Der Europäer: Ein Jäger, kein Bauer

hyokkose schrieb:
Ich bin jedenfalls darauf ausgegangen, daß sich die 0,2% auch auf Mitteleuropa beziehen, wie verschiedentlich zu lesen ist...

Alright. Nehmen wir 499 Millionen Europäer ohne N1a, und 1 Millionen mit N1a.

6/24 versus 1/500
= 125/500 versus 1/500
= 25% versus 0,2%

Oder in Worten: bei den Bandkeramikern war scheinbar jeder vierte Mensch ein N1a-Träger, während heute nur jeder 500. das Gen in sich trägt.
 
Die Crux mit der Mathematik

Pope schrieb:
Nun, 6 von 24 ist ja schon eine Aussage. 1/4 der untersuchten Proben. Das ist noch lange keine statistische Größe, aber es wäre auch verdammt unwahrscheinlich, wenn die Forscher von X00.000 Europäern im Neolithikum rein zufällig die einzigen 6 N1a-Träger des Kontinents aufgespürt hätten.

6 von 24 um 7.000 v.Chr.
0 von 500.000.000 heute.

Sorry, aber auch mir will sich die Relevanz dieser Aussage nicht erschliessen. 6 von 24 Leuten, und dann wird auf - ich weiss nicht wieviel damals lebten, sagen wir mal 500 000 ? - Mitteleuropäer hochgerechnet, das sind tatsächlich nämlich nur 0,00012 Prozent (6/500 000) und nicht 25 % (6 /24).

Und dann soll heute "0" herauskommen, was mathematisch auch völliger "Quark" ist, ausser man hätte die Gene von 500 000 000 Menschen analysiert. Das hat man aber nicht ! Und bei stichprobenartigen Untersuchungen bleibt eine riesige Unsicherheit. Es könnten also zig-tausend N1a-Träger bei den heutigen Europäern unentdeckt vorhanden sein, aber sie werden niemals gefunden, da sie durch das Sieb der unsicheren Untersuchung fallen.

Bei einer so geringen statistischen Sicherheit kann man eigentlich überhaupt keine Aussage machen, ausser dass dieses Gen damals vorhanden war.
 
Zuletzt bearbeitet:
kleinerKurfürst schrieb:
... Bei einer so geringen statistischen Sicherheit kann man eigentlich überhaupt keine Aussage machen, ausser dass dieses Gen damals vorhanden war.

man unterstützt mit den ergebnissen auch nur eine ältere aussage/theorie. die genauen %-zahlen sind auch nicht verlangt, sondern mehr das verhältnis zwischen zweistelligem und nicht einmal einprozentigem vorhandensein der N1a linie.
 
kleinerKurfürst schrieb:
Sorry, aber auch mir will sich die Relevanz dieser Aussage nicht erschliessen. 6 von 24 Leuten, und dann wird auf - ich weiss nicht wieviel damals lebten, sagen wir mal 500 000 ? - Mitteleuropäer hochgerechnet, das sind tatsächlich nämlich nur 0,00012 Prozent (6/500 000) und nicht 25 % (6 /24).

Warte mal! So geht das nicht!

Beispiel: Du nimmst dir 24 Leute von der Straße (Köln, Koblenz, Hannover, egal) und fragst sie, ob sie einen Ferrari besitzen. Was erwartest Du als Antwort? 24 mal Nein? Wenn Du Glück hast, hat vielleicht einer einen Ferarri. Und würdest Du nicht nachdenklich werden, wenn 6 von diesen 24 Leuten einen Ferarri vorweisen könnten?

Da ist doch entweder deine Methodik falsch, oder da ist etwas im Busch ...

Natürlich kannst Du nochmal 24 Leute fragen. Vielleicht sind es dann nur noch 4 oder 3, die einen Ferarri haben. Aber mich würde es trotzdem nachdenklich machen!


kleinerKurfürst schrieb:
Und dann soll heute "0" herauskommen, was mathematisch auch völliger "Quark" ist, ausser man hätte die Gene von 500 000 000 Menschen analysiert. Das hat man aber nicht ! Und bei stichprobenartigen Untersuchungen bleibt eine riesige Unsicherheit. Es könnten also zig-tausend N1a-Träger bei den heutigen Europäern unentdeckt vorhanden sein, aber sie werden niemals gefunden, da sie durch das Sieb der unsicheren Untersuchung fallen.

