Herodot behauptet zwar, Dodona sei als Zeus-Orakel gegründet worden, schildert diese Gründung aber als eine Initiative zweier ägyptischer Frauen, was meine (und natürlich auch Snows) Argumentation der Ursprünglichkeit des weiblichen Schamanentums unterstützt.
Willst Du wirklich ernsthaft die Geschichte, die Ägypter dem Herodot (der ihr selbst skeptisch gegenüberstand) über die Gründung des Orakels in Dodona erzählten, als Beleg werten, Dodona sei ursprünglich ein Dione-Orakel gewesen und ein Beleg für die "Ursprünglichkeit des weiblichen Schamanentums"?
Einleitend weise ich einmal darauf hin, dass einerseits die Ägypter Herodot alles Mögliche erzählt haben und es andererseits bei manchen griechischen Autoren "in" war, die Herkunft von allem möglichen Griechischen aus Ägypten herzuleiten. Die Griechen waren fasziniert vom hohen Alter der griechischen Kultur. Die Geschichte, die Du andeutungsweise wiedergibst, hat Herodot übrigens von Priestern im ägyptischen Theben erfahren - natürlich eine absolut zuverlässige Quelle über die Entstehung eines Orakels in Epirus Jahrhunderte früher ... Ihnen zufolge handelte es sich bei den beiden Priesterinnen außerdem um Priesterinnen von "Zeus".
Die Indizien sprechen in der Summe eine klare Sprache zugunsten meiner Argumentation. Zwei Beispiele von so vielen: Äschylus hat in den ´Eumeniden´ (1-8) die Reihe der Gottheiten, die in Delphi angerufen wurden, chronologisch so aufgelistet: Gaia - Themis - Phoebe - Apoll, wobei er die Übernahme durch Apollo als friedlichen Vorgang schildert, während Pindar in Fragm. 55 die Übernahme des Gaia-Orakels durch Apoll als aggressiven Akt darstellt. Beide Autoren stützen also klar meine Argumentation.
Was die Gründung als Zeus-Orakel betrifft, kann sich Herodot durchaus geirrt haben.
Was an Herodots Erzählung nicht passt, wird also verworfen.
So machst Du es auch anderweitig: Was irgendwie zu Deinen Wunschthesen passt, und sei es auch noch so vage und mythisch verbrämt, muss als Beleg herhalten, egal wie unzuverlässig die Überlieferung ist oder ob es sich ohnehin nur um einen Mythos (bei dem es Dich nicht einmal stört, wenn es sich um eine absolute Minderheitenvariante handelt, vgl. Deinen angeblich parthenogenetisch gezeugten Ares) handelt. Was nicht passt, wird ignoriert oder für einen Irrtum erklärt.
Auch hier wieder sehr schön: Vom Dodona-Gründungsmythos greifst Du nur heraus, dass es sich bei den Gründerinnen um Frauen gehandelt haben soll, und siehst dadurch Deine "Argumentation der Ursprünglichkeit des weiblichen Schamanentums unterstützt". Dass es Zeus-Priesterinnen gewesen sein sollen, verschweigst Du, dass sie einen Zeus-Kult gründeten, erklärst Du zum Irrtum.
Du kennst übrigens schon den Unterschied zwischen Geschichtsschreibung und Archäologie einerseits und Mythologie andererseits?
Herodot erzählte übrigens noch eine zweite Geschichte über die Entstehung des Orakels in Dodona, die er von dortigen Priesterinnen erfuhr und die zwar auch - gelinde ausgedrückt - recht fantasievoll ist, aber ebenfalls darauf hinausläuft, dass Dodona als Zeus-Heiligtum gegründet wurde.
Laut Dodona-Ausgräber S.I. Dakaris (´Archaeological Guide to Dodona ´, 1971) weist die früheste Ausgrabungsschicht auf einen Eichenkult und die nächste Schicht auf einen Gaia-Kult (incl. Orakel) in Dodona hin. Der Zeuskult, so Dakaris, ist in einer späteren dritten Schicht nachweisbar, die in das 13. Jh. BCE datiert wird.
Also ein ursprünglicher Eichenkult, nicht ein ursprünglicher weiblicher Schamanen-/Orakelpriesterinnen-/Erd-/Muttergöttin-Kult.
Dione kann als Zeus-kompatible Variante der Gaia interpretiert werden.
Interpretieren kann man natürlich alles. Verehrt wurde in Dodona (neben Zeus) aber nun einmal Dione, und in der ältesten Schriftquelle zur griechischen Mythologie, Homers Ilias, ist sie eine Ex-Partnerin von Zeus, nicht seine (Ur-)Großmutter. (Eine enge Verbindung zu Zeus - Genitiv Dios - scheint schon ihr Name nahezulegen.)
Was den Orakelkult in Didyma angeht, lässt sich Apoll wie in Delphi durch Priesterinnen kontaktieren, was gleichfalls auf einen ursprünglich weiblichen Orakelkult an diesem Ort hinweist
Also immer wenn es in einem Kult Priesterinnen gab, soll das ein Hinweis auf einen ursprünglich weiblichen Kult sein?
Geht das eigentlich auch umgekehrt, also bei männlichen Priestern einer Göttin?
Und das sagt einer, der die Tatsache der Unterdrückung der Frau in der griechischen Antike bestreitet...
Dafür hätte ich dann doch gerne eine Belegstelle ...