"Die Deutschen" von Guido Knopp im ZDF

Die Zergliederung wurde nur als föderativ dargestellt, der Aspekt von Zusammengehörigkeitsgefühl (der in den Jahrhunderten wechselhaft eine Rolle spielte) oder gar dem Streben nach einer "Einheit" völlig ignoriert. Selbst bei Wallenstein und Luther war da wenig zu erkennen.
Also zumindest in der Folge zu Friedrich II. wurde weder eine föderative noch eine einheitliche Verfassung Deutschlands dargestellt - es wurde garnichts über die Verfassung Deutschlands gesagt.
 
Also zumindest in der Folge zu Friedrich II. wurde weder eine föderative noch eine einheitliche Verfassung Deutschlands dargestellt - es wurde garnichts über die Verfassung Deutschlands gesagt.

Und in der Folge über Bismarck wurde lediglich lapidar festgestellt, das Bismarck die Verfassung geschrieben hat und der Reichskanzler vom Kaiser ernannt wird.
 
Laut ZDF wurden alle Hauptrollen von deutschen Schauspielern gespielt. Die Komparsen waren zu einem großen Teil Rumänen, da viele Außenaufnahmen (v.a. die Schlachtenszenen) in Rumänien gedreht wurden.
Man hätte auch ohne dies zu wissen gemerkt, dass viele Nebendarsteller und Komparsen in dieser Doku-Reihe vielleicht nicht ganz so blond waren wie deutsche Adelige vergangener Jahrhunderte. :rofl: Vor ca. einem Jahr gab's ja mal (ich glaube in der ARD) eine Reihe über die Germanen der Antike, in der auch kaum ein deutscher Schauspieler zu sehen war und in einer Szene (Arminius and andere Cheruskerfürsten wie Segestes diskutieren am Lagerfeuer) hat man sogar gehört wie die Männer dort tschechisch gesprochen haben. :schlau:
 


Ich hatte den Eindruck, dass die Sichtweise auf die ersten Folgen der Serie wesentlich positiver war. Erst als sie in verminte neuzeitliche Gewässer geriet, wurde der Gegenwind schärfer....
Über den Sinn und Unsinn solcher Sendungen lässt sich spekulieren. Gefragt wurden immerhin die Großen der Zunft, in der letzten Folge waren u.a. Roehl, Winkler, Neitzel als Interviewpartner zu sehen. Die Wilhelm II.-Folge war die erste, die ich selbst gesehen ab - ich fand die Aufmachung (jetzt gesamt betrachtet mit Städtegrafiken, alten Filmausschnitten etc, nicht von einzelnen Uniformen etc.) schon ansprechend, aber in der Verknappung der Sendung war mir das inhaltlich schlicht zu langweilig.
 
Auffallend fand ich, dass die Serie die "1000 Jahre" von 1933- 1945 geflissentlich ausblendete, die Weimarer Republik am Rande erwähnte und bei der Wilhelminischen Zeit recht klischeehaft blieb. Der Eindruck den die Sendung vermittelt, ist als sei die wiedervereinigte Berliner Republik nach 1990 der Zielpunkt der deutschen Geschichte, was der Artikel in der Süddeutschen ja auch moniert.

Ich ahne schon, dass da wieder etwas im Stile von Hitlers Frauen, Hitlers Hunden, Hitlers Briefträgern auf uns zukommt.
 
Auffallend fand ich, dass die Serie die "1000 Jahre" von 1933- 1945 geflissentlich ausblendete, die Weimarer Republik am Rande erwähnte und bei der Wilhelminischen Zeit recht klischeehaft blieb. .
Nee völlig überflüssiger Weise bei nur 45 min. Sendezeit kriegte der Knopp doch den Hitler sogar noch in der Friedrich II.-Folge unter, wobei ich mich dann doch fragte, was das bei all dem Ausgelassenen nun sollte. :still:
 
Auffallend fand ich, dass die Serie die "1000 Jahre" von 1933- 1945 geflissentlich ausblendete, die Weimarer Republik am Rande erwähnte und bei der Wilhelminischen Zeit recht klischeehaft blieb. Der Eindruck den die Sendung vermittelt, ist als sei die wiedervereinigte Berliner Republik nach 1990 der Zielpunkt der deutschen Geschichte, was der Artikel in der Süddeutschen ja auch moniert.

