema/ursachen-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71.37437/

https://www.geschichtsforum.de/them...-71-und-der-gruendung-des-kaiserreichs.56569/

https://www.geschichtsforum.de/thema/deutscher-krieg-1866.38342/

https://www.geschichtsforum.de/thema/der-vergessene-deutsch-daenische-krieg-von-1864.46852
 
@Kanonier

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Damit es dann auch wirklich lesbar ist musst du hinter [/QUOTE] deine Antwort hinschreiben dann sieht es so aus wie dir Turgot geantwortet hat.

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So eine Liga hätte Bismarck durchaus noch um die "Früchte des Krieges" bringen können.

.....war allerdings auf Grund der verschiedenen außenpolitischen Ziele letztendlich ziemlich unrealistisch.
Im Besonderen wenn es darum gegangen wäre eine gemeinsame Marschroute zu finden.

Die Idee Konflikte möglichst lokalisieren zu wollen, war ja nicht neu und in diesem Sinne hatte es ja auch schon während des Krimkrieges so etwas wie einen neutralen Block gegeben.

Aber realistisch gesehen, endeten die Gemeinsamkeiten damit doch auch bereits.

Weder Italien noch Russland hatten ein Interesse an der Wiederherrstellung von Österreichs bzw. Österreich-Ungarns Vormachtstellung in Süddeutschland.

Hier hätte sich möglicherweise Widerstand gegen die Annexion von Elsass und Lothringen ergeben können, aber Wiederstand gegen eine potentielle Reichseinigung, die Süddeutschland dem Wiener Einfluss endgültig und unwiederruflich entziehen würde, war kaum zu erwarten.

Frankreich hatte natürlich etwas dagegen, war aber gerade dabei militärisch bewiegt zu werden, Großbritannien verfügte über kein Landheer mit dem es hätte eingreifen können.

Eine Neutralenliga, wenn sie denn zustande gekommen wäre, hätte dazu führen können, das Berlin gezwungen gewesen wäre auf Elasss und Lothringen zu verzichten (was im hinblick auf den europäischen Gesamtzustand vielleicht nicht das schlechteste gewesen wäre), sie wäre aber kein geeignetes Instrument gewesen die Reichsgründung zu verhindern, weil das hauptsächlich Österreich genutzt hätte, was weder Rom noch St. Petersburg wollten.

Insofern wäre eine solche Liga nicht wirklich gefährlich gewesen, in dem Sinne, dass zu erwarten gewesen wäre, dass sie militärisch gegen Bismarcks Kernziele vorgehen würden.

Du dürftest Bismarcks Briefwechsel ja durchaus gut genug kennen um zu wissen, dass für den Mann Annexionen (im Besonderen Lothringens) am ende ein mögliches Zubrot waren, aber nicht das, worauf er eigentlich vor allem abstellte.

Als der preußische Vertreter Redern Gortschakow über den Austritt Preußen aus dem Deutschen Bund informierte, vermied dieser eine eindeutige Stellungnahme. Die russische Regierung dachte nicht daran, die Auflösung des Deutschen Bundes anzuerkennen und beließ ihren Gesandten in Frankfurt und wies ihm später auch an, dem Bundestag nach Augsburg zu folgen. Na, das war ja schon einmal ein toller Auftakt für Bismarck.

Naja, dass sich Russland nicht gleich zu Beginn des Krieges offen auf Preußens Seite stellte ist verständlich, zumal Preußen mit der Besetzung Holsteins relativ eindeutig der Agressor war und es alles andere als sicher war, ob man im Sinne des Kriegsglücks mit Preußen auch auf die richtige Partei setzte.

Dennoch unternahm man nichts gegen Preußen und akzeptierte das Vorgehen letztendlich.

Anfang Juni 1866 hatte Gortschakow sich dahingehend geäußert, das Frankreich, England und eben Russland im geeigneten Moment eingreifen sollten. Diesen Moment sah Gortschkow am 01.Juli 1866 für gekommen an. Er schlug den französischen Botschafter Talleyrand in Petersburg vor, das Preußen das Recht abgesprochen werde, den alten Bund zu verlassen und einen neuen im Norden Deutschlands zu gründen. Zu diesem Zwecke sollten London, Paris und Petersburg eine gemeinsame Note in Berlin Bismarck überreichen.

In diesem Sinne äußerte sich Gorschakow. Hatte er aber für den Vorschlag eines solchen Zusammengehens mit Frankreich und Großbritannien zu diesem Zweck auch die Rückendeckung seiner Regierung und die des Zaren?

Auf dem Standpunkt zu stehen einen Schritt de jure zunächst mal nicht anerkennen zu wollen, ist eine Sache. Tatsächlich etwas dagegen zu unternehmen, zumal im Verein mit anderen Mächten eine ganz andere.

