Die Borgias

Für alle, die ORF1 empfangen können: Heute startet um 22:30 die andere Borgia-Serie. Ab 17.10. wird sie auch auf ZDF laufen, und dort im Hauptprogramm, soll dafür aber geschnitten werden. In ORF1 hingegen wird sie angeblich ungeschnitten ausgestrahlt.
 
Ein bisschen Schere hätte der "anderen Borgia-Serie" nicht geschadet. Ich bin echt nicht scharf drauf, die Brüste fast jeder Darstellerin zu sehen. Und hast Du ein abgeschnittenes Ohr gesehen ...

Folge 1 (+ 2, läuft ja im Doppelpack) der "Europäischen Borgia" (John Doman als Rodrigo) hat mich noch nicht so wirklich überzeugt, es hat sich eher gepflegte Langeweile breitgemacht. Aber das kann ja noch werden. Besetzungstechnisch sind sie auf jeden Fall näher an der Geschichte, das sieht man besonders schön an Rodrigo und Giulia, die hier tatsächlich sehr inkompatibel aussehen, während sich das bei Jeremy Irons und seiner deutlich älteren Giulia ziemlich verwischt. Und die "europäischen" Papstkinder wirken auch überzeugender als Teenager.
Wenn jetzt noch ein wenig Leben reinkommt, kann das ja noch was werden.
 
Beim ersten Teil der "Europäischen Borgia" fiel mir auf, dass die Macher vor lauter Begierlichkeit, das Lebensende von Papst Innozenz VIII. auf eine möglichst peinliche Art und Weise darzustellen, dabei übersehen haben, dass sie dabei (sicher ungewollt) auch eine antisemitische Legende mit eingewoben haben. Wer weiß, was ich damit meine, liebe Forengemeinde? :fs:
 
Beim ersten Teil der "Europäischen Borgia" fiel mir auf, dass die Macher vor lauter Begierlichkeit, das Lebensende von Papst Innozenz VIII. auf eine möglichst peinliche Art und Weise darzustellen, dabei übersehen haben, dass sie dabei (sicher ungewollt) auch eine antisemitische Legende mit eingewoben haben. Wer weiß, was ich damit meine, liebe Forengemeinde? :fs:

Dazu müsste ich den Teil gesehen haben. Kannst du es beschreiben?
 
Laut dem Diarium urbis Romae des antipäpstlichen Chronisten Stefano Infessura soll Innozenz kurz vor seinem Tod, nachdem er in ein Koma gefallen war, von seinem jüdischen Leibarzt das Blut von drei zehnjährigen Knaben erhalten haben, um deren Jugend zu erlangen. Die Kinder sollen an den Folgen des Aderlasses gestorben sein. Der Wahrheitsgehalt dieser schauerlichen Geschichte ist nicht gesichert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Innozenz_VIII.
 
auch eine antisemitische Legende mit eingewoben haben. Wer weiß, was ich damit meine, liebe Forengemeinde?

Du spielst dabei wahrscheinlich auf die Ritualmordlegende an, hier werden dazu einige Beispiele beschrieben. Das ist mir auch aufgefallen, als ich den Film/die Serie gesehen habe. Es ist schon recht bedenklich ein so altes Vorurteil bei einem so medienwirksamen Spektakel zu bringen.
 
Du spielst dabei wahrscheinlich auf die Ritualmordlegende an, hier werden dazu einige Beispiele beschrieben. Das ist mir auch aufgefallen, als ich den Film/die Serie gesehen habe. Es ist schon recht bedenklich ein so altes Vorurteil bei einem so medienwirksamen Spektakel zu bringen.

Die Serie über die Borgias ist ganz ausdrücklich keine Doku, sondern eine romanhafte Verfilmung, die den Zuschauer durch die Verflechtung von Politik, Intrige, Sex & Crime unterhalten will. Und da ist es durchaus legitim, auch Mythen, Legenden und Gerüchte einzuflechten, denn gerade davon lebt eine Verfilmung, deren Drehbuchautoren sich nicht umsonst die Borgias und die Renaissencepäpste als Thema ausgesucht haben.

Man darf gespannt sein, ob unsere liebe Lucrezia Borgia in den nächsten Folgen als intrigante Giftmischerin dargestellt wird, oder - was korrekter wäre - als Werkzeug in den Händen ihres Vaters Papst Alexander, der sie mehrfach aus politischem Opportunismus verheiratete. Dass der schlechte Ruf Lucrezias vor allem auf Verleumdung beruht, haben moderne Historiker ja inzwischen herausgefunden und sie hat sich am Schluss ihres kurzen Lebens immerhin noch als Kunstmäzenin und patente Herrscherin im Herzogtum Ferrara erwiesen.
 