Ich ahne schon, dass da wieder etwas im Stile von Hitlers Frauen, Hitlers Hunden, Hitlers Briefträgern auf uns zukommt.
Da kann Knopp dann aber auch nicht hinter sich selbst zurück. Ein Mann der hunderte Stunden an Filmmaterial über Hitler, das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg produziert hat, der jedem Jahr des 20. Jhdts. drei Sendungen gewidmet hat, soll plötzlich das 20. Jhdt in einer einzigen Folge zusammenfassen?

Im Übrigen: In der unten verlinkten Nachtstudiosendung kaschieren die beteiligten Historiker kaum ihre Unzufriedenheit mit der Sendereihe:
nachtstudio vom 26. Oktober 2008

Zu Sönke Neitzel - in der verlinkten Diskussion nicht anwesend, aber von Ashigaru angesprochen - muss man natürlich sagen, dass er zum historischen Stammfachpersonal der Knopp-Sendungen zum 19. und 20. Jhdt. gehört.
 
Also zumindest in der Folge zu Friedrich II. wurde weder eine föderative noch eine einheitliche Verfassung Deutschlands dargestellt - es wurde garnichts über die Verfassung Deutschlands gesagt.

...in meinem Kontext sollte eigentlich klar werden, dass ich diese Aussage als induktiv hinterlegt für alle Teile gemeint habe. Freilich habe ich es weitaus schlechter formuliert als hier verlinkte, gute öffentliche Kritiken.
SZ schrieb:
Die in dieser Hinsicht sogar verzerrte teleologische Perspektive der Serie vermittelt die Vorstellung, das Ziel der Geschichte sei eigentlich die bundesdeutsche Demokratie gewesen, wie sie seit 1990 existiert. Das ist, was Hobsbawm meint, wenn er von "Erfindung" von Traditionen redet. Die väterlich-autoritäre Stimme des Sprechers Hans Mittermüller tut das Ihre dazu, den Eindruck zu erwecken: So und nur so soll die Geschichte gesehen werden.
In diesem Sinne hatte ich meine Aussage gemeint. Leider ist meine Ausdrucksform nicht so schön und präzise wie von den süddeutschen Profis:devil:

Ach und die angesprochenen "Schlachtszenen" (in der Napoleonfolge) erweckten bei mir den Eindruck Napoleon habe deshalb die meisten Schlachten gewonnen, weil er für sein unvermeidliches Fernrohr in der Schlacht immer die sichere Auflage eines Ordonanzoffiziers mit seinen breiten Schultern gehabt habe. Der Säufer Blücher dagegen blickte in das Mono-Okular vom unruhigen Pferderücken aus und mit einem deutlich kleineren Exemplar.

Sorry für den weiteren Seitenhieb auf die Darstellung. Vieles bei der Darstellungsweise war vielleicht weniger negativ als es sich jetzt bei mir anhört. Die Darstellung kann gerne dramatisch und fesselnd sein, aber die Fakten waren gerne weichgespült und gegengebügelt um sie einfacher darzustellen als sie waren.

Wenn es also KEINEN Plan für einen Vertieb der Serie in den nicht-deutschsprachigen Raum geben sollte, verschärft das meine Kritik bloß.
 