Welches reale Interesse hatte eigentlich Napoleon III. an der Aufrechterhaltung des deutschen Bundes, nachdem dieser und die Mobilisierung des Bundesheeres ihn 1859/1860 gezwungen hatte seinen Krieg gegen Österreich abzubrechen und damit die Beziehungen zwischen Paris und Turin ordentlich geschädigt hatte?

Realistisch betrachtet wollte Paris vielleicht keine deutliche Stärkung Preußens, war aber sicherlich nicht ernsthaft an der Aufrechterhaltung des Deutschen Bundes interessiert.

Gortschakow war zu spät dran und Bismarck hatte Glück, hatte Napoleon III. auf Wunsch Kaiser Franz-Josephs der Nacht vom 04.07. auf dem 05.07.1866 seine Mediationsangebote an den preußischen und italienischen König gerichtet. Am 06.Juli ließ der französische Außenminister in Petersburg anfragen, ob Russland die französischen Forderungen auch mit Gewalt unterstützen würde.

Selbst wenn Gortschakow früher drann gewesen wäre, hätte Paris nicht mitgespielt, weil die Auflösung des Deutschen Bundes der Schlüssel für eine etwaige französische Expansion in Richtung Rhein war.

Eine Schwächung Preußens war nur dann für paris von Interesse, wenn damit das Ende des deutschen Bundes einher ging, weil man mit diesem Schritt sonstigenfalls Österreichs Vorherrschaft innerhalb das Bundes befestigt hätte und das konnte man nicht wollen.

Aus strategischer Sicht musste ein ungefähres Machtgleichgewicht zwischen Preußen und Österreich erhalten werden und der Deutsche Bund musste möglichst verschwinden, damit sich Frankreich bei Expansionswünschen in Richtung Rhein nur noch mit Preußen zu befassen gehabt hätte, nicht mehr mit Österreich.

Deswegen hätte Frankreich eine Intervention auf dieser Basis niemals mitgetragen und Großbritannien fehlten die Landstreitkräfte.

Die einzige Macht die hier wirklich hätte intervenieren können war Russland und das hatte zwar verlautbart die preußischen Schritte nicht anerkennen zu wollen, so weit mir bekannt aber auch so gar keine Schritte unternommen eine tatsächliche militärische Intervention gegen Preußen vorzunehmen.
 
Ich kenne den Briefwechsel Bismarcks; der steht bei mir im Regal. Es war für Bismarck von größter Wichtigkeit die anderen Mächte aus den Friedensverhandlungen in Wien, Nikolsburg, Prag oder Versailles herauszuhalten und das ist ihm gelungen.

Die einzige Macht die hier wirklich hätte intervenieren können war Russland und das hatte zwar verlautbart die preußischen Schritte nicht anerkennen zu wollen, so weit mir bekannt aber auch so gar keine Schritte unternommen eine tatsächliche militärische Intervention gegen Preußen vorzunehmen.

Siehst du hier.

Diesen Moment sah Gortschkow am 01.Juli 1866 für gekommen an. Er schlug den französischen Botschafter Talleyrand in Petersburg vor, das Preußen das Recht abgesprochen werde, den alten Bund zu verlassen und einen neuen im Norden Deutschlands zu gründen. Zu diesem Zwecke sollten London, Paris und Petersburg eine gemeinsame Note in Berlin Bismarck überreichen.

Wir wissen nicht, wo das möglicherweise hätte enden können. Daraus geht aber auch deutlich hervor, das Gortschakow wohl den alten Deutschen Bund mit der Vormachtstellung Österreichs wohl erhalten wollte; es ist also nicht so, wie von dir ausgeführt.

Es gab wohl niemanden, der sich nun über die neue Großmacht Deutsches Reich freute; sie war viel zu stark und somit eine mögliche Bedrohung für das europäische Gleichgewicht. Der Deutsche Bund hingegen war erheblich angenehmer und Spielplatz der anderen Mächte mit allen ihren Intrigen und Einflussmöglichkeiten.

Die Kriege und das Verhalten der anderen Mächte waren nicht oder wenn nur bis zu einem gewissen Grade kalkulier- und planbar. Ich würde das "Krisenmanagement" um die Kriege herum also nicht als gering veranschlagen und bestimmt auch nicht die damit verbundenen Gefahren. Nimm nur 1864. Was hätte geschehen können, wenn London und Paris sich entschlossen hätten, militärisch zu intervenieren? Eine ganze Menge meine ich, aber Bismarck hat mit seiner Diplomatie schon einiges geleistet, das dies eben nicht geschah.
 
Wir wissen nicht, wo das möglicherweise hätte enden können. Daraus geht aber auch deutlich hervor, das Gortschakow wohl den alten Deutschen Bund mit der Vormachtstellung Österreichs wohl erhalten wollte; es ist also nicht so, wie von dir ausgeführt.

Pardon, ich sehe nicht den Wiederspruch zu meinen Ausführungen?

