Um abseits griechischer Nebenschauplätze mal wieder auf die eigentliche Diskussion zu kommen:
Der Stil des Vertrags gab den Revanchisten in Deutschland Gelegenheit zur Hetze, sein Inhalt änderte dagegen nichts daran, dass sich die strategische Lage des besiegten Gegners gegenüber der Vorkriegszeit im Prinzip sogar verbessert hatte.
Man hätte sicherlich die unnötig provokante Mantelnote unterlassen können, zumal diese keine technische Fuktion erfüllte, aber ich verstehe nicht so ganz, warum du darüber hinaus den Stil des Vertrags für ein Problem hältst.
Die Revanchisten in Deutschland hatten ja doch eine recht präzise Vorstellung davon, welche einzelnen Artikel des Versailler Vertrags sie für nicht hinnehmbar hielten, abseits irgendwelcher Stilfragen.
Das sich die strategische Lage Deutschlands im Prinzip sogar besserte, sehe ich auch so, die Frage die ich sehe ist aber diejenige, wie man auf Seiten der Entente, im Besondern auf Seiten Frankreichs anders verfahren hätte können?
Nach Lage der Dinge war klar, dass man Deutschland sowohl territorial, als auch finanziell schmerzhafte Forderungen auferlegen musste, denn einen Verzicht auf das Zurückholen Elsaß-Lothringes oder auf Reparationen hätten die Entscheidungsträger innenpolitisch nicht durchhalten können, selbst, wenn sie gewollt hätten.
Erschwerend hinzu kommt, dass Frankreich eben eine Republik war, in der es keine Möglichkeit gab Politiker, die die Unterstützung der Bevölkerung hatten von den Hebeln der Macht fernzuhalten, so dass auch aus wahlkampftechischen und parteipolitischen Gründen hier ein Wettbieten an Forderungen nachgerade stattfinden musste weil diese Tehmatik eine denkbar dankbare und einfache Möglichkeit darstellte die verbitterte und wütende Bevölkerung auf die eigene Seite zu ziehen.
Auch andere Forderungen, wie die nach der Bestrafung von Kriegsverbrechern nicht wenigstens zu erheben, musste vor dem Hintergrund der Tatsache, in welchem Zustand sich Teile Lothringesn und Nordfrankreichs 1918/1919 befanden, nachgerade undenkbar sein.
Der Umstand, dass sich die Bolschewiki weigerten die Schulden des zaristischen Russlands anzuerkennen, machte Frankreichs Situation nicht besser.
Wenn aber von er französischen Seite her diese Forderungen gegenüber Deutschland ohnehin erhoben werden mussten, schon um nicht von der eigenen Bevölkerung davon gejagt zu werden, war dann nicht ohnedies Revanche zu fürchten?
Und auch dass es keine Kolonien mehr gab, war für Deutschland letztlich nur vorteilhaft.
Man könnte sagen, dass es aus drei Gründen nicht besonders vorteilhaft für die Entente-Mächte war Deutschland seine Kolonien zu nehmen:
1. Stärkte das Deutschland finanziell, weil die Kolonien mehr kosteten, als sie einbrachten (allerdings wäre zu hinterfragen, inwiefern man das auf Seiten der Entente korrekt einordnen konnte).
2. Zog das Deutschland aus den schärfer werdenden Konflikten in Ostasien heraus (Qingdao/Konzessionen in Shandong), während die britische und französische Präsenz bestehen blieb und sich zu den Geschehnissen dort und zum Aufstieg Japans irgendwie verhalten musste.
3. Musste der Verlust der überseeischen Einflussgebiete natürlich zu einem verstärkten deutschen Bedürfnis führen die Lage der Dinge in Europa zu den eigenen Gunsten zu verändern und zwar ohne dabei Sicherheitsbedenken wegen überseeischer Gebieten haben zu müssen, die gegen Großbritannien und Frankreich nicht zu verteidigen gewesen wären.
Insofern war der Versailler Vertrag im Ergebnis für die Westmächte alles andere als ideal, die Frage ist nur, was wäre eine realistische Alternative gewesen?