Wenn man vom hohen Stand der Naturwissenschaften bei den Arabern spricht, so muss man sich eins vor Augen halten: Im großen und ganzen ererbte die muslimische Welt die in der Antike gemachten Erfindungen und Techniken, die im islamischen Mittelalter weiter verbreitet und zum Teil vervollkommnet wurden, und – im Rahmen der damaligen Möglichkeiten – große Bedeutung erlangten.
Den antiken Errungenschaften wurden etliche neue hinzugefügt, z.B. das Papier, ursprünglich eine chinesische Erfindung, die bis zur Übernahme durch die Araber auf China beschränkt blieb. Die Bedeutung des Papiers für das intellektuelle Leben und für den Bereich der Verwaltung war beträchtlich. Andere Fortschritte wurden auf den Gebieten des Hüttenwesens, der Keramik, der Glasproduktion und der Textilherstellung erzielt.
Insgesamt war die Technik eine empirische Angelegenheit des Handwerkers und nicht Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen, wie in der Moderne. Naturwissenschaft und Technik gingen getrennte Wege, und da nur die Gelehrten schreiben konnten, wurden technische Dinge kaum Gegenstand schriftlicher Abhandlungen. Sie waren Werkstattgeheimnisse, die man nur innerhalb des Berufsstandes weitergab.
Die arabische Astronomie und Mathematik baute auf der spätgriechischen, indischen und persischen auf. Von Anfang an findet man hier neben Arabern auch Perser, Juden, Chwaresmier u.a. Es gab zahlreiche bedeutende arabische Astronomen und Mathematiker, denn die Planetenastronomie begann schon unter dem Kalifen al-Mansur (754–775) und erreichte unter al-Mamun (813–833) eine erste Blüte. Das setzte sich fort noch bis ins 14. Jh. und begann dann allmählich zu erlahmen.
Die arabische Medizin fußt besonders auf persischen und griechischen Grundlagen und entwickelte sich bereits früh eigenständig weiter. Man kannte in Bagdad um das Jahr 1000 schon zahlreiche Krankenhäuser, zu denen ein Stab von Fachärzten – Internisten, Orthopäden, Augenärzte – zählte. Auch die Chirurgie war fortgeschritten, da man häufig besser mit der menschlichen Anatomie vertraut war als im Westen. Das lag unter anderem daran, dass die christliche Kirche die Sezierung von Menschen aus Glaubensgründen ablehnte, und drakonisch bestrafte. Viele abendländische Ärzte waren daher bis zur frühen Neuzeit nur unvollkommen mit der menschlichen Anatomie vertraut. Was das für chirurgische Eingriffe bedeutet, kann man sich vorstellen.
Weitere zivilisatorische und kulturelle Leistungen der Araber erstreckten sich auf die Literatur, die Baukunst, die Landwirtschaft usw. Man kann sagen, dass das Abendland bis ins 15. Jh. hinter den Arabern herhinkte und erst danach den Vorsprung aufholte, der dann nach der Industriellen Revolution im 19. Jh. (zunächst) uneinholbar wurde.