Bei den europäischen Borgia kam gestern in Folge 4 endlich mal ein bisschen Leben rein, Zeit wurde es! Außerdem scheint der dortige Cesare endlich seine weinerliche Art abzulegen und sowas wie eine Persönlichkeit zu entwickeln. Es wäre auch kein Fehler. Lucrezia geht mir dort so auf die Nerven, dass ich sie nur ... möchte. Ob das beabsichtigt ist, als eine Art De-Mystifizierung, dass gerade die beiden so unglaublich nervig präsentiert werden? Oder kommt das nur bei mir so an?

Folge 2 mit dem Konklave hat recht gut gezeigt, woran es für mich krankt. Einerseits war es toll dargestellt, die Einmauerung, die Intrigen, etc. Aber dafür, dass wir den Ausgang ja eh kannten, hat es sich fürchterlich gezogen.

So wirklich authentisch erscheint mir die Serie jetzt auch nicht, zumindest auf die Familie bezogen, was das Umfeld betrifft schon eher. ZB scheinen die Verhältnisse in Neapel bei ihm besser zu passen.

Ich würde dafür plädieren, Jordans Figuren in Fontanas gesamthistorisches Setting zu packen. So könnte das funktionieren.
 
Du spielst dabei wahrscheinlich auf die Ritualmordlegende an, hier werden dazu einige Beispiele beschrieben. Das ist mir auch aufgefallen, als ich den Film/die Serie gesehen habe. Es ist schon recht bedenklich ein so altes Vorurteil bei einem so medienwirksamen Spektakel zu bringen.
Umso erstaunlicher, dass nicht einmal der bekannte jüdisch-amerikanische Regisseur Barry Levinson, der hier einer der Produzenten war, gemerkt hat, dass mit dieser antipäpstlichen Legende auch ein uraltes Vorurteil gegen die Juden aufgewärmt wurde.
 
Nach der 6. und letzten Doppelfolge von Fontanas "europäischen" Borgia bleibe ich nicht unbedingt beeindruckt zurück. Mein Problem waren vor allem die Figuren, deren Motivationen für mich teilweise überhaupt keinen Sinn ergeben haben. Vor allem Cesare hat sich jedes Mal komplett anders angefühlt, als davor. Außerdem hat die Serie ein bisschen zu sehr auf dem Schockfaktor aufgebaut, Sex und Gewalt. Viel historischer kam es mir auch nicht vor und Jordans "amerikanische" Borgia waren wenigstens unterhaltsam.

Wenn sie es doch fortsetzen, wird sich Mark Ryder meiner Ansicht nach sehr anstrengen müssen, wenn er den dämonischen Cesare Borgia der Mythen verkörpern will, so wie es am Ende angedeutet wird. Momentan nehme ich ihm das nicht ab. Aber daran ist er nicht allein schuld, ich konnte mich an sein Gesicht einfach nicht gewöhnen und die Drehbuchautoren haben ihren Darstellern mit den teilweise un-fassbaren Charakteren keinen Gefallen getan.
 
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Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass ich mir diese Film-Doku etwas ansders vorgestellt habe. Rodrigo Borgia (Papst Alexander VI.) hat fast überhaupt keine Mimik und seine "Dämonie" kommt nicht wirklich zum Vorschein (er soll ja mit dem Teufel im Bunde gestanden haben). Cesare verhält sich in jeder Szene anders. Am Anfang ist er der Wütende, der sich selbst geißelt und nachher wirkt er eher wie ein trotziges Kind auf mich. Zwischendurch lässt er dann den "großen Boss" heraushängen und das war's dann auch schon. Juan wird als nichtskönnenndes und sexbesessenes Muttersöhnchen dargestellt, dem anscheinend nichts recht gelingen will. Lukrezia heult die ganze Zeit nur herum und anscheinend ist es bloß Adriana de Mila, die sich all dieser Sünden nicht schuldig gemacht hat.

Ich bin - ehrlich gesagt - etwas enttäuscht. Von der Handlung, von den Schauspielern in der Hauptrolle. Die Szenerie an sich ist toll gestaltet! Rom ist richtig gut nachgebaut worden und auch Alt-St. Peter sieht sehr echt aus.
 
IRodrigo Borgia (Papst Alexander VI.) hat fast überhaupt keine Mimik und seine "Dämonie" kommt nicht wirklich zum Vorschein (er soll ja mit dem Teufel im Bunde gestanden haben).

Vielleicht war Papst Alexander VI. als historische Figur gar nicht so "dämonisch" und ist eher Opfer einer verleumderischen Überlieferung, die seine intimen Feinde, die altrömischen Familien Colonna, Orsini und delle Rovere ins Werk setzten?

Cesare verhält sich in jeder Szene anders. Am Anfang ist er der Wütende, der sich selbst geißelt und nachher wirkt er eher wie ein trotziges Kind auf mich.

Das zeigt aber auch den zwiespältigen Charakter von Cesares Persönlichkeit, die - wie im realen Leben - nicht nur einseitig "böse" ist.
 
Vielleicht war Papst Alexander VI. als historische Figur gar nicht so "dämonisch" und ist eher Opfer einer verleumderischen Überlieferung, die seine intimen Feinde, die altrömischen Familien Colonna, Orsini und delle Rovere ins Werk setzten?

