Das Römerlager Aliso

Trotzdem hindert diese Fundarmut offenbar niemanden z.B. das Römerlager Kneblinghausen einem bestimmten Ereignis der römischen Geschichte zuzuweisen.

Hat man in Kneblinghausen gar nichts gefunden? Oder nur recht wenig - und doch genug, um Aussagen über die historische Verortung machen zu können?
In Kneblinghausen versucht man die Datierung über die Struktur des Tores (Clavicular).
Wo liegt da der kausale Unterschied zu der vermuteten römischen Lagerstruktur in Groningen?

Der Unterschied liegt vielleicht darin, dass Kneblinghausen unzweifelhaft römisch ist und man daher die Baustruktur des Tores dort mit anderen Toren vergleichen kann und damit Aussagen treffen kann.


Groningen
Das Legionslager in Oberaden wurde offenbar mit dem pes drusianus (0,333m) ausgemessen. Man findet diese Schnapszahlen im gesamten Lager:

  • Kohorten 66,6m,
  • Lagerbreite 666m,
  • Zenturienbreite 11,1m.
  • Via Principalis 33,3m
  • Via Sagularis 22,2m
Seltsamerweise finden sich diese Maße auch in Groningen.

Wie genau finden sich diese Maße in Groningen?
Du hast gesagt, du hast mit google earth gemessen. Wie groß ist denn da die Abweichung? Mit welcher Präzision kann man da messen? Kann man da wirklich so genau messen, dass man sagen kann, dass hier Maße exakt so gewesen sind, die Maße von Oberarden genau kopiert werden oder sollte man eher sagen, dass es ca.-Maße sind?
 
Fehlende Funde:
Das Verlangen der Archäologie nach Funden ist verständlich, denn sie sind das stärkste Argument für eine römische Präsenz. Der Umkehrschluss "Wo keine Funde, da waren auch keine Römer" ist da schon problematischer. Und kein Archäologe ist so vermessen zu behaupten, dass er alles finden, alles beweisen könnte.
Das ist eine recht gute Beschreibung des Dilemmas, in dem sich die Archäologen (besser: Vor- und Frühgeschichtler) befinden. Das ändert aber nichts daran, dass es noch vermessener wäre, das Fehlen von Funden als Beweis für die wahrscheinliche Anwesenheit von Römern in der Antike zu werten.

Wo liegt da der kausale Unterschied zu der vermuteten römischen Lagerstruktur in Groningen? Soll man sich bescheiden, nur weil man es einfach nicht für möglich hält? Das wäre unwissenschaftlich.
Nach meinem Verständnis sagt der Begriff "Wissenschaftlichkeit" etwas anderes: Er setzt voraus, dass man empirische Erkenntnisse hat, die einer Erklärung bedürfen, und dass man dann nach Erklärungsmodellen sucht, die mit den empirischen Erkenntnissen kongruent sind - oder wenigstens nicht mit ihnen kollidieren. Gar nichts zu haben und daraus dann eine Theorie abzuleiten, die mit nichts kollidiert, ist nicht wissenschaftlich. Wie gesagt: das ist mein Verständnis des Begriffs.

Vor allem auch, wenn in diesen postulierten Lagern offenbar keinerlei römische Funde gemacht wurden, bei keinem Bauprojekt auch nur eine römische Scherbe ans Tageslicht gekommen ist und die ganze Argumentation eben nur auf der Ähnlichkeit der Pläne basiert.
Und wenn man dann noch bedenkt, dass sich die heute bekannten Städte mit römischen Wurzeln nicht aus den Militärlagern entwickelt haben, sondern aus den Lagervorstädten bzw. vorgelagerten Siedlungen, kann man die Theorie richtig einordnen.

MfG
 
Ich habe mit Interesse bisher mitgelesen und mangels Sachkentnissen nichts beigetragen. Auf drei Punkte möchte ich jedoch eingehen:

1.- Ja, es gibt auch Römerlager die an die topographische Situation angepasst sind. So die Lager der Truppen des Scipio bei Numantia z.B.:

ARTEHISTORIA - Numancia - Ficha El Campamento de Peña Redonda

Oder das Römerlager in "el cincho" in Cantabrien:

http://www.vacarizu.es/Cuadernos/Cuaderno_31/El_Cincho.htm

2.- Der Fuss mit ca. 33 cm ist eine der am weitest verbreiteten Masseinheiten in vielen Kulturen. Die entsprechenden Multiplen natürlich auch.

3.- Grundrisse mit Schachbrettmuster und sich kreuzenden Strassen gab es auch zu vielen anderen Zeiten und Orten. Die mittelalterlichen Stadtgründungen in Südfrankreich , die Bastides, hatten auch solche Grundrisse und stammen definitiv nicht aus der Römerzeit.

Monflanquin Bastide alphonsine-type : Monflanquin en Agenais Aquitaine Lot Garonne.

Ohne einen einzigen archäologischen Fund, gibt es m.E. keine ausreichenden stichhaltigen Argumente für die Annahme eines Römischen Substrats in Groeningen, schon gar nicht mit einer so langen Lücke dazwischen.

Nach dem Prinzip könnte man auch New York, Neu Delhi oder Angkor Wat zu Römergründungen erheben.
 

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Hat man in Kneblinghausen gar nichts gefunden? Oder nur recht wenig - und doch genug, um Aussagen über die historische Verortung machen zu können?
Der Unterschied liegt vielleicht darin, dass Kneblinghausen unzweifelhaft römisch ist und man daher die Baustruktur des Tores dort mit anderen Toren vergleichen kann und damit Aussagen treffen kann.

Natürlich glaube auch ich, dass Kneblinghausen römisch ist. Aber das möchte ich gerne unter den hier geforderten Bedingungen belegt haben.
Meines Wissens wurde sogar eine rein germanische Nutzung ernsthaft in Erwägung gezogen.


Wie genau finden sich diese Maße in Groningen?
Du hast gesagt, du hast mit google earth gemessen. Wie groß ist denn da die Abweichung? Mit welcher Präzision kann man da messen? Kann man da wirklich so genau messen, dass man sagen kann, dass hier Maße exakt so gewesen sind, die Maße von Oberarden genau kopiert werden oder sollte man eher sagen, dass es ca.-Maße sind?

