C - Z oder K ?

Was ich mich oft frage, ist, wieso wir im Deutschen "Kimbern" sagen und schreiben. Da der Name im Lateinischen "Cimbri" lautete, müsste man der spätlateinischen und humanistischen Aussprache folgend doch eigentlich "Zimbern" sagen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die deutsche Form statt auf den lateinischen auf den griechischen Namen (Kimbroi) zurückgeht.

Das wird zum Teil auch getan, v.a. in der älteren Literatur liest man häufiger Cimbern oder Zimbern. Möglicherweise sagt man Kimbern, weil es nun mal auch griechische Quellen gibt, die den Stammesnamen erwähnen (etwa Plutarch in den Doppelbiographien unter Marius), möglicherweise aber auch, um sie von den Zimbern in Norditalien zu unterscheiden, denen man den Namen der Kimbern mal überstülpte, als man versuchte, die Herkunft des deutschen Idioms in Norditalien zu erklären.
Letztlich gehören die Kimbern aber auch nicht zu dem, was wir als Gebrauchswortschatz zählen müssen.
 
Möglicherweise sagt man Kimbern, weil es nun mal auch griechische Quellen gibt, die den Stammesnamen erwähnen (etwa Plutarch in den Doppelbiographien unter Marius), möglicherweise aber auch, um sie von den Zimbern in Norditalien zu unterscheiden, denen man den Namen der Kimbern mal überstülpte, als man versuchte, die Herkunft des deutschen Idioms in Norditalien zu erklären.

Ein aktueller Artikel zu den Zimbern in Norditalien hier:

Deutscher Dialekt in Italien: Jeder Zimber zählt - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Reise
 
Dass die Römer Cs als Ks gesprochen haben, darf man getrost als richtig ansehen. Aussprachen wie "Zizero" legen aber nahe, dass Cs vielleicht auch als Zs gesprochen werden konnten. Laut einer vermutlich recht gut informierten Quelle haben die Römer die Cs immer und nur als Ks gesprochen und die Z-Aussprache käme erst im mittelalterlichen Latein hinzu.
Wer kennt sich bei der römischen C-Aussprache aus?

explicit nicht. Allerdings mit dem Nachfolgermodell, mit dem Italienischen.
Dieses gibt durchaus Hinweise auf diverse Ausspracheregeln.
In der Schweiz, Österreich und in Teilen Bayerns heisst die Besatzungsmacht Tibets Kina und eben nicht Schina.
Den Buchstaben K (Kappa) gibt es zwar der Vollständigkeit halber, aber es benutzt ihn kaum jemand.
In den meisten Fällen wird C als K gesprochen, wie im venezianischen Ca'Doro oder z.B. in Ortsnamen, wie Catania.
Ein Gegenbeispiel ist Cesena/Cesenatico,
siehe auch Wiki:
"c
  • vor a, o, u immer als [k]. Beispiel: casa.
  • vor e, i immer als [tsch]. Beispiel: cinema.
Um ein [tsch] vor a, o, u zu verwenden schiebt man ein "i" ein (Das "i" bleibt dabei stumm und wird nicht ausgeprochen). Beispiel: ciao.
Um ein [k] vor i, e, zu verwenden schiebt man ein "h" ein, das man auch nicht ausspricht. Beispiel: amiche."

Das Englische ist sehr lateinlastig, dort heisst es can, Canada oder Case.
 
Was konkret soll eigentlich die Aussprache in heutigen Sprachen hinsichtlich des Lateinischen belegen? Aussprachen ändern sich im Laufe der Jahrhunderte.
 
In den meisten Fällen wird C als K gesprochen, wie im venezianischen Ca'Doro oder z.B. in Ortsnamen, wie Catania.

Schön, dass du diese falsche Behauptung selbst korrigierst.

Ein Gegenbeispiel ist Cesena/Cesenatico,
siehe auch Wiki:
"c
  • vor a, o, u immer als [k]. Beispiel: casa.

