Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

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Die Kriegsschuldfrage

ist gar keine – für die Welt ist sie längst keine Frage mehr. Jeder deutsche Spezialist könnte zweihundert Artikel fremder Spezialisten zitieren, aber die Massen im Ausland bewegt diese längst erledigte Materie keineswegs. Die Kriegsschuldfrage ist eine lediglich innerdeutsche Sache, erfunden zu Propagandazwecken, erfunden, um vom Wesentlichen abzulenken, nämlich von der Grundfrage alles deutschen Lebens: wer beutet Deutschland aus? Die fremden Mächte nur zum geringen Teil.

Es ist ein beschämender Anblick, das Geheul und Getobe der Studenten zu beobachten, wie sie ununterbrochen auf dieser erledigten und längst entschiednen Frage herumreiten. Es ist, wie wenn man einen Verdauungsvorgang ungeschehen machen wollte. Was wollen sie –? Die Weltgeschichte rückwärts drehen? Aber die antideutsche, zum Teil berechtigte, zum Teil völlig unsinnige Propaganda der Kriegsjahre hat ihre durchgreifende Wirkung getan, und die verständigen und friedliebenden Ausländer schämen sich heute dieses Wahnsinnzustandes und wollen, voller Scham, nicht mehr an ihn erinnert werden. Jede Propaganda auf diesem Gebiet ist wirkungslos und wird es bleiben.

Was Deutschland erreichen kann, liegt auf einem ganz andern Feld. Freilich ist der Vertrag von Versailles, wie jeder Friedensvertrag Diktat des Siegers an den Besiegten, nicht ewig. Doch hat, ein recht alltäglicher Vorgang, dieses Unrecht einen Rechtszustand geschaffen, den man nur mit Gewalt oder durch einen neuen Vertrag abändern kann. Hat Deutschland heute oder morgen diese Gewalt, ihn abzuändern, zur Verfügung? Kein Student will sich das überlegen; noch die lautesten Schreier denken nicht daran, Krieg mit Frankreich zu führen. Sie bilden sich ein, durch Resistenz etwas erreichen zu können, und das ist unrichtig.

Was diesen eingesperrten und sich nur nach Osterreich orientierenden Randalmachern immer wieder gesagt werden muß, ist: dass man allein nicht wettlaufen kann. Die andern laufen nämlich nicht mit. Sie verstehen das Geschrei gar nicht; sie werten es vielleicht als das, was es unter anderm auch ist: als ein Zeichen des alten wilhelminischen Ungeistes. Und sie schütteln die Köpfe und leben ihr Leben weiter.

Diese Protestaktionen haben weite deutsche Kreise ergriffen: man kann sich doch von Hitler nicht im Nationalismus schlagen lassen! Man kann. Man muß nur den Mut aufbringen, es zu tun.

Die Schlachten, die in den kleinen Universitätsstädten und in den großen gleichmäßig geschlagen werden, sind von vornherein verloren, soweit das Ausland in Betracht kommt. Es sind Schlachten und Siege gegen einen, der jenen viel verhaßter ist als alle früheren Entente-Staaten zusammen. Gegen einen Deutschen. Gegen den deutschen Arbeiter und Angestellten, der niedergeknüppelt werden soll."
Ignaz Wrobel (aka Kurt Tucholsky) in Die Weltbühne, 20.10.1931, Nr. 42, S. 609

Zugegeben nicht mehr so ganz "in der heutigen Zeit"...
 
...hatte ich im Beitrag auch so nicht bestritten oder angesprochen oder intendiert.

Die NS-Massnahmen mit dem Ziel der vollständigen Eliminierung der 'Juden' aus dem NS-Deutschland als Beispiel heran zuziehen, mit welchen ein Historiker, eine Historikerin den Begriff 'Demütigung' als adäquate Kennzeichnung der VORGÄNGE verwenden könnte...wenig glücklich gewählt, scheint mir.

Unter den bekannten, etablierten Autoren, die sich mit der NS-Verfolgungspolitik zu den 'Juden' schwerpunktmässig beschäftigt haben, ist mir der Begriff in ihren Publikation jedenfalls nicht auf Anhieb als (bedeutsame) Kategorie erinnerlich.
 