Wenn man der Präzision von GoogleEarth nicht traut, kann man zumindest die Verhältnisse von zwei beliebigen Strecken in Oberaden und Groningen vergleichen. Dazu nimmt man den Originalplan von Oberaden und fügt ihn als Overlay in GoogleEarth ein.
Anhang anzeigen 11363
Für diesen Vergleich der Verhältnismäßigkeit der Strecken ist die Größe des Overlays unerheblich da uns nur die Relationen interessieren. Die Meßabweichungen treten bei beiden Messungen im selben Maße auf und sollten das Ergebnis nicht schwerwiegend beeinflussen. Um den Effekt noch weiter zu verbessern, nimmt man möglichst lange Strecken.

strecke1.jpg

Der Strassenplan von Oberaden über der Stadt dient nur zur Orientierung. Gemessen wurde tatsächlich von den Hausecken der betreffenden Stadtteile.
Für diese Meßstrecken ergibt sich ein Verhältnis von 640/216=2,963 für Groningen. Für das nicht grössen- aber proportionsgetreue Overlay von Oberaden entsprechend 526/176=2,989
Das entspricht einer Abweichung von nur 0,87%, was einer Toleranz von 5,5m auf die grössere Meßstrecke(640m) ergibt.
Diese Strecke ist natürlich ausgesucht und deshalb metergenau.

Die Schwierigkeit liegt darin zu erkennen wo im Stadtbild von Groningen das orthogonale Raster noch ursprünglich erhalten ist.
Hat man eine grössere Anzahl dieser Vergleichsstrecken, braucht man sich nur eine Strecke heraussuchen, und deren exakte Länge unabhängig ermitteln. Z.B. über die Katasterkarten der Stadt Groningen und dem Grabungsplan von Oberaden.
Aber für diese Zwecke finde ich die Präzision von GoogleEarth völlig ausreichend. Man kann schließlich nicht erwarten, das nach mehreren Jahrhunderten Stadtentwicklung noch alles an seinem Platz ist.
Wichtig ist, das es in Groningen nicht einzelne Bereiche der Übereinstimmung gibt, sondern die Toleranzen im gesamten Stadtgebiet relativ konstant bleiben. Die Toleranzen liegen nach meiner Interpretation <2 Prozent im Innenstadtgebiet und an der Stadtmauer bei bis zu 5 Prozent. Was aber daran liegen dürfte, das diese so genau im Stadtgebiet nicht mehr zu erkennen ist und wahrscheinlich eher mittelalterlich als antik sein dürfte.

Ich möchte auch klarstellen, daß es eben kein triviales Schachbrettmuster ist, das dort in Groningen im Stadtbild erscheint, sondern ein komplexes Ensemble von Strassen und Plätzen, das ausschliesslich nur Parallelen in der augusteischen Lagerarchitektur hat.

Eure Argumente machen bisher diese Struktur in keiner Art und Weise weniger römisch, lösen die Gegend der Struktur nicht aus ihrem wichtigen bei Strabo und Tacitus belegten Kontext der Drususfeldzüge, noch stellen sie die Aussagekraft des Ptolemaios bezüglich "Flevum" & "Manarmanis Portus" irgendwie in Frage. Alle drei Argumente zusammen sprechen aber eine klare Sprache.

Da ja nicht mal jemand ansatzweise versucht diese Struktur zu erkennen, trotz einer für dieses Forum über das normale Maß hinausgehenden grafischen Darstellung des Themas, dürft ihr jetzt wieder ohne mich Aliso in Haltern suchen.

Gruss
jchatt
 
Dann schau ich mir mal deine Bilder genauer an:

Es fällt zuerst einmal ganz deutlich auf, dass die Ecke links oben im Lagerplan keine Entsprechung in Groningen hat!
Genauso verläuft die Linie im Bild rechts von oben nach unten in Groningen komplett quer durch die Bebauung.
Die via prinicpalis verläuft projiziert auf Groningen im nördlichen Bereich im Bereich der Bebauung, im südlichen aber teilweise auf der Straße.
Schau ich mir die Straße an, die vom großen Platz nach rechts unten wegführt, dann verläuft die in einer Art, die mit einem römischen Lagerplan in keinster Weise zu erklären ist.
Der Verlauf der via sagularis im Süden passt auch nur mehr oder eher weniger gut zur Bebauung in Groningen.
Genauso die eingezeichnete Straße nördlich der südlichen via sagularis. Teilweise verläuft sie auf einer Straße in Groningen, im letzten Abschnitt rechts allerdings komplett durch einen Gebäudekomplex.
Abschließend die Straße in der Mitte zur linken via sagularis. Dort ist überhaupt keine Ähnlichkeit mit der Struktur in Groningen gegeben.

Sorry, aber wenn ich mir die beiden oben verlinkten Pläne so genau anschaue, wo ist da bitte die Basis zu behaupten das Erscheinungsbild Groningens würde auf einen römischen Lagerplan zurückgehen?
 
Dann schau ich mir mal deine Bilder genauer an:

Es fällt zuerst einmal ganz deutlich auf, dass die Ecke links oben im Lagerplan keine Entsprechung in Groningen hat!
Genauso verläuft die Linie im Bild rechts von oben nach unten in Groningen komplett quer durch die Bebauung.
Die via prinicpalis verläuft projiziert auf Groningen im nördlichen Bereich im Bereich der Bebauung, im südlichen aber teilweise auf der Straße.
Schau ich mir die Straße an, die vom großen Platz nach rechts unten wegführt, dann verläuft die in einer Art, die mit einem römischen Lagerplan in keinster Weise zu erklären ist.
Der Verlauf der via sagularis im Süden passt auch nur mehr oder eher weniger gut zur Bebauung in Groningen.
Genauso die eingezeichnete Straße nördlich der südlichen via sagularis. Teilweise verläuft sie auf einer Straße in Groningen, im letzten Abschnitt rechts allerdings komplett durch einen Gebäudekomplex.
Abschließend die Straße in der Mitte zur linken via sagularis. Dort ist überhaupt keine Ähnlichkeit mit der Struktur in Groningen gegeben.

Sorry, aber wenn ich mir die beiden oben verlinkten Pläne so genau anschaue, wo ist da bitte die Basis zu behaupten das Erscheinungsbild Groningens würde auf einen römischen Lagerplan zurückgehen?

