Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

Du, ich habe deinen Beitrag, Frage, gelesen und einfach beantwortet. Ich habe nicht mal erkannt, das es sich um ein Link handelt. Ganz verkehrt, so glaube ich, ist meine Antwort aber nicht.

Der erste Schritt wäre das Verständnis der historischen Krise, und dafür benötigt der Wirtschaftshistoriker Daten.

Nimmt man das Beispiel "Gründerkrise", so haben in den letzten Jahren einige Untersuchungen neue Erkenntnisse ans Licht gebracht. Bislang basierten gerade die Abschätzungen des industriellen Wachstums auf dem Standardwerk von Hoffmann. Hoffmann wiederum hatte eine Vielzahl von Schätzungen verarbeitet.

Statistische Analysen (zB Burhop) belegen nun, dass Hoffmann den industriellen Output 1913 etwa 15% zu niedrig ermittelt hat, und den von 1871 etwa um 48% zu niedrig. Gleichzeitig waren Fehlschätzungen der Änderungsraten des industriellen Outputs während der Gründerkrise enthalten, die im Wesentlichen "nur" eine "Fertigungskrise" war, während diverse industrielle Branchen keine Rückgänge, sondern Wachstum aufwiesen. Hoffmann schätzte auch das Wachstum des vorausgegangenen "Gründerbooms" nach Bismarcks Reichseinigung zu hoch ein. Ebenso daneben liegt wohl die bisherige Einschätzung der "Great Depression" für die 1880er (Korrekturen für Großbritannien sind schon etwas länger auf dem Tisch), die nicht mehr nachweisbar ist.

Beide Fehlschätzungen kombiniert verzerrten den Blick auf die Gründerkrise, die nämlich hierdurch dramatisiert wurde (was allerdings auch der Perzeption der Zeitgenossen entsprach). Die Lage war besser als die Meinung darüber. Die Krise wurde lange als typischer Fall von Überhitzung einer Wirtschaft gesehen, von der Sonderkonjunktur der marxistischen "Endzeit-"Analysen des 19. Jahrhunderts ganz abgesehen.
 
Mir scheint es immer so zu sein, dass einige gar nicht verstehen wollen, wie demütigend das Ende des Ersten WK für die Deutschen und andere Nationen waren.
Das kann ich nicht einordnen.
Worin bestand die (wie du andeutest gravierende) Demütigung? Dass diejenigen, die sich am Ende eines Krieges auf der Verliererseite befinden, diese Lage nicht bejubeln (es sei denn, sie wären von einer Fremd- oder Verbrecherherrschaft befreit worden) scheint mir nicht weiter erwähnenswert.
Oder meinst du mit der gravierenden Demütigung den Versailler Friedensvertrag samt seinen strengen Auflagen?

Finde ich ein bisschen schade, da kann man nur hoffen, dass sich hier etwas geistige Beweglichkeit einstellt.
...nach nun 11-12 Seiten Diskussion mit vielen detailliert ausargumentierten Perspektiven finde ich dieses Urteil unpassend.
 
Ich vermute, das @Arnaud28 auf die Artikel 231 bis 234 des Versailler Vertrages abstellt. Schon die Bedingungen für den Waffenstillstand waren demütigend. Die ganze Art und Weise wie mit der deutschen Delegation auf dem Weg nach und in Versailles umgegangen wurde, war demütigend.
Am Abend des 03.Februar 1920 wurde dem Vorsitzenden der Deutschen Friedensdelegation eine Auslieferungsliste gemäß den Teil VII des Versailler Vertrages von fast 900 Deutschen übergeben, damit diese vor den Gerichten der Alliierten abgeurteilt werden konnten. Die Auslieferungen verlangten England, Frankreich, Italien, Belgien, Polen und Jugoslawien. Die genannten Deutschen sollten sich für Verstöße gegen Gesetz und Gebräuche des Krieges verantworten. Auf dieser umfängliches Liste standen unter anderem:

Kaiser Wilhelm II.
Kronprinz Wilhem
Prnz Eitel Friedrich
Kronprinz Rupprecht von Bayern
Großherzog Ernst Ludwig von Hessen
Herzog Albrecht von Württemberg
Feldmarschall von Bülow
Feldmarschall von Hindenburg
Feldmarschall von Mackensen
Generaloberst von Beseler
Generaloberst von Kluck
Generalobert von Linsingen
General von Hausen
General von Ludendorff
General von Falkenhayn
General von Francois
General von Gallwitz
General von Arnim
Großadmiral von Tirpitz
Admiral Bachmann
Admiral von Capelle
Admiral von Hipper
Admiral von Ingenohl
Adimiral von Scheer
Admiral von Müller
Admiral von Schroeder
Reichskanzler Bethmann von Hollweg
und so weiter und so weiter
Unnötig zu erwähnen, wie das in der jungen Republik wirkte; demütigend. Das Kabinett war bestürzt über die als maßlos empfundene, alle Erwartungen und Befürchtungen übertreffende Liste. Eine Auslieferung war undenkbar.
 
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Von meiner Warte aus muß ich anmerken:
Im allgemeinen wird ein Vertrag zwischen einigermaßen gleichen Parteien ausgehandelt, die sich dann auch über die Bedeutung des Inhaltes im klaren sind.

Der "Vertrag" ist auch durchaus als Lehre für die heutige Zeit anzusehen.
 
Tolstojs Krieg und Frieden bildet die russische Adelsgesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts recht realistisch ab

Ich würde in Sachen Tolstoj und Darstellung von Lebensformen der Russischen Adelsgesellschaft im 19. und vor allem mittleren bis ausgehenden 19. Jahrhundert, eher an "Anna Karenina" denken, als an "Krieg und Frieden", im Besonderen weil das Werk auch sehr stark mit dem Kontrast der Moskauer und der Sankt-Petersburger Gesellschaft zueinander spielt und den Unterschied zwischen der westlicheren St. Petersburger Gesellschaft und dem deutlich konservativeren auf die russischen Traditionen fixierten Moskau recht gut hervorhebt.

Dass der russische Adel Ende des 19. Anfang des 20. nur Französisch miteinander gesprochen haben soll, würde ich auch stark in Frage stellen. Vielleicht in der Zeit Katherinas und Alexanders, und in Petersburg eher noch, als in Moskau. Die Gesellschaft Petersburgs war von Anfang an sehr kosmopolitisch, etliche der Offiziere, Wissenschaftler, Seeleute und Kaufleute, die sich niederließen, besaßen geringe Russischkenntnisse, und Französisch war im 18. Jahrhundert so etwas wie eine Lingua Franca. Es war aber Deutsch auch weit verbreitet im Baltikum und als Hofsprache der nordischen Höfe.

Ich denke, dass für den Adel in Russland das Französische auch einfach den Vorteil hatte, dass man damit einfacher das Imperium organisieren konnte, als über das Russische, jeedenfalls was die Organisation der Loyalität der nicht ethnisch russischen Eliten betrifft.

Und deswegen würde ich dem Gebrauch des Französischen in der russischen Adelsgesellschaft auch einen wesentlich stärker funktionalen Aspekt zuweisen, als anderswo.
Französisch hatte als auswärtige Kultursprache sowohl Prestige, als auch den Vorteil, dass sich in dieser Sprache vor allem den polnischen und den litauischen Eliten begegnen ließ, ohne diesen dass Gefühl zu geben, dass man ihre Assimilation an die russische Kultur und die orthodoxe Religion erwartete.

Aber auch im 18. Jahrhundert, das sehr frankophon war, konnte man an der Korrespondenz vieler Zeitgenossen sehen, wie oberflächlich oft die Französischkenntnisse waren, und das war durchaus auch in Russland der Fall.

Vor allen Dingen, wenn man sich ddas frühe 18. Jahrhundert und die Zeit Peters des Großen anschaut, wird ja doch deutlich, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bojaren von der Hinwendung Peters zum Westen nicht eben begeistert war und diese Haltung verschwand ja durchaus nicht.

Die ganze slawophile und später auch panslavische Bewegung, seit der Mitte des 19. Jahrhundert hat, ja durchaus versucht die westlichen Einflüsse und die Einflüsse der nichtrussischen Eliten innerhalb des Machtapparats herauszufordern und zu begrenzen und die war ja durchaus kein reines Unterschichtenphänomen.