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Wenn das keine Zuschreibung einer Alleinschuld ist, sprechen wir verschiedene Sprachen.

Und ihr solltet beide ein wenig demütiger sein. Ich auch. Sagen die Priester.
 
Dann sollte man aber auch dazu erwähnen, dass nach einigem Verhandeln die Entente-Mächte von der Forderung nach Auslieferung der Kriegsverbrecher absahen, das gehört schon auch mit dazu.

Du schreibtst Entente-Mächte. Die Forderung nach Auslieferung stellten eben auch u.a. Belgien und Jugoslawien. Ergo werden diese Mächte auch auf Auslieferung verzichtet haben.

Ja, dazu gehört natürlich mehr, ich sehe aber auch nicht, dass sich Versailles darauf beschränkt hätte.

Dann zeige mir bitte die versöhnlichen Elemente, die eine dauerhafte Friedensordnung hätten begründen können. Deutschland und Russland waren nach dieser Friedensordnung internationale Parias, die nicht mal in dem Völkerbund aufgenommen worden waren.

"Der überforderte Frieden" angedeutet hat, dass Versaill nicht die Begründung zu einem tragfähigen Frieden war, sondern der Beginn eines Weges der zum Frieden hätte führen können, wenn man den Weg weiter gegangen wäre.

Selbst diese Bewertung kann ich nicht teilen, weil die Alliierten überhaupt nicht begonnen hatten, einen Weg der Aussöhnung, der Verständigung des Ausgleichs zu gehen. Es wurden in erster Linie die eigenen Bedürfnisse bedient und die waren eben dergestalt, das sich damit kein Fundament für eine Frieden von Dauer legen ließ.

Die Leistung, die die Pariser Vorortverträge erbracht haben, war weniger eine Regelung zu finden, mit der alle leben konnten, als viel mehr die verworrenen Konfleiktfelder von einander zu trennen.

Und dabei wurde keine gute Arbeit geleistet.

Und hier kann ich nicht mehr mitgehen, weil das eine mMn deutlich zu enge Bindung von Hitlers Motivation an den Versailler Vertrag impliziert und eine Determination, die ich so nicht sehe.

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Nitti, der den Versailler Vertrag mit unterschrieben hatte, sagte 1921 später der Versailler Vertrag sei ein Mittel zur Fortsetzung des Krieges. Der bekannte amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kenan schrieb nach dem 2.Weltkrieg in der New York Times, "die Rachsucht der britischen und französischen Friedensbedingungen habe dem Nationalsozialismus und einen weiteren Krieg den Boden bereitet. Der britische Economist schrieb zur Jahrhundertwende:" Das letzte Verbrechen im Ersten Weltkrieg sei der Versailler Vertrag gewesen, dessen harten Bedingungen einen weiteren Krieg unausweichlich machten.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

Für die Nazis war der Begriff Versailler Diktat zum politischen Grundvokabular. Versailles war "optimale" Propaganda, die sich die Naziverbrecher sehr zu Nutze machten und auf fruchtbaren Boden fiel. In der Republik herrschte über alle Grenzen hinweg Konsens, der der Versailler Vertrag "eine Schande" war.
 
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Um beim Thema zu bleiben, ich bin der Meinung, in Deutschland wird der erste Weltkrieg im Bewußtsein vieler Bürger
komplett vom zweiten Weltkrieg, bzw. dem Naziterror überschattet. Im Ausland gibt es wohl zum WKI ein ganz anderes Denken, z. B. in Frankreich.

Daher war es auch ein gutes Zeichen, dass Macron 2018 bei der Erinnerungsfeier alle deutschfeindlichen Inschriften und Informationstafeln hat entfernen lassen. Und wie war die Reaktion bei den Franzosen, die Scharfmacher beschwerten sich, man würde ein Druckmittel gegen die Deutschen fallen lassen und keine andere Nation würde das machen. Man muss Macron dies hoch anrechnen. Ich stelle hier die Gegenfrage: Hätte ein Präsident Valls, eine Le Pen oder ein anderer französischer Politiker das auch gemacht?

Zu der Bedeutung in der heutigen Zeit:
1. Andauernd wird der Ukraine Krieg mit dem WK 1 verglichen. Ob Henri Guaino, Henry Kissinger etc..
Das Thema ist nach wie vor präsent.
 
