Das Römerlager Aliso

Meines Wissens ist es derzeitiger Stand der Archäologie, dass die von Dir genannten linksrheinischen Lager zu Zeiten des Varus und Tiberius gar keine Innenbebauung aufweisen. Demnach handelte es sich nur um Etappenlager für Verlegungen vom linksrheinischen Hinterland nach uns weitgehend unbekannte Standlager in der rechtsrheinischen Provinz. Die Soldaten haben innerhalb der Umgrenzungen wohl nur ihre Zelte aufgeschlagen. Deshalb rätsele ich darüber, wie Du eine nicht vorhandene linksrheinische Innenbebauung mit der archäologisch nachgewiesenen Innenbebauung von Haltern vergleichen kannst.

Wie Du in der Grafik oben siehst haben die hohen Herren, ab Zenturio aufwärts, auf dem Hunerberg auch schon in festen Unterkünften überwintert.
Ausführlicher steht das hier:
http://dare.ubn.kun.nl/bitstream/2066/27352/3/27352___.PDF
Die Legionäre haben wohl in der Tat gezeltet.

Die Holzerdemauer, die Tore und die Zenturionenhäuser haben die selbe Ausbaustufe wie in Oberaden. Man kann also hier auch auf eine zumindest einjährige Überwinterung schliessen.
Hier mal die ergrabenen Kohortenlagerplätze aus Oberaden(links) und Nijmegen(rechts):
Kohorten.jpg

Diese Lagerplätze nehmen in beiden Lagern den selben Raum ein. Je Kohorte ein 66,6m Quadrat. Die Zenturie entsprechend auf einem Streifen von 11,1m x 66,6m.

Legt man ein Raster von 11,1mx11,1m über die Lagerkonstruktionen, sieht man, daß Bebauung und Strassen immerwieder synchron zum Raster verlaufen.

oberaden_raster.jpg
Oberaden

Nijmegen_raster.jpg
Nijmegen(Hunerberg)

Der Mittelpunkt dieses Rasters liegt in Oberaden in einem Zimmer des Praetoriums. Das Praetorium seinerseits liegt wiederum auf einem 66,6m66,6m Quadrat. Auf dem Hunerberg scheint dort ein principiaartiges Gebäude zu stehen.

Das augusteische Lager auf dem Hunerberg wird kurz vor Oberaden datiert. Es könnte sich also um Legionen des Drusus vor seiner Rheinüberquerung gehandelt haben.
Den Begriff Standlager würde ich für diese Zeit nicht verwenden wollen. Das Standlager war das Winterlager. Dieses wurde aber wie es scheint ständig den Eroberungen entsprechend verlegt. Zwar war das Imperium schon größtenteil konsolidiert, die Aussengrenzen aber noch nicht erstarrt.

Die strenge normierte Bauweise haben wir in Haltern nicht mal ansatzweise. Entweder war der dortige Vermesser total besoffen oder es handelt sich schlichtweg um eine andere Konstruktion für eine andere Funktion.


Gruß
jchatt
 
Guten Abend

Mal ne ganz andere frage. Es scheint ja für die Archäologie festzustehen das Haltern sowas wie das macht zentrum für die neue Provinz gewesen sein soll. Warum liegt dan das macht zentrum soweit Westlich ?. Wäre es nicht viel logischer wen es an der Weser liegen würde ?.

Wen ich es mal übertrage auf Germania inferior, dort liegen die machtzentren doch auch am Rhein und nicht an der Maas ?.

Des weitern würde ich gerne wissen das wenn es stimmt das Anreppen wie von offizieller seite gesagt wird, schon um das jahr5 n.chr aufgelassen wurde. Warum sagen dan die Ouellen alle, das sich Varus im Jahr 9n.Chr zur Lippe aufmachte? den wen die Lippelager bis auf Haltern und Oberraden ihre Funktion schon nicht mehr im jahr5 nicht erfüllen konnten, wie hatt man die Truppen des Varus an der Weser dan versorgt? bzw verlegt ?.

Bleibt dan nicht Automatisch der schluss das es ein weiters Ost Lippelager gegeben haben muss das die funktion von Anreppen übernahm ?. Den ein Varus marsch aus dem theoretischen raum Hammeln bis nach Haltern würde Luftline 155 Km betragen, über die unmengen an maultieren die dazu benötig werden, wurde ja schon was gesagt .

Auch würde ich gerne wissen wie die versorgung der Truppen mit gütern grundsätzlich durchgeführt wurde, wen sie sich im Weserraum aufgehalten haben. Bleit nicht auch für diesen fall der schluss auf einen Regelmässigen versorgungs fluss an gütern über die Weser ?.

Mit Freundlichen Grüssen

Nicht_wissend
 
Des weitern würde ich gerne wissen das wenn es stimmt das Anreppen wie von offizieller seite gesagt wird, schon um das jahr5 n.chr aufgelassen wurde. Warum sagen dan die Ouellen alle, das sich Varus im Jahr 9n.Chr zur Lippe aufmachte?

Bleibt dan nicht Automatisch der schluss das es ein weiters Ost Lippelager gegeben haben muss das die funktion von Anreppen übernahm ?. Den ein Varus marsch aus dem theoretischen raum Hammeln bis nach Haltern würde Luftline 155 Km betragen, über die unmengen an maultieren die dazu benötig werden, wurde ja schon was gesagt .

Wo steht, daß Varus sich im Jahre 9 n.Chr. zur Lippe aufmachte?
Und wenn, der Weg an der Lippe entlang bzw. über die Lippe nach Osten ist eigentlich der wirklich logische.