Ich hatte dem Umstand, dass sich Gortschakow im Juni/Juli 1866 auf diesen Standpunkt stellte nicht wiedersprochen.
Meine Einwände sind:

1. Das Gortschakows Ansicht dazu erstmal nur diejenige Gortschakows war, nicht zwangsläufig im Hinblick auf alle Konsequenzen auch die der russischen Regierung oder des Zaren.
2.Ich hatte bemerkt dass zwischen einer (zeitweiligen) Verweigerung der de-jure Anerkennung von Preußens Schritten, die für Bismarck unerfreulich aber nicht gefährlich war und einer potentiellen militärischen Intervention Russlands oder deren konkreter Vorbereitung, die dann möglicherweise doch gefährlich gewesen wären, noch ein entscheidener Unterschied besteht.
3. Ich hatte, wie ich meine mit Gründen bzweifelt, dass Paris für eine Intervention unter den Bedingungen des Erhalts des Deutschen Bundes und der Stärkung Österreichs innerhalb zu haben gewesen wäre.

Es gab wohl niemanden, der sich nun über die neue Großmacht Deutsches Reich freute; sie war viel zu stark und somit eine mögliche Bedrohung für das europäische Gleichgewicht. Der Deutsche Bund hingegen war erheblich angenehmer und Spielplatz der anderen Mächte mit allen ihren Intrigen und Einflussmöglichkeiten.

Hier gehen die Diskussionen etwas durcheinander.
Es war wahrscheinlich recht ungeschickt von mir mit einem Posting auf 2 verschiedene Postings von dir zu reagieren.
Ich möchte nicht behauptet haben, dass irgendwer in Eruopa über die Reichsgründung Beifall klatschte.

Aber es liegt doch auf der Hand, dass Russland, nachdem es Preußens Vorherschaft in Norddeutschland letztendlich einmal anerkannt hatte mit seinen Schritten gegen Wien so weit gegangen war, das fraglich erscheinen musste, ob irgendetwas das unter der Wiederherrstellung des Deutschen Bundes vom Stand 1866 zurückblieb das Verhältnis zu Österreich wieder ins Lot gebracht hätte.

In St. Petersburg war man über das Deutsche Reich vielleicht nicht begeistert, aber die Beziehungen zu Berlin waren einigermaßen gut und man konnte sich sicherlich darauf einbilden in Berlin zukünftig einiges gut zu haben.

Hätte man 1871 gegen die Reichsgründung interveniert ohne dabei die Rückabwicklung von 1866/1867 gleich mit anzustreben, hätte man Berlin verärgert und gleichzeitig das Verhältnis zu Wien nicht verbessert.
Immerhin als Retour für den Krim-Krieg hatte Russland eiskalt daneben gestanden und es zugelassen, dass es seiner italienischen Besitzungen beraubt und von Preußen gedemütigt wurde.

Hätte Russland interveniert, hätte es einen starken Player verhindert, sich aber auch selbst isoliert und den Einfluss auf die deutschen Verhälntisse verloren, denn in diesem Fall hätten Österreich UND Preußen Grund gehabt sich von Russland über den Tisch gezogen zu sehen.

Das Italien, nachdem es sich ehemals österreichisches Territorium angeeignet hatte kein Besonderes Interesse an einem neu erstarkten Habsburgerstaat mit wieder hergestelltem Einfluss in Süddeutschland haben konnte, liegt auf der Hand.
Vielleicht liebte man den neuen deutschen Nationalstaaat nicht besonders, aber er musste allemale erträglicher erscheinen als ein Wiederaufstieg Habsburgs als Großmach in deutschsprachigen Raum.

Beide Player hatten Grund sich jedenfalls nicht gegen die Reichsgründung zu wenden, dazu war das jeweilige Verhältnis zu Wien zu vergiftet.

Die Kriege und das Verhalten der anderen Mächte waren nicht oder wenn nur bis zu einem gewissen Grade kalkulier- und planbar. Ich würde das "Krisenmanagement" um die Kriege herum also nicht als gering veranschlagen und bestimmt auch nicht die damit verbundenen Gefahren. Nimm nur 1864. Was hätte geschehen können, wenn London und Paris sich entschlossen hätten, militärisch zu intervenieren? Eine ganze Menge meine ich, aber Bismarck hat mit seiner Diplomatie schon einiges geleistet, das dies eben nicht geschah.

Ich bin der Meinung du stilisierst da die Gefahr etwas hoch.

De facto war dem 3. Napoléon bereits 1859/1860 der Schrecken in die Glieder gefahren, als Preußen der Mobilisierung des Bundesheeres zustimmte.

Wenn Frankreich amals nicht bereit war sich militärisch mit dem gesamten Deutschen Bund anzulegen, warum hätte es das 1864 sein sollen, zumal es in der dänischen Sache, anders als 1859/1860, als Frankreich sich das mit Savoyen und Nizza bezahlen ließ, nichts zu gewinnen gab.