Inwiefern ist das ein diskutierenswertes Thema?

Du hattes doch von Vollständigkeit gesprochen.

Habe ich auch nicht behauptet.

Ich auch nicht. Nur, das gehört auch zur Vollständigkeit dazu.

Worauf genau möchtest du hinaus?

Du führt, zutreffend, aus, das auf die Auslieferung der "angeblichen" Kriegsverbrecher verzichtet wurde. Das nicht unwichtige Drumherum aber erwähnst du nicht; auch nicht wie und warum es zu dem Verzicht gekommen ist. Gehört auch zur Vollständigkeit. Aber dann würde sich wohl ein neuer Faden empfehlen.

ch kann in dem Bestreben potentielle Schwerverbrecher zu bestrafen keine Demütigung Deutschlands erkennen.

Bethmann-Hollweg ein potenzieller Schwerbrecher? Wilhelm II. ein potenzieller Schwerverbrecher? Und wenn, dann bitte auch alle, nicht nur die des Feindes, Kriegsverbrechen ahnden. Aber da eigener Lesart hatte keine Kriegsverbrechen begangen.

Durchaus nicht, Deutschland hätte den Krieg ja wieder aufnehmen können, wenn es bereit gewesen wäre die Konsequenzen zu tragen.

Das ist ja nun wirklich Blödsinn. Womit sollten denn bitte nach den exorbitanten Waffenstillstandbedingungen und dem Hunger die Kriegshandlungen wieder aufgenommen werden?

Darauf läuft Krieg in der Regel hinaus.

Krieg ja, Waffenstand wohl eher nicht. Dort werden Unterhandlungen geführt, aber nicht, wie US Präsiden Wilson in Rücksprache mit Llyod George und Clemceau die Herbeiführung der bedingungslosen Kapitulation. Wilson hatte sich schon massiv in die Souveränität des Deutschen Reiches eingegriffen, das er praktisch die kaiserliche Regierung als Gesprächspartner ablehnet. Da ging es schon los mit den Demütigungen.
 
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Ich wüsste nicht, was der Frankfurter Frieden mit dem Ersten Weltkrieg zu tun hätte, zumal du, denke ich meine Position zum Frankfurter Frieden kennst.

Na, die Aufhebung des Frankfurter Friedens, die Rückgabe der verlorenen Provinzen, die man sich selbst gewaltsam einverleibt hatte, welches übersehen wird, es spielt keine Rolle wie lange das her ist, die Rückzahlung der Reparationen, war der Wille Frankreichs. Und wenn Versailles okay ist, dann sind ja in der Bewertung noch ganz andere Frieden in Ordnung. Auch sollte nicht vergessen werden, wie oft, beispielsweise Ludwig XIV. Deutschland überfallen und verwüstet hatte. Ziel war es niederländische und deutsches Gebiet zu rauben. Gab es danach so ein ausgeprägtes Revanchedenken in Deutschland? Oder Napoleon Bonaparte. Der hat es ja auch ziemlich übel getrieben. Gab es danach Revanchedenken in Deutschland? Es gab die Wiener Friedensordnung, die Frankreich die Grenzen von 1795 beließ und Monsieur Talleyrand konnte seine hohe Kunst der Diplomatie in Wien zur Geltung bringen. Dieser Mann wurde mit Würde und Anstand behandelt. Und die deutsche Delegation in Paris? Entwürdigend. Die wurde ja schon fast wie Gefangene behandelt; dürften ihre Zimmer nicht einmal verlassen. Dann die Rheinkrise. Es gibt wirklich einige unerfreuliche französische Beispiele, aber komischerweise zählt nur der Frankfurter Frieden, das es galt zurückzudrehen.

Ich persönlich finde sowohl den Frankfurter Frieden als auch den von Versailles grundfalsch, wobei Versailles in jeder Beziehung katastrophaler war.
 