Als Poincaré 1914 zum Staatsbesuch kam, durfte erstmals in Russland mit offizieller Erlaubnis die Marseillaise gespielt werden. Die Marseillaise wurde neben der Internationalen auch meist auf sozialistischen Veranstaltungen gespielt und galt seit den Tagen der Pariser Commune auch als Kampflied der Sozialisten.

....... was gerade beim russischen Adel sicherlich keine Begeisterung ausgelöst hat, zumal die Revolution von 1905 noch nicht so lange zurücklag.

Im Baltikum war bis 1914 Deutsch weitaus dominierender, als Französisch, und in Russland trat im 19. Jahrhundert mit dem Panslawismus auch eine gewisse Russifizierung ein.

Vor allen Dingen, waren auch die Universitäten in Riga und Dorpat unter sehr starkem deutschen Einfluss, bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurde dort auf Deutsch gelehrt und das waren natürlich neben den traditionellen militärischen Karrieremöglichkeiten Aufstiegschancen gerade für die deutsch-baltischen Eliten sich für den russischen Staatsdienst zu qualifizieren.
Gleichsam wurden dort über die Lehrsprache auch ethnische Russen, aus der Oberschicht, die ihre Ausbildung dort absolvierten an die deutsche Kultur herangeführt.
Das sorgte vielleicht noch mehr, als der traditionelle Militäradel für einen kontinuierlichen Nachschub an Eliten mit einer gewissen an der deutschen Kultur orientierten Vorprägung.
 
Um beim Thema zu bleiben, ich bin der Meinung, in Deutschland wird der erste Weltkrieg im Bewußtsein vieler Bürger
komplett vom zweiten Weltkrieg, bzw. dem Naziterror überschattet. Im Ausland gibt es wohl zum WKI ein ganz anderes Denken, z. B. in Frankreich.
Bei uns interessiert sich nur eine kleine Minderheit überhaupt noch dafür, obwohl die Bilder des Stellungskrieges in Teilen der Ukraine, den Bildern von der Westfront frappierend ähnlich sind.
 
Am Abend des 03.Februar 1920 wurde dem Vorsitzenden der Deutschen Friedensdelegation eine Auslieferungsliste gemäß den Teil VII des Versailler Vertrages von fast 900 Deutschen übergeben, damit diese vor den Gerichten der Alliierten abgeurteilt werden konnten.

Dann sollte man aber auch dazu erwähnen, dass nach einigem Verhandeln die Entente-Mächte von der Forderung nach Auslieferung der Kriegsverbrecher absahen, das gehört schon auch mit dazu.

Nebenbei einige Namen standen sicherlich nicht so ganz zu unrecht auf einer solchen Listen und gerade die Auslieferung und Bestrafung von Leuten wie Hindenburg, Ludendorff oder auch Tirpitz, die sicherlich alle vernünftig begründbar waren und die sie im Bezug auf die deutsche Politik ausgeschaltet hätten, hätte der Republik womöglich eine gesündere politische Entwicklung ermöglicht, als der faule Kompromiss die Kriegsverbrecher in Deutschland vor Gericht zu zerren und sie dort, wenn es überhaupt zum Prozess kam, dann laufen zu lassen.

Schon die Bedingungen für den Waffenstillstand waren demütigend.
Die Bedingungen waren weniger demütigend, als viel mehr die Rückversicherung, dass es auch wirklich zum Frieden kommen und Deutschland die Kampfpause nicht einfach nutzen würde um seine Kräfte zu konsolidieren.

Ich würde ohne allzu weit in die Tagespolitik abzudriften meine, dass man gerade in der Ukraine vor ähnlichen Problemen steht, was potentielles Aussetzen der Kampfhandlungen angeht und dort hat bereits ein Jahr Krieg gerecht um so viel Misstrauen aufzubauen, dass ohne weitgehende Bedingungen ein Waffenstillstand kaum vermittelbar ist.
Mit dem kleinen Unterschied, damals dauerte das Gemetzel bereits 4 Jahre an und mit den Ausscheiden der deutschen Bündnispartner zeichnete sich gerade der endgültige Erfolg der Entente und der Asoziierten Mächte ab.