  • vor e, i immer als [tsch]. Beispiel: cinema.
Um ein [tsch] vor a, o, u zu verwenden schiebt man ein "i" ein (Das "i" bleibt dabei stumm und wird nicht ausgeprochen). Beispiel: ciao.
Um ein [k] vor i, e, zu verwenden schiebt man ein "h" ein, das man auch nicht ausspricht. Beispiel: amiche."

Das Englische ist sehr lateinlastig, dort heisst es can, Canada oder Case.

Das allerdings ist eine andere Geschichte.
 
was ich nicht so ganz nachvollziehbar finde sind regeln für die aussprache des lateinischen, die sich allzusehr vom antiken griechisch ableiten. denn wie die griechische aussprache einst gewesen ist, kann heute mit absoluter gewissheit doch kein mensch mehr sagen, oder? außer man bezieht sich hier wieder aufs lateinische, was dann aber die gefahr eines "ringschlusses" in sich trägt. bestenfalls kan man rükschlüsse ziehen, die jedoch nicht den anspruch haben dürfen, der weisheit letzter schluss zu sein. letztendlich verhält es sich mit vergangenen sprachen ähnlich wie mit vergangener musik. es muss interpoliert werden. absolute wahrheit darf man da wohl keine erwarten, sondern lediglich hypothesen die mal mehr und mal weniger glaubwürdig sind.
 
Ich habe kein Latein in der Schule gehabt, als Vorausbemerkung.
Die Sprachregeln C ist K und ähnliches beziehen sich ja auf das klassische Latein. Nur Latein wurde ja als Sprache sehr lange gesprochen/wird gesprochen (Kirchenlatein). Und in der Zeit hat sich "das" Latein nun mal sehr verändert, damit auch die Aussprache. Man brauch sich dazu nur mal die deutsche Sprache angucken, wie sie sich in den letzten 200 Jahren verändert hat.
Sollte man einen "Glaubenskrieg" aus der Aussprache machen? Zu mal laut Tante Wiki nur noch auf das Leseverständniss in der Schule geachtet wird.

Apvar
 
was ich nicht so ganz nachvollziehbar finde sind regeln für die aussprache des lateinischen, die sich allzusehr vom antiken griechisch ableiten. denn wie die griechische aussprache einst gewesen ist, kann heute mit absoluter gewissheit doch kein mensch mehr sagen, oder? außer man bezieht sich hier wieder aufs lateinische, was dann aber die gefahr eines "ringschlusses" in sich trägt. bestenfalls kan man rükschlüsse ziehen, die jedoch nicht den anspruch haben dürfen, der weisheit letzter schluss zu sein. letztendlich verhält es sich mit vergangenen sprachen ähnlich wie mit vergangener musik. es muss interpoliert werden. absolute wahrheit darf man da wohl keine erwarten, sondern lediglich hypothesen die mal mehr und mal weniger glaubwürdig sind.

Es ist eben nicht nur das Griechische, sondern auch das Arabische, das Aramäische und das Hebräische und eben auch wechselseitige Entlehnungen.

Nehmen wir als Beispiel das griechische Wort κιθάρα. Dies ist als cithara ins Lateinische entlehnt worden. Aus dem griechischen /ki'θa:ra/ wurde ein lateinisches /ki'θa:ra/ oder /ki'ta:ra/ und schließlich ein /tsi'θa:ra/ oder /tsi'ta:ra/*, was im Deutschen noch als Zither überlebt hat. Das Griechische hat das Wort aber auch ins Arabische entlehnt: qīṯāra (/qi:θa:ra/).** Dieses arabische qīṯāra ist als guitarra ins Spanische entlehnt worden und als solches nun international die Gitarre.
Direktentlehnung aus dem Lateinischen ins Arabische sind z.B. der Kanon (qanūn) oder das castrum (qaṣr).