Ein Römerlager östlich von Anreppen ist nicht nur unwahrscheinlich, sondern eher unmöglich. Die Archäologie nimmt an, daß die Lippe bis Anreppen gerade noch schiffbar war (die Lippequellen liegen nicht weit entfernt). Ein weiteres Lager weiter östlich ist daher wirklich nicht zu erwarten.
 
JChatt, danke für den Literaturhinweis. Offensichtlich taugt das von mir "zitierte" Buch nicht wirklich viel.
Dein Hinweis war schon korrekt: In der Okkupationsphase (also in der Zeit zwischen den Drusus-Feldzügen und der Varus-Niederlage) wiesen die rechtsrheinischen Lager eine feste Innenbebauung auf, die linksrheinischen hingegen nicht. Nijmegen nimmt hier eine Sonderrolle ein, da jenes Lager quasi der Dreh- und Angelpunkt für alle römischen Operationen war, die mit dem mutmaßlichen Paradigmenwechsel von der Sicherung der Rheingrenze zur Eroberung Germaniens zusammenhingen. Drusus hat das Lager 12 vor Chr. - also noch vor Beginn der eigentlichen Offensive im Rechtsrheinischen - in gesichertem, befreundetem Gebiet anlegen lassen. Es war seine "Machtbasis" und hatte damit gänzlich anderen Charakter als das "Front-Lager" Oberaden oder die damals tatsächlich als Durchmarsch-Stationen genutzten Standorte bei Xanten und Neuss.


Guten Abend

Mal ne ganz andere frage. Es scheint ja für die Archäologie festzustehen das Haltern sowas wie das macht zentrum für die neue Provinz gewesen sein soll. Warum liegt dan das macht zentrum soweit Westlich ?. Wäre es nicht viel logischer wen es an der Weser liegen würde ?.

Wen ich es mal übertrage auf Germania inferior, dort liegen die machtzentren doch auch am Rhein und nicht an der Maas ?.

Das hängt ganz davon ab, was man unter "Machtzentrum" versteht. Während der Drusus-Feldzüge war Oberaden das militärische Machtzentrum. Es war nach heutigem Kenntnisstand das größte Lager, das Germanien je gesehen hat. Oberaden war aber nie ein Verwaltungszentrum. Mit Haltern verhält es sich genau andersrum: Dort befand sich nach der weitgehenden Sicherung der eroberten Gebiete ein Verwaltungszentrum, es gab aber keine übermäßig starke Garnison. Haltern war kein reines Militärlager. Deshalb wäre es unsinnig gewesen, dieses Lager nahe der "Grenze" des römisch kontrollierten Gebiets anzulegen.

Ähnlich lief das in Gallien. Die Standorte der Legionen, die zur Grenzsicherung dienten, lagen in Rheinnähe. Zum zentralen Ort mit Kultplatz und Landtag wurde aber Lugdunum im Landesinneren ausgebaut. Ebenso später in Germanien. Die Legionen hatten ihre Garnisonen im rechtsrheinischen Gebiet, der Kultplatz mit Landtag für Germanien wurde aber in Köln eingerichtet.

Des weitern würde ich gerne wissen das wenn es stimmt das Anreppen wie von offizieller seite gesagt wird, schon um das jahr5 n.chr aufgelassen wurde. Warum sagen dan die Ouellen alle, das sich Varus im Jahr 9n.Chr zur Lippe aufmachte? den wen die Lippelager bis auf Haltern und Oberraden ihre Funktion schon nicht mehr im jahr5 nicht erfüllen konnten, wie hatt man die Truppen des Varus an der Weser dan versorgt? bzw verlegt ?.
Dass die Quellen nicht behaupten, Varus sei zur Lippe gezogen, ist schon angemerkt worden. Zu ergänzen sei noch, dass Oberaden bereits aufgegeben worden war, als Haltern gebaut wurde. Der Versorgungsweg, nach dem Du fragst, war die Lippe selbst. Inzwischen ist klar, dass es entlang des Flusses eine ganze Kette von Lagern gab, die offenbar jeweils einen Marschtag auseinander lagen. Über diese Route konnte laufend Nachschub herangeführt werden. Übermäßig viel Nachschub wurde zu dem Zeitpunkt aber nicht benötigt, da die Römer sich bereits als Herren des Landes betrachteten. Varus wähnte sich nicht auf einem Gefechtsmarsch oder in einem Kriegseinsatz. Er hatte deshalb einen größeren Tross und folglich mehr Versorgungsgüter dabei als normalerweise nötig gewesen wäre.

Zudem waren die Legionen durchaus in der Lage, genug Material mitzuführen, um ein paar Wochen, vermutlich sogar Monate ohne Nachschub durchzuhalten. Wäre das Versorgungsmaterial knapp geworden, hätte Varus problemlos innerhalb kurzer Zeit von der Lippe bis zur Weser Nachschub heranschaffen können. Er war damit in einer sehr viel komfortableren Situation als später Germanicus. Wenn dem das Futter ausging, musste er bis zum Rhein zurück, um wieder was zu bekommen.

Bleibt dan nicht Automatisch der schluss das es ein weiters Ost Lippelager gegeben haben muss das die funktion von Anreppen übernahm ?
Da stellte sich die Frage, welche Funktion Anreppen eigentlich hatte. Wie hier in einer anderen Diskussion schon erörtert wurde, hätte Varus für seine Operationen innerhalb Germaniens gar nicht solche Mengen an Versorgungsgütern benötigt, wie man in Anreppen einlagern konnte. So, wie sich die politische Lage innerhalb Germaniens für Varus darstellte, wäre Anreppen überflüssig gewesen.