Unter diesen Vorzeichen sind die Bedingungen mehr als verständlich.
Man legt die Waffen nicht für umsonst nieder, wenn man am Gewinnen ist, möglicherweise nur um dem Gegner eine Atempause zu verschaffen.
Erst recht nicht, wenn man seit 4 Jahren in einem Krieg feststeckt, der Millionen von Opfern gekostet, das eigene Land in Teilen verwüstet hat und von dem man nicht weiß, wie man ihn eigentlich bezahlen soll.

Die Waffenstillstandsbedingungen entsprechen dem damaligen Bedürfnis der Entente so schnell wie möglich zum Frieden zu kommen, was angersichts der vorherigen Entwicklung und der jeweiligen innenpolitischen Lage in den beteiligten Ländern absolut begreiflich ist.
 
Mir scheint es immer so zu sein, dass einige gar nicht verstehen wollen, wie demütigend das Ende des Ersten WK für die Deutschen und andere Nationen waren. Finde ich ein bisschen schade, da kann man nur hoffen, dass sich hier etwas geistige Beweglichkeit einstellt.

Vielleicht wäre es ja hilfreich die einzelnen Artikel einmal nach und nach Punkt für Punkt zu diskutieren und dabei neben der Frage ob man sie für angemessen hält und ob Deutschland sie verkraften konnte, auch die Frage miteinbeziehen wie weit man im Besonderen von Seiten Großbritanniens und Frankreichs Deutschland entgegenkommen konnte ohne die Unterstützung der eigenen Bevölkerung und damit den Einfluss auf den Gang der Dinge zu verlieren.

Wäre vielleicht sinnvoller, als der Ruf nach pauschaler Empörung und der pauschale Vorwurf geistiger Unbeweglichkeit an alle, die die Dinge möglicherweise etwas anders beurteilen.
 
Dann sollte man aber auch dazu erwähnen, dass nach einigem Verhandeln die Entente-Mächte von der Forderung nach Auslieferung der Kriegsverbrecher absahen, das gehört schon auch mit dazu.


Das erfordert, ich bitte um Entschuldigung, eine Erwiderung.
Ich vermag nicht zu erkennen, was an meiner Ausführung fehlerhaft oder manipulativ sein soll. Die Forderung war gestellt worden, die genannten Persönlichkeiten sollten ausgeliefert werden. Punkt. Ich habe nichts zur weiteren Entwicklung geschrieben. Wer mehr dazu wissen möchte, besitzt die Möglichkeit der höflichen Nachfrage oder der eigenen Recherche. Aber, wenn man diese Frage ausführlich betrachtet, dann kommen wir endgültig von Thema weg. Ich habe sie nur in dem Kontext der von @Arnaud28 angesprochenen Demütigung erwähnt.


Ach ja, seit wann waren denn Belgien und Jugoslawien Bestandteil der Entente?
Und wenn du erwähnst, das die Entente letzten Endes, es war ein Gezerre, auf die Auslieferung letzten Endes verzichtete, dann gehört auch dazu weshalb man das tat. Oder gehört das nicht dazu? Auch hast du nicht erwähnt, ob die Entente nun etwas auf eine juristische Aufarbeitung verzichtet hätte?

Und ganz am Rande: Auf Seiten der Siegermächte waren auch nicht alle Kriegshandlungen ohne Fehl und Tadel.
 
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Die Bedingungen waren weniger demütigend, als viel mehr die Rückversicherung, dass es auch wirklich zum Frieden kommen und Deutschland die Kampfpause nicht einfach nutzen würde um seine Kräfte zu konsolidieren.

Das erfüllt nicht mehr das Kriterium eines Waffenstillstandes, in dem die Waffen für Unterhandlungen ruhen. Hier wurde eine bedingungslose Kapitulation durchgesetzt. Und ja klar, dafür war natürlich auch die Seeblockade erforderlich. Es ging darum Deutschland wehrlos zu machen, damit es keine Chance mehr hatte, das Friedensdiktat der Alliierten abzulehnen.