@ El Quijote

Der Link ist ganz interessant und die Diskussionsrunde transportiert fast mehr Informationen oder Quintessenz zur deutschen Geschichte als die ganze Doku-Reihe. Besonders kompetent erschien mir Frau Barbara Stollberg-Rilinger, die sehr kompetente Krtiken äußert. Dabei werden gerade die drei Folgen zu Wallenstein, Friedrich II. und Napoleon und die Deutschen beinahe ausgelassen, wobei die mittlere der drei nicht mal anklingt. Dabei versucht der Herr vom ZDF scheinbar auf den Episoden rumzureiten, die er selbst noch für am gelungensten hält, wobei er vor allem auf die Folge zu Robert Blum kommt.

Interessant für mich war die Sichtweise der Historiker auf die Spielszenen, wobei selbst Fehler nicht ausgeschlossen wurden (bei der Spielszene zur Hinrichtung Kattes waren mir gleich einige Ungereimtheiten zu deutlich bekannten Überlieferungen aufgefallen). V.a. bemängelt wurde aber, wenn ich das richtig auffasse, das etwas altmodische Geschichtsbild, welches in der Doku gezeigt wurde und worüber die moderne Geschichtswissenschaft hinaus zu sein scheint.

Daher nochmals vielen Dank für den Link.:yes:
 
Ich bin ja fast überall zuhause, auch in den ZDF Foren.
Da wird zum Thema auch schön gestritten.
Den ersten Beitrag dazu kopiere ich mal mit Genehmigung des Erstellers.

Ich habe mir gestern "Die Deutschen" angeschaut und habe mich wahnsinnig aufgeregt.

Wie kann es denn passieren dass das ZDF soviel Geld in eine Produktion steckt und dann nicht mahl die Qualität einer Realitysoap der Privaten erreicht?

Die Ausstattungen und Kostüme waren unter allem Niveau (das Tier mit dem Ringelschwänzchen wollte ich hier nicht erwähnen), ist der Ausstatter und Kostümbildner von einer Leiharbeitsagentur und verdient weniger als den Mindestlohn?

Man könnte es meinen. Nur ein paar Kleinigkeiten: Bismarcks Schulterklappen waren falsch herum und ohne Knöpfe aufgebracht, er trug gut erkennbar das Kriegsteilnehmerkreuz 1914/18, welches erst 1934 von den Nazis gestiftet wurde. Bei der Kaiserproklamationsszene trug er einen österreichischen Helm, der Doppeladler darauf war gut zu erkennen etc.

Muss mann denn so schludrig mit der Ausstattung umgehen? Vielleicht erfreuen uns die Macher dann bald auch mit einem Hitlerdarsteller mit Stalinbart, Cowboyhut und dem Bundesverdienstkreuz auf der Hühnerbrust. Das ist oberpeinlich.

Wenn man aufgrund der völlig unkorrekten Ausstattung Rückschlüsse auf die Qualität des Inhaltes schließen will, so würde das Urteil vernichtend. Denkt denn niemand in der zuständigen Redaktion darüber nach dass dies die Glaubwürdigkeit der gesamten Produktion untergräbt. Wenn die schon nicht in der Lage sind die Kostüme der Hauptpersonen richtig zu recherchieren, dann ist anzunehmen dass sie es auch bei der Recherche der historischen Zusammenhänge und Wahrheiten nicht so genau nehmen.

Nimmt das ZDF so seinen Bildungsauftrag ernst?

Wenn das ZDF wieder mal so eine Produktion plant, dann meldet Euch doch bei mir, dann stimmt auch die Ausstattung! Mich kann man auch für den Mindestlohn eines Leiharbeitsausstatters haben.
 
Hitler mit Cowboyhut wäre so unwahrscheinlich nicht. Hitler war glühender Karl May-Fan und setzte das in den zwanziger Jahren auch kleidungsbedingt um. Heute wäre H. wohl ein Trekkie :still: Was mich dann wieder zum Schlagwort von Hannah Arendt von der Banalität des Bösen führt.
 
Ich ahne schon, dass da wieder etwas im Stile von Hitlers Frauen, Hitlers Hunden, Hitlers Briefträgern auf uns zukommt.