*/t/ oder /θ/ das ist eine Problematik. Es ist auffällig, dass die Römer das griechische <θ> und das germanische <þ> immer mit <th> wiedergeben, was dann auch zur englischen Schreibung des -th- geführt hat. Ob die Römer ihr <th> als /θ/ gesprochen haben? Im Lateinischen gab es diesen Laut jedenfalls nicht, auffällig ist aber, dass er regelmäßig als th wiedergegeben wurde, es also zumindest die Konvention gab, ihn zu schreiben.
**Das arabische /q/ ist anders als im Deutschen nicht dem /k/ entsprechend, es gibt Bedeutungsunterschiede, zwischen kalb (Hund) und qalb (Herz). Das arabische /q/ wird weiter hinten in der Kehle artikuliert.
Wenn wir in europäischen Sprachen <Qu> schreiben, entspricht das phonetisch dem /kw/: Qualle, Quelle /'kwalə/, /'kwelə/
 
was ich nicht so ganz nachvollziehbar finde sind regeln für die aussprache des lateinischen, die sich allzusehr vom antiken griechisch ableiten. denn wie die griechische aussprache einst gewesen ist, kann heute mit absoluter gewissheit doch kein mensch mehr sagen, oder? außer man bezieht sich hier wieder aufs lateinische, was dann aber die gefahr eines "ringschlusses" in sich trägt. bestenfalls kan man rükschlüsse ziehen, die jedoch nicht den anspruch haben dürfen, der weisheit letzter schluss zu sein. letztendlich verhält es sich mit vergangenen sprachen ähnlich wie mit vergangener musik. es muss interpoliert werden. absolute wahrheit darf man da wohl keine erwarten, sondern lediglich hypothesen die mal mehr und mal weniger glaubwürdig sind.

wie das altgriechische Homers, wie das des Euripides, des Thukydides oder das des NT geklungen hat, weiß man recht genau, auch wenn sich Altgriechisch stärker vom Neugriechisch unterscheidet, als Spanisch oder Italienisch von Latein. Latein ist keine tote Sprache, sie hat sich nur in in ihrer klassischen Form nicht weiterentwickelt. Wie jeder einzelne laut der lateinischen Sprache geklungen hat, wissen wir zwar, die Sprachmelodie des Ganzen aber, kann man nur ungefähr rekonstruieren. Ein moderner Altphilologe könnte Cicero sicher verstehen, auch wenn ihm dessen Sound befremdlich vorkäme, während Cicero über die Aussprache eines Altphilologen teilweise sicher ebenso befremdet wäre.

Italienisch und Spanisch und die romanischen Sprachen haben sich aus regionalen Ausformungen des Vulgärlatein entwickelt. Statt Equus setzte sich Caballus, der Klepper durch.

Qui non laborat, non manducet, wer nicht arbeitet, soll nicht futtern, wörtlich die hand (zum Mund führen).


Allerdings deutet auch manches darauf hin, dass auch das Vulgärlatein zu einem gewissen Stillstand kam.

Dass C. Iulius Caesars Name wie Kaisar ausgesprochen wurde und Marcus Tullius Cicero wie Kikero gesprochen wurde, können altgriechische Zeugnisse durchaus plausibel machen, wenn in z. B. Inschriften ein Markos Tullios Kikeron, oder ein Kaisar erwähnt wird. Da altgriechisch den Buchstaben Zeta kannte, hätte man Zizeron geschrieben, wenn man es so ausgesprochen hätte.
 
Sandras Frage ging ja in die Richtung, wie man denn feststellen wollte, dass das römische C zunächst als /k/ ausgesprochen würde, es könne doch umgekehrt genausogut das griechische k wie /ts/ ausgesprochen worden sein (so jedenfalls habe ich ihren Beitrag verstanden). Erst der Vergleich mit Drittsprachen kann da weiterhelfen, daher auch das exemplarische Beispiel von Zither und Gitarre.
 
Dialekte

Zu dem Thema möchte ich einen Gedanken einbringen, der noch nicht ausreichend erörtert wurde. Das römische Reich umfasste ja ein riesiges Gebiet und dort gab es sicherlich auch Dialekte. (Aus welchen später romanische Sprachen wuden).

