Mannomann, hier werden die Zuschauer aber nach Strich und Faden verarscht.
Aber wirklich vom ersten Satz an: „
Ein uraltes Manuskript, mit einer gefährlichen Botschaft, fast 1500 Jahre alt...“
Und der zweite Satz: „Nach Ansicht einiger Forscher ein verlorenes Evangelium, das die Geschichte Jesu in entscheidenden Punkten verändern könnte.“
Zunächst einmal handelt es sich um eine Erzählung, der eine alttestamentarische Erzählung ausschreibt. Wie wenig Ahnung die Erzähler haben, erkennt man daran, dass sie Joseph als Stammvater Israels darstellen, dabei ist er „lediglich“ Stammvater zweier Stämme. Um aus dem Text ein verfremdetes Evangelium zu machen, muss man die Fakten schon ziemlich verbiegen.
Z.B. wird behauptet, ein ägyptischer Bischof habe diverse Evangelien verboten. Daher also, schließt der Zuschauer, dieses als Josephsgeschichte verfremdete Evangelium. Gleichzeitig aber soll jeder antike Christ sofort Jesus und Maria Magdalena in dem Text wiedererkannt haben... Das ist mal eine Logik....
Als Historiker frage ich mich natürlich, warum ausgerechnet ein später Text besondere Erkenntnisse zur Leben Jesu-Forschung bringen soll. Er wäre eher interessant, Sichtweisen zu untersuchen, vorausgesetzt man stellt die richtigen Fragen an ihn und unterstellt nicht irgendwelche Bezüge.
Behauptungen aus dem Film, warum die Geschichte von Joseph und Asenat in Wirklichkeit die von Jesus und Maria Magdalena darstellen solle:
- Joseph wird als Sohn Gottes bezeichnet. Jesus ist der Sohn Gottes
- Asenat wohnt in einem Turm, hebräisch Migdâl. Maria Magdalena ist die einzige Frau in der Bibel, die in einem Turm wohnt
Faktencheck:
- Der Begriff Sohn Gottes taucht tatsächlich bereits in Alten Testament auf, ist also dem Jüdischen nicht fremd.
- Es ist korrekt, dass Migdâl ‚Turm‘ heißt. Allerdings ist Migdâl auch eine bekannte galiläische Stadt, die bei mehreren antiken Historiographen Erwähnung findet. Die Vorstellung einer Rapunzel-Maria Magdalena ist etwas absurd.
Auch werden Faktoide als Fakten dargestellt. So behauptet etwa James Tabor, dass 666 für Nero stünde. Das ist eine seit dem 19. Jhdt. verbreitete Idee, die darauf basiert, dass der gräzisierte Name von Nero (Νέρων Καῖσαρ) ins Hebräische übersetzt (נרון קסר) die Zahlenwerte 50+200+6+50+100+60+200 habe. Wenn man allerdings mit Τραιανός Άδριανός/טרינוס אדרינוס die Kommutationsprobe macht, erhält man auch 666. (Wikipedia entnommen).
Irgendwann turnt der selbstdarstellerische Filmemacher Simcha Jacobovici plötzlich in Israel auf einem antiken Mosaik (Synagoge von Tiberias Chamat) herum. Das ist eine der schärfsten Szenen. Das Mosaik zeigt einen Zodiac mit Helios im Zentrum, in der Synagoge. Oh Wunder, das Mosaik mit dem Sonnengott ist nach Osten ausgerichtet, wie (mittelalterliche) Kirchen. Also, so die schnellschießende Schlussfolgerung des Filmemachers: es muss sich um Jesus handeln und die Synagoge ist tatsächlich die Kultstätte einer unbekannten judenchristlichen Sekte. Die Stimme aus dem Off fragt dann:
„Falls das Mosaik Jesus als Sonnengott darstellte, warum fehlt dann Maria Magdalena?“ (Minute 14)
Da fehlen einem doch echt die Worte.
Danach steht Barrie Wilson, der zweite Protagonist der „Doku“ in den Ruinen von Migdâl und behauptet allen Ernstes, basierend auf der Erzählung von Joseph und Asenat, dass Maria Magdalena eine heidnische Priesterin gewesen sei. Natürlich war Asenat Heidin, sie war ja die Tochter eines ägyptischen Priesters! Im Off wird das noch mal wiederholt:
„Die archäologischen Funde deuten darauf hin, dass Maria Magdalena eine phönizische Priesterin war.“
Bullshit!
Anschließend wird dann die Panthera-Legende ausgegraben (aber eine historische Einordnung der Quellen? Fehlanzeige).