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An dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Turgot.
Das Forum lebt von solchen Usern, die wirklich auf jede Frage, ich betone auf jede Frage (!!), sich Zeit und Mühe geben sie zu beantworten. Ich und viele andere wie Shini lernen soviel von ihm. Das ist wie eine Stunde bei einem Privatdozenten. Hierfür herzlichen Dank
 
Mir scheint es immer so zu sein, dass einige gar nicht verstehen wollen, wie demütigend das Ende des Ersten WK für die Deutschen und andere Nationen waren. Finde ich ein bisschen schade, da kann man nur hoffen, dass sich hier etwas geistige Beweglichkeit einstellt.



Doch von mir ist es erwünscht. :)

Ich denke mal, dass die meisten Diskussionsteilnehmer sich zumindest so intensiv mit dem Ersten Weltkrieg und dem Vertrag von Versailles beschäftigt haben, und auch empathisch genug veranlagt sind, zu ermessen, welche Verwerfungen und menschlichen Tragödien der Weltkrieg verursacht hat. Neben dem Schock der Niederlage, dem Gefühl dass all die Opfer, all die Entbehrungen, all die Zumutungen, die man ertragen und geschluckt hatte letztlich sinnlos waren. Zum Schock der Niederlage, des Zusammenbruchs des Verlusts von Freunden und Angehörigen kam ja häufig auch der Verlust von jahrelangen Ersparnissen.

Die Verwerfungen des Krieges trafen nicht alle kriegsbeteiligten Staaten in gleichem Maße. Ähnliche Erfahrungen wie die Deutschen hatte aber auch die Bevölkerung in Frankreich und Belgien, in Serbien, Rumänien, Polen und Russland gemacht. Selbst in GB, das kaum von Kriegsschäden betroffen war führte der Krieg zu großen Verwerfungen.

In Belgien und Nordfrankreich waren durch Kriegsschäden ganze Landstriche schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Es gab buchstäblich Todeszonen und Geisterorte die verlassen wurden und seitdem verödeten. 1917 als die Deutschen sich auf die Siegfriedlinie zurückzogen, hatte man rücksichtslos eine Taktik der verbrannten Erde angewendet, was natürlich für enorme Verbitterung sorgte.

Die alliierte Kriegspropaganda von "Boches" , die belgische Frauen vergewaltigen, französischen Kindern die Hände abschneiden und kanadische Kriegsgefangene kreuzigen, war Nonsens, Produkt einer überhitzten Phantasie und Kriegspropaganda. In Belgien und Nordfrankreich hatte es aber von deutscher und in Serbien und Galizien von österreichischer Seite tatsächlich zahlreiche Kriegsverbrechen und Übergriffe gegen Zivilisten gegeben.

Der 1. Weltkrieg war eine europäische Katastrophe, und mir scheint, nur mit einer europäischen Perspektive kommt man mit der Analyse dieser "Urkatastrophe" weiter. Immerhin haben wir zum 1. Weltkrieg die (nötige) emotionale Distanz (die die Zeitgenossen nicht hatten, vielleicht auch gar nicht haben konnten).

Die europäische Pentarchie gibt es nicht mehr, ebenso wenig wie Österreich-Ungarn, das Deutsche Reich, das Russische Kaiserreich und das Osmanische Reich. Frankreich ist inzwischen in der 5. Republik, und das britische Empire nur noch eine Legende. Die Konfliktherde von 1914 existieren nicht mehr, es gibt andere.
 
Und da denke ich, der Kriegsschuld-Artikel 231 war schon töricht, weil er ja die Verliererseite zum Lügen zwang.

Zwang er insofern nicht, als dass es, wie in der Diskussion schon angeführt wurde, einen Untersuchungsausschuss des Reichstags hinsichtlich des Kriegsausbruchs gab, der die deutschen Akten sichtete und relativ schnell auf einge ziemlich problematische Aspekte wie eben den berüchtigten "Blankoscheck" stieß.

Das war jedenfalls der Regierung Bauer bekannt und ich meine auch dem ihr vorangegangenen Kabinett Scheidemann.

Insofern zwang der Kriegsschuldartikel nicht zum Lügen, denn man hätte den Stand der Untersuchungen und die problematischen Aktenstücke und Dokumente ja durchaus publizieren und damit belegen können, dass Deutschland jedenfalls eine Mitschuld am Kriegsausbruch trug und die damalige kaiserliche Regierung im Sinne eines Losschlagens auf Österreich eingewirkt hatte.