Dazu noch folgendes:

http://blogs.uit.tufts.edu/gettinghumanitarianaidright/Groningen_city_map.jpg

Der innere, rund um die Innenstadt verlaufende Stadtgraben spricht m.E. ebenfalls gegen jchatts Theorie von einem auf dem Legionslager Oberaden basierenden Grundriss Groningens. Er würde nämlich an verschiedenen Stellen die Lagerstraßen stören.
In die andere Richtung hin finde ich es etwas unwahrscheinlich, dass der - recht ungewöhnliche - Grundriss Oberadens noch mal exakt so reproduziert worden sein soll, wo sich ansonsten die augusteischen Lager recht stark unterscheiden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde gerne auf ein anderes Beispiel verweisen, in dem eine durchaus bedeutende Stadt auf der Fläche eines ehemaligen Legionslagers entstanden ist: Regensburg.
In Regensburg hat man nachweislich (Teile der Porta Praetoria stehen noch immer) eine fortlaufende Siedlung auf dem Boden eines Legionslagers. Anders als hier schon zu recht aufgeführt ist Regensburg nicht aus der dem Lager vorgelegenen Siedlung entstanden, sondern aus den Resten des eigentlichen Lagers. Betrachtet man nun den Stadtplan so findet sich nahezu keine Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Lagerplan. Wieso sollte es dann für ein Lager wie Oberaden, das, wie Ashigaru ja zu recht anführt, nicht einmal den genormten Umrissen entspricht, zutreffen?

Geht man dennoch davon aus, dass die Grundfläche Groningen auf dem Oberadenplan beruht, so würde ich eigentlich erwarten, dass die Hauptverbindungen durch das Lager ( via principia und via praetoria) nicht überbaut sind. Auch das ist in Groningen nicht der Fall. Dagegen sollen sich aber einzelne Teilverbindungen zwischen denn Kohortenunterkünften über 2000 Jahre gehalten haben?
 
Hallo liebe Römerfreunde,
ich würde, auch wenn hier schon lange nichts mehr geschrieben wurde, gern zum Thema zurück kommen. Ich habe mit Interesse alle Ausführungen gelesen, die Diskussion geht zuletzt mehr oder weniger darum , wie Lager aufgebaut und beschaffen sind und welches westfälische Lager Aliso sein könnte.
Ebenso lese ich, dass man es als gegeben ansieht, dass die Römer bis zur Elbe gekommen sind, dass man von einem befriedeten Gebiet bis zur Elbe spricht und sich einigermaßen sicher bewegen konnte, zumal mit mehreren römischen Legionen:rofl:.
Das macht auch für mich Sinn, schließlich könnte ein expansives Rom mit einer zukünftigen Grenze an der Elbe ja dieselbe ordentlich verkürzen, außerdem hatte man den guten Marbod damit ein wenig in die Zange genommen.
Warum sucht man aber dann die Aussenposten, als solchen verstehe ich Aliso, an der Lippe. Das macht für mich keinen Sinn. Wie hätte man von da aus die zukünftige Provinz überblicken sollen.

Wäre man so vermessen, von einer Befriedung bis an die Elbe zu sprechen, aber selbst nur sehr vorsichtig an der Lippe herum zu laufen? Wovor sollte man Angst haben, mit mehreren Legionen und Hilfstruppen ausgestattet?

Hatte Drusus so schlechte Erfahrungen gemacht, dass man sich viele Jahre nur mit der geballten Militärmacht Kilometer für Kilometer nach Germanien bewegte?

Oder lag ein Aliso nicht doch noch weiter östlich als ein Lager Hedemünden?:grübel:
 
Das macht auch für mich Sinn, schließlich könnte ein expansives Rom mit einer zukünftigen Grenze an der Elbe ja dieselbe ordentlich verkürzen, außerdem hatte man den guten Marbod damit ein wenig in die Zange genommen.
Das mit Marbod mag stimmen, das mit der Grenzverkürzung nicht. Die Truppen in Germanien wurden von Gallien aus versorgt. Das Vorschieben der Grenze bis zur Elbe (wenn es den stattgefunden hat) war also keine Verkürzung der Grenze, sondern eine Verlängerung der Nachschubwege. Nachschubwege von der Donau zur Elbe gab es nicht. Im Übrigen war die Elbe innerhalb Germaniens kein "Grenzfluss". Die dort ansässigen Stämme siedelten beiderseits des Flusses und konnten ihn jederzeit leicht überqueren.

Warum sucht man aber dann die Aussenposten, als solchen verstehe ich Aliso, an der Lippe. Das macht für mich keinen Sinn. Wie hätte man von da aus die zukünftige Provinz überblicken sollen.
Aliso war kein Außenposten. Den römischen Quellen ist zu entnehmen, dass das Lager überwiegend von Zivilisten bewohnt war. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Belagerung. Das deutet darauf hin, dass Aliso zumindest teilweise zivile Funktion hatte (Verwaltungsstandort) und damit kein vorgeschobener Gefechtsposten an der Außengrenze war.

Hatte Drusus so schlechte Erfahrungen gemacht, dass man sich viele Jahre nur mit der geballten Militärmacht Kilometer für Kilometer nach Germanien bewegte?
Ja, Drusus hatte so schlechte Erfahrungen gemacht. Im Laufe seiner Feldzüge hat er lernen müssen, dass seine Truppen sich nicht aus dem Land versorgen konnten und deshalb sämtliche benötigten Güter mitführen mussten. Das führte dazu, dass der Tross gefährlich groß war. Deshalb bauten die Römer gesicherte Aufmarschwege mit Ketten von Versorgungslagern auf. Kilometer für Kilometer. Und trotzdem gelang es ihnen nicht, das Gebiet flächendeckend zu sichern.


Oder lag ein Aliso nicht doch noch weiter östlich als ein Lager Hedemünden?:grübel:
Noch weiter östlich? Wie hätte man das Lager dann versorgen sollen? Etwa von der Donau aus? Auf einer Route entlang der Grenze des Marbod-Reichs? Das wäre aus militärischer Sicht Wahnsinn gewesen.

MfG
 
Warum sucht man aber dann die Aussenposten, als solchen verstehe ich Aliso, an der Lippe.

Weil Aliso durch unsere Quellen als an der Lippe liegend beschrieben wird.

Wäre man so vermessen, von einer Befriedung bis an die Elbe zu sprechen, aber selbst nur sehr vorsichtig an der Lippe herum zu laufen? Wovor sollte man Angst haben, mit mehreren Legionen und Hilfstruppen ausgestattet?Hatte Drusus so schlechte Erfahrungen gemacht, dass man sich viele Jahre nur mit der geballten Militärmacht Kilometer für Kilometer nach Germanien bewegte?