Ein modernes Beispiel kenne ich aus der Türkei und zwar deshalb, weil über die Lasen gerne Witze gemacht werden. (Sie haben dort den Ruf, wie bei uns die Ostfriesen). Allein sie sprechen das "K" vor "E" und "I" wie "TSCH" aus. Also wie das "C" im Italienischen. So heißt der Staatsgründer "Kemal Atatürk" und ein Lase sagt "Tschemal Atatürk".

Nun meine Überlegung: könnte es so etwas ähnliches im alten Rom auch gegeben haben? Humor ist sicherlich ein Anlass, um Zitate im Dialekt zu verwenden.:D Dann aber setzt die Aussprache ein breiteres Spektrum voraus. So bei uns die Kombination von Konsonanten mit besonderer Bedeutung. Oder dann durch die Verwendung von Sonderzeichen. Das mag der Grund gewesen sein, warum die Römer keine Dialekte aufzeichneten. Oder noch einfacher: Dialekte galten als minderwertig. Uns fehlen also Zeugnisse aus der Vergangenheit. Das schließt aber nicht aus, dass es dieses Phänomen schon viel früher gab.
 
Selbstverständlich gab es auch irgendwann Dialekte des Lateinischen. Du musst aber bedenken, dass das Lateinische ursprünglich in einem Recht überschaubaren Raum entwickelte, zunächst selber als Dialekt des Italischen. Viele Eigenheiten der romanischen Sprachen, die zunächst mal in der ein oder anderen Form als Dialektmerkmale aufgetreten sind, werden allerdings auf Sub-, Ad- und Superstratsprachen des Lateinischen zurückgeführt.
 
Entwicklung der Schrift

Anhand eines weiteren Beispiels möchte ich aufzeigen, warum Unterschiede der Aussparche nicht immer offensichtlich sind. In einem Kurs für Spanisch hatte ich einen Lehrer aus Galizien. Der sagte einmal, die spanische Vokabel "dos" (zwei) würde in Galizien wie "dosch" ausgesprochen. Auch ein Galizier schreibt "dos" und nicht "dosch", weil unser "sch" in der spanischen Orthographie völlig unbekannt ist. Also: unterschiedliche Aussprache bei gleicher Schreibweise. Dazu möchte ich folgendes sagen: Komplizierte Schriftformen kommen erst dann zum Tragen, wenn Verwechslungen möglich sind. (Auf die Weise ist eine Schrift schwieriger zu lernen). Meiner Kenntnis nach umfasst die internationale phonetische Schrift rund 800 verschiedene Zeichen, welche ich mir kaum merken kann. Aber ja! Jeder Sprache und jedem Dialekt soll Rechnung getragen werden. Da könnte man den Unterschied zwischen spanischer und galizischer Sprache kenntlich machen. Sonst aber nicht!

Nun zurück zum Ur-Latein und den alten Römern. Damals hatten es die Leute sehr viel einfacher. Die lateinische Schrift entwickelte sich aus der griechischen Schrift, wobei kreataiv Änderungen vorgenommen wurden, um auf Latein Verwechslungen zu vermeiden. Der Buchstabe "C" war aber kaum zu verwechseln. Den Namen "Cicero" nenne ich als Beispiel. Es ist eine Eigenart von uns Deutschen, diesen Namen wie "Zizero" zu sprechen. (Ähnlichkeiten gibt es vielleicht noch in slawischen Sprachen). Der Franzose sagt "Sisero", der Italiener "Tschitschero" und der Spanier (auf Kastilisch) gar "Thithero". Warum wurde kein Sonderzeichen erfunden? Weil es nicht notwendig war. Den Namen Cicero kann man nicht verwechseln.

Abschließend zum Ur-Latein, welches auch nur ein regional begrenzter Dialekt war. Warum wurde der Buchstabe "C" nicht genauer gekennzeichnet? Weil eben keine Notwendigkeit erkannt wurde.
 