Unter diesen Vorzeichen sind die Bedingungen mehr als verständlich.
Man legt die Waffen nicht für umsonst nieder, wenn man am Gewinnen ist, möglicherweise nur um dem Gegner eine Atempause zu verschaffen.
Erst recht nicht, wenn man seit 4 Jahren in einem Krieg feststeckt, der Millionen von Opfern gekostet, das eigene Land in Teilen verwüstet hat und von dem man nicht weiß, wie man ihn eigentlich bezahlen soll.

Dann war ja beispielsweise nach deiner Lesart der Frankfurter Frieden vollkommen in Ordnung? Und die deutsche Sorge vor einen neuen französischen Angriff sicher berechtigt?

Nein, wenn man eine Friedensordnung von Dauer begründen wollte, dann waren die Friedensbedingungen kontraproduktiv.
20 Jahre später war es dann auch soweit. Dieses Armageddon, genannt 2.Weltkrieg, sollte dann weit über 50 Millionen Menschen das Leben kosten. Unvorstellbare Grausamkeiten, unvorstellbares Leid wurde in diesem unfassbaren Krieg begangen.
Zu einer dauerhaften Friedensordnung gehört mehr als Rache, Abrechnung, Ächtung, Demütigung Unschädlichmachung. Das ist ein bisschen arg wenig für eine künftigen Frieden. Die ganze Pariser Friedensordnung hat sehr viel Unzufriedenheit zurück gelassen.
 
Ich vermag nicht zu erkennen, was an meiner Ausführung fehlerhaft oder manipulativ sein soll.
Und ich vermag mich nicht zu erinnern, wann ich dir solches vorgeworfen haben sollte. Wenn das so aufgefasst wurde, möchte ich hier klar unterstreichen, dass es so nicht gemeint war, es ging mir einfach nur um Vollständigkeit.

Die Forderung war gestellt worden, die genannten Persönlichkeiten sollten ausgeliefert werden. Punkt.

Naja, eben nicht einfach Punkt, weil es bei dieser Forderung nicht blieb.

Aber, wenn man diese Frage ausführlich betrachtet, dann kommen wir endgültig von Thema weg.
Ich denke, wenn ein Thema in einem Faden angerissen wird, wird man es durchaus auch diskutieren können.

Ach ja, seit wann waren denn Belgien und Jugoslawien Bestandteil der Entente?

Ich weiß nicht, wann ich die beiden Staaten als solche bezeichnet haben sollte. Über Jugoslawien habe ich mich überhaupt nicht ausgelassen und in Sachen Kriegschulddiskussion hatte ich weiter vorne sehr deutlich zwischen der Entente und Belgien unterschieden.

Und wenn du erwähnst, das die Entente letzten Endes, es war ein Gezerre, auf die Auslieferung letzten Endes verzichtete, dann gehört auch dazu weshalb man das tat.

Worauf genau möchtest du hinaus?

Auch hast du nicht erwähnt, ob die Entente nun etwas auf eine juristische Aufarbeitung verzichtet hätte?

Inwiefern ist das ein diskutierenswertes Thema?
Ermittlungen wegen potentieller Kriegsverbrechen aufzunehmen und das juristisch abzuarbeiten ist bei Lichte besehen schwerlich etwas, was sich als spezielle Demütigung Deutschlands verstehen ließe oder weswegen man sich in irgendeiner Form aufregen könnte.
Der einzige potentielle Aufreger hier wäre ein potentieller Schauprozess vor einseitig von der Entente und den Assoziierten Mächten gestellten Gerichten gewesen und das Thema war mit dem Zurückziehen der Forderung nach Auslieferung hinfällig.

Und ganz am Rande: Auf Seiten der Siegermächte waren auch nicht alle Kriegshandlungen ohne Fehl und Tadel.

Habe ich auch nicht behauptet.
Ich sage nur, dass es mit entschieden zu weit geht juristisches Vorgehen gegen potentielle Kriegsverbrecher als etwas ungehöriges zu betrachten, auch wenn es, so wie es lief eine einseitige Angelegenheit war.

Ich kann in dem Bestreben potentielle Schwerverbrecher zu bestrafen keine Demütigung Deutschlands erkennen.

Weißt du eigentlich wie viele Artikel das sind? Es sind deren 440.

Ist mir durchaus bekannt.

