Es gibt aber auch andere Meinungen.
Mich interessieren nur die Fakten. Fakt ist: Tacitus spricht von zwei Lagern. Ob Germanicus die tatsächlich gesehen hat, wie Tacitus behauptet, sei dahingestellt, aber Tacitus spricht von diesen. Das kann man Tacitus glauben oder auch nicht, da kommt man als Historiker nicht hinter.
Wer eine andere "Meinung" hat, blendet einfach die
hard facts aus. Das ist nicht Meinung sondern Ignoranz.
Auch Opfergruben können die genannten Beobachtungen erklären. Zur Varusschlacht passt beides.
Ich halte die Übertragung des Begriffs
scrobes, auf die in Kalkriese gefundenen Bestattungen für falsch. Es handelt sich um flüchtige Bestattungen in natürlichen Erdlöchern. Was auch immer Tacitus mit den
scrobes letztendlich meinte, in Kalkriese ist davon (noch) keines gefunden worden. Und wie gesagt, die Knochen müssen längere Zeit auf ebener Erde gelegen haben: sie sind unsortiert, unzusammenhängend (bis eben auf die Hände, welche die Ausnahme des Gesamtbefundes der Knochengruben darstellen). Daher passt diese Tacitus-Stelle auch nicht auf die bisherigen Funde von Kalkriese.
Und dass irgendwelche dogmatischen - du hast zwar
theologisch geschrieben aber ich setzte hier einen freudschen Verschreiber voraus - Überlegungen Scheuklappen schaffen würden, stimmt einfach nicht. Die Diskussion in Kalkriese ist im Fluss. Schlüter hat vor einigen Jahren die Vermutung geäußert, dass der Kalkrieser Wall der Rest eines Römerlagers sei (freilich eines derer, die in der Varusschlacht erwähnt werden), Wilbers-Rost/Rost sind der Meinung, dass es sich um einen germanischen Wall handelt, der zum Zwecke des Hinterhalts errichtet wurde (eine These, der ich persönlich solange anhängen werde, bis Grabungsergebnisse ein anderes Bild ergeben). Ortisi hat der Hypothese von Schlüter dieses Jahr offenbar nachgespürt, mit für uns noch offenem Ergebnis - in knapp einer Woche werden wir mehr erfahren, wenn die Grabungsergebnisse veröffentlicht werden. Burmeister und Derks spüren mit archäometrischen Methoden der Frage nach, ob es sich anhand des metallurgischen Niederschlags nicht doch um ein Ereignis handelt, welches mit Germanicus in Verbindung steht. Dogamtismus sieht anders aus.