Der Europäer: Ein Jäger, kein Bauer

heinz schrieb:
Das meinte ich, lieber Pope.
Der Spiegel schreibt zum Schluß: "Das erlaubt nur einen Schluss: In den folgenden Wirren von Bronze- und Eisenzeit gingen die Nachfahren der Brandkeramiker unter.

Schreibt nicht der Spiegel selber, daß das Gen (das beileibe nicht alle Bandkeramiker trugen!) heute noch zu 0,2% in der heutigen Bevölkerung vorkommt?
 
heinz schrieb:
"Das erlaubt nur einen Schluss: In den folgenden Wirren von Bronze- und Eisenzeit gingen die Nachfahren der Brandkeramiker unter. Die heutigen Europäer aber bleiben gleichsam als Waisen der Geschichte zurück. Ihre Herkunft bleibt im Ungewissen".

Der Spiegel :S Auf der Schwelle zum Käseblatt...

Die "folgenden Wirren" liegen immerhin 3.000 Jahre zeitlich nach der Bandkeramik. Alles Spekulatius, und sicherlich nicht "Das erlaubt nur einen Schluss ... "

besser: "Angepasst an die beschränkte Vorstellungskraft unserer Leser und zum Zwecke eines Spannungsaufbaus in Hinblick auf die nächsten Ausgabe, nimmt sich der Spiegel heraus, die Bandkeramiker in einer dramatisierten Völkermordaktion durch die Seevölker untergehen zu lassen!"

P.S. Pariser Becken? Ja, das soll sehr fruchtbar sein ... :p
 
Pope schrieb:
Sodelle. Isch Genetik nix wissen. Aber so mir vorstellen:

1. Ein Gen (hier: N1a) hat sich in einer (isolierten?) Population herausgebildet und unter den Mitgliedern dieser Population (nennen wir sie: "Volk") verbreitet.

Das "isoliert" können wir gleich mal streichen. Halbwegs isolierte menschliche Populationen gab es höchstens auf abgelegenen Inseln, wirklich isolierte Populationen nirgends.

Es ist so: Eine Mutation tritt bei einer einzelnen Dame auf, und da sie zufällig ein paar fruchtbare Töchter hat, verbreitet sich die Mutation im Lauf der Generationen in der immer größer werdenden Nachkommenschaft. Aber eben nur in der weiblichen Linie.

Das heißt, auch wenn diese Dame die gemeinsame Urmutter von Pope und Hyokkose ist, aber nicht in ausschließlich weiblicher Linie, dann tragen wir beide das Gen nicht.

Dazu genügt es, daß an irgendeiner Stelle der Genealogie in den letzten 7000 Jahren in der ununterbrochenen Reihe von Töchtern, Töchtern von Töchtern, Töchtern von Töchtern von Töchtern einmal ein einziger Sohn dazwischen gekommen ist, der eine Schwiegertochter von "außerhalb" (ohne N1a-Gen) in die Erbfolge eingebracht hat.



Pope schrieb:
3. Nachkommen dieses Volkes sind heute nur noch in Kasachstan, Iran und Indien anzutreffen - sonst (scheinbar) nirgends auf der Welt.

Nein, nein und nochmals nein: Nachkommen dieser Dame sind auf der ganzen Welt anzutreffen, aber die Verbreitung der Nachkommen in ausschließlich mütterlicher Linie weist geographische Beschränkungen auf.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
hyokkose schrieb:
Nein, nein und nochmals nein: Nachkommen dieser Dame sind auf der ganzen Welt anzutreffen, aber die Verbreitung der Nachkommen in ausschließlich mütterlicher Linie weist geographische Beschränkungen auf.

Ok, aber jeder N1a-Träger stammt definitiv von dieser Na1-Mutantin ab (und zwar immer nur mütterlicherseits)?

Oder müssen wir leider sagen, dass diese Mutation im Laufe der Menschheit vielleicht auch bei mehreren Frauen aufgetreten sein kann?

Was können wir überhaupt über N1a sagen?
 
Pope schrieb:
Ok, aber jeder N1a-Träger stammt definitiv von dieser Na1-Mutantin ab (und zwar immer nur mütterlicherseits)?

Davon ist auszugehen.


Pope schrieb:
Oder müssen wir leider sagen, dass diese Mutation im Laufe der Menschheit vielleicht auch bei mehreren Frauen aufgetreten sein kann?