Das erfüllt nicht mehr das Kriterium eines Waffenstillstandes, in dem die Waffen für Unterhandlungen ruhen. Hier wurde eine bedingungslose Kapitulation durchgesetzt.

Durchaus nicht, Deutschland hätte den Krieg ja wieder aufnehmen können, wenn es bereit gewesen wäre die Konsequenzen zu tragen.

Chancen den Krieg irgendwie noch zu drehen hatte es zum Zeitpunkt des Waffenstillstands ohnedies nicht mehr.

Es ging darum Deutschland wehrlos zu machen, damit es keine Chance mehr hatte, das Friedensdiktat der Alliierten abzulehnen.

Darauf läuft Krieg in der Regel hinaus.

Meine Frage wäre jetzt nur, womit hätte sich Deutschland noch wehren wollen, selbst wenn man sich bei den Waffenstillstandsbedingungen auf die Räumung der besetzten Gebiete beschränkt hätte?
Der Verlust der Bodenschätze in Belgien und Nordfrankreich so wie die potentielle Verlegung der Front in den Bereich Deutsch-Lothringen, hätte die Erzförderung dermaßen beeinträchtigt, dass in Deutschland die gesamte Rüstungsproduktion dramatisch eingebrochen wäre, was die Materialüberlegenheit der Entente im Westen noch drastisch erhöht hätte.

Mit dem Ausscheiden der Verbündeten aus dem Krieg hätte der Entente im Frühjahr die Möglichkeit offengestanden mit den auf dem Balkan und in Italien stehenden Truppen widerstandslos durch Österreich zu marschieren und eine zweite Front im Südosten aufzumachen, die zu halten Deutschland, nachdem schon die Westfront nur mit Mühe noch zu verteidigen war, keine vernünftig ausgerüsteten Truppen mehr hätte aufbieten können.

Damit war Deutschland faktisch bereits vor dem Waffenstillstand in absehbarer Zukunft wehrlos, die Seeblockade wäre durch die Fortsetzung der Kampfhandlungen auch nicht verschwunden.

Dann war ja beispielsweise nach deiner Lesart der Frankfurter Frieden vollkommen in Ordnung? Und die deutsche Sorge vor einen neuen französischen Angriff sicher berechtigt?

Ich wüsste nicht, was der Frankfurter Frieden mit dem Ersten Weltkrieg zu tun hätte, zumal du, denke ich meine Position zum Frankfurter Frieden kennst.

Nein, wenn man eine Friedensordnung von Dauer begründen wollte, dann waren die Friedensbedingungen kontraproduktiv.

Joa, in einigen Aspekten würde ich dem sogar zustimmen, da waren bestimmte Dinge kontraproduktiv.
Aber ich glaube, wir haben sehr verschiedene Vorstellungen davon, was für Dinge das sind.

20 Jahre später war es dann auch soweit. Dieses Armageddon, genannt 2.Weltkrieg, sollte dann weit über 50 Millionen Menschen das Leben kosten. Unvorstellbare Grausamkeiten, unvorstellbares Leid wurde in diesem unfassbaren Krieg begangen.

Und hier kann ich nicht mehr mitgehen, weil das eine mMn deutlich zu enge Bindung von Hitlers Motivation an den Versailler Vertrag impliziert und eine Determination, die ich so nicht sehe.

Zu einer dauerhaften Friedensordnung gehört mehr als Rache, Abrechnung, Ächtung, Demütigung Unschädlichmachung.

Ja, dazu gehört natürlich mehr, ich sehe aber auch nicht, dass sich Versailles darauf beschränkt hätte.
Deswegen mein Angebot sich diesen Vertrag systematisch Artikel für Artikel anzusehen und ihn zu diskutieren, auch wenn das ein länger dauerndes Projekt wäre.

Die ganze Pariser Friedensordnung hat sehr viel Unzufriedenheit zurück gelassen.

Ich habe das anderswo schonmal geschrieben: Ich bin nicht der Meinung, dass es so etwas wie eine umfassende Pariser Friedensordnung gegeben hat.
Ich bin der Meinung und damit möchte ich mich Leonhard annähern, der das, meine ich in seinem "Der überforderte Frieden" angedeutet hat, dass Versaill nicht die Begründung zu einem tragfähigen Frieden war, sondern der Beginn eines Weges der zum Frieden hätte führen können, wenn man den Weg weiter gegangen wäre.