Zum Lügen wurde man nicht gezwungen, für das Lügen entschieden sich die damals verantwortlichen Politiker, weil sie der Meinung waren, das der eigenen Bevölkerung nicht verkaufen zu können.
Das sie sich aber zum Lügen bzw. Unterschlagen der vorliegenden Erkenntnisse entschieden, war nicht die Schuld der Entente-Mächte.

Bei Wikipedia lese ich auch, dass in früheren Friedensverträgen auf eine Klärung von Schuldfragen verzichtet wurde.

Ja, weil frühere Kriege in der Regel keine Grundlage brauchten um Reparationen in diesem Umfang eine rechtliche Grundlage zu verschaffen.
Das war in diesem Fall aber kaum anders zu machen, weil klar sein musste, dass Deutschland die Reparationen, die zur Behebung der angerichteten Schäden notwendig waren, nicht kurzfristig aus dem Staatsschatz oder Anleihen würde aufbringen können.
 
In Irland führte der Einsatz der britischen Weltkriegsveteranen zu einer Schneide der Verwüstung.
Für die Iren war dies ein schlimmer Moment der Verwüstung und Demütigung.
 
Du schreibtst Entente-Mächte. Die Forderung nach Auslieferung stellten eben auch u.a. Belgien und Jugoslawien. Ergo werden diese Mächte auch auf Auslieferung verzichtet haben.
Wir wissen glaube ich beide, dass etwaige Forderungen, die diese Staaten allein stellten kaum geeigent waren irgendwen hinterm Ofen hervor zu locken, weil vor den Streitkräften Belgiend und des SHS-Staates in Deutschland niemand zitterte.

Dann zeige mir bitte die versöhnlichen Elemente, die eine dauerhafte Friedensordnung hätten begründen können.

Die liegen darin, dass der Vertrag diverse Problemfelder in der Schwebe hielt.

- Höhe der Reparationen
- Saargebiet
- Oberschlesien
- Status von Danzig und Memel in the long run

Der Vertrag selbst enthielt wenig versönliche Elemente ließ aber in diversen Fragen sehr weiten Spielraum für friedliche Revisionen und Unterhandlungen.

Selbst diese Bewertung kann ich nicht teilen, weil die Alliierten überhaupt nicht begonnen hatten, einen Weg der Aussöhnung, der Verständigung des Ausgleichs zu gehen.

Diese Einschätzung kann ich nicht teilen, jedenfalls nicht in Gänze.
Du magst recht damit haben, dass von franzsösicher Seite relativ wenig für eine dauerhafte Lösung getan wurde, von britischer und amerikanischer Seite her aber doch.

Sowohl, in der Oberschlesien-Frage, als auch im späteren Verlauf in Sachen Ruhrbesetzung und Reparationsfrage, machten Briten und Amerikaner durchaus Schritte auf Deutschland und verhinderten die Durchsetzung französischer Maximalforderungen.

Und dabei wurde keine gute Arbeit geleistet.

Ich würde meinen doch.
Man hat die einzelnen Konfliktfelder so weit von einander trennen können, dass sie bearbeitbar wurden.
Das sich die späteren verantwortlichen Politiker dann weigerten das auch zu tun, ist kein Versäumnis des Vertrags.

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Nitti, der den Versailler Vertrag mit unterschrieben hatte, sagte 1921 später der Versailler Vertrag sei ein Mittel zur Fortsetzung des Krieges.

Und der Kontext dieser Aussage?

Der bekannte amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kenan
............... der zum Zeitpunkt dieser Einschätzung inwieweit mit den innerdeutschen Verhältnissen der Zwischenkriegszeit vertaut war?

Für die Nazis war der Begriff Versailler Diktat zum politischen Grundvokabular. Versailles war "optimale" Propaganda, die sich die Naziverbrecher sehr zu Nutze machten und auf fruchtbaren Boden fiel. In der Republik herrschte über alle Grenzen hinweg Konsens, der der Versailler Vertrag "eine Schande" war.

Ne, dass haut wieder in die Kerbe den Erfolg der Nazis mit dem Versailler Vertrag erklären zu wollen.