Das wäre extrem unwahrscheinlich.



Um auch mal ein wenig zu spekulieren: Angenommen, das N1a-Gen hätte etwas mit dem ur-indoeuropäischen Volk zu tun, und angenommen, die Ausbreitung des N1a-Gens habe ursächlich mit der Ausbreitung des ur-indoeuropäischen Volks zu tun, dann könnte man doch die Schlußfolgerung ziehen, daß das ur-indoeuropäische Volk streng matrilinear organisiert war.

Diese Vorstellung gefällt mir recht gut: Die Ur-Indoeuropäer bildeten eine bäuerlich-mutterrechtliche Gesellschaft, die im Iran und darum herum ihren Kannabis anbauten...
 
hyokkose schrieb:
Um auch mal ein wenig zu spekulieren: Angenommen, das N1a-Gen hätte etwas mit dem ur-indoeuropäischen Volk zu tun, und angenommen, die Ausbreitung des N1a-Gens habe ursächlich mit der Ausbreitung des ur-indoeuropäischen Volks zu tun, dann könnte man doch die Schlußfolgerung ziehen, daß das ur-indoeuropäische Volk streng matrilinear organisiert war.

Diese Vorstellung gefällt mir recht gut: Die Ur-Indoeuropäer bildeten eine bäuerlich-mutterrechtliche Gesellschaft, die im Iran und darum herum ihren Kannabis anbauten...

Nicht so schnell, guter Mann ! Sonst komme ich nicht mit ...

Die gesellschaftliche Stellung der Frau hat was mit der Verbreitung/Weitergabe der mtDNA zu tun? Meinst Du, dass die Eltern solange Kinder bekamen, bis eine Tochter "raussprang", die dann teuer verheiratet wurde?

Findest Du das Vorkommen der N1a heute zu hoch oder zu niedrig?
 
Pope schrieb:
Die gesellschaftliche Stellung der Frau hat was mit der Verbreitung/Weitergabe der mtDNA zu tun?

Ach, das ist doch nur Spekulatius, lieber Pope.


Pope schrieb:
Findest Du das Vorkommen der N1a heute zu hoch oder zu niedrig?

Ich muß gestehen, daß ich den Sinn der Frage nicht ganz begreife.
 
hyokkose schrieb:
Ich muß gestehen, daß ich den Sinn der Frage nicht ganz begreife.

Naja, mtDNA geht ja jedesmal verloren, wenn die weibliche Linie unterbrochen wird. Das heisst doch (Popes1mal1), dass es eine statistische "Halbwertszeit" von mtDNA gibt. Ich meine, dass es in dem Artikel auch erwähnt wurde, dass das Verschwinden des N1a aus Westeuropa eben nicht allein auf statistisch-reproduktive Reduktion zurückzuführen ist.

Da stellt sich die Frage, ob Du bei Deiner "Matriarchialthese" davon ausgehst, dass es erstaunlich ist, dass es überhaupt noch N1a-Träger gibt.:fs:
 
LOL ich habe mir gerade eine Formel ausgedacht zur statistischen Berechnung der mtDNA-Weitergabe

100% = das erste N1a-Pärchen
Jahre = Zeit vom Auftauchen des N1a bis heute
[Jahre/20] = Anzahl Generationen

Restprozent = 100% / (2^[Jahre/20])

Rate mal, was rauskommt, wenn man 10.000 Jahre eingibt?

Richtig: 0,2% ... woher kenne ich die Zahl?? ;)
 
Pope schrieb:
Naja, mtDNA geht ja jedesmal verloren, wenn die weibliche Linie unterbrochen wird. Das heisst doch (Popes1mal1), dass es eine statistische "Halbwertszeit" von mtDNA gibt.

Was Du unter "Halbwertszeit" verstehst, begreife ich auch nicht ganz. Jedes Gen hat, fehlenden Selektionsdruck vorausgesetzt, genau die gleichen Chancen (50:50), weitervererbt zu werden. Ein Gesetz, wonach eine Mutation in einer idealen Population (also ohne Selektionsdruck etc.) von Generation zu Generation abnimmt, gibt es nicht.