MfG
 
Hallo,
mal eine Frage: bei Velleius Paterculus II ,105 steht,daß das Kastell in der Mitte
Germaniens lag und " ad caput juliae" fluminis, der Lippe anliegend, sich befand.
Bisher ist dieses Flüßchen noch nicht richtig lokalisiert worden.Wer kann hier
helfen?
 
Dein Hinweis war schon korrekt: In der Okkupationsphase (also in der Zeit zwischen den Drusus-Feldzügen und der Varus-Niederlage) wiesen die rechtsrheinischen Lager eine feste Innenbebauung auf, die linksrheinischen hingegen nicht. Nijmegen nimmt hier eine Sonderrolle ein, da jenes Lager quasi der Dreh- und Angelpunkt für alle römischen Operationen war, die mit dem mutmaßlichen Paradigmenwechsel von der Sicherung der Rheingrenze zur Eroberung Germaniens zusammenhingen. Drusus hat das Lager 12 vor Chr. - also noch vor Beginn der eigentlichen Offensive im Rechtsrheinischen - in gesichertem, befreundetem Gebiet anlegen lassen. Es war seine "Machtbasis" und hatte damit gänzlich anderen Charakter als das "Front-Lager" Oberaden oder die damals tatsächlich als Durchmarsch-Stationen genutzten Standorte bei Xanten und Neuss.

Der Vergleich hinkt. Nijmegen und Oberaden sind Legionswinterlager mit partieller Innenbebauung. Ob links oder rechtsrheinisch ist dabei völlig egal.
Für Haltern,Anreppen und Marktbreit gibt es aber kein linksrheinisches Pendant. Es sind Bauten der Provinzadministration und von vornherein mehr auf Bestand ausgelegt. Meiner Meinung nach ein römisches Pfalzsystem.
Die Legionslager folgten den Eroberungen und waren daher temporär. So läßt sich das augusteische Lager in Nijmegen nach den datierbaren Funden höchstens bis in den Oberadenhorizont legen. Also genau wie in Oberaden nur eine sehr kurze Belegungszeit. Wahrscheinlich wechselten also kurz nach Beginn der Drususoffensiven die Legionen auch dieses Lagers ins Rechtsrheinische. Passt ja auch zu DIO: "Drusus überschritt den Rhein in der Nähe der Bataverinsel"

Vielleicht könnte man das Thema der Legionslager auskoppeln, da es doch schon reichlich OT ist ?

Gruss
jchatt
 
Der Vergleich hinkt. Nijmegen und Oberaden sind Legionswinterlager mit partieller Innenbebauung. Ob links oder rechtsrheinisch ist dabei völlig egal.
Für Haltern,Anreppen und Marktbreit gibt es aber kein linksrheinisches Pendant. Es sind Bauten der Provinzadministration und von vornherein mehr auf Bestand ausgelegt. Meiner Meinung nach ein römisches Pfalzsystem.
Die Legionslager folgten den Eroberungen und waren daher temporär. So läßt sich das augusteische Lager in Nijmegen nach den datierbaren Funden höchstens bis in den Oberadenhorizont legen. Also genau wie in Oberaden nur eine sehr kurze Belegungszeit. Wahrscheinlich wechselten also kurz nach Beginn der Drususoffensiven die Legionen auch dieses Lagers ins Rechtsrheinische. Passt ja auch zu DIO: "Drusus überschritt den Rhein in der Nähe der Bataverinsel"

Vielleicht könnte man das Thema der Legionslager auskoppeln, da es doch schon reichlich OT ist ?

Gruss
jchatt

Zunächstmal ist es überhaupt nicht egal, ob links- oder rechtsrheinisch. Das Vorhandensein der Innenbebauung ist der einzige Punkt, in dem sich Nijmegen und Oberaden ähneln. Oberaden war bewusst mitten im Feindesland angelegt worden, Nijmegen war von "Freunden" umgeben. In Nijmegen residierte der "Caesar", in Oberaden leitete der Feldherr den Krieg. Oberaden war ein Zentrum der taktischen Operationen im Kriegsgebiet, Nijmegen hatte strategische Bedeutung (sichere Zone mit Zugang zur Nordsee und damit zu den Einfallsrouten Ems, Weser, Elbe).

Ohne das jetzt im OT-Bereich ausweiten zu wollen, hatte ich diesen Teil der Diskussion so aufgefasst, dass Du der Aussage von @flavius-sterius widersprochen hast, die Lager innerhalb Germaniens hätten eine Innenbebauung aufgewiesen, die linksrheinischen aber nicht.

Dein Gegenargument, dass ja auch Nijmegen eine Innenbebauung hatte, ist nicht stichhaltig, denn wie ich dargelegt habe, hatte jenes Lager im Kontext der ganzen Feldzüge eine Sonderfunktion. Es war der Ausgangspunkt der römischen Operationen beim Übergang von einer defensiven zu einer offensiven Politik. Alle anderen Lager sind bereits Elemente der Offensivstrategie - und für die gilt: rechtsrheinische Lager hatten feste Innenbebauungen, linksrheinische nicht.

Dieser Teil der Debatte ist auch nicht wirklich OT, denn es geht hier nicht um ein architektonisches Problem, sondern um die Grundfrage: Wo haben die Legionen überwintert? Das war in der Frühphase das Lager bei Oberaden. Nach dem Ende des "militärischen Teils" der Eroberung wurden die Lager kleiner und bekamen andere Aufgabe und ein anderes Erscheinungsbild.