:D

Ich habe diese Doku-Reihe nicht gesehen, aber interessiert Eure Kritik dazu gelesen.
Mich würde aber interessieren, würde Eure Kritik auch so negativ ausfallen, wenn man diese Sendung überhaupt als erste Annäherung für - klingt so herablassend :still: - Laien an Geschichte ist? Kann bei so einer Annäherung alles Korrekt sein?
Ich dachte da beispielsweise - als Vergleich - grad an die Schule, wo historische Sachverhalte in ihrer Komplexität entweder nur angerissen werden können oder manchmal auch - freilich kommt man nicht immer gleich dahinter - nicht richtig dargestellt werden.

Aus einem professionellen Standpunkt aus kann ich die Kritik an der Sendung gut verstehen, bei manchen Profs löst ja schon der Name Knopp Allergien aus.
Aber -- und da verspüre ich schon leichtes Unbehagen - tut die professionelle Geschichtswissenschaft wirklich genug, um auf vereinfachte Weise den 'Volk' Geschichte nahezubringen? Gibt's letztlich wirklich eine effektive Kommunikation zw. Wissenschaftlern und dem Volk?
 
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Aber -- und da verspüre ich schon leichtes Unbehagen - tut die professionelle Geschichtswissenschaft wirklich genug, um auf vereinfachte Weise den 'Volk' Geschichte nahezubringen? Gibt's letztlich wirklich eine effektive Kommunikation zw. Wissenschaftlern und dem Volk?
Ja die gibt es. Vielleicht nicht überall, aber ich selbst kenne genug positive Beispiele. Viele Historiker bemühen sich in Vorträgen auch in der Fläche, also in der Region, verständlich und offen, Geschichte an den Mann zu bringen. Und es gibt ja auch wirklich gelungene Dokus unter Mitarbeit von Historikern oder nicht, welche anschaulich und spannend Geschichte vermitteln.

Ansonsten frage ich mich, was ist denn in dem Zusammenhang "das Volk"? Wer guter Information und Kultur an sich mit weitem Bogen aus dem Weg geht, kann auch von Historikern nicht beglückt werden. Wie soll das gehen?

@ florian17160
Danke für das Zitat. :O Also sowas wie das Kriegsteilnehmerabzeichen am Bismarck finde ich sogar ein bisschen eine Geschmacklosigkeit, wenn es so ist, das hat mit historischer Ungenauigkeit nichts zu tun.


Witzig fand ich an der von El Quijote verlinkten Gesprächsrunde, dass neben den Schwächen der Doku selbst, immer wieder "Barry Lyndon" als positives Beispiel für einen historischen Film genannt wurde, wobei bemerkenswert ist, dass es ja primär eine Literaturverfilmung ist und genau der Film große historische Ereignisse möglichst umgeht und daher aus der Fiktion über Geschichte garnicht mal herraus tritt. Die Ausstattung freilich war um Lichtjahre besser als bei der Doku.

Ich kann mich noch entsinnen, dass florian17160 mal als Einwand für das niedrige Niveau der Doku, die Kosten nannte und was von einer halben Million Euro schrieb. Gut dachte ich mir, für die ganze Staffel ist das nicht viel - da griff man dann eben mal zu den billigsten Theaterfummeln und die Kostümbildner hatten Urlaub. Aber nein, jetzt hörte ich ja, dass die halbe Million pro Folge ausgaben. Also das ist dann schon ein ordentliches Budget für eine Doku von 45 min. - ich wäre froh, wenn gescheite Dokus soviel hätten. Daran gemessen wiederum ist es schon ein Trauerspiel, da hätte ich ja allein die wichtigsten Darsteller mit einem Bruchteil davon schonmal ordentlich ausgerüstet.