Es gibt allerdings eine statistische Streubreite (frag mich bitte nicht nach der Kurve, die nach einem Zeitraum von 7000 Jahren entsteht), und wenn in der Population vor 7000 Jahren sich unter 24 Individuen bei 6 ein Gen findet, das in der heutigen Population statistisch nur einmal bei 500 Individuen auftritt, ist das wohl mit reinem Zufall nicht mehr zu erklären.

Es muß also irgend ein anderer gewichtiger nicht-zufallsbedingter Faktor (wenn nicht Selektion, dann starke Vermischung) mitbeteiligt sein.
 
Pope schrieb:
LOL ich habe mir gerade eine Formel ausgedacht zur statistischen Berechnung der mtDNA-Weitergabe

100% = das erste N1a-Pärchen

100% von was? Bildete das erste N1a-Pärchen 100% der europäischen Bevölkerung?
 
hyokkose schrieb:
100% von was? Bildete das erste N1a-Pärchen 100% der europäischen Bevölkerung?

Nein, ich eigentlich meine ich die Kinder der ersten N1a-Frau. Sie haben alle das Gen, aber nur die Töcher können es weitergeben (oder?).

Nehmen wir an, es kommen immer 2 Kinder - ein Junge und ein Mädchen - zur Welt, welche wiederum 2 Kinder (ein Junge, ein Mädchen) haben.

0. -> Urmutter
1. -> 1 Tochter, 1 Sohn (100% N1a)
2. -> 1 Tochter, 1 Tochter, 1 Sohn, 1 Sohn (50%)
3. -> 3 Töchter, 1 Tochter, 3 Söhne, 1 Sohn (25%)
4. -> usw.

(Rot sind die N1a-Träger)
 
Pope schrieb:
Isch Genetik nix wissen.... Ein Gen (hier: N1a) ...
:rolleyes:

Isch auch nicht, fast nix. Aber, ganz naiv gefragt, warum ist ein einziges Gen so entscheidend? Ist es nicht so, z.B. das die Augenfarbe auch von einem einzigen Gen bestimmt wird, und bedeutet das etwa, dass alle Menschen mit blauen Augen miteinander verwandt sind oder von einem Volk abstammen oder in der gleichen Urheimat gewohnt haben oder sogar die gleiche Sprache (indogermanisch...) gesprochen haben?

Also, das scheint mir doch etwas zu weit geschlossen zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Pope schrieb:
0. -> Urmutter
1. -> 1 Tochter, 1 Sohn (100% N1a)
2. -> 1 Tochter, 1 Tochter, 1 Sohn, 1 Sohn (50%)
3. -> 3 Töchter, 1 Tochter, 3 Söhne, 1 Sohn (25%)
4. -> usw.

(Rot sind die N1a-Träger)

Das ist gemogelt. Der entscheidende Fehler ist: In den folgenden Generationen schmuggelst Du dann fremde Erbträgerinnen ein, ohne sie in Deiner Statistik auszuweisen - woher sollen denn sonst die Enkelinnen ohne N1a-Gen kommen?
Wenn Du von einem geschlossenen System ausgehst (einer idealen Population) und sich die männlichen Nachkommen der Urmutter ausschließlich mit den weiblichen Nachkommen der Urmutter paaren, werden auch in der tausendsten Generation ausschließlich 100% rote Trägerinnen und Träger vorhanden sein.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
kleinerKurfürst schrieb:
Ist es nicht so, z.B. das die Augenfarbe auch von einem einzigen Gen bestimmt wird, und bedeutet das etwa, dass alle Menschen mit blauen Augen miteinander verwandt sind

Verwandt sind alle Menschen miteinander, ob blauäugig oder nicht.



kleinerKurfürst schrieb:
oder von einem Volk abstammen oder in der gleichen Urheimat gewohnt haben oder sogar die gleiche Sprache (indogermanisch...) gesprochen haben?

Mit Volk oder gar Sprache hat das nichts zu tun, da liegst Du völlig richtig.
 
Pope schrieb:
Nein, ich eigentlich meine ich die Kinder der ersten N1a-Frau. ..

Von wievielen in der ersten Generation bist Du ausgegangen? 100% der Gesamtbevölkerung oder einem Pärchen?

Aber sehr interessant die Rechnung. Mit anderen Worten, ein Gen, was keinen Selektionsvorteil besitzt, verschwindet von selbst. Und die meisten - ich habe mal gehört > 99% aller Gene - haben überhaupt keine sichtbare Funktion.