Und damit sind wir zwanglos bei Aliso angekommen. Drusus hat sein Monster-Lager nicht umsonst bei Oberaden angelegt. Der Ort war strategisch günstig. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Kämpfe war es nur folgerichtig, in der gleichen strategisch günstigen Gegend auch das Lager anzulegen, von dem die zivile Durchdringung des eroberten Gebiets ausgehen sollte: Aliso. Haltern.

MfG
 
Hallo,
mal eine Frage: bei Velleius Paterculus II ,105 steht, daß das Kastell in der Mitte Germaniens lag und "ad caput juliae fluminis", der Lippe anliegend, sich befand.

Ich weiß nicht, wo du das her hast. Es ist jedenfalls so, als sei der Satz genommen und einmal durchgeschüttelt wurde, alles irgendwie halbrichtig .
Konkret lautet der Satz:
Pietas sua Caesarem paene obstructis hieme Alpibus in urbem traxit, at tutela imperii eum veris initio reduxit in Germaniam, in cuius mediis finibus ad caput Iuliae/Lupiae fluminis hiberna digrediens princeps locaverat.

Das erste Problem setzt damit ein, dass die einzige bekannte HS verloren ist und wir nur eine Editio Princeps (also den Erstdruck) aus dem Jahr 1520 besitzen. Bei Lupiae handelt es sich an dieser Stelle um eine Emendation, also eine Verbesserung des Herausgebers, in diesem Falle Mommsen, der nicht glaubte, dass das Iuliae korrekt ist, wobei dahingestellt ist, bei wem der Fehler lag, bei dem bzw. einem der mittelalterlichen Schreiber, dessen Handschrift bis ins 16. Jahrhundert überliefert wurde, bzw. auf dessen Variante die Handschrift zurückgeht die bis ins 16. Jahrhundert überliefert wurde, oder bei dem Herausgeber des 16. Jahrhunderts. Die Editio Princeps ist digitalisiert, man findet die entsprechende Stelle auf S. 56 (68).

Also, hier an dieser Stelle ist nur von einem Fluss die Rede (wenn denn caput als Quelle zu lesen ist), nicht von zweien; entweder ein Fluss, den wir nicht verorten können, oder der Lippe, wie Mommsen meinte.
In diesem Missverständnis, dass hier nur von einem und nicht etwa von zwei Flüssen die Rede ist, liegt wohl auch der Denkfehler begründet, es handele sich bei diesem Winterlager um Aliso, was ja vermutlich an einem Zusammenfluss zweier Flüsse lag.

Problem Nr. 2:
Die Verortung des Kastells in der Mitte Germaniens: Das steht dort nicht! Abgesehen davon, dass Germanien kein genau definiertes Gebilde war und vor allem die Nord- und die Ostgrenze dieses geographischen Raums für die Römer im Nebel lag, von daher also kaum die Mitte definiert werden konnte, also selbst wenn es grammatisch dort stünde, die Information ohne echten Wert wäre, steht dort grammatikalisch etwas ganz anderes: "in Germaniam, in cuius mediis finibus". Mediis ist ein Adjektiv, welches sich auf finibus bezieht (Ablativ Pl. m): Zu lesen ist dort also "inmitten der Grenzen" oder "inmitten der Gebiete". Das bedeutet aber nicht, "in der geographischen Mitte".

Problem Nr. 3: Im Lateinischen kennen wir keine Artikel. Ob er hier also von einem bestimmten Lager oder irgendeinem Lager spricht, ist dem Text also nicht zu entnehmen, daher ist auch die Fragestellung nach dem Lager kaum sinnvoll zu beantworten, womit auch schon zum Problem Nr. 4 kommen:
Wenn Velleius Paterculus seine Muttersprache einigermaßen gut konnte, dann spricht er hier im Plural. Es ist also nicht von einem einzigen Winterlager (hibernum) sondern von mehreren (hiberna) die Rede. Es sei denn, er habe das Neutrum für ein Femininum gehalten. Aber dann stünde es im falschen Fall. Es kann nur der Akkusativ Pl. n sein

Problem Nr. 5:
Bisher ist dieses Flüßchen noch nicht richtig lokalisiert worden. Wer kann hier helfen?

Du verlangst nicht weniger, als ein Problem, über das sich seit hundert Jahren die Experten nicht einigen können, zu lösen. :grübel:
 
Wenn Velleius Paterculus seine Muttersprache einigermaßen gut konnte, dann spricht er hier im Plural. Es ist also nicht von einem einzigen Winterlager (hibernum) sondern von mehreren (hiberna) die Rede.
Ein Umstand, der sich mit den Erkenntnissen der Archäologen deckt. Gleichgültig, ob das ergrabene Hauptlager bei Haltern mit Aliso identisch ist oder nicht: Es war weitaus zu klein, um die "germanischen Legionen" aufzunehmen. Es muss also anderswo weitere Lager gegeben haben. Auf dem linken Rheinufer lagen sie nicht. Das sagen sowohl Paterculus als auch die archäologischen Befunde. Wenn die Römer nach dem gleichen Muster vorgegangen sind, wie fünf Jahrzehnte zuvor in Gallien, müsste es im Inneren Germaniens mindestens fünf Lager gegeben haben, jedes für höchstens eine Legion ausgelegt.