Der Franzose sagt "Sisero", der Italiener "Tschitschero" und der Spanier (auf Kastilisch) gar "Thithero". Warum wurde kein Sonderzeichen erfunden? Weil es nicht notwendig war. Den Namen Cicero kann man nicht verwechseln.

Auf die Frage, warum es nicht notwendig war, die ich zwischen deiner Antwort "weil es nicht notwendig war" und die Aussage "den Namen Cicero kann man nicht verwechseln" implizit gestellt sehe, gibst du allerdings die falsche Antwort: Es war nicht notwendig ein Sondernzeichen zu entwickeln, weil jede Sprache eben ihre dialektalen Eigenheiten hatte, die sich aber quer durch die der Sprache eigenen Phonetik zogen und nicht bloß bei einem Wort Anwendung fanden.
Und noch etwas zur Aussprache des Namen Cicero in den romanischen Sprachen: Da die romanischen Sprachen i.d.R. nicht den Nominativ sondern den Akkusativ des lateinischen Etymons (natürlich nur bei Substantiva) zur Grundlage haben (was daran liegt, dass im Vulgärlateinischen der Akkusativ der bevorzugte Fall war - so wie unser Genitiv angeblich durch den Dativ verdrängt wird, so verdrängte der lateinische Akkusativ den Nominativ) heißt Cicero in den romanischen Sprachen Natürlich Cicerón (span. /θiθe'ron/), Cicerone (ital./ʧiʧe'rone/) oder Cicéron (frz. /si'seron/), was nichts daran ändert, dass Cicero, hätte er seinen Namen in einer dieser Varianten gehört, vermutlich nicht reagiert haben würde, weil er sich nicht angesprochen gefühlt hätte. Käsar und Kikero gehen auch weiterhin in den Kirkus.
 
Da die romanischen Sprachen i.d.R. nicht den Nominativ sondern den Akkusativ des lateinischen Etymons (natürlich nur bei Substantiva) zur Grundlage haben (was daran liegt, dass im Vulgärlateinischen der Akkusativ der bevorzugte Fall war - so wie unser Genitiv angeblich durch den Dativ verdrängt wird, so verdrängte der lateinische Akkusativ den Nominativ) heißt Cicero in den romanischen Sprachen Natürlich Cicerón (span. /θiθe'ron/), Cicerone (ital./ʧiʧe'rone/) oder Cicéron (frz. /si'seron/),
Meinst Du wirklich den Akkusativ oder nicht doch eher den Ablativ? Zumindest im Italienischen leiten sich doch die meisten Substantiva vom Ablativ des ursprünglichen lateinischen Wortes her? Mit anderen romanischen Sprachen kenne ich mich noch weniger aus ...
 
Das könnte man meinen, weil in den romanischen Sprachen, so wie sie sich uns heute darstellen, das abschließende -m fehlt, es ist aber tatsächlich der Akkusativ. Das ist ja ein Prozess der inschriftlich bzw. im Vgl. mit den Pluralformen nachvollzogen werden kann.
 
So ganz leuchtet mir das nicht ein. Bei den lateinischen Wörtern, die nach der a-, e-, u- oder konsonantischen Deklination dekliniert wurden, wirkt der Akkusativ ohne -m wirklich wie der Ablativ. Aber was ist mit der o-Deklination? "Freund" z. B. heißt doch auf Italienisch "amico" (?)? Wenn das italienische Wort vom Akkusativ von amicus abgeleitet wäre, müsste er doch "amicu" heißen? "Esel" heißt doch auch "asino" statt "asinu"? Im frühen Lateinischen lautete der Akkusativ der o-Deklination auf -om statt auf -um. Erhielt sich das etwa (teilweise) im Vulgärlatein? Oder rührt es daher, dass im Vulgärlatein das u mitunter als o gesprochen wurde?
 
Das Problem ist, du darfst nicht nur das klassische Latein und die heutigen romanischen Standardsprachen mit ihren defektiven Endungen (vom Standpunkt aus, dass das Akkusativ-m meist völlig fehlt) betrachten, sondern du musst auch die Zwischenschritte betrachten, die zwischen dem heutigen Sprachstand der Lexeme und ihrem Auftreten im Vulgärlateinischen passiert sind.