Demgemäss ist die Aussage, dass wir nicht von den Bandkeramikern abstammen sollen, so garnicht haltbar.
 
hyokkose schrieb:
Das ist gemogelt. Der entscheidende Fehler ist: In den folgenden Generationen schmuggelst Du dann fremde Erbträgerinnen ein, ohne sie in Deiner Statistik auszuweisen - woher sollen denn sonst die Enkelinnen ohne N1a-Gen kommen?

Die Paaren sich natürlich mit Aussenstehenden!

Ich meinte nur, dass von sämtlichen Nachkommen der N1a-Urmama statistisch nach jeder Generation die Hälfte des N1a verloren geht:

D.h. bei konstantem Bevölkerungsniveau (pro Pärchen 1 Sohn und 1 Tochter) in ihrem Wohnumfeld bleibt immer nur ein Haushalt Na1-Täger. D.h. nach einigen Generationen stammen alle Dorfbewohner von der Urmama ab, aber nur ein Haushalt trägt das N1a weiter.
 
kleinerKurfürst schrieb:
Aber sehr interessant die Rechnung.

Vor allem ist sie falsch, die Rechnung.



kleinerKurfürst schrieb:
Mit anderen Worten, ein Gen, was keinen Selektionsvorteil besitzt, verschwindet von selbst.

So wäre es, wenn die Rechnung stimmen würde.



kleinerKurfürst schrieb:
Und die meisten - ich habe mal gehört > 99% aller Gene - haben überhaupt keine sichtbare Funktion.

Dann müßten sie ja verschwunden sein, da sie keinen Selektionsvorteil besitzen.
Und daraus folgt mit messerscharfer Logik: Gene verschwinden nicht "einfach so".


kleinerKurfürst schrieb:
Demgemäss ist die Aussage, dass wir nicht von den Bandkeramikern abstammen sollen, so garnicht haltbar.

Das ist sie sowieso nicht.


Pope schrieb:
Die Paaren sich natürlich mit Aussenstehenden!

Eben! Und die "Außenstehenden" mußt Du von Anfang in die Population mit einbeziehen, daher ist die Gleichung "Urmutter = 100%" (100% von was? Von sich selbst!) Mogelei.


Pope schrieb:
D.h. nach einigen Generationen stammen alle Dorfbewohner von der Urmama ab, aber nur ein Haushalt trägt das N1a weiter.

Wenn Du die Dorfbewohner als Bezugsgröße nimmst, mußt Du die Urmutter als x Prozent der Dorfbevölkerung beziffern. Und Du wirst merken: Die Verteilung ist nach beliebig vielen Generationen immer noch dieselbe, solang kein wirklich "Außenstehender" in die Population eindringt.

Wenn die ursprüngliche Dorfbevölkerung aus der Urmutter besteht und sonst niemandem, wird die Verteilung nach beliebig vielen Generationen immer noch 100% sein.
 
Pope schrieb:
D.h. nach einigen Generationen stammen alle Dorfbewohner von der Urmama ab, aber nur ein Haushalt trägt das N1a weiter.

Sehr richtig. In diesem Sinne stammen natürlich alle Europäer von den Bandkeramikern ab, ob sie das Gen nun tragen oder nicht.
 
Pope schrieb:
Der Spiegel :S Auf der Schwelle zum Käseblatt...
Die "folgenden Wirren" liegen immerhin 3.000 Jahre zeitlich nach der Bandkeramik. Alles Spekulatius, und sicherlich nicht "Das erlaubt nur einen Schluss ... "
besser: "Angepasst an die beschränkte Vorstellungskraft unserer Leser und zum Zwecke eines Spannungsaufbaus in Hinblick auf die nächsten Ausgabe, nimmt sich der Spiegel heraus, die Bandkeramiker in einer dramatisierten Völkermordaktion durch die Seevölker untergehen zu lassen!"
P.S. Pariser Becken? Ja, das soll sehr fruchtbar sein ... :p

Ja lieber Pope,
auch meine Vorstellungskraft ist nur beschränkt. Deshalb lese ich ja auch den Spiegel. :rolleyes:
Wo bringst Du auf einmal die Seevölker her?:confused: Die werden in diesem Beitrag nicht erwähnt, oder soll dies ein Scherz sein?:confused: Dann muß Du den schon einem durch den Spiegel verbildeten Menschen erklären.:rofl:
 
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