Großbritannien hätte mit Seiner Flotte wohl Inseldänemark schützen können, nicht aber Jütland und die zulänglichen Kapazitäten an Landstritkräften um hier ohne Landmacht als Partner etwas ausrichten zu können, hatte es nicht.

1864 wäre ein Risiko gewesen, wenn nicht 1859/1860 zum einen klar gemacht hätte, das Napoléon III. den ganz großen Konflikt mit dem Deutschen Bund scheute und wenn die französische Politik nicht ohnehin auf die Verbesserung des Verhältnisses zu Wien ausgewesen wäre und im Jahr zuvor das gemeinsame Kolonialprojekt mit Maximilian v. Habsburg als Kaiser von Mexiko begonnen hätte.

Das Frankreich hier intervenieren würde war arg unwahrscheinlich.
Ein guter Teil seiner Truppen kämpfte gerade in Mexiko und mit einer Intervention hätte es dem gemeinsamen Projekt mit Habsburg dort die Basis genommen.
Das man Holsteins und Schleswigs wegen das eigene Kolonialunternehmen infrage stellte und die investierten Mühen darin das Verhältnis zu Österreich wieder zu verbessern, einfach abschrieb, war kaum zu erwarten, selbst wenn sich Napoléon III. Einstellung zum Risiko dramatisch geändert hätte.
 
Es gab wohl niemanden, der sich nun über die neue Großmacht Deutsches Reich freute;

Ein erheblicher Teil der politischen Klasse und wesentlichen Akteure/Entscheidungsträger in den Hauptstädten der bestehenden Großmächte auf dem Kontinent/Europas orientierte sich am bekannten 'weichen' Gleichgewicht der etablierten Großmächte, wie es zuletzt nach dem 1856 beendeten Krimkrieg im Pariser Vertrag mitinvolviert worden war.

Der Krimkrieg Osmanisches Reich mit Frankreich und UK gegen Russland 1853-1856 war ja nun wesentlich darum geführt worden, die weitere Expansion und Machtentfaltung des Russischen Reiches in Europa zu verhindern.

Das Österreichische Kaiserreich hatte während des Krimkriegs wesentliche russische Truppenkontingente durch den Aufmarsch und Verdichtung eigener Truppen zur russischen Grenze hin gebunden.
Nur Preussen blieb strikt neutral und war ja sowieso, neben dynastisch-konservativen Gesichtspunkten, durch die preussisch-russsische Teilung Polens mit Moskau verbunden.

Eine mögliche weitere Machtentfaltung und Vergrößerung Preussens, womöglich in einem gestärkten politischen, vereinigten deutschen Gebilde unter preussischer Dominanz, war in der Tat dazu in der Lage, das bisherige schon 'weiche' Gleichgewicht der echten etablierten Großmächte Frankreich, GB, Österreich/ÖU und Russland stark zu verändern und wesentlich zu verkomplizieren.

Daran waren sowohl Paris wie Wien auf keinen Fall interessiert, und ein Teil der Moskauer politischen Akteure und Entscheider ebenso. Die offizielle Schiene Berlin-Moskau war dagegen wesentlich von wohlwollender Neutralität, tradierten dynastisch-konservativen Beziehungen - Moskau verstand sich bis zur Reichsgründung und noch Jahre danach als Senior-Partner der preussischen Monarchie, nachdem es viele Jahre das antirevolutionäre Preussen unterstützt hatte - und eben der gemeinsamen Teilung Polens geprägt.

Der Deutsche Bund hingegen war erheblich angenehmer und Spielplatz der anderen Mächte mit allen ihren Intrigen und Einflussmöglichkeiten.
Die Mitglieder des Deutschen Bund hatten vor allem erheblich divergierende Interessen untereinander. Primär ging es den anderen Mächten nicht um die Möglichkeiten an Intrigen und Einflussnahme. Die Nachbarn sorgten sich primär vor der Entstehung einer neuen, zentraleuropäischen Großmacht.

Das änderte aber nichts daran, dass Preussen im März 1862, Bismarck wurde erst im September zum MP Preussens ernannt, jenes sehr erfolgreiche Freihandelsabkommen mit Frankreich, indirekt damit auch mit London, abschließen konnte, gültig auch für den dt. Zollverein. Unter Ausschluss von Wien.

Eine wesentliche Vergrößerung preussischer Macht, Herrschaft bzw. die Etablierung eines staatspolitisch geeinten, eines Bundesstaates als echte Großmacht unter preussischer Dominanz musste früher oder später zu militärischen Konflikten mit den unmittelbaren konkurrierenden Nachbarn Frankreich und Kaiserreich Österreich führen. Darüber war sich Bismarck gewiss im Klaren.

Diese sehr wahrscheinlich kommenden kriegerischen Auseinandersetzungen dürfte er realistischerweise immer auch politisch-diplomatisch mitberücksichtigt, mitbedacht und dann auch miteinkalkuliert haben, je nach Situation und Entwicklungen.