Die Lippelager bildeten eine Versorgungskette. Den Anspruch, ein Land befriedet zu haben und die tatsächliche Herrschaft sind zwei unterschiedliche Dinge und wie unsicher das war, das kann man auch daran sehen, dass germanische Stämme, von denen die Römer dachten, dass sie mit ihnen verbündet wären, ihnen Schlachten aufzwangen.

Oder lag ein Aliso nicht doch noch weiter östlich als ein Lager Hedemünden?:grübel:

Siehe oben.

Aliso war kein Außenposten. Den römischen Quellen ist zu entnehmen, dass das Lager überwiegend von Zivilisten bewohnt war. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Belagerung. Das deutet darauf hin, dass Aliso zumindest teilweise zivile Funktion hatte (Verwaltungsstandort) und damit kein vorgeschobener Gefechtsposten an der Außengrenze war.

Das würde ich so nicht sagen. Vetera I hatte z.B. eine zivile Siedlung, die sich etwa 3 bis 4 km davon entfernt am späteren Hafenbecken der CUT als Stapelplatz entwickelte. Diese Siedlung wurde während des Bataveraufstandes offenbar von ihren Bewohnern zielgerichtet niedergelegt, um sie nicht den Batavern in die Hände fallen zu lassen. Dies jedenfalls ist die Interpretation einiger Xantener Archäologen, die zwar einerseits einen Zerstörungshorizont für diese zivile Siedlung feststellen konnten, der in die Zeit des Bataveraufstandes zu datieren ist, aber andererseits relativ wenig Fundgut feststellten, woraus sie entnehmen, dass die Zivilsiedlung eben nicht durch den Überfall der Bataver, die Vetera I zerstörten. Ein ähnliches Szenario wird man sich bei Aliso auch vorzustellen haben. Das Lager mit einer zugehörigen halbzivilen Siedlung.
 
Das macht auch für mich Sinn, schließlich könnte ein expansives Rom mit einer zukünftigen Grenze an der Elbe ja dieselbe ordentlich verkürzen, außerdem hatte man den guten Marbod damit ein wenig in die Zange genommen.

Eine "ordentliche" Grenzverkürzung hat weniger mit der Elbe zu tun.

Ich habs mal grob nachgemessen und durchgerechnet. Eine Linie Elbe-Moldau-Donau bringt nur eine geringe Grenzverkürzung. Wir sprechen hier über eine Größenordnung von 10%, insbesondere wenn wir den späteren Limes mit einbeziehen. Also etwa eine Legion plus Hilfstruppen an Einsparung; nicht der Rede wert.

Bezieht man das Reich des Marbod mit ein und auch die Daker, die seit Julius Caesar noch auf der Rechnung standen, und nimmt eine Grenze Elbe - tschechische und slowakische Nordgebirge - Karpaten - Donaumündung an, dann kommt man erst auf eine wirksame Grenzverkürzung von ca. 30%. Allerdings mit einer ganz anderen Qualität von Grenze.

Ich bezweifle allerdings, daß die Römer zur Zeit des Augustus überhaupt eine Grenzverkürzung in ihre Überlegungen einbezogen. Und wenn, mussten diese aufgrund ihrer geographischen Vorstellungen der Welt und über die Größenordnungen in Osteuropa falsch sein.

Die Römer hatten in der Tat aus moderner Sicht noch nicht viel erreicht in Germanien. Man hatte irgendwann Verträge mit allen Stämmen Norddeutschlands geschlossen, die so formal als unterworfen galten. In Süddeutschland hatte man die befreundeten Hermanduren angesiedelt, der Rest war eher dünn besiedelt, so daß auch dieses Gebiet als befriedet galt. Ansonsten hatte man noch eine Versorgungsroute entlang der Lippe vom Rhein Richtung Weser eingerichtet.

Das nannten die Römer dann "pacta". In Gallien und anderen Ortes hatte man anfangs auch nicht mehr. Die römische Idee war immer die, ein Gebiet über die lokale herrschende Schicht zu sichern. Man hatte die Verträge, gewährte ihnen römisches Bürgerrecht und weitere Privilegien, orientierte sich bei der Einrichtung von Verwaltungs und Steuerbezirken an lokalen Strukturen und nutzte sie als unterste, weitgehend autonome Verwaltungsebene. Eine flächendeckende Durchdringung mit militärischen Standorten hat auch in Spanien oder Gallien nie stattgefunden, weil üblicherweise nicht notwendig. In Britannien liefs dann anders; eine eher unerfreuliche und teure Überraschung für die Römer, die man so auch ohne die Varusschlacht in Germanien sicher auch erlebt hätte.

Es macht also Sinn, römische Lager bei den logistischen Ost-West-Routen wie der Lippe zu suchen. Mehr als temporäre Feldlager wird man mitten in der germanischen Wildnis kaum finden. Wenn doch würde das unsere Vorstellung über römische Provinzverwaltung gründlich über den Haufen werfen.
 
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Salve Maelonn

Das mit Marbod mag stimmen, das mit der Grenzverkürzung nicht. Die Truppen in Germanien wurden von Gallien aus versorgt. Das Vorschieben der Grenze bis zur Elbe (wenn es den stattgefunden hat) war also keine Verkürzung der Grenze, sondern eine Verlängerung der Nachschubwege. Nachschubwege von der Donau zur Elbe gab es nicht. Im Übrigen war die Elbe innerhalb Germaniens kein "Grenzfluss". Die dort ansässigen Stämme siedelten beiderseits des Flusses und konnten ihn jederzeit leicht überqueren.

Aliso war kein Außenposten. Den römischen Quellen ist zu entnehmen, dass das Lager überwiegend von Zivilisten bewohnt war. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Belagerung. Das deutet darauf hin, dass Aliso zumindest teilweise zivile Funktion hatte (Verwaltungsstandort) und damit kein vorgeschobener Gefechtsposten an der Außengrenze war.

Ja, Drusus hatte so schlechte Erfahrungen gemacht. Im Laufe seiner Feldzüge hat er lernen müssen, dass seine Truppen sich nicht aus dem Land versorgen konnten und deshalb sämtliche benötigten Güter mitführen mussten. Das führte dazu, dass der Tross gefährlich groß war. Deshalb bauten die Römer gesicherte Aufmarschwege mit Ketten von Versorgungslagern auf. Kilometer für Kilometer. Und trotzdem gelang es ihnen nicht, das Gebiet flächendeckend zu sichern.