Es waren u. a. Johannes Burckard, die diese "Verleumdungen" über Rodrigo verbreiteten. Es heißt, dass ein schwarzer Hund (als Inkarnation eines Dämons) durch den Lateran gelaufen sein soll, als Rodrigo starb. Es hieß, dass er sich mit Hexen eingelassen haben soll und dass er Teufelsanbetung praktiziert hat. Daher auch der Ausspruch, dass der "Teufel den Vatikan besetzt hat".
 
Nein. Aber ein Historien-Drama. Ist ja auch nur meine persönliche Empfindung. Und ich finde, dass man Rodrigo bedrohlicher und gefährlicher hätte wirken lassen können und dabei diese Gerüchte hätte nutzen können.
 
Nein. Aber ein Historien-Drama. Ist ja auch nur meine persönliche Empfindung. Und ich finde, dass man Rodrigo bedrohlicher und gefährlicher hätte wirken lassen können und dabei diese Gerüchte hätte nutzen können.

Das einzige was ich empfinde, sind zahlreiche Längen des Filmepos, die sich bei einer Straffung des Stoffs hätten vermeiden lassen. Drei Folgen hätten durchaus gereicht, um das ganze verbunden mit Sex & Crime handlicher zu machen.

Insgesamt gefällt mir die Serie durchaus!
 
Mir auch. Sind eben nur einige Kritikpunkte.

Was ich aber sehr schön finde ist, dass die Intrigen und Ränkespiele deutlich werden und sich das Ausmaß einer einzigen Entscheidung (wie es damals auch wirklich war) erst später und dann in voller Größe offenbart. Für kleinere Kinder oder als Einschlaf-Lektüre ist diese Sendung trotzdem nichts, da sie doch wirklich sehr gewalttätig und blutrünstig rüberkommt.

Da ich aber schon alleine dieses Projekt supertoll finde, gebe ich einfach mal:

4/5 ****
 
Das zeigt aber auch den zwiespältigen Charakter von Cesares Persönlichkeit, die - wie im realen Leben - nicht nur einseitig "böse" ist.

Zwiespältig lasse ich mir ja noch einreden, aber der war, da eben in jeder Doppelfolge anders, eher sechsspältig. Was hatten wir da? Ständig eigene Zerrissenheit bejammernd (1), krankhaft abergläubisch (2), weinerlich eifersüchtig (3), endlich mit sowas wie Rückgrat (4), militärisch genial (5) und letzten Endes mörderisch-aggressiv (6). Was als extreme Gespaltenheit ja noch durchgehen würde, wenn die vorher noch so betonten Eigenschaften konsequent weitergeführt worden wären. Aber so hat er sich mich tatsächlich jedes Mal komplett anders angefühlt. Falls das als Geniestreich für die Gespaltenheit angesetzt war, kam es bei mir nicht so an, eher wie inkonsequente Charakterisierung.

Das fand ich tatsächlich beim Jordan-Cesare, Francois-Cesare, besser dargestellt, die düstere Seite, die vor allem dann zur Schau kommt, wenn die Familie bzw. die eigenen Interessen bedroht sind.

Genauso wie man bei Mark-Cesare nie so recht wusste, ob er jetzt bekümmert ist, weil er Kleriker werden soll und nicht gut genug ist dafür oder es einfach nicht sein wollte. Auch da, mag schon sein, dass es beides ist, aber doch nicht abwechselnd, je nach Wochentag.

Bei Lucrezia genauso. Die hat sich auch abgewechselt zwischen verzogener Göre, zur Nonne berufener, rebellischer Tochter, starker Frau und Femme fatale. Auch da Gefahr des Schleudertraumas.

Juan wiederum hat als leicht aggressiver Hallodri angefangen, sich zwischendurch zum Volltrottel gewandelt und ist als sadistischer Psychopath geendet.

Und, das fand ich besonders schön, auf einmal waren am Ende beide Brüder heiß auf ihre Schwester, die sie vorher positiv kaum zur Kenntnis genommen haben, als hätten sie vergessen (wie beim vollkommen sinnfrei eingebauten maskierten Miguel de Corella, der aus dem Nichts aufgetaucht ist, praktisch nichts gemacht hat und dann wieder entschwunden ist), dass das auch noch rein gehört.

Irgendwie schade, zwischendurch fand ich es gar nicht schlecht, aber die letzte Doppelfolge fand ich eher absurd, weil logisches Handeln da absolut nicht mehr gefragt hat und sogar der bis dahin noch ganz präsentierte Alexander VI unfreiwillig komisch zur heulenden Bestie mutiert ist.
 
Juan wiederum hat als leicht aggressiver Hallodri angefangen, sich zwischendurch zum Volltrottel gewandelt und ist als sadistischer Psychopath geendet.

Daran siehst du mal die psychologisch interessante Entwicklung einer vielschichtigen Persönlichkeit! :D
 
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