Die Leistung, die die Pariser Vorortverträge erbracht haben, war weniger eine Regelung zu finden, mit der alle leben konnten, als viel mehr die verworrenen Konfleiktfelder von einander zu trennen.
Auf dieser Basis hätte man in den einzelnen Bereichen weiter mit einander arbeiten und verhandeln müssen um zu einem dauerhaften Friden zu kommen, was auf verschiedenen Feldern, wie dem der Reparationen durchaus auch passierte.
 
Demütigung ist keine wissenschaftliche Kategorie oder wissenschaftlich hinreichend objektiv bestimmbare/definierbare Kategorie. Auch geschichtswissenschaftlich nicht.

Gehört zum Bereich der subjektiven Wahrnehmung von Individuen, Gruppen und 'Kollektiven' - und zur Psychologie.
Essentiell abhängig vom Kontext, führen als massive Demütigung empfundene Handlungen, Unterlassungen, Kommunikationsweisen usw. wiederum zu - geschichtswirksamen Handlungen. Hinlänglich bekannt.

Nein, wenn man eine Friedensordnung von Dauer begründen wollte, dann waren die Friedensbedingungen kontraproduktiv.
20 Jahre später war es dann auch soweit. Dieses Armageddon, genannt 2.Weltkrieg, sollte dann weit über 50 Millionen Menschen das Leben kosten.
Und hier kann ich nicht mehr mitgehen, weil das eine mMn deutlich zu enge Bindung von Hitlers Motivation an den Versailler Vertrag impliziert und eine Determination, die ich so nicht sehe.

Jau..., sofern das zutrifft...vielleicht im Eifer der Dis. von T. übersehen.
Sonst landet der Faden unfreiwillig (wieder mal) in der Nähe der bundesdeutschen Apologien aus den 1950 und noch 1960er Jahre, die der nationalkonservative Fritzle Fischer mit seinem Angriff auf die tradierte Sichtweise des Kaiserreiches und dem I. Weltkrieg versuchte auszuhebeln, um eigentlich der Basis für verharmlosende, nationalkonservative Deutung des II. Weltkrieges, die nationalkonservative Deutung des Weltkrieg I-Geschehens, den Boden zu entziehen.
 
Hier wurde ja vorgeschlagen, die einzelnen Artikel durchzusehen und zu fragen, ob sie für das DeutscheReich tragbar gewesen seien.

Und da denke ich, der Kriegsschuld-Artikel 231 war schon töricht, weil er ja die Verliererseite zum Lügen zwang. In Deutschland war man nun mal überzeugt, nicht alleinschuldig zu sein.
Bei Wikipedia lese ich auch, dass in früheren Friedensverträgen auf eine Klärung von Schuldfragen verzichtet wurde.
 
Demütigung ist keine wissenschaftliche Kategorie oder wissenschaftlich hinreichend objektiv bestimmbare/definierbare Kategorie. Auch geschichtswissenschaftlich nicht.
Aber dass etwa Juden im nationalsozialistischen Deutschland von Anfang an auf Schritt und Tritt gedemütigt wurden, das darf man als Historiker schon noch festhalten?
 
...
Und da denke ich, der Kriegsschuld-Artikel 231 war schon töricht,

Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.

Artikel 231 steht übrigens im Abschnitt VIII. Wiedergutmachung. 1: Allgemeine Bestimmungen.
Es war die reichdt. Seite, die daraus einen Alleinschuld-Artikel behauptete.

Aber dass etwa Juden im nationalsozialistischen Deutschland von Anfang an auf Schritt und Tritt gedemütigt wurden, das darf man als Historiker schon noch festhalten?
Bitte unterlasse doch lieber solche geschmacklosen Vergleiche.

Wir finden im nationalsozialistischen Deutschland von Anbeginn an zahllose konkrete, auch gewaltbewehrte oder mit Gewalt verbundene Massnahmen der eigenen Regierung zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Exklusion und Rechtlosmachung an konkreten, einzelnen Menschen, mit dem Ziel, sie zu eliminieren.
 
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