Bei einer so geringen statistischen Sicherheit kann man eigentlich überhaupt keine Aussage machen, ausser dass dieses Gen damals vorhanden war.

Da hast Du sicher recht, dass es keine absoluten Wahrheiten in der Statistik gibt, insbes. bei geringer Stichprobenzahl. Aber es geht hier ja nicht um ein juristisch wasserdichtes gerichtsmedizinische Gutachten in einem Mordprozess ...
 
kleinerKurfürst schrieb:
Und dann soll heute "0" herauskommen, was mathematisch auch völliger "Quark" ist, ausser man hätte die Gene von 500 000 000 Menschen analysiert.

Die Null war gerundet. Wir haben uns mittlerweile auf 0,2% geeinigt ...
 
@ Pope: wie gesagt, signifikant finde ich das hohe Auftreten des Gens auch. Aber es bleibt dennoch

- in der Unterzahl in der untersuchten, als "bandkeramisch" deklarierten Population - das muss man bei der Frage des "Aussterbens" berücksichtigen.

- und, da sind wir uns ja einig, es fehlen die vergleichenden Studien mit nicht-bandkeramischen Populationen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gutes Beispiel

Pope schrieb:
Beispiel: Du nimmst dir 24 Leute von der Straße (Köln, Koblenz, Hannover, egal) und fragst sie, ob sie einen Ferrari besitzen. Was erwartest Du als Antwort? 24 mal Nein?

Genau. Das würde ich erwarten. Aber nur, weil ich weiss, dass nur ganz wenig Leute einen Ferrari besitzen. Aber wenn ich angenommenerweise garnichts wüsste, müsste ich dann schliessen, wenn ich 24 mal "nein" höre, dass niemand von 80 Millionen Deutschen einen Ferrari besitzt?

Pope schrieb:
... würdest Du nicht nachdenklich werden, wenn 6 von diesen 24 Leuten einen Ferarri vorweisen könnten?
Ich würde denken, ich habe zufällig den Ferrari-Fanclub erwischt;). Aber wenn ich nun nichts wüsste, müsste ich dann schliessen, dass 20 Millionen Deutsche einen Ferrari besitzen?
Das macht das Problem ganz deutlich. Aus einer ex-post-facto Betrachtung kann man leicht irgendwas sagen, weil man ja das Ergebnis kennt. Weiss man aber nichts, so wie wir von der Zahl der Gene bei Bandkeramikern und steinzeitlichen Mitteleuropäern, dann kann man zu fatalen Fehlschlüssen kommen!
 
Zuletzt bearbeitet:
kleinerKurfürst schrieb:
Genau. Das würde ich erwarten. Aber nur, weil ich weiss, dass nur ganz wenig Leute einen Ferrari besitzen.

Und wenn Dir jemand zwei Befragungen vorlegt? Einmal 6/24 und einmal 0/24. Eine sei aus Köln und eine aus Monaco. Welche würdest Du wohin zuordnen?

:rolleyes:

Natürlich nur auf Verdacht.

Aber darum geht es: der Verdacht ist doch stark, dass die Bandkeramiker ein mitochondriales Gen in sich trugen, welches heute in Europa so gut wie nicht existent ist.

kleinerKurfürst schrieb:
Das macht das Problem ganz deutlich. Aus einer ex-post-facto Betrachtung kann man leicht irgendwas sagen, weil man ja das Ergebnis kennt. Weiss man aber nichts, so wie wir von der Zahl der Gene bei Bandkeramikern und steinzeitlichen Mitteleuropäern, dann kann man zu fatalen Fehlschlüssen kommen!

Brauchst mich nicht zum Skeptiker zu bekehren, ich bin ja selber skeptisch, bis die akademische Welt diese Entdeckung ausgewertet und angenommen hat. Ich nehme nur mal vorsichtig an, dass dem so ist.

Daher: Wenn dem so wäre, was hieße es?
 
N1a ist in den skythischen kurhanen in Altaj gefunden. Nur einige Skelette wurden untersucht. Zu wenig um eine Theorie zu bilden. Aber man wurde gerne sagen: sind die Ackerbauer nach Asien ausgewandert und sich auf Nomadenleben umgestellt?
 