Fast weggeschmissen vor Lachen hatte ich mich bei der Gesprächssendung, als die Historiker sagten, von Sachen Szenen her entspräche die Qualität nicht mehr den modernen Standarts, da ist man schon deutlich besseres heute gewohnt und der Typ vom ZDF antwortete so ungefähr, aber nicht von uns bzw. nicht aus dem deutschen Fernsehen. Ach Du liebe Güte, dachte ich mir, sich dann auch noch selbst so ein Armutszeugnis auszustellen, ist ja schon mehr als peinlich, zumal es inhaltlich auch garnicht stimmte. BR oder andere Dritte Programme und arte machten schon bessere Dokus zu historischen Sachverhalten mit Reenactors allerdings.
 
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Klar, dass dem Experten, auch wenn er nur Amateurt ist, dutzende von Ungereimtheiten auffallen. Aber demjenigen, der gerade anfängt sich mit Gescichte zubefassen, oder im Laufe der Sendung etwas über einen Geschichtsabschnitt erfährt, wo er vorher wenig bis gar nichts kannte, dem wird so was nicht auffallen. Für den ist das alles neu und interessant.

Man fängt halt kleiner an und dafür ist das Fernsehen ein ideales Medium.

Ich fand dafür mal den passenden Begriff "Lügen für Kinder". Man erzählt Kindern eine einfacher Version der Wirklichkeit damit sie diese eifnacher (oderüberhaupt erst) verstehen.
Später, wenn sie mehr Wissen und kompliziertere Informationen begreifen können kann man ihnen die "echtere" Information geben.

ZB kreisten für mich in der Realschule noch Elektronen auf kreisrunden Bahnen um den Atomkern.
Erst auf der Fachoberschule für Chemie erfuhr ich von den Elekteronenorbitalen, die ein viel komplizierteres aber auch korrekteres Modell der Wirklichkeit darstellen.

Bei Geschichte ist es ähnlich. Aus "Oh toll ein Ritter" wird nach Jahren "Oh toll Baron Bla von Blubber ca 1450 in einem gotischen Harnisch".
 
Klar, dass dem Experten, auch wenn er nur Amateurt ist, dutzende von Ungereimtheiten auffallen. Aber demjenigen, der gerade anfängt sich mit Gescichte zubefassen, oder im Laufe der Sendung etwas über einen Geschichtsabschnitt erfährt, wo er vorher wenig bis gar nichts kannte, dem wird so was nicht auffallen. Für den ist das alles neu und interessant.
Genau das ist aber auch das Problem, das die Professoren in der ZDF Nachtrunde angesprochen haben. Visualisierung ist das Stichwort.
Auch wenn Brissotin noch die Abstufung vornimmt, aber egal ob Fernsehn, Reenactor, Museum, Freilichtmuseum, 3 D Rekonstruktion und andere Methoden, es wird ein Bild kreiert. Und wenn dies ein "Unwissender" abder "Interessierter" sieht, prägt sich dieses Bild ein. Mit allen Fehlern, Klischees oder Lückenfüllern (also umgesetzt was wir gar nicht wissen). Das geht auch weiter bei Verhalten, Gestus, Sprache, Alltag.
Sehr schnell sind dann "Typen" gebildet, die so vielleicht kaum oder gar nicht real sind. Bestes Beispiel sind die AusRüstungstypen der Römerdarsteller. Aussagen über Verteilungsrelation in bestimmten Truppeneinheiten können momentan nur extrem theoretisch getroffen werden. Bei jedem "Römerfest", im musealen Bereich zudem sanktioniert, wird einem aber ein Bild vor Augen geführt. Zumeist ist dies jenes des "Asterixrömers", mindestens aber das der eindeutigen Unterscheidbarkeit der Legionare und der Auxilare (im Sinne des brachialen Unterschiedes, nicht der Details oder der Qualität).
Kurzum: Sieht jemand "ohne Ahnung" diese Sendung, und beobachtet wie 20 Statisten ohne Sinn, Verstand und Formation mit dem Bajonett aufeinander loslaufen, nebelumwabert und mit unartikuliertem Schrei auf den Lippen kann davon durchaus sein Bild der damaligen Abläufe geprägt werden.
Die euphemistische Formulierung: "aber damit wird Interesse geweckt" trifft ja nur auf einen Teil der Zuschauer zu. Viele fühlen sich mit dem Abspann auch gesätigt, zumal 45 min. mglw. den heutigen Aufmersamkeitsspannen entgegen kommen, aber doch wirklich nur "FastEducation" darstellen.
Und noch viel weniger tragen die Worte dem Rechnung, was hier doch eigentlich geradezu im Vordergrund steht: das visualisierende Medium achtet nur zu einem bestimmten Teil auf den Inhalt seiner Bilder.
Geht es um Worte kann man sich ein Buch kaufen, geht es um gesprochenes Informationsmaterial kann man sich Hörbücher kaufen oder sich vorlesen lassen (oder eine Software nutzen). Fernsehn vermittelt nunmal Bilder. Visualisiert. Und wie in der Runde gesagt: vieles der historischen Lebenswelten kennen wir nicht genug, um es überhaupt darzustellen.
Und das sage ich bewußt als jemand, der in seiner Freizeit gerne mal tunica trägt.
 