Noch weiter östlich? Wie hätte man das Lager dann versorgen sollen? Etwa von der Donau aus? Auf einer Route entlang der Grenze des Marbod-Reichs? Das wäre aus militärischer Sicht Wahnsinn gewesen.


MfG

Okay, wie ich auch inzwischen denke, war es keine Verkürzung der Grenze, man kann da wohl auch nicht mit heutigen Maßstäben (oder technischen Möglichkeiten) messen.
Jedoch meine ich gelesen zu haben, dass das Gebiet der Cherusker "bis zur Elbe reichte", insofern war es dann ja doch ein Grenzfluss....zumindest teilweise.
Bei Wikipedia hat ein Italiener eine Karte, diese Zeit betreffend ins Internet gestellt, da ist ganz selbstverständlich das Cheruskergebiet bis zur Elbe dargestellt, ich denke auch die Züge des Drusus (durch Pfeile gekennzeichnet).

Mit der Versorgung denke ich auch, dass es bei Kriegszügen schwierig war, jedoch wenn ich als Römer von einer "Provinz" spreche, denke ich, dass die Versorgung schon vor Ort erfolgt. Nicht die mit Luxusgütern, sondern die mit Getreide, Fisch, Fleisch, etc.... Im Krisenfalle ist dann natürlich die Not groß, so wie nach dem "Verrat" des Arminius.:cry:

Das mit den Zivilisten glaube ich auch. Bei einer Limeskastellbesichtigung hat uns aber der ortskundige Führer gesagt, dass bei jedem Kastell in der Nähe ein Dorf mit ziviler Versorgung war, mit Handwerkern, Wirten und .....Prostituierten. Das diese im Krisenfall das Kastell aufsuchen, erscheint mir einleuchtend.

Ich denke auch nicht, dass das Lager direkt an der Elbe stand. Als Römer hätte ich es ein paar Kilometer (vielleicht auch 50?) ins Hinterland gesetzt. So ähnlich jedenfalls, wie beim Limes, so dass man mit Kavallerie recht schnell gewisse Punkte erreichen kann.

Ich könnte mir vorstellen, dass man zusätzlich zu den Lagern so eine Art Domänen anlegte. Vielleicht von Germanen betrieben, vielleicht von Veteranen???

Ich habe da in einem anderen Thread von der Bezeichnung "Saltus" gelesen, der Autor bzw. die Autorin hat dafür sogar einen Beleg gebracht, dass in Süddeutschland so etwas in der Art so bezeichnet wurde. Das wäre dann im Friedensfall so eine Art Grundversorgung gewesen.

Mir stellt sich hier die Frage, wie angriffslustig die Germanen beim Erblicken römischer Soldaten waren.....
Wenn ich als Germane schon einmal von der militärischen Stärke der Römer gehört hätte, wäre ich nicht so auf die zugestürmt, wie die Kelten auf Cäsars Lager in Lugdunum....:winke:

Und Marbod: Hatte er nicht (vielleicht auch später???) einen Friedensvertrag mit Rom unterschrieben? Er hat ja später ein Bündnis mit Arminius abgelehnt. Deutet das nicht eher darauf hin, dass er sich defensiv verhalten hat und nur Ruhe wollte? Dann wären Händler oder Soldaten der Römer ja nicht in unmittelbarer Gefahr.....
 
Mit der Versorgung denke ich auch, dass es bei Kriegszügen schwierig war, jedoch wenn ich als Römer von einer "Provinz" spreche, denke ich, dass die Versorgung schon vor Ort erfolgt.
Das lateinische Wort "provincia" bezeichnete ursprünglich nicht eine bestimmte Verwaltungseinheit, sondern den Aufgabenbereich eines (Pro-)Magistrats. Auch wenn das Wort später zunehmend speziell für eine außeritalische Verwaltungseinheit (deren Verwaltung die Aufgabe eines Promagistrats war) verwendet wurde, geriet die ursprüngliche Bedeutung nicht in Vergessenheit, sondern schwang weiterhin mit. Wenn also von einer Provinz gesprochen wurde, bedeutete das nicht zwangsläufig, dass dort die regionale Verwaltung und Infrastruktur schon funktionierten, die Provinz also schon "fertig" war, sondern konnte auch lediglich bedeuten, dass das Gebiet (von einem damit betrauten Promagistrat bzw. dem Gehilfen eines Promagistrats) zu einer Provinz (wie wir das Wort verstehen) gemacht werden sollte.

Und Marbod: Hatte er nicht (vielleicht auch später???) einen Friedensvertrag mit Rom unterschrieben? Er hat ja später ein Bündnis mit Arminius abgelehnt. Deutet das nicht eher darauf hin, dass er sich defensiv verhalten hat und nur Ruhe wollte?
Der Friedensvertrag war in beiderseitigem Interesse. Die Römer mussten ihren geplanten Feldzug gegen Marbod abbrechen, weil in Pannonien und Illyrien ein Aufstand ausgebrochen wurde, dessen Gefahrenpotenzial von den Römern obendrein maßlos überschätzt wurde. (Sie rechneten ernsthaft damit, dass riesige Massen von Aufständischen in Italien einfallen und auf Rom marschieren könnten.) Es war daher in ihrem Interesse, wenigstens Marbod ruhig zu halten. Marbod wiederum war wohl froh, dass ihn die Römer nun zumindest informell in seiner Machtposition akzeptierten. Schließlich war sein "Reich" eine durchaus fragile Ansammlung von untergebenen Stämmen; er konnte also vermutlich keineswegs sicher sein, dass es bei einem römischen Angriff zusammenhalten würde.
Dass er ein Bündnis mit Arminius ablehnte, dürfte aber eher daran gelegen haben, dass er in ihm einen Rivalen um die Vormachtstellung in Germanien sah und daher durchaus daran interessiert war, dass sich Arminius im Kampf gegen die Römer aufreiben würde.
 
