Der Zypernkonflikt

Ich habe auch schon einiges darüber gelesen, und muss sagen dass mich die Situation stark an Mostar erinnert.
Politisch zwar durchaus unterschiedlich, das Ganze, aber es gibt Ähnlichkeiten.
Mostar ist leider die Stadt der 20000 Kriegstoten, ich glaube schon dass es mit den Zyprioten langsam bergauf geht, es wurde ja erwähnt dass das BIP höher wäre als in Griechenland selber.

Hallo,
nicht absolut höher, aber pro Kopf ist das BIP höher. Mostar ist ja nur eine Stadt, in Zypern ist das ganze Land geteilt und einen Natoeinsatz gab´s auch nicht. Ansonsten gibt es schon Annäherung bei der jüngeren Generation. Viele von den alten türkischen Zyprioten haben in jüngster Zeit den Zypriotischen Paß bekommen, arbeiten im griechischen Teil und sind damit im übrigen auch EU-Bürger. Im zypriotischen Parlament werden die Sitze für die türkischen Zyprioten auch freigehalten für den Fall einer Wiederverreinigung (sind aber nicht besetzt meines Wissens), usw.
Ob es allerdings wirklich irgendwann mal zu einer Vereinigung kommt kann ich auch nicht sagen. Glaube es persönlich aber nicht.
 
Eine Vereinigung Zyperns liegt heutzutage weit mehr im Interesse der Inseltürken als umgekehrt, da sie vom wirtschaftlichen Aufschwung erheblich profitieren könnten. Auf türkischer Seite liegt die Wirtschaft völlig darnieder, stagniert seit Jahrzehnten und schafft auf dem Land fast mittelalterliche Verhältnisse. Der Gegensatz zwischen dem prosperierenden griechischen und stagnierenden türkischen Teil, könnte größer nicht sein. Hier fragen sich die Griechen, was denn die Inseltürken in einen vereinigten zypriotischen Staat einbringen könnten - kulturell, ideell, ökonomisch.

Die Rückständigkeit rührt aber vor allem wegen der Isolation des nördlichen Teils her, der nach der Besetzung türkischer Truppen stattfand, obwohl sich die Türkei in der Hinsicht doch sehr starrköpfig gebärdet hat, ihre Truppen nicht wieder abzuziehen. Trotzdem ist diese einseitige Verurteilung der Türkei durch die UNO mE ungerecht, denn wie beschrieben musste die Türkei als Schutzmacht immer wieder ihr Augenmerk auf die Insel in ihrer südlichen Flanke lenken. Zum Schluß war man ganz einfach der Gutgläubigkeit überdrüssig, wenn man es so ausdrücken darf, zumal die Türken nun wirklich nicht die Hauptschuld am Konflikt auf Zypern tragen, der seit Ende des WKII sich stetig verschärfte.

Tschüss Seldschuk
 
Man könnte auch erwähnen, dass die Türkei noch Ende der 80er Jahre ein Schwellenland war, zwischen sog. "1. und 3. Welt". Die militärische Potenz war und ist zwar stark, aber nicht die wirtschaftliche. Die Türkei hat zwar seit den 90ern enorm aufgeholt (was viele ihr gar nicht mehr zutrauten), aber im Vergleich zu Griechenland und Südzypern immer noch einen Rückstand im BIP hatte, und sicherlich nicht Nordzypern als Subventionsgebiet erster Güte ansah. OK, bin schon müde, was ich sagen wollte ist, die Türkei war ökonomisch nicht in der Lage, den Norden zu fördern. Zudem zogen einige Leutchen aus Anatolien dorthin, die auch nicht gerade die intellektuelle und kreative "Startup"-Elite des Landes darstellten (deshalb die von Dieter beschriebenen mittelalterlichen Zustände). Dies ist einer der Kontexte der Rückständigkeit der Nordzyprer, neben der Isolierung, bildungsferne Schichten, usw.
 
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