Klar, dass dem Experten, auch wenn er nur Amateurt ist, dutzende von Ungereimtheiten auffallen. Aber demjenigen, der gerade anfängt sich mit Gescichte zubefassen, oder im Laufe der Sendung etwas über einen Geschichtsabschnitt erfährt, wo er vorher wenig bis gar nichts kannte, dem wird so was nicht auffallen. Für den ist das alles neu und interessant.

Man fängt halt kleiner an und dafür ist das Fernsehen ein ideales Medium.

Ich fand dafür mal den passenden Begriff "Lügen für Kinder". Man erzählt Kindern eine einfacher Version der Wirklichkeit damit sie diese eifnacher (oderüberhaupt erst) verstehen.
Später, wenn sie mehr Wissen und kompliziertere Informationen begreifen können kann man ihnen die "echtere" Information geben.

ZB kreisten für mich in der Realschule noch Elektronen auf kreisrunden Bahnen um den Atomkern.
Erst auf der Fachoberschule für Chemie erfuhr ich von den Elekteronenorbitalen, die ein viel komplizierteres aber auch korrekteres Modell der Wirklichkeit darstellen.

Bei Geschichte ist es ähnlich. Aus "Oh toll ein Ritter" wird nach Jahren "Oh toll Baron Bla von Blubber ca 1450 in einem gotischen Harnisch".

Ja genau, auf so etwas spielte ich an. Wenn man sich auf einem Gebiet gut auskennt, neigt man dazu, Details mehr Bedeutung zuzumessen, als sie beispielsweise für einen Laien angebracht wären. Die Gefahr von Detailversessenheit ist da groß und ab einem bestimmten
Die Frage ist, wo man - vom Wissensstand oder Bildungsgrad her - bei einem Fernsehpublikum ansetzen kann, so dass es a) der Bildung förderlich ist und b) aber auch einem Fachmann als effektiv erscheint.
Ich weiß ja nun, dass gerade das Fachpublikum bei Knopp leicht in Rage gerät, aber vielleicht wäre es sinnvoller, wenn dasselbige Wege ersinnt, wie man es denn besser macht. :grübel:;)
 
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Ich weiß ja nun, dass gerade das Fachpublikum bei Knopp leicht in Rage gerät, aber vielleicht wäre es sinnvoller, wenn dasselbige Wege ersinnt, wie man es denn besser macht.
Auch wenn Du dafür noch mehrere ;)-Smileys setzt, die Wege sind ersonnen und die Mitarbeit der Geschichtswissenschaftler ist vorhanden. Und selbst für knoppsche Werke stellen sind sich offensichtlich die Historiker