Okay, wie ich auch inzwischen denke, war es keine Verkürzung der Grenze, man kann da wohl auch nicht mit heutigen Maßstäben (oder technischen Möglichkeiten) messen.
Jedoch meine ich gelesen zu haben, dass das Gebiet der Cherusker "bis zur Elbe reichte", insofern war es dann ja doch ein Grenzfluss....zumindest teilweise.
Korrekt, die Elbe war als Grenzfluss so gut oder schlecht wie Rhein oder Donau; zumindest bis zur heutigen tschechischen Grenze. Unabhängig davon ob die Cherusker teilweise östlich oder die Sueben und andere Elbgermanen teilweise westlich davon siedelten.
Mit der Versorgung denke ich auch, dass es bei Kriegszügen schwierig war, jedoch wenn ich als Römer von einer "Provinz" spreche, denke ich, dass die Versorgung schon vor Ort erfolgt. Nicht die mit Luxusgütern, sondern die mit Getreide, Fisch, Fleisch, etc.... Im Krisenfalle ist dann natürlich die Not groß, so wie nach dem "Verrat" des Arminius.:cry:
Nein, Germanien war nie in der Lage die Legionen mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen. An der Lippe hatte man auch Versorgungslager angelegt, falls der Statthalter sich vom Rhein Richtung Weser auf den Weg macht. Zusätzlich kam bei Varus letztem Besuch an der Weser eine Flotte mit Nachschub über die Nordsee.

Ich denke auch nicht, dass das Lager direkt an der Elbe stand. Als Römer hätte ich es ein paar Kilometer (vielleicht auch 50?) ins Hinterland gesetzt. So ähnlich jedenfalls, wie beim Limes, so dass man mit Kavallerie recht schnell gewisse Punkte erreichen kann.
Du beziehst dich hier auf ein Verteidigungskonzept, daß die Römer erst später einführten (Domitian bis Hadrian). Zur Zeit des Varus, war es Aufgabe der Cherusker, die Elbe zu bewachen. Das war die normale Vorgehensweise. Die Legionen standen am Rhein und ggf. noch entlang der Lippe. Und zwar in der alten offensiven Art: Doppellegionslager und auch weniger dislozierte Auxilia.
Ich könnte mir vorstellen, dass man zusätzlich zu den Lagern so eine Art Domänen anlegte. Vielleicht von Germanen betrieben, vielleicht von Veteranen???
Ich habe da in einem anderen Thread von der Bezeichnung "Saltus" gelesen, der Autor bzw. die Autorin hat dafür sogar einen Beleg gebracht, dass in Süddeutschland so etwas in der Art so bezeichnet wurde. Das wäre dann im Friedensfall so eine Art Grundversorgung gewesen.

Beides gab es an entwickelten Legionsstandorten. Sowohl Germanen, als auch Veteranen waren tüchtige Geschäfstleute.
Natürlich haben auch die Cherusker und Andere vor Ort zur Versorgung beigetragen, wenn den mal Einer vor Ort war. Aber für die Entwicklung einer Infrastruktur auf Basis Villa Rustica und Cannabae an der Elbe war wohl die Zeit zu kurz. Ich befürchte, wir werden kein Waldgirmes an der Elbe finden. Ausserdem waren diese lokalen Strukturen auch anderen Orts und später in gestandenen Provinzen oft nicht ausreichend. Von Britannien bis zur Donaumündung, wurde von weit her zugeliefert.
Und Marbod: Hatte er nicht (vielleicht auch später???) einen Friedensvertrag mit Rom unterschrieben? Er hat ja später ein Bündnis mit Arminius abgelehnt. Deutet das nicht eher darauf hin, dass er sich defensiv verhalten hat und nur Ruhe wollte? Dann wären Händler oder Soldaten der Römer ja nicht in unmittelbarer Gefahr.....
Ja, wie Ravenik schon bestätigte, wollte der wohl wirklich nur seine Ruhe haben. Die hatte er allerdings nicht lange. Die germanische Opposition stürzte ihn. Und ob dann die Römer in Germanien (ohne Varusschlacht) mit großer Gelassenheit auf ihre offene Flanke im Bayrischen Wald geblickt hätten, könnte man bezweifeln.
 
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Das würde ich so nicht sagen. Vetera I hatte z.B. eine zivile Siedlung, die sich etwa 3 bis 4 km davon entfernt am späteren Hafenbecken der CUT als Stapelplatz entwickelte. Diese Siedlung wurde während des Bataveraufstandes offenbar von ihren Bewohnern zielgerichtet niedergelegt, um sie nicht den Batavern in die Hände fallen zu lassen...
Zweifellos richtig. Nur: Vetera war zu dem Zeitpunkt längst keine "Grenzfestung" mehr. Schon zu Varus Zeiten war Vetera eine in völlig befriedetem Bereich gelegene Aufmarschbasis, von der aus ein offensiver Krieg nach Germanien hinein vorgetragen wurde (wenn der Krieg zu dem Zeitpunkt nicht schon als siegreich beendet betrachtet wurde). Umso mehr galt dies 60 Jahre später, als der Bataveraufstand losbrach. In Vetera erwarte ich Zivilpersonal in großem Umfang. In Aliso auch. In Hedemünden nicht. Und noch weiter östlich schon gar nicht. Zivilpersonal gehört in die "Etappe", nicht an die "Front".

Jedoch meine ich gelesen zu haben, dass das Gebiet der Cherusker "bis zur Elbe reichte", insofern war es dann ja doch ein Grenzfluss....zumindest teilweise.
Die Siedlungsgebiete der Stämme lassen sich heute nicht mehr bestimmen. Man muss nicht lange suchen, um Dutzende von Karten zu finden, auf denen ganz verschiedene Siedlungsgebiete für die gleichen Stämme eingezeichnet sind. Und nichts davon lässt sich archäologisch belegen. Ein Dorf an der Weser ist archäologisch ununterscheidbar von einem Dorf an der Elbe.
Darauf wollte ich aber gar nicht hinaus. Mir ging es darum, dass in jener Zeit die Flüsse keine "Grenzen" darstellten. Ganz im Gegenteil: Sie waren Verkehrswege. Es war damals nicht so, dass am linken Ufer eines Flusses der eine Stamm siedelte und am rechten Ufer ein anderer. Der Rhein wurde erst durch Caesar zu einer "Grenze" - was die dort lebenden Stämme offenbar nicht einfach so hingenommen haben.

Mit der Versorgung denke ich auch, dass es bei Kriegszügen schwierig war, jedoch wenn ich als Römer von einer "Provinz" spreche, denke ich, dass die Versorgung schon vor Ort erfolgt. Nicht die mit Luxusgütern, sondern die mit Getreide, Fisch, Fleisch, etc.... Im Krisenfalle ist dann natürlich die Not groß, so wie nach dem "Verrat" des Arminius.:cry:
Nach allem was wir wissen, herrschte in Germanien eine Subsitenzwirtschaft vor. Es gab keine Überschüsse, von der eine fremde Armee hätte leben können. Das musste alles von auswärts herangeschafft werden. Und wir reden hier NICHT von Luxusgütern, sondern vom Lebensnotwendigen. Knochenfunde belegen, dass die Germanen oftmals selbst nicht genug zu fressen hatten. Die waren gar nicht in der Lage, "nebenbei" noch Legionen durchzufüttern.

