Sepiola
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Als Einführung erst einmal ein Zitat von Lukas Bormann, Professor für Neues Testament (Geschichte und Literatur des Urchristentums) an der Universität Erlangen-Nürnberg:
Zur Zeit der ersten Christen gab es "den" jüdischen Kanon noch gar nicht.
Bei einigen Gruppen beschränkte sich der Kanon auf den Pentateuch (Fünf Bücher Mose); bei den Samaritanern ist das heute noch der Fall*. Auch für die Sadduzäer waren offensichtlich nur diese Bücher maßgeblich.
Nach der Zerstörung des Tempels setzte sich der oben genannte rabbinische Kanon durch, dessen genauer Umfang aber im 1. Jh. noch umstritten war. Das zeigt die Diskussion um die Bücher Kohelet (Prediger) und Hohelied.
Und auch die griechische Septuaginta hatte keinen eindeutig bestimmbaren Umfang.
Im 2. Jahrhundert setzt die Kanonisierung der nicht-jüdischen christlichen Schriften ein.
Um die Mitte des Jahrhunderts traf Markion eine sehr begrenzte Auswahl aus diesen Schriften (zehn Paulubriefe und ein Evangelium). Markion setzte sich jedoch nicht durch; er galt (nicht nur wegen des Kanons) fortan als Ketzer.
Der Kanon Muratori, vermutlich aus dem späten 2. Jh. hat bereits große Ähnlichkeit mit dem späteren Kanon des Neuen Testaments.
Es fehlen fünf Bücher (Hebräerbrief, beide Petrusbriefe, der Jakobusbrief und der 3. Johannesbrief), dafür sind fünf weitere Schriften aufgelistet:
Zwei Briefe des Paulus, an die Laodicäer und an die Alexandriner (dies beiden seien gefälscht), die Weisheit der Freunde des Salomo (gehört eigentlich zur Septuaginta), die Offenbarung des Petrus (sei nicht allgemein anerkannt) und der Hirt des Hermas (der sei erst ganz vor kurzem geschrieben worden und zähle daher weder zu den Schriften der Propheten noch zu den Schriften der Apostel.)
In der lateinischen Kirche war die Kanonbildung um 400 im wesentlichen abgeschlossen. Die Synoden von Hippo und Karthago listen einen (damals von Rom bestätigten) Kanon auf, der bis heute in der römisch-katholischen Kirche Gültigkeit hat. Für die anderen Kirchen waren diese Beschlüsse jedoch nicht bindend. Da gab es weiter ein paar kleine Unstimmigkeiten.
"Schließlich wurden auf der Trullanischen Synode (691/692) verschiedene apostolische Beschlüsse und Entscheidungen vergangener Synoden sowie viele Kirchenväter bestätigt. Im Blick auf den Kanon bedeutete das weiterhin eine völlig unklare Position, da sich die genannten Beschlüsse vielfach widersprachen und den Abstimmenden offenbar unbekannt waren. Dann werden die Kanons der Syrischen Kirche, der Armenischen Kirche, die Georgische Kirche, der Koptischen Kirche und der Äthiopischen Kirche besprochen. Auch wenn es im Blick auf viele neutestamentliche Schriften, wie etwa die Evangelien, große Einigkeit gab, blieben andere wie die Johannesoffenbarung viele Jahrhunderte umstritten."
http://accordance.jotto.eu/download/pdf/Rez_Metzger_Kanon.pdf
* https://www.bibelwissenschaft.de/wi...aner/ch/df2e7e481b2f10e9f7eb054e4f3b7853/#h6:
Erst mit der Kanonisierung der Heiligen Schriften durch das Judentum am Ende des 1. Jh.n. fallen die Samaritaner durch ihre Ablehnung der Prophetenbücher und Schriften (Ketubim) tatsächlich aus der neu definierten Größe „Judentum“ heraus, nicht aber aus einer theologisch weiter verstandenen Größe „Israel“.
UTB Bibelkunde : Der jüdische Kanon und die BibelKeine der Schriften des Alten oder des Neuen Testaments ist für die Schriftensammlung, die wir Bibel nennen, verfasst worden. Die Schriften des Alten und des Neuen Testaments sind über einen langen Zeitraum je für sich überliefert worden, ehe sie Teil der Bibel wurden. Den Prozess der Auswahl der Schriften, die zu den heiligen Schriften gezählt werden, nennt man Kanonisierung, das Ergebnis dieses Prozesses: den Kanon. Die Erforschung dieser Vorgänge, die Kanongeschichte, ist ein wichtiges Gebiet der Spezialforschung, auf die im Rahmen einer Bibelkunde nicht näher eingegangen werden kann.