Um gegen den Versailler Vertrag zu sein, musste man nicht Nazis wählen, da hatten schließlich alle Parteien was dagegen und selbst wenn man sich von denen, die ihne angenommen hatten abgrenzen wollte und rechts er Mitte stand, hätte es gereicht DVP oder DNVP zu wählen, die diejenigen, die disen Vertrag angenommen hatten genau so schmähten, wie die Nazis das taten und auf die gleiche Weise dagegen polemisierten.

Mal davon ab, dass Hitler seine Wahlerfolge erst hatte, als sich bereits mit der Konferenz von Lausanne abgezeichnet hatte, dass es jedenfalls Spielraum für Revision des Vertrags gab und der bereits teilrevidiert hätte sein können, wenn v. Papen das nicht verbockt hätte.

Gerade weil über alle Parteiengrenzen in Deutschland hinweg der Vertrag als unerträglich empfunden wurde, half dieser den Nazis nicht besonders dabei Wähler zu gewinneen oder Propaganda zu veranstalten, denn auf dieses Thema hatten sie kein Monopol womit sie sich von anderen hätten abgrenzen können.
 
Wilhelm II. ein potenzieller Schwerverbrecher?

- Blankoschek ?
- Einsatz von Giftgas?
- Unbeschränkter U-Boot-Krieg?

Alles mit allerhöchster Erlaubnis verfügt, ebenso wie der Überfall auf die neutralen Belgien und Luxemburg.

Ich weiß nicht, wie nennst du jemanden, der dieses ganze verachtenswerte Zeug autorisiert hat?

Bethmann-Hollweg ein potenzieller Schwerbrecher?

Wengistens im Hinblick auf die Politik Österreich zu einem Krieg gegen Serbien zu ermutigen, war er mindestens mal als Mitwisser betriligt.

Sicherlich weniger belastet, als KWII, aber auch bei dem Mann kommt sicherlich genug zusammen, dass das eine Untersuchung gerechtfertigt hätte, zumal du nicht voraussetzen kannst dass die Entente-Staaten den Einblick in die deutschen Entscheidungsprozesse hatten, den wir heute haben.

De facto war Bethman-Hollweg Regierungchef eines Landes, das neutrale Nachbarstaaten überfiel, U-Boot-Krieg abseits der Priesenordnung führte etc.

Das ist ja nun wirklich Blödsinn. Womit sollten denn bitte nach den exorbitanten Waffenstillstandbedingungen und dem Hunger die Kriegshandlungen wieder aufgenommen werden?

Ich frage nochmal, womit hätte Deutschland zum Zeitpunkt des Waffenstillstands die Niederlage noch verhindern wollen? Also abseits der Phantasien der Dolchstoßlegendenerfinder?
Realistischer Weise hätte sich Deutschland vielleicht noch in den Winter retten und mit Hilfe des Wetters bis zum Frühjahr durchhalten können, spätestens dann wäre bei dieser Lage aber alles den Bach herunter gegangen.

Alles was man dadurch erreicht hätte, wäre den Zusammenbruch vielleicht um 2-3 Monate aufzuschieben, den Blutzoll in die Höhe zu treiben und damit auch die Forderungen der Kriegsgegner.

Wenn man erst um Waffenstillstand bittet, in dem Moment wo klar ist, dass man besiegt ist, bekommt man eben auch nur die Bedingungen eines Besiegten.

Dort werden Unterhandlungen geführt, aber nicht, wie US Präsiden Wilson in Rücksprache mit Llyod George und Clemceau die Herbeiführung der bedingungslosen Kapitulation.

Bleiben wir mal realistisch:

Die Lage hatte sich einmal so entwickelt, dass für jeden absehbar war, dass Deutschland sich ohnehin nicht halten konnte.

Was erwartest du da? Dass die Franzosen, Briten und Amerikaner sich mit einem Feind, dessen militärische Niederlage allenfalls noch eine Folge von Monaten ist, zusammensetzen und ihm Bedingungen bieten, als würde der Krieg in einem blutigen Patt feststecken?
Das tat er nicht und das war auch für alle offensichtlich geworden.
 
Nun ja, der U-Bootkrieg und die britische Blockade, die alle! Waren als Konterbande behandelt hat, beides nach bestehenden Verträgen in der Form illegal!?
 
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