Mir fallen noch die "Durcken" ein, wie z.B. Guthenberg sie setzte oder setzen ließ.
Was Teutsch/Deutsch angeht cursierten vor dem 17.Jahrhundert schon beide Versionen. Im 17./18.Jahrhundert begegnet man dem "Deutsch" vereinzelt, was aber recht selten zu finden ist.
Was meine Zweifel an volkssprachlichen Herleitungen angeht, möchte ich mal das Bohrsche Atommodell heran ziehen: Heute, wo man in Atome hinein schauen kann, ist gewiß, daß dieses Modell die Wirklichkeit eben nicht zutreffend beschreibt. Aber es functionierte doch; man konnte Berechnungen damit anstellen, die stimmig waren, sowie darüber hinaus auch physicalisch eine Menge vorantreiben. - Nicht alles was functioniert und scheinbar stimmig ist, entspricht also der Wirklichkeit.
Volkssprachliche Entwicklungen gehorchen ganz bestimmt keinen logischen Regelmäßigkeiten - das zeigt ja schon das Beispiel "merkwürdig": Obschon eigentlich auf der Hand lag, daß es positiv um die Würdigung des Merkenswerten ging, hat man die Bedeutung verkehrt. Volkssprache richtet sich eben nicht nach Logik.
Man kann aus gewissen wiederkehrenden Structuren eine Regelmäßigkeit heraus interpretieren. Das gleiche könnte man auch vornehmen, indem man nacheinander Flaschen zerschellen ließe, um jedesmal die Anordnungen der Splitter zu photographieren: Wer will, findet da Regelmäßigkeiten!
Ich erinnere mich noch an meine blutigen Anfänge, als ich versuchte, frühneuhochdeutsch zu formulieren. Als Anfänger hat man noch zu wenig Vocabular, nebst Lese- und Schreiberfahrung - und so ist man versucht, sich Formen zu erschließen. Ich habe dieses Verhalten später bei all jenen beobachtet, die sich von mir anregen ließen. Aber das functioniert sehr, sehr schlecht. Ja, ich muß sagen, daß ich dies sogar heute noch viel weniger wage, als damals, weil ich immer wieder die Erfahrung gemacht habe, daß Nachschlagen in Originalwörterbüchern einen meißt eines anderen belehren.
Wo ja selbst der Duden unlogische Bedeutungsentwicklungen festschrieb und nach wie vor festhält ("des Merkens würdig" = "wunderlich" u.a.) : um wie viel unlogischer muß der Sprachgebrauch vor 1200 Jahren gewesen sein! Und in der Tat liest man in der Geschichte eine Qualitätsentwicklung ab: Je früher die Quellen, desto weniger logisch, beredt, ausdrucksvoll - bei Mangel an sprachlichem Variantenreichtum (mittelalterliche Quellen neigen oft zum monoton wiederkehrenden grundschulaufsatzartigen "und dann ... und dann ... und dann".
Was die Frage "Teutsch" oder "Deutsch" angeht, sehe ich durchaus eine Linie vom Plattdeutschen "düütsch" (ähnlich dem Holländischen übrigens), über Mittelhochdeutsche Formen wie "diutsch/tiutsch". Ob aber diese Linie bis hin zum italenischen "tedesco" reicht, halte ich für fragwürdig. Theodiscus hieß einfach volkstümlich - ich schließe daraus aber nicht, daß der Begriff "Deutsch" wirlklich das gleiche meint. Ich fürchte einfach, daß die Etymologie sich hier allzuleicht verfranz, bzw. in Scheinregelhaftigkeiten verzettelt und möchte dem nicht folgen.
Warum auch? Die Vorsilbe "Teut-" zeigt eine viel überzeugendere Übereinstimmung zwischen "Teutsch" und "Tevtonicvs" auf. Hier ist das kein Zufall, denn, wie gesagt, wurde entsprechend vom Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Und beide Begriffe wurden etwa zur gleichen Zeit in Deutschland geläufig. Warum von hinten herum durch die Brust ins Auge construieren, wenn's ganz einfach auf der Hand liegt?
Was diese Illererkönigin angeht, könnte man übrigens vieles mutmaßen. Warum sollte sie Teuta geheißen haben, wo doch die scandinavische Form "tysk" dem sogen. 'allthochdeutschen' (gab es das wirklich??) viel näher ist? Hätte sie z.B. "Tyske" geheißten, dürfte man vielleicht gar orakeln, die Illerer seien nach Scandinavia gezogen, um dort ihr Seeräuberhandwerk fortzusetzten (als Normannen oder so...) ...
Wenn aber Teuta wirklich Teuta hieß (warum eine lateinische und keine griechische Endung, wo die Illerer doch griechisch beeinflußt waren?!), müßte einem die Ähnlichkeit mit den Teutonen ins Auge springen. Aber wie gesagt, alle Culturen fabulieren vor allem dann, wenn es darum geht, das Fremde zu beschreiben. Und so traue ich eben auch den römischen Geschichtsschreibern schlecht, wenn sie über ein Barbarenvolk 'berichten'.
Vor 300 Jahren schrieb man immer noch von "West=Jndien", obschon man doch wußte, daß es gar nicht Indien ist. Und heute noch rufen die Bleichgesichter in unseren Westernfilmen engeistert, aus, daß die Inder kämen. Eigentlich waren die "Indianer" ja keine Indianer/Inder, sondern schlicht Americaner! Aber nein, der Unfug resitiert!! - Warum also solchen Quellen vertrauen, wo man weiß, daß die Menschheit das Fremde gern verfremdet?
Was bleibt, ist die Feststellung, daß wir über unsere Vorfahren so gut wie nichts wissen. Und da wir nichts wissen, kann die Etymologie ungemolestiert ihre Gedankengebäude construieren.
@El Quijote: Ich sehe ja, daß Du über einen sehr großen Kenntnisschatz verfügst, den ich auf keinen Fall schmälern möchte. Aber ich schlucke die Teutschen Sachen ungern, wenn man mir bedeutet, die Etymologie bedeute dem 'Laien' dieses oder jenes zu glauben, ohne zu hinterfragen.
Vor vielen Jahren hatte ich einen ähnlichen Streit mit eine Dentistin, die meinte, eine alte Füllung sei cariös. Ich hielt gegen ihren academisch geweihten Mund und bekam vom Uniclinicum später prompt recht: Die haben alles mögliche saniert, aber nicht diesen Molaren! Erstere Dentistin war ganz schön sauer. Zu unrecht!
Der academische Grad kann niemals absolutistisch über das Laienvolk gebieten, um Letzterem das selbständige Denken zu nehmen. Das will ich mir auf jeden Fall bewahren ...