Proto-Indoeuropäisch

Hallo,
ich bin neu hier und auf dieses interessante Forum gestoßen, als ich über (Proto-)Indoeuropäisch recherchierte.
Zunächst kurz zum Hintergrund - ich bin geschichtlich interessiert, aber kein Historiker. Gegenwärtig übersetze ich ein Jugendbuch vom Englischen ins Deutsche; Zeit und Ort sind sehr vage: "prehistoric Western Asia", ausschließlich Stein und Knochen als Werkzeuge. Nun mein Problem: die Autorin verwendet mitunter Begriffe aus dem, was sie als "Proto-Indoeuropäisch" bezeichnet, wie "ahne" (Hand, Bedeutung von Sippe), "b'ahut" (was eine Art Dorf oder Wintersiedlung mehrerer ahnes bezeichnet) etc. Alle Personennamen sind von Tieren oder Pflanzen abgeleitet, aber auf Englisch, daher kann ich sie nicht ins Deutsche übernehmen, das klänge lächerlich. Deshalb will ich nach entsprechenden oder ähnlichen indoeuropäischen Begriffen suchen.
Kurz und gut, mein konkretes Problem: Wo finde ich ein online zugängliches Indoeuropäisches Wörterbuch oder wenigstens eine Wörterliste? Meine Recherchen haben da zu keinem Ergebnis geführt, aber vielleicht habe ich auch nur mit den falschen Stichwörtern gegoogelt?
Viele Grüße
Carolus13:confused:
 
Man vergesse bitte nicht die Zeitskala : Der Ackerbau drang mit der zurückgehenden Eiszeit in Europa vor, also ein paar hundert Meter pro Jahr. In den Randbereichen war es jeweils prinzipiell möglich zu jagen, Ziegen grasen zu lassen oder, mit geringen Erträgen und großem Risiko, eine Saat auszubringen.

Wer wird wohl eher auf einer neu entstandenen Agrar-Nutzfläche ein Feld anlegen - der Jäger, Sammler und Ziegenhirte, der da schon wohnt oder sein Nachbar, der bereits Äcker hat ?

Offenbar der erstere.
 
Wer wird wohl eher auf einer neu entstandenen Agrar-Nutzfläche ein Feld anlegen - der Jäger, Sammler und Ziegenhirte, der da schon wohnt oder sein Nachbar, der bereits Äcker hat ?

Offenbar der erstere.

Diese Logik leuchtet mir nicht ganz ein. Der Ackerbau setzte in Europa im 7. Jahrtausend v. Chr. mit der Sesklo-Kultur in Thessalien ein und breitete sich von dort mit der Starcevo-, Vinca- und bandkeramischen Kultur über den Balkanraum ins restliche Europa aus. In Mitteleuropa setzte der Ackerbau etwa um 5000 v. Chr. ein.

Parallel zum Vordringen der ackerbauenden Kulturen hielten sich in den außerhalb liegenden Naturräumen noch lange mesolithische Jäger- und Sammlerkulturen. Man muss davon ausgehen, dass sie erst nach Verstreichen langer Zeiträume den Ackerbau übernahmen.

Allerdings ist bis heute unklar, in welchem Ausmaß die Bauernkulturen von Bevölkerungsgruppen getragen wurden, die aus Kleinasien expandierten, und einer einheimischen Bevölkerung, die zum Ackerbau überging. Während die (Proto)sesklo-Kultur in Griechenland beim Fundinventar noch starke Anklänge zur anatolischen Herkunft aufweist, verliert sich das im Lauf der etwa 3000-4000 Jahre, bis Zentral- und Nordeuropa erreicht waren.

Man geht heute davon aus, dass die aus Anatolien stammenden frühen Ackerbauern schon bald von einer autochthonen europäischen Bevölkerung durchsetzt waren, die von einem Jäger- und Sammlerdasein zum Ackerbau übergegangen war. Wie stark man sich das zahlenmäßige Verhältnis beider Bevölkerungsgruppen zueinander vorstellen muss, ist allerdings strittig.
 
Man vergesse bitte nicht die Zeitskala : Der Ackerbau drang mit der zurückgehenden Eiszeit in Europa vor


Die Zeitskala sieht so aus, daß erst 4000 Jahre, nachdem der Eisrand aus Mittelschweden zurückgewichen war, sich der Ackerbau vom Mittelmeer her durchzusetzen begann.