Letztlich fand sich für die neue preussisch-deutsche Großmacht keine stabile, langfristige geostrategische Lösung für ihr Zweitfronten-Problem, direkt eingekeilt zwischen den tradierten Großmächten Frankreich und Russisches Reich. Vor allem nach dem glanzvollen, weltweit beachteten militärischen Sieg über Frankreich 1871, der Gebietsvergrößerung auf Kosten des Kriegsverlierers in Paris und dem zunehmenden, teils rasanten Wachstum der wirtschaftlichen, technologisch-industriellen und militärischen Potenz und politischen Macht.

Die Fähigkeiten Bismarcks, auf diplomatischer und politischer europäischer Ebene die Etablierung vor allem des Zweifronten-Systems und auch sonstiger gemeinsamer Frontstellungen anderer Großmächte gegen dass Deutsche Kaiserreich hinaus zu zögern, zu verhindern, abzulenken usw., kann schon als eine enorme, flexible Leistung betrachtet werden, die ihm tendenziell aber immer schwieriger erreichbar wurde.

Das Deutsche Kaiserreich mit Etablierung als (späteste) nationalstaatliche neue Großmacht inmitten der europäischen Großmächte hatte damit ein grundlegendes geographisch-strategisches Problem.
 
Da das Dt. Kaiserreich keinen und später keinen relevanten, überseeischen Kolonialbesitz requirierte/requirieren konnte und weiterhin über keine (relevanten) überseeischen Militär-, Handels- bzw. Hafenstationen verfügte, blieb das Kaiserreich beispielsweise für die britische Politik allgemein - abgesehen von der Tendenz zur splendid isolation - als möglicher Absprachen- und Bündnispartner im Vergleich beispielsweise mit dem Russischen Reich uninteressant mangels Masse und relevanten Konflikten, wie dies Eyre Crowe 1906 in seinem Memo zutreffend formuliert hatte.

So konnte es Berlin und schon Bismarck nicht gelingen, einen relevanten möglichen Bündnis- oder Absprachenpartner als wirksames Gegengewicht zum latenten Zwei-Fronten-Problem mit Frankreich und Russland zu konstellieren.

Bekanntlich nutzte Bismarck seine überragende europäische machtpolitische Stellung mit dem Kaiserreich und seine großen diplomatisch-taktisch-strategischen Fähigkeiten sowie lange Politik-Erfahrung, die Entscheider der anderen Großmächte zur Ablenkung möglichst in diverse Projekte, Aufgaben, koloniale und Einfluss-Gebiete und latente Konfliktfelder zu binden.
 
Aus Gründen der besseren Übersicht werde ich zunächst auf 1870 eingehen.

Nach der Luxemburgkrise 1867 ergriff Napoleon III. 1868 die Initiative zu einem Abschluss einer antipreußischen Allianz mit Österreich-Ungarn, das die europäische Politik im Sinne einer Befestigung der Stellung Frankreich beeinflussen sollte. In November/Dezember 1868 wurden daraus Verhandlungen zu einer Tripleallianz, da Italien nunmehr auch an Bord.

Der Vertragstext von Mai 1869, der noch von König Viktor Emanuel unterzeichnet werden musste. Der von den drei Monarchien zu schließende „Friedens- , Beistands- , und Freundschaftspakt“ verpflichtete zu einem gemeinsamen Vorgehen in allen Fragen der europäischen Politik und garantieren den gegenseitigen territorialen Besitzstand. Beim Auftreten von Anzeichen eines Krieges werden die drei Monarchien eine Offensiv- und Defensivallianz abschließen, deren Bedingungen durch eigene Konventionen zu regeln sind. Friedensverhandlungen und territoriale Regelungen infolge eines Krieges werden nur gemeinsam und in Übereinstimmung durchgeführt werden. Italien wäre verpflichtet falls Frankreich oder Österreich-Ungarn in den Krieg eintreten sofort 200.000 Mann zur Verfügung zu stellen. Dafür versprechen Frankreich und ÖU ein gemeinsames Vorgehen auf dem Vatikanischen Konzil und im Falle der Wahl eines Nachfolgers für Pius IX. Italien darf im Gebiet von Tunis einen Flottenstützpunkt errichten und falls die Schweiz die Neutralität verletzt, Tessin annektieren. Aha, man konnte sich also plötzlich über die leidige Kirchenfrage doch zum Teil einigen. Frankreich wird Italien die benötigten finanziellen Mittel in Form einer Anleihe zur Verfügung stellen. Was in dem Vertrag nicht geregelt wurde, war die wichtige Frage für Wien, was zu geschehen habe, wenn Russland in einem Krieg eingreifen sollte. Napoleon III. neigte dazu in so einem Falle ÖU die Neutralität zu konzedieren. Das wäre für Wien natürlich sehr günstig gewesen.