Was o und u angeht, so sind diese vielfach austauschbar. Ich glaube nicht, dass man hier auf das Altlateinische rekurrieren muss bzw. sollte.
Nehmen wir Cicero - auf Sizilianisch Ciceruni. Wenn man andalusische Gitanos sprechen hört oder das Andenspanische mit Quichua-Adstrat, inbesondere gen Ecuador, dann wird man vielfach ebenfalls /u/ hören, wo man nach dem Standardspanischen /o/ erwartet. Dazu kommen noch der Zusammenfall der u- und der o-Deklination sowie des Neutrums und des Maskulinums der o-Deklination und der sogenannte Quantitätenkollaps, ein Zusammenfall des Phoneminventars im Bereich der Vokale des klassischen Lateins (10) und des Vulgärlateins (7).
 
Vor kurzem schrieb ich in einem anderen Thread:

Nehmen wir Keller und Zelle. Beides stammt vom lateinischen cella. Da wir wissen, dass im klassischen Latein das <c> noch [k] gesprochen wurden und später zu [ts] umgelautet, können wir zumindest festhalten, dass cella zwei Mal ins Germanische und vielleicht schon ins Deutsche entlehnt wurde, nämlich einmal zu einem Zeitpunkt, als das <c> noch [k] gesprochen wurde, und ein zweites Mal zu einem Zeitpunkt, als es schon umgelautet war. (Wenn mal so Dinge wie Retardierung etc, auslässt).

Heute habe ich bei Eugenio Coseriu (Lateinisch - Romanisch. 2008 posthum) die Behauptung gelesen - die allerdings nicht von ihm stammte, sondern die er nur zitierte - dass das zu [ts] umgelautete <c> vor <e, i> eher aus dem christlichen Bereich stamme, während das konservative <c> vor <e, i> = [k] eher aus dem weltlichen Bereich stamme. Als Belege waren Zelle (cella) und Kreuz (crux, crucis) sowie Keller (cella) und Kiste (cista) angeben. Somit sei der Entlehnungszeitpunkt auch nicht so genau zu bestimmen, da im christlichen Bereich eine stärkere Anpassung an die Volkssprache stattgefunden habe. Keller könnte demnach - obwohl phonematisch konservativer - später entlehnt worden sein, als Zelle.
Das Argument der stärkeren Anpassung der Missionarsentlehnungen an die lateinische Volkssprache schien ein wenig seltsam - denn warum sollte man bei der Bezeichnung von Konsumgütern einen sprachlichen Konservatismus erwarten? - aber durch die Suggestion der jeweils zwei Belege aus dem christlichen und aus dem weltlichen Bereich erst einmal plausibel. Mir fiel dann auch als nächstes die Kirsche ein (ceresia), die ja auch ein Konsumgut ist. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Zither und Zirkus. Nun ist es sicher möglich, die Zither nicht nur für weltliche Musik, sondern auch für kirchliche bzw. geistliche Musik einzusetzen (die Darstellungen von Musikinstrumenten in den Cantigas de Santa María aus dem 13. Jhdt. legen dies zumindest für das SpätMA auch nahe und es gibt keinen mir bekannten Grund anzunehmen, dass das zu anderen Zeiten wesentlich anders war), aber zumindest der Zirkus ist ja nicht unbedingt ein Teil der geistlichen Welt. Auf den ersten Blick.
Auf den zweiten Blick ist der Zirkus wiederum der Ort des Martyriums vieler Christen.
Was ist nun von der Behauptung zu halten, dass durch das Christentum ins Deutsche entlehnte Worte eher den Lautwandel [k] > [ts] mitgemacht haben, während Konsumgüter (oder im Falle des Kellers Lagerräume für Konsumgüter) sprachlich eher konservativere Merkmale aufweisen, man also mit der Datierung der Entlehnung vorsichtiger sein müsse?
 
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