Nachdem die Weichsel-Eiszeit etwa 16000 v. Chr. ihren Tiefpunkt durchschritten hatte, begann eine phasenweise Wiedererwärmung des Erdklimas. Im Vergleich zu früheren Warmzeiten (? Eem-Warmzeit) dauerte dieser Übergang allerdings ungewöhnlich lang, und nach der Allerödzeit, in der die Temperatur schon fast ihr Warmzeitniveau erreicht hatte, fiel sie von 10700 bis 9500 v. Chr. noch einmal in einen Kaltzustand zurück; in der sogenannten Jüngeren Tundrenzeit. Auf die Tundrenzeit folgte das Präboreal und damit der erste Abschnitt des Holozäns [2].

Das Holozän beginnt übereinkunftsgemäß mit dem Zurückweichen des Eisrandes aus Mittelschweden (9610 v.Chr. nach heutiger Geochronologie) und der Öffnung der sogenannten Billinger Pforte, durch die das Wasser der zum Eissee angestauten Ostsee ins Weltmeer abfließen konnte. Dadurch sank der Wasserspiegel des Baltischen Eisstausees um 26m auf Meeresspiegelniveau und über die Billinger Pforte drang mit dem Meerwasser arktische Fauna mit Yoldia (Portlandia arctica) in das Ostsee-Becken ein (Yoldia-Meer).

Holozän - Wikipedia


In Pollendiagrammen von mitteleuropäischen Seen und Mooren finden sich Anzeichen für einen beginnenden Ackerbau, beispielsweise am Zürichsee bereits ab ca. 6.900 v. Chr.; sie lassen sich freilich nicht mit einer bestimmten archäologischen Kultur verbinden und sind in ihrer Interpretation auch umstritten. Eine eindeutiger belegbare flächendeckende Neolithisierung setzt aber vor der Mitte des 6. Jahrtausends ein, die von archäologischen Gruppen getragen wird, die sich kulturell aus dem Mittelmeerraum herleiten. Wenig später kommen Menschen aus dem danubischen Raum deren Vorläufer aus Südosteuropa stammen. An die Stelle der mesolithischen Jäger, Sammler und Fischer treten sesshafte Bauern mit ihren Nutztieren Rind, Schwein, Schaf und Ziege, die primär Emmer und Einkorn anbauen, gebrannte Tongefäße benutzen und geschliffene Steinwerkzeuge verwenden.

Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas - Wikipedia
 
(...) Eine eindeutiger belegbare flächendeckende Neolithisierung setzt aber vor der Mitte des 6. Jahrtausends ein, die von archäologischen Gruppen getragen wird, die sich kulturell aus dem Mittelmeerraum herleiten. Wenig später kommen Menschen aus dem danubischen Raum deren Vorläufer aus Südosteuropa stammen. An die Stelle der mesolithischen Jäger, Sammler und Fischer treten sesshafte Bauern (...)
Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas - Wikipedia
Das liest sich für mich so, als seien da neue Siedler gekommen. Demgegenüber hab ich im Stern (?) vor nem Jahr oder so gelesen, daß wohl der Ackerbau vorgedrungen sei, dieser aber von den vormaligen Jägern übernommen wurde, eine tatsächliche Neubesiedlung hätte es von südost nach nordwest nur stark abnehmend gegeben. War das nicht auch schonmal Thema hier im Board? :grübel:
 
Die Zeitskala sieht so aus, daß erst 4000 Jahre, nachdem der Eisrand aus Mittelschweden zurückgewichen war, sich der Ackerbau vom Mittelmeer her durchzusetzen begann.

Stimmt. Auf Eis wächst kein Getreide.

Allerdings liegt die tatsächliche Grenze, wo der Ackerbau sich lohnt, irgendwo in der Steppe, im heutigen Russland ungefähr auf der Breite von Moskau
 
Stimmt. Auf Eis wächst kein Getreide.

Allerdings liegt die tatsächliche Grenze, wo der Ackerbau sich lohnt, irgendwo in der Steppe, im heutigen Russland ungefähr auf der Breite von Moskau


Die Ackerbaugrenze in der Steppe hängt aber ebenfalls nicht mit der Nähe zum Eis zusammen. Die Sahara ist noch weiter weg vom Eis, trotzdem lohnt sich dort der Ackerbau kaum.
 
Die Grenze hat sich in den letzten Jahrzehnten ohnehin weiter nach Norden verschoben, da dank Zuchterfolgen manche Getreidesorten schneller reifen und deshalb auch mit kürzeren Vegetationsperioden zurechtkommen (ähnlches dürfte auch beim Wasserverbrauch der Fall sein)
 
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