MfG
 
Wie gesagt, die Gleichsetzung des bei Velleius Paterculus II, 105 erwähnten Lagers - wie gesagt, es ist nicht eines, sondern es handelt sich um mehrere - mit Aliso ist mindestens fragwürdig, da hier Zusammenhänge konsturiert werden, die nicht bestehen.
 
Dieser Teil der Debatte ist auch nicht wirklich OT, denn es geht hier nicht um ein architektonisches Problem, sondern um die Grundfrage: Wo haben die Legionen überwintert? Das war in der Frühphase das Lager bei Oberaden. Nach dem Ende des "militärischen Teils" der Eroberung wurden die Lager kleiner und bekamen andere Aufgabe und ein anderes Erscheinungsbild.

Doch es ist ein architektonisches Problem. Das Polybioslager war zu Drusus Zeit schon über 100 Jahre in Gebrauch. Wahrscheinlich ist es sogar noch wesentlich älter. Neben dem oben angesprochenen Quadrat, das den Konstruktionen von Nijmegen und Oberaden zugrunde liegt weist auch die Innenbebauung eine Nähe zu den Überlieferungen des Polybios auf.
Der Konsul lag im Polybioslager zwar nicht in der Mitte des Lagers, trotzdem gibt Polybios den entscheidenden Hinweis, warum in Oberaden und Nijmegen Principia und/oder Praetorium im Zentrum zu finden sind.
Genaugenommen beschreibt er nämlich drei Lager.
Das bekannte Lager für EIN konsularisches Heer:
polybios_lager.jpg

Dann das Lager für den Fall, daß beide konsularischen Heere in einem Lager vereinigt sind:
polybios_lager_doppelt.jpg

und den eher seltenen Fall, daß ein Konsul sein Heer dem anderen Konsul anvertraut hat:
polybios_lager_doppelt_ein_konsul.jpg

Die Konstruktionsprinzipien dieses letzten Lagers werden mit dem Principat und der damit verbundenen Aufhebung der Kollegialität in der Heeresführung zur Lagerform in Oberaden geführt haben. Dazugekommen ist dann aber auch ein weiteres Lager ohne anwesende Führungspersönlichkeit (Nijmegen). Denn die Römer werden in den Zeiten der Republik die Vorteile die sich aus zwei getrennt geführten Heeresgruppen ergeben, schätzen gelernt haben. In diesem Lager war aber nur die Principia würdig den exponierten Platz in der Mitte des Lagers einzunehmen. Aus diesem Lager haben sich dann die schönen harmonischen Standlager ab Nero entwickelt. Das heisst aber für Nijmegen, daß Drusus dort allenfalls zur Inspektion war. Überwintert hat er in Oberaden.

Auch die abgeschnittenen Ecken in Oberaden und Nijmegen gehen wahrscheinlich auf eine Praxis aus der Zeit der Republik zurück.
Polybios schreibt für die Lagerecken hinter dem Konsul, dass dort "die fremdstämmigen und die nur für kurze Zeit dazukommenden Bundesgenossen"( Polybios, Historien 6,27-32 ) gelagert haben. Diese haben also wahrscheinlich nicht immer mit den Legionen überwintert.
Das Lager in Cava de Viriato in Viseu (Portugal) zeigt was dann geschah:

Polybios_cava de viriato.jpg
Man sieht, daß die abgeschnittenen Ecken die Lagerplätze der Legionen nicht schneiden.

Es gibt weitere Merkmale über den Wall, die Ecken, die Position der Tore die eine lückenlose Kontinuität von Polybios über Nijmegen/Oberaden bis zu den neronischen Standlagern aufweisen, und die definitiv NICHT für Haltern/Anreppen/Marktbreit zutreffen.
Wieso sollten also Legionen dort überwintert haben ?

Gruss
jchatt
 
Dazugekommen ist dann aber auch ein weiteres Lager ohne anwesende Führungspersönlichkeit (Nijmegen). Denn die Römer werden in den Zeiten der Republik die Vorteile die sich aus zwei getrennt geführten Heeresgruppen ergeben, schätzen gelernt haben. In diesem Lager war aber nur die Principia würdig den exponierten Platz in der Mitte des Lagers einzunehmen. Aus diesem Lager haben sich dann die schönen harmonischen Standlager ab Nero entwickelt. Das heisst aber für Nijmegen, daß Drusus dort allenfalls zur Inspektion war. Überwintert hat er in Oberaden.

Da wäre ich mir jetzt keinesfalls so sicher. Natürlich ist das praetorium in Oberaden schon aufgrund der Größe für Drusus errichtet worden. Aber das er dort überwintert hat scheint mir sehr unsicher.

Drusus hatte wohl eine nettere Alternative als Oberaden, nämlich Nijmegen. Hier nicht das Hauptlager, sondern eher das "Lager" auf dem nahen Kops Plateau. Dieses war eines Oberbefehlshabers am Rhein wirklich würdig.
 
Doch es ist ein architektonisches Problem.
Nur wenn man über Architektur diskutieren will, und nichts liegt mir ferner. Dieser Thread befasst sich mit der Ausgangsfrage, warum Aliso solche Bedeutung hatte und wo es sich mutmaßlich befand.

Das Polybioslager war zu Drusus Zeit schon über 100 Jahre in Gebrauch. Wahrscheinlich ist es sogar noch wesentlich älter.
Polybios beschreibt ein "Norm-Lager". Solche Normen sind in militärischen Strukturen noch heute so wichtig wie sie es damals waren. Jeder Mensch, der mal beim Bund war und in einer Kaserne gelebt hat, findet sich ohne größere Probleme auch in jeder anderen Kaserne zurecht - weil nämlich überall alles nach dem gleichen Muster abläuft. Das heißt aber keineswegs, dass alle Kasernen (oder alle römischen Militärlager) zwanghaft und ohne Rücksicht auf lokale Gegebenheiten nach dem gleichen Bauplan errichtet werden (oder wurden). Deshalb erscheint es mir "mutig", Änderungen in der Zeitstellung, der Politik oder der Militärdoktrin zu vermuten, nur weil ein Lager nicht streng rechteckig, sondern polygonal ist oder weil die Principia nicht genau dort liegt, wo sie der "Polybios-DIN" zufolge sein sollte. Aber das ist jetzt wirklich OT...

Man kann das Halterner Lager nicht nach architektonischen Kritierien mit den Lagern von Nijmegen und Oberaden vergleichen, obwohl alle drei fast die gleiche Zeitstellung haben und in jener Phase weder militär-strategische noch politische Veränderungen im römischen Reich erfolgt sind. Haltern hat eine andere Form, weil es eine andere Funktion hatte. Auch die Römer haben nicht die Funktion der Form angepasst, sondern die Form der Funktion. In ein Lager, von dem aus eine neue Provinz verwaltet werden soll, baut man einfach nicht in zwanghafter Befolgung der Polybios-Norm massenhaft Kasernen-Gebäude, die mangels Garnison gar nicht belegt werden könnten und nur den Platz wegnehmen würde, den man für zwingend benötigte zivile Einrichtungen brauchen würde.

Auch die Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen den Lagern bei Nijmegen und Oberaden lassen sich nicht mit "Architekturkritik" fassen. Nijmegen befand sich auf gesichertem "eigenen" Territorium und sollte als Kommandozentrale einer auf Jahre angelegten Militäroperation dienen. Oberaden dagegen war die am weitesten vorgeschobene "Kampfstellung". Dass Oberaden völlig anderen Anforderungen genügen musste, sollte augenfällig sein. Darauf war auch die "Form" des Lagers abgestimmt.

Die Konstruktionsprinzipien dieses letzten Lagers werden mit dem Principat und der damit verbundenen Aufhebung der Kollegialität in der Heeresführung zur Lagerform in Oberaden geführt haben. Dazugekommen ist dann aber auch ein weiteres Lager ohne anwesende Führungspersönlichkeit (Nijmegen). Denn die Römer werden in den Zeiten der Republik die Vorteile die sich aus zwei getrennt geführten Heeresgruppen ergeben, schätzen gelernt haben. In diesem Lager war aber nur die Principia würdig den exponierten Platz in der Mitte des Lagers einzunehmen. Aus diesem Lager haben sich dann die schönen harmonischen Standlager ab Nero entwickelt. Das heisst aber für Nijmegen, daß Drusus dort allenfalls zur Inspektion war. Überwintert hat er in Oberaden.
Mit dieser Passage hast Du mich intellektuell überfordert. Auch nach mehrmaligem Lesen verstehe ich es nicht. Deshalb summarisch:

- Für die hier zur Debatte stehenden Lager ist es ohne Belang, welche Teile der Polybios-Beschreibung sich auf republikanische oder konsularische Heereslager beziehen. Alle Lager, um die es in dieser Diskussion geht, sind augusteische Lager.

- Mit Sicherheit hat es in JEDEM römischen Lager eine "anwesende Führungspersönlichkeit" gegeben. Deshalb gab es auch in jedem Lager eine Principia und ein Praetorium. Ob dort ein Legat, ein Angehöriger des Princeps oder der Princeps selbst gehaust hat, kann man WAHRSCHEINLICH an der Ausgestaltung dieser Bereiche (mit oder ohne Fußbodenheizung etc...) ablesen.

Auch die abgeschnittenen Ecken in Oberaden und Nijmegen gehen wahrscheinlich auf eine Praxis aus der Zeit der Republik zurück.
Die könnten auch auf die Topographie zurückgehen. Die war in Germanien nunmal anders als im römischen Kernland. Deshalb habe ich den Verdacht, dass die Legionslager in Germanien sich durchaus von den "Norm-Lagern" der römischen Militärdoktrin unterscheiden konnten, ohne einen Bruch mit Grundprinzipien darzustellen.

Mir entgeht nur, was das alles mit Aliso zu tun hat.

MfG
 
Nur wenn man über Architektur diskutieren will, und nichts liegt mir ferner. Dieser Thread befasst sich mit der Ausgangsfrage, warum Aliso solche Bedeutung hatte und wo es sich mutmaßlich befand.

Es ging mir darum darzustellen warum die Forschung von den Legionsfestungen Nijmegen und Oberaden bzw. dem Römerlager Haltern, und eben nicht vom Legionslager Haltern spricht. Zu behaupten in Haltern hätten Legionen gelagert ist vollkommen haltlos und beruht einzig auf dem banalen Kurzschluss Kasernen=Legionäre.
Aufschluss wer wirklich in Haltern lagerte gibt möglicherweise (Tac. Ana. I,44)
"...Diesem Beispiele folgten die Veteranen, und nicht lange darauf wurden sie nach Rätien gesandt, scheinbar zur Verteidigung dieser Provinz wegen der drohenden Nähe der Sueben,..."

Mir entgeht nur, was das alles mit Aliso zu tun hat.

Deswegen mein Vorschlag, die Frage nach den Legionslagern in einen eigenen Thread auszulagern.


Polybios beschreibt ein "Norm-Lager". Solche Normen sind in militärischen Strukturen noch heute so wichtig wie sie es damals waren. Jeder Mensch, der mal beim Bund war und in einer Kaserne gelebt hat, findet sich ohne größere Probleme auch in jeder anderen Kaserne zurecht - weil nämlich überall alles nach dem gleichen Muster abläuft. Das heißt aber keineswegs, dass alle Kasernen (oder alle römischen Militärlager) zwanghaft und ohne Rücksicht auf lokale Gegebenheiten nach dem gleichen Bauplan errichtet werden (oder wurden).

Genau, und auf Deine Begründung, warum die Römer genau für die Okkupationszeit in Haltern von diesen Normen abgewichen sein sollen warte ich noch.

Deshalb erscheint es mir "mutig", Änderungen in der Zeitstellung, der Politik oder der Militärdoktrin zu vermuten, nur weil ein Lager nicht streng rechteckig, sondern polygonal ist oder weil die Principia nicht genau dort liegt, wo sie der "Polybios-DIN" zufolge sein sollte.

Das heisst im Umkehrschluss: Unter Augustus hat immernoch ein Konsul das Heer geführt, und die Legionen waren nach Manipel organisiert :confused:
Übrigens wartet die Archäologie immernoch auf den Fund des "perfekten" Polybioslagers. Alle bisherigen waren nicht exakt quadratisch.

Man kann das Halterner Lager nicht nach architektonischen Kritierien mit den Lagern von Nijmegen und Oberaden vergleichen

Das tust Du aber:
In der Okkupationsphase (also in der Zeit zwischen den Drusus-Feldzügen und der Varus-Niederlage) wiesen die rechtsrheinischen Lager eine feste Innenbebauung auf, die linksrheinischen hingegen nicht


Haltern hat eine andere Form, weil es eine andere Funktion hatte. Auch die Römer haben nicht die Funktion der Form angepasst, sondern die Form der Funktion. In ein Lager, von dem aus eine neue Provinz verwaltet werden soll, baut man einfach nicht in zwanghafter Befolgung der Polybios-Norm massenhaft Kasernen-Gebäude, die mangels Garnison gar nicht belegt werden könnten und nur den Platz wegnehmen würde, den man für zwingend benötigte zivile Einrichtungen brauchen würde.

Richtig!!! :friends:

Nijmegen befand sich auf gesichertem "eigenen" Territorium und sollte als Kommandozentrale einer auf Jahre angelegten Militäroperation dienen.
Nach zwei Jahren war in Nijmegen Schluss, laut den datierbaren Funden. Also nix mit Kommandobasis.

Oberaden dagegen war die am weitesten vorgeschobene "Kampfstellung". Dass Oberaden völlig anderen Anforderungen genügen musste, sollte augenfällig sein. Darauf war auch die "Form" des Lagers abgestimmt.

Die Form bestimmte bei einem Legionswinterlager, denn mehr als das haben wir in Nijmegen und Oberaden nicht, zuerst die Anzahl der Legionen, dann die an der Überwinterung teilnehmenden Hilfstruppen sowie die Anwesenheit des Feldherrn.
Operaden: wahrscheinlich Legion XVII,XVIII,XIX + Hilfstruppen(Thraker?) + Drusus
Nijmegen: wahrscheinlich Legion I Gallica und V Alaudae +Hilfstruppen ohne Feldherr

Mit dieser Passage hast Du mich intellektuell überfordert. Auch nach mehrmaligem Lesen verstehe ich es nicht. Deshalb summarisch:

Diese Passage erklärt die in Teilen unterschiedliche Innenaufteilung von Nijmegen im Vergleich zu Oberaden.
Das letzte Polybioslager war für den Fall, dass es nur einen effektiven Feldherrn gab. Der andere Konsul also mit anderen Dingen beschäftigt war.
Im Principat gab es aber immer nur einen Oberfeldherrn. Deswegen war das asymmetrische erste Polybioslager obsolet geworden. Um den alleinigen Führungsanspruch des Kaiserhauses über das Militär zu dokumentieren, durfte in einem zweiten Feldlager keine Person den vakanten in der Mitte des Lagers befindlichen Platz belegen. Deshalb stand dort (wie in Nijmegen und allen späteren Standlagern) die Principia.

Die könnten auch auf die Topographie zurückgehen. Die war in Germanien nunmal anders als im römischen Kernland. Deshalb habe ich den Verdacht, dass die Legionslager in Germanien sich durchaus von den "Norm-Lagern" der römischen Militärdoktrin unterscheiden konnten, ohne einen Bruch mit Grundprinzipien darzustellen.

Ich habe bei beiden Lagern keine topographischen Hindernisse gefunden, die ein Abschneiden der Ecken erzwungen hätten. Dafür scheinen sich diese Eckenverkürzungen aber an den Kohortenquadraten orientiert zu haben. Dazu das schon einmal von mir eingestellte Bild von meiner spekulativen Einteilung von Oberaden:
oberaden.jpg

Wenn man ein Lager Aliso sucht, das möglicherweise ein Legionslager war, dann müsste man dito etwas suchen, was oben angeführte Kriterien erfüllt. Auch ein mögliches Varuslager sähe dann eher wie Oberaden aus, und nicht wie das klassische Spielkartenformat oder ein Quadrat, das bei Vielen immernoch in den Köpfen herumschwirrt.

Da wäre ich mir jetzt keinesfalls so sicher. Natürlich ist das praetorium in Oberaden schon aufgrund der Größe für Drusus errichtet worden. Aber das er dort überwintert hat scheint mir sehr unsicher.
Drusus hatte wohl eine nettere Alternative als Oberaden, nämlich Nijmegen. Hier nicht das Hauptlager, sondern eher das "Lager" auf dem nahen Kops Plateau. Dieses war eines Oberbefehlshabers am Rhein wirklich würdig.

Jedenfalls lässt Oberaden den Schluss einer Anwesenheit des Drusus eher zu als in Nijmegen. Auf dem Kops Plateau gibt es keine! Kasernen aber ein zu Haltern und Anreppen vergleichbares Praetorium. Also möglicherweise nur eine weitere Station des Statthalters, aber nicht des Feldherrn.

Gruss
jchatt
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar spricht die Forschung vom "Legionslager Haltern", z.B. Johne in Die Römer an der Elbe, S. 119.

Und die Anwesenheit von Legionären in Haltern ist doch ziemlich wahrscheinlich:

Auf die zeitweilige Anwesenheit zumindest von Teilen der in der Varusschlacht untergegangenen 19. Legion weisen zwei Funde hin: ein Terra-Sigillata-Teller mit der Ritzinschrift eines Soldaten mit dem wenig verbreiteten Namen Fenestela, dessen in Frejus gefundener Grabstein ihn als Angehörigen dieser Legion ausweist; ein im Hauptlager gefundener Bleibarren, auf dem sich ebenfalls ein Hinweis auf die 19. Legion befindet.

Römerlager Haltern ? Wikipedia


Davon abgesehen, ähnelte das Standlager in Haltern in Form und Größe gleichzeitigen und späteren Legionslagern.
 
Klar spricht die Forschung vom "Legionslager Haltern", z.B. Johne in Die Römer an der Elbe, S. 119.

Okay, ich präzisiere, "Die Forschung die sich intensiver mit der Konstruktion der Römerlager beschäftigt hat"
So habe ich Herrn Kühlborn z.B. das Wort "Legionslager" noch nicht auf Haltern angewendet gelesen, obwohl er es nicht explizit ausschliesst.
Das Wort Legion benutzt er in seiner Lagerbeschreibung (2000 Jahre Römer in Westfalen 1989) nur an zwei Stellen, in denen er Unterschiede zu bekannten Legionsgebäuden feststellt und dort wo er bemerkt, dass eine vollständige Legion in Haltern wohl keinen Platz gehabt hätte.
Zur Frage wie Haltern anzusprechen sei schreibt er:
"Es spricht nichts dagegen in Haltern das auf germanischen Boden errichtete Hauptquartier der im besetzten Land stehenden Truppen zu sehen." (Kühlborn 2008)
Wenn es so eindeutig ein Legionslager gewesen wäre hätte er es an dieser Stelle sicher erwähnt.

Zu den vielen Argumenten gegen ein Legionslager Haltern füge ich dann noch den Fakt hinzu, daß von der Lollius-Niederlage bis Germanicus keine Überlieferung einer "einzelnen" Legion in Germanien überliefert ist. Es ist immer mindestens von zweien oder mehr die Rede. Selbst die meuternden Legionen lagen paarweise in den Winterlagern. Warum sollte man sie also ausgerechnet im Feindesland halbiert haben ?
Im Gegenteil beobachten wir sogar nach jeder Niederlage eine Verdopplung der Mindestheergröße. Nach Lollius auf zwei Legionen und nach Varus auf vier Legionen. Das sieht doch nach einem militärischen Konzept aus.

Gruss
jchatt
 
Und die Anwesenheit von Legionären in Haltern ist doch ziemlich wahrscheinlich:

Die Kasernen in Haltern sehen alle anders aus.
Zitat Kühlborn "Pfostenspuren des sonst so charakteristischen Laubenganges ...konten hier nirgends nachgewiesen werden"
"Vor allem bei den Kasernen an der Lagernordseite bereitet die Verteilung der vorhandenen Gebäude auf die einzelnen Kohorten Schwierigkeiten da sich nicht immer 6 Kasernen für eine Kohorte bilden lassen"

Es spricht Vieles dafür das hier eher Veteranen ihren etwas gelockerten Reservedienst versahen. Möglicherweise haben sie auch ihr altes Essgeschirr mitgebracht.
Die fünf Legionen in Germanien haben bei gleichmässiger Rekrutierung jedes Jahr ca. 1500 Veteranen erzeugt. Die werden zur Sicherung der Provinz wertvoll gewesen sein und wurden sicherlich nicht alle nach Spanien geschickt.

Davon abgesehen, ähnelte das Standlager in Haltern in Form und Größe gleichzeitigen und späteren Legionslagern.

Schade, ich dachte ich hätte ausreichend dargestellt, dass es eben nicht so ist.

Gruss
jchatt
 
Dazu eine Verständnisfrage:

Du schreibst:
Zu den vielen Argumenten gegen ein Legionslager Haltern füge ich dann noch den Fakt hinzu, daß von der Lollius-Niederlage bis Germanicus keine Überlieferung einer "einzelnen" Legion in Germanien überliefert ist.

Ist es da wahrscheinlich, dass
Es spricht Vieles dafür das hier eher Veteranen ihren etwas gelockerten Reservedienst versahen.
und das mitten im Feindesland? Wenn es schon ein Risiko darstellte eine aktive Legion alleine im Feindesland zu stationieren, macht es dann Sinn, dass da Veteranen genau dort einen lockeren Reservedienst ableisten? Den Nachschub sichern?

Ist das nicht ein Widerspruch? :confused:
 
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