Frankreich wollte, „das im Falle eines Krieges in Deutschland, beide Mächte oder Frankreich allein, falls es allein engagiert ist, die Waffen nicht eher niederlegen, als bis in Deutschland die Grundlagen eines dauernden Frieden durch Herstellung eines neuen möglichst gleichmächtigen Staaten zu bildenden Bundes geschaffen, der Zweck des Krieges sonach erreicht ist.“

Aha, Frankreich wollte also nicht nur den Norddeutschen Bund rückgängig machen, sondern Preußen durch Zerstückelung bedeutend schwächen.

Das zeigt die Haltung der französischen Politik sehr deutlich und war alles andere als harmlos oder gar ungefährlich. Letzten Endes gelang es der französischen Diplomatie nicht, diese Passage in dem Vertragsentwurf unterzubringen.

Im Herbst 1869 wurde mit dem Austausch von Briefen die Verhandlungen eingestellt. In Napoleon III. Brief wurde sofortige uneingeschränkte Hilfe Frankreichs, wenn es durch eine fremde Macht bedroht wird; keine Verhandlung mit einer fremden Macht ohne vorherige Verständigung mit Österreich.

Franz Josephs Brief ist verschollen, aber Heinrich Lutz konnte diesen rekonstruieren. Franz Joseph Brief ging nicht so weit, wie der Napoleon III. und bot eben keine Reziprozität zu dessen Zusagen. Franz Joseph beschränkte sich auf den zweiten Teil der Ausführungen Napoleon III. .

Die Verhandlungen waren formal nicht zum Abschluss gebracht worden; konnten dies aber jeder Zeit wieder aufgenommen werden.

Das war für Bismarck und den Norddeutschen Bund schon nicht ungefährlich, wenn die drei Monarchien ggf. tatsächlich gemeinsame Sache gegen ein kommenden deutschen Nationalstaat machen würden. Das würde ein Zweifrontenkrieg bedeuten.

Im April 1867 erklärte der Herzog von Gramont, damals Botschafter Frankreichs in Wien, dem Vertreter des exilierten Königs von Hannover, das der Kaiser den Krieg gegen Preußen beschlossen habe, doch er, Gramont, konnte ihm noch zurückhalten. Erst solle die Armee reorganisiert und Allianzen vorbereitet werden.

Frankreich war jedenfalls in seiner Mitteleuropapolitik dank ÖU nicht mehr isoliert. Paris begünstigte Österreich auf dem Balkan, was Russland nicht gefallen konnte.

Berlin und Petersburg wussten dieses Rapprochement zwischen Paris und Wien ohne nähere Kenntnis nicht einzuordnen. Aber man sah die Gefahr.

Es wurde für den Fall eines Angriffs der K.u.K. Monarchien und Frankreichs gegenseitige Unterstützung zugesichert. Diese Abmachung war es, die Bismarck eine Fortsetzung seiner Deutschlandpolitik ermöglichte und eine Einkreisung Berlins verhinderte.

Die in Italien regierende Rechte betrachte das Bündnis mit Preußen aus dem Jahre 1866 als die Ausnutzung einer günstigen Gelegenheit und entzog sich einen weiteren Werbens Bismarcks. Bismarck verlangte von Italien im März 1869 Aufklärung über dessen Verhandlungen mit Frankreich und ÖU. Die Antwort war die, „das Italien nur eine moralische Allianz mit den an der Erhaltung des Friedens interessierten Mächten stehe“, empfahl aber zugleich alles zu tun, um Frankreich zufrieden zu stellen.

Bismarck sein Argwohn war bestätigt.

Ungefährlich war die Deutschlandpolitik Bismarcks nicht. Das, so hoffe ich :), haben diese Auführungen deutlich gemacht. Wenn ich noch die Zeit finde, komme ich noch auf die anderen Kriege zurück.
 
Da das Dt. Kaiserreich keinen und später keinen relevanten, überseeischen Kolonialbesitz requirierte/requirieren konnte und weiterhin über keine (relevanten) überseeischen Militär-, Handels- bzw. Hafenstationen verfügte, blieb das Kaiserreich beispielsweise für die britische Politik allgemein - abgesehen von der Tendenz zur splendid isolation - als möglicher Absprachen- und Bündnispartner im Vergleich beispielsweise mit dem Russischen Reich uninteressant mangels Masse und relevanten Konflikten, wie dies Eyre Crowe 1906 in seinem Memo zutreffend formuliert hatte.
1906 war Bismarck schon seit 16 Jahren raus aus dem Geschäft,
1890 recht "respektlos" Fontane:
Es ist ein Glück, dass wir ihn (Bismarck) los sind. Er war eigentlich nur noch Gewohnheitsregente (sic!), tat was er wollte, und forderte immer mehr Devotion. Seine Größe lag hinter ihm.
aber ich habe eine andere Frage dazu: das dt. Kaiserreich bemühte sich doch, auch als "Kolonialmacht" aufzutreten (ich zähle jetzt die dt. Kolonien des späten 19. und frühen 20. Jhs. nicht eigens auf) - hatte denn Bismarck überhaupt Einfluß auf die Kolonialbestrebungen und wurden die dt. Kolonien seitens z.B. GB und F als Lappalien angesehen?
 
