Lieber Traian,
dass man die fragliche Tacitusstelle I 61,2 sowohl als räumlich wie auch zeitlich getrennt interpretieren kann, das steht ja überhaupt nicht (mehr) zur Debatte. Ich gestehe gerne ein, dass es sogar sinnvoll ist sich diese Betrachtungsweise anzueignen. Völlig inakzeptabel ist allerdings deine mehr als dürftige Behauptung, dass es dem "zusammengeschmolzenen Rest" völlig egal gewesen sein soll an was für einem Wall sie sich lagern sollten.
So sinnvoll und auch produktiv der erste Schritt der Interpretation ist, so unproduktiv ist der Versuch auf Biegen und Brechen den Kalkrieser Rasensodenwall mit diesem Taciteischen Wall gleichzusetzen UND dann noch zu behaupten, dass der Wall germanischen Ursprungs sei, da es eben bei Tacitus so stehe!
Wenn wir von einer gängigen These ausgehen (durch Vegetius belegt), dass römische Legionäre durch ihre Ausbildung darauf gedrillt waren sich im feindlichen Gebiet beim Lagern zu verschanzen, warum sollten die Soldaten diesen überlebenswichtigen Mechanismus gerade dann einstellen, wenn er am Notwendigsten ist? Die Argumentantion, sich einen feindlichen Wall als Schutz zu nehmen ist hier in keinster Weise akzeptabel, da es gegen jegliche Vernunft spricht sich von der falschen!!! Seite eines Walls Schutz zu versprechen geschweige denn diesen Schutz dort zu suchen! Mit Verlaub, für so blöd sollte man römische Legionäre wirklich nicht halten. Hier kann auch kein Szenario aus Verzweiflung und nacktem Überlebensdrang greifen, da dies noch stärker die Unsinnigkeit eines solchen an Selbstmord reichenden Lagerplatzes kontrastiert.
Ich sehe jedenfalls keinen Beleg bei Tacitus, der mich argumentativ überzeugen könnte, einen germanischen Rasensodenwall als taciteische Überlieferung anzusehen. Da ist mitnichten ein germanischer Verteidigungswall überliefert!
Im Gegenteil, man könnte hier Puzzleteilchen zusammenfügen, wenn man den Kalkrieser Wall als römisches Werk identifiziert und versucht mit eben dieser Tacitusstelle zu belegen. Ob das Sinn macht, dass will ich hier gar nicht zur Debatte stellen. Es soll nur deutlich machen, dass deine quellenbezogene Argumentation eine eindeutige Schwachstelle hat, die du nicht wegdiskutieren kannst oder mit einer lapidaren Aussage, wie oben getätigt, beseite wischen wirst.