In der letzten Phase der Kanongeschichte hat vermutlich die Sammlung der neutestamentlichen Schriften und ihre Zusammenstellung mit den Schriften des griechischen Alten Testaments (so genannte Septuaginta) dazu geführt, dass auch im Judentum genauer über die Festlegung bestimmter Schriften als heilige Schriften nachgedacht wurde. Die Rabbinen des ersten Jahrhunderts entschieden sich dafür, nur die Schriften als heilige Schriften zu betrachten, die in Hebräisch abgefasst waren. Im rabbinischen Kontext bedeutet „heilig“, dass eine besondere rituelle Behandlung des Schreibmaterials für nötig gehalten wurde. Die Berührung der Schriftrollen, auf denen die heiligen Texte geschrieben sind, verunreinige die Hände und erfordere deswegen besondere Umgangsweisen, die für die übrigen Schriften nicht gelten (Mischna, Jadajim 3,5). Der so genannte rabbinische Kanon ist etwa um 100 n.Chr. festgelegt worden. Er unterscheidet sich in Inhalt und Aufbau erheblich von der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta.
Die Alte Kirche hat hingegen weiterhin das griechische Alte Testament als heilige Schrift verstanden. Da die Rabbinen die Schriften, die nur auf Griechisch zugänglich waren, ausgeschlossen hatten, entstand ein Überhang der biblischen Bücher im christlichen alttestamentlichen Kanon gegenüber den Büchern, die im rabbinischen Kanon aufgenommen worden waren. Diesen Überhang nennt man deuterokanonische Schriften (kath.) oder Apokryphen des Alten Testaments (Luther).
Zur Zeit der ersten Christen gab es "den" jüdischen Kanon noch gar nicht.
Bei einigen Gruppen beschränkte sich der Kanon auf den Pentateuch (Fünf Bücher Mose); bei den Samaritanern ist das heute noch der Fall*. Auch für die Sadduzäer waren offensichtlich nur diese Bücher maßgeblich.
Nach der Zerstörung des Tempels setzte sich der oben genannte rabbinische Kanon durch, dessen genauer Umfang aber im 1. Jh. noch umstritten war. Das zeigt die Diskussion um die Bücher Kohelet (Prediger) und Hohelied.
Und auch die griechische Septuaginta hatte keinen eindeutig bestimmbaren Umfang.
Im 2. Jahrhundert setzt die Kanonisierung der nicht-jüdischen christlichen Schriften ein.
Um die Mitte des Jahrhunderts traf Markion eine sehr begrenzte Auswahl aus diesen Schriften (zehn Paulubriefe und ein Evangelium). Markion setzte sich jedoch nicht durch; er galt (nicht nur wegen des Kanons) fortan als Ketzer.
Der Kanon Muratori, vermutlich aus dem späten 2. Jh. hat bereits große Ähnlichkeit mit dem späteren Kanon des Neuen Testaments.
Es fehlen fünf Bücher (Hebräerbrief, beide Petrusbriefe, der Jakobusbrief und der 3. Johannesbrief), dafür sind fünf weitere Schriften aufgelistet:
Zwei Briefe des Paulus, an die Laodicäer und an die Alexandriner (dies beiden seien gefälscht), die Weisheit der Freunde des Salomo (gehört eigentlich zur Septuaginta), die Offenbarung des Petrus (sei nicht allgemein anerkannt) und der Hirt des Hermas (der sei erst ganz vor kurzem geschrieben worden und zähle daher weder zu den Schriften der Propheten noch zu den Schriften der Apostel.)
In der lateinischen Kirche war die Kanonbildung um 400 im wesentlichen abgeschlossen. Die Synoden von Hippo und Karthago listen einen (damals von Rom bestätigten) Kanon auf, der bis heute in der römisch-katholischen Kirche Gültigkeit hat. Für die anderen Kirchen waren diese Beschlüsse jedoch nicht bindend. Da gab es weiter ein paar kleine Unstimmigkeiten.
"Schließlich wurden auf der Trullanischen Synode (691/692) verschiedene apostolische Beschlüsse und Entscheidungen vergangener Synoden sowie viele Kirchenväter bestätigt. Im Blick auf den Kanon bedeutete das weiterhin eine völlig unklare Position, da sich die genannten Beschlüsse vielfach widersprachen und den Abstimmenden offenbar unbekannt waren. Dann werden die Kanons der Syrischen Kirche, der Armenischen Kirche, die Georgische Kirche, der Koptischen Kirche und der Äthiopischen Kirche besprochen. Auch wenn es im Blick auf viele neutestamentliche Schriften, wie etwa die Evangelien, große Einigkeit gab, blieben andere wie die Johannesoffenbarung viele Jahrhunderte umstritten."
http://accordance.jotto.eu/download/pdf/Rez_Metzger_Kanon.pdf
* https://www.bibelwissenschaft.de/wi...aner/ch/df2e7e481b2f10e9f7eb054e4f3b7853/#h6:
Erst mit der Kanonisierung der Heiligen Schriften durch das Judentum am Ende des 1. Jh.n. fallen die Samaritaner durch ihre Ablehnung der Prophetenbücher und Schriften (Ketubim) tatsächlich aus der neu definierten Größe „Judentum“ heraus, nicht aber aus einer theologisch weiter verstandenen Größe „Israel“.
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