Hierzu vorab ein Literaturhinweis: Axel Riehl, Der Tanz um den Äquator

In diesem Werk wird die Motivierung der Kolonialpolitik durch Bismarck erschöpfend behandelt.

Die Kolonialpolitik begann "zufällig" kurz vor der Reichstagwahl 1884. Sie war innenpolitisch motiviert. Allgemein ausgedrückt, stand man in Berlin in der Erwartung eines baldigen Thronwechsels. Bismarck hat ganz bewusst die Kolonialpolitik in die Wege geleitet, um eine Krise mit England vom Zaun zu brechen. Es ging dabei, sich den Thronfolger als unentbehrlichen Krisenmanager zu empfehlen und selbstverständlich um die Fortsetztung seiner Politik; insbesondere Russland gegenüber. Aber es ging auch darum, die Ehe von der Tochter des Thronfolgers Viktoria mit dem Battenberger zu verhindern und abschliepßend um einen günstigen Ausgang der Reichstagswahl.
Nachdem Bismarck sich mit Friedrich einig geworden war, war die Kolonialpolitik, die lediglich Mittel zum Zweck war, auch wieder schon beendet worden.
 
Zu 1864 ein paar Worte

Die Haltung der englischen Regierung zur Schleswig-Holstein Frage erläuterte Earl Russel im Oberhaus am 15.Mai 1863 dahin, „das sie sich an die abgeschlossenen Verträge halte (Londoner Protokolle; Anmerkung von mir). Im Übrigen verwarf er den Vorschlag Lord Ellenboroughs, bewaffnet zu intervenieren und Deutschland gewaltsam an der Durchsetzung seiner Ziele gegenüber Dänemark zu hindern. Andererseits bestritt er Deutschland jedes Anrecht auf Schleswig.

Besonders unerwünscht war Russel die Einmischung des Deutschen Bundes: „Die schleswigsche Angelegenheit ist eine Sache von internationalen Interesse und sollte mit äußerster Ruhe und Überlegung von den europäischen Mächten erörtert werden. Sie kann nicht durch den Bundestag in Frankfurt entschieden werden.“

Am 23.Juli 1863 hielt Palmerston im Unterhaus eine Rede, in der er deutlich Stellung bezieht:

„Sollte Dänemark angegriffen werden, es nicht allein zu kämpfen haben werde.“

Man kann also nicht von vornherein sagen, das Englands Haltung neutral sein würde; dafür war die Ansage Lord Palmerstons denn doch zu deutlich, den er zwar versucht abzuschwächen, der aber eben seine Wirkung, ganz besonders in Dänemark tat. Auch ansonsten waren die Erklärungen Palmerstons nicht, im Gegensatz zu seinem Staatssekretär im Foreign Office, nicht eben von Zurückhaltung geprägt und zeigten eine Animosität gegen Deutschland, von der höchsten Österreich verschont blieb, welches dem Lob der Friedensliebe gemacht wurde.

Die öffentliche bzw. veröffentliche Meinung in England stand klar auf Seiten Dänemarks. Sir Robert Morier, damals der englische Gesandte in Berlin, wie explizit in einem Brief an die Times in ihren Dänen-Freundlichkeit und Feindschaft gegen die nationalen Gefühle ganz Deutschlands entstehen. Bezeichnenderweise taucht in Moriers Brief an die Times auch der Hinweis die Sorge vor den Folgen einer solchen Haltung, im Blick auf die Sphinx an der Seine.

Lord Derby, damals in der Opposition, führte im Unterhaus aus, „Die Unversehrtheit der dänischen Monarchie ist für unser Land von lebenswichtiger Bedeutung […]. Es ist unsere Pflicht, wie es auch unsere Politik ist, es gegen Aggressionen zu schützen.“

Ich könnte hier noch einiges Weitere schreiben, aber ich denke es wird doch schon so deutlich, das die englische Haltung zumindest nicht in Vorherein abgemacht war und deshalb für Bismarck und Rechberg nicht ganz ohne Gefahren war.

Im Februar 1864 war in der Augsburger Allgemeinen Zeitung zu lesen: „Unverkennbar ist eben die öffentliche Stimmung in Frankreich in einer Umwandlung begriffen, welche mit den entschiedensten Kundgebungen der Sympathie für Dänemark endigen wird. Der preußische Botschafter von der Goltz berichtete Bismarck in einem ganz ähnlichen Sinne. Auch noch im Februar 1864 liest man in der Augsburger Allgemeinen: „Die Antipathien der Pariser Presse gegen Deutschland und ihre Sympathie für Dänemark sind in starkem Zunehmen in einem Grade, das selbst die entschieden orleanistischen Pariser Korrespondenten der belgischen Blätter die Tuilerien auffordern, gegen das, was man als deutsche Eroberungssucht bezeichnet, einzuschreiten.“

Im Mai 1864 die Wogen in England ziemlich hochgingen und die Möglichkeit eines Krieges mit Deutschland offen erwogen wird, warnt Journal des Debats Deutschland davor , „es soweit zu treiben, zumal Frankreich sein Geheimnis noch nicht ausgesprochen hat, wobei das Blatt sich vor allem an Österreich wendet, während es von Preußen meint, das Opfer solcher Illusionen geworden sei, mit guten Ratschlägen kommen zu wollen, sei unnütz, es könne nur auf eigene Kosten klug werden.“

Was Preußen und Österreich zugutegekommen war, war das erhebliche gegenseitige Mißtrauen, was ein Zusammengehen dieser beiden Mächte fast unmöglich machte. Das war besonders schwierig nach dem Paris den englischen Kongressvorschlag abgelehnt hatte. Frankreich wollte sich nicht wie in der polnischen Frage vorantreiben lassen, um dann ggf. allein gelassen zu werden. Damit war natürlich auch die Einsicht verbunden, das Frankreich im Konfliktfalle die Hauptlast des Krieges mit den beiden deutschen Großmächten zu tragen hätte, während England für die Deutschen nicht erreichbar war.

Der deutsch-dänische Krieg wäre nicht so ohne weiteres möglichgewesen, wenn Bismarck vorher in finessenreichen Zweikampf seine Ziele und sein Taktik gegenüber den Kaiser der Franzosen nicht durchgesetzt hätte.

Als klar war, das Prußen und Österreich Krieg gegen Dänemark führen würden, beschloss Frankreich draußen zu bleiben. Immerhin war es ja auch in Mexiko engagiert. Die Bitte Dänemarks um Mediation lehnte Paris ebenso wie eine Reihe englischer Vorschläge. Russel war direkt peinlich berührt.

Auch nicht unwichtig war die Haltung Russlands. Russland sah eigentlich seine Interessen an der Ostsee Einfahrt besser durch Dänemark geschützt. Hinzu kam noch die deutsche nationale Aufwallung, die Petersburg nicht eben sympathisch war. Doch Russland hatte die Bedrängnis durch die Polen noch nicht verwunden und damit verbunden die Haltung der europäischen Mächte.

Gortschakow war verzweifelt bemüht den Einmarsch in Schleswig zu verhindern. Das es nicht zu einen allgemeinen Krieg gekommen war, das war der französischen Schlüsselposition, aus der Frankreich eben nichts gemacht hat, wohl zu danken.
 
Schon der Dt. Zollverein ab Gründung 1834 und ohne das Kaiserreich Österreich unter preußischer Initiative führte zu einem weiteren Anwachsen der politischen Dominanz Preußens, wie sie sich im Dt. Bund z.B. in der militärischen Niederschlagung der nationalen, revolutionären Bewegungen 1849 beispielsweise in Baden zeigte.

Ab 1854 gehörte u.a. auch das frühere Königreich Hannover zum Zollverein und die führenden Preußischen Akteure begannen eine aktive politische und wirtschaftliche Ausgrenzung der Großmacht Kaiserreich Österreich.
Diese machtvolle Entwicklung Preußens führte in den nachfolgenden Jahren zu wachsenden skeptischen Haltungen im europäischen Ausland bei einigen Akteuren der Großmächte, verdeckt durch die Großmächte-Kriege des Krimkrieges und der Jahren nach Abschluss des Pariser Friedens 1856, den auch Preußen signierte.

Tatsächlich festigte und stärkte das 1862 geschlossene Freihandelsabkommen zwischen Frankreich und Preußen deutlich noch weiter die preußische Hegemonie im Dt. Bund, im Dt. Zollverein und verschob das europäische Gleichgewicht der Großmächte weiter zu seinen Gunsten, wenige Jahre nach dem Pariser Frieden.

Preußen schien nun in Sicht einiger führender Akteure in den Hauptstädten der europäischen Großmächte zusehends als neue Herausforderung für das aktuelle, politische Großmächte-System.

Dass eine bundestaatliche bzw. staatspolitische, kleindeutsche Einigung unter preußischer Hegemonie sich als Möglichkeit für die kommenden Jahren allmählich abzeichnete und weiterhin wahrscheinlich mit kriegerischen Auseinandersetzungen verbunden sein würde, war damals an der vorausgehenden Entwicklung in Italien erkennbar, mit den drei Unabhängigkeitskriegen.

Das sich abzeichnende, vergrößernde preußisch-deutsche Machtzentrum und Staatsgefüge konnte entsprechend schon vor dem Beginn des dt.-dänischen Krieg 1864 bei gewissen Großmächten und Akteuren vermehrt Bedenken und Abwehr hervorrufen.
 
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