Das mit den Zivilisten glaube ich auch. Bei einer Limeskastellbesichtigung hat uns aber der ortskundige Führer gesagt, dass bei jedem Kastell in der Nähe ein Dorf mit ziviler Versorgung war, mit Handwerkern, Wirten und .....Prostituierten. Das diese im Krisenfall das Kastell aufsuchen, erscheint mir einleuchtend.
Der Limes war auch ein völlig anderes Ding. Der entstand Jahrhunderte später. Auf der einen Seite war Rom, auf der anderen Seite das "Ausland". Die Limeskastelle waren keine vorgeschobenen Gefechtsposten in einem Kriegsgebiet.

Und Marbod: Hatte er nicht (vielleicht auch später???) einen Friedensvertrag mit Rom unterschrieben?
Ja, hat er. Und zwar einen Friedensvertrag, der in der römischen Geschichte einmalig sein dürfte. Wenige Wochen, bevor dieser Vertrag geschlossen wurde, waren zwölf römische Legionen in Marsch gesetzt worden, um Marbod zu vernichten. Sie wurden nur zurückgerufen, weil zeitgleich der pannonische Aufstand losbrach. Mit dem Friedensvertrag erkannte Rom den guten Marbod dann auch noch als "gleichrangig" an, was meines Wissens ebenfalls einmalig in der römischen Geschichte ist und in Rom als "Schmach" empfunden worden sein dürfte. Zwischen Marbod und Rom gab es zu dem Zeitpunkt keine Liebe. Und ich bin sicher, dass Marbod sich keinerlei Illusionen darüber gemacht hat, was Tiberius wohl nach dem erwartbaren Sieg in Pannonien anstellen würde. Genauso sicher wussten die Römer, dass Marbod kein "Freund" war, auf dessen Loyalität sie bauen konnten. Dass es in der Phase nicht zu einem offenen Krieg kam, hängt nur damit zusammen, dass Marbod schlau genug war, abzuwarten. Er blieb ungeschoren, während sich Römer und Pannonier gegenseitig abgeschlachtet haben. Je länger das Gemetzel dauerte, desto besser war es. Für ihn.

Er hat ja später ein Bündnis mit Arminius abgelehnt. Deutet das nicht eher darauf hin, dass er sich defensiv verhalten hat und nur Ruhe wollte? Dann wären Händler oder Soldaten der Römer ja nicht in unmittelbarer Gefahr.....
Es ist schon geschrieben worden (von @Ravenik), aber noch nicht von mir ;): Das "Bündnisangebot" des Arminius wurde in Form des abgeschnittenen Kopfs von Varus übermittelt. Diese "Botschaft" kann man auf zweierlei Art verstehen. Erstens: Schau her, die Römer sind nicht unbesiegbar! Zweitens: Sieh genau hin, das passiert mit Leuten, die sich mir in den Weg stellen. Wer will sich da noch wundern, dass anschließend ein Krieg zwischen Cheruskern und Markomannen losbrach?

MfG
 
Salve señor Quijote

Weil Aliso durch unsere Quellen als an der Lippe liegend beschrieben wird.

Ja, das waren genau meine Gedanken, und dann habe ich tage- und nächtelang mit Google earth die Lippe abgesucht. Gesucht nach Orten, die Aliso gewesen sein könnten, nach Nebenflüssen mit Namen Elison oder ähnlich, nach Orten, an denen das in den Quellen beschriebene leicht nachvollziehbar ist und auch in den historischen Zusammenhang bringt, wie es sich mir als Interessiertem darstellt.
Aber was fand ich?
Nichts!:motz:

Obwohl, inzwischen muss ich das ein bisschen relativieren, ein paar Seiten vorher, hat in diesem Thread einer geschrieben, dass bei Paderborn der Fluss Alme nahe des Stadtteils Elsen von Schloss Neuhaus in die Lippe fließt.
Respekt! Die Idee finde ich überzeugend. Andererseits hat man ihm gesagt, er solle die Gegenargumente zur Kenntnis nehmen. Okay, die gibt es....

Ich sehe es jedoch gelassen, da der letztendliche Beweis erst geführt werden kann, wenn etwas gefunden wird.
Wobei wir bei der Frage wären, was überhaupt gefunden werden kann nach so langer Zeit, vielleicht sind die Römerlager und auch das Schlachtfeld der Varusschlacht ja intensiv geplündert worden.....

Auf jeden Fall finde ich solche Ideen konstruktiv. Schließlich haben auch die Befürworter anderer "Alisos" oder Varusschlachtorte noch nichts gefunden, was das Ausmaß einer großen Schlacht abbilden könnte.:S

Nach den Fortschritten der letzten Jahrzehnte gehe aber zumindest ich davon aus, dass sich in meinem Leben noch die tatsächlichen Geschehnisse aufhellen werden. Also, ran an die Arbeit!
 
Salve,
danke, eine gute Antwort, das halte ich für nachvollziehbar. Im Zusammenhang mit den Hermunduren habe ich gehört, dass man diese brauchte, da Sie einen Handelsweg sichern konnten, den Bernsteinweg. Dieser verlief im Prinzip vom Brenner an die Ostsee, also aus dem Imperium Romanum durch Süd(ost)deutschland an die Saale, dann über die Elbe an die See.
Den Römern als Bernsteinkäufern war das sicher bekannt und im Internet kann man ergoogeln, dass diese Route für Rom nach 15 v.Chr. bedeutsam wurde.
Da es dort aber keine Straßen im heutigen Sinne, sondern nur Wege von Siedlung zu Siedlung oder halt Flüsse gab, ist das nicht mit Römerstraßen zu vergleichen.
Ob Rom da wohl Späher oder Spione über solche Webge geschickt hat?
 
Salve Ravenik

Das lateinische Wort "provincia" bezeichnete ursprünglich nicht eine bestimmte Verwaltungseinheit, sondern den Aufgabenbereich eines (Pro-)Magistrats. Auch wenn das Wort später zunehmend speziell für eine außeritalische Verwaltungseinheit (deren Verwaltung die Aufgabe eines Promagistrats war) verwendet wurde, geriet die ursprüngliche Bedeutung nicht in Vergessenheit, sondern schwang weiterhin mit. Wenn also von einer Provinz gesprochen wurde, bedeutete das nicht zwangsläufig, dass dort die regionale Verwaltung und Infrastruktur schon funktionierten, die Provinz also schon "fertig" war, sondern konnte auch lediglich bedeuten, dass das Gebiet (von einem damit betrauten Promagistrat bzw. dem Gehilfen eines Promagistrats) zu einer Provinz (wie wir das Wort verstehen) gemacht werden sollte.


Der Friedensvertrag war in beiderseitigem Interesse. Die Römer mussten ihren geplanten Feldzug gegen Marbod abbrechen, weil in Pannonien und Illyrien ein Aufstand ausgebrochen wurde, dessen Gefahrenpotenzial von den Römern obendrein maßlos überschätzt wurde. (Sie rechneten ernsthaft damit, dass riesige Massen von Aufständischen in Italien einfallen und auf Rom marschieren könnten.) Es war daher in ihrem Interesse, wenigstens Marbod ruhig zu halten. Marbod wiederum war wohl froh, dass ihn die Römer nun zumindest informell in seiner Machtposition akzeptierten. Schließlich war sein "Reich" eine durchaus fragile Ansammlung von untergebenen Stämmen; er konnte also vermutlich keineswegs sicher sein, dass es bei einem römischen Angriff zusammenhalten würde.
Dass er ein Bündnis mit Arminius ablehnte, dürfte aber eher daran gelegen haben, dass er in ihm einen Rivalen um die Vormachtstellung in Germanien sah und daher durchaus daran interessiert war, dass sich Arminius im Kampf gegen die Römer aufreiben würde.


Ist Dir bekannt, ob es weiter gehende Kontakte zwischen Arminius und Marbod gab? Waren die Cherusker und Markomannen direkte Nachbarn?
 
Ist Dir bekannt, ob es weiter gehende Kontakte zwischen Arminius und Marbod gab? Waren die Cherusker und Markomannen direkte Nachbarn?

Nein, sie waren keine direkten Nachbarn, was sie aber nicht daran hinderte, Krieg gegeneinander zu führen.

Ja, das waren genau meine Gedanken, und dann habe ich tage- und nächtelang mit Google earth die Lippe abgesucht. Gesucht nach Orten, die Aliso gewesen sein könnten, nach Nebenflüssen mit Namen Elison oder ähnlich, nach Orten, an denen das in den Quellen beschriebene leicht nachvollziehbar ist und auch in den historischen Zusammenhang bringt, wie es sich mir als Interessiertem darstellt.
Aber was fand ich?
Nichts!:motz:

Und deshalb verlegst du Aliso gegen die Quellen von der Lippe weg?

Erst dieses Jahr wurde an der Lippe ein neues bisher unbekanntes Römerlager gefunden. Und das meiste lässt sich per Google Maps/Earth eben nicht erkennen. Für Luftbildarchäologie bedarf es a) der richtigen Bedingungen (grundsätzliche Erkennbarkeit aus der Luft, ggf. den richtigen Bewuchs und stimmende Lichtverhältnisse und nebenbei eine ausreichende Fotoqualität) und b) auch manchmal einfach ein wenig Glück und Erfahrung. Was wirklich gut ist, ist Lidar. Das ist so, als würde man ein Röntgenbild der Erdoberfläche machen.
 
Salve estimado ingenioso hidalgo!

Nein, sie waren keine direkten Nachbarn, was sie aber nicht daran hinderte, Krieg gegeneinander zu führen.



Und deshalb verlegst du Aliso gegen die Quellen von der Lippe weg?


Nein, nein, das würde mir im Traum nicht einfallen! Es gilt: Ad fontes!

Nur ist es mit den Quellen manchmal so, dass sie jemand übersetzt, mit einem gewissen Hintergrundwissen und die folgenden Autoren verwenden die Übersetzung und irgendwann ist das die allgemein anerkannte Lehrmeinung. So wurde mir in der Schule und später immer erzählt, dass die Varusschlacht im Teutoburger Wald stattgefunden hat. Das hat eigenlich nie jemand hinterfragt.

Als nächstes kamen die Leute aus Kalkriese mit ihren Funden. Schon galt die alte Lehrmeinung - ich sage mal - vielleicht noch für die Hälfte der Leute....:S. Dabei erfuhr ich, dass es den Teutoburger Wald erst seit ein paar Jahrhunderten gibt. Zu meinen Zweifeln kam Frust. Wobei ich heute denke, dass es auch durchaus möglich ist, dass die Schlacht dann halt am Osning stattgefunden hat. In Kalkriese sind mir persönlich zu wenig Knochen- und Militariafunde für so eine große Schlacht. Sicher fand dort ein Kampfgeschehen statt, vielleicht auch im Jahre 9 n.Chr.. Aber die großen Schlachtfelder haben wir noch nicht gefunden!

Also: Beauseant alla riscossa (des verlorenen Wissens)!

Bei diesem "Saltus teutoburgiensis" machte es bei mir Klick, als ich die Vergleichsbezeichnung (Foto) aus Süddeutschland gesehen hatte.

Insofern haben wir natürlich die gleiche, authentische Quelle, nur ziehen die Leute unterschiedliche Schlüsse daraus, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt aufklären werden.

Und so ähnlich verhält es sich mit den anderen Quellen, ich habe halt eine Theorie gebildet, nennen wir sie "Varusschlachttheorie 701". Ich würde sie auch sehr gern hier im Forum diskutieren und mich insofern mit Erkenntnissen vollsaugen. Mein Interesse ist jedoch rein privat.

Ich brauche allerdings noch ein paar Tage, vor allem um zu lesen, zu suchen und mich ein bisschen vorzubereiten. Dabei hilft mir dieses Forum, welches mir sehr gefällt. Niemals habe ich gewusst, dass sich so viele Leute für die Fragen interessieren, die auch mich beschäftigen.:yes:

Und ich möchte versuchen, nicht in die vielen Fettnäpfchen zu treten, Dinge als neue Idee zu präsentieren, die vielleicht schon längst ausdiskutiert sind:rotwerd:. Da habe ich auch in anderen Foren (Halberstadt) üble Beschimpfungen gelesen, das ist für einen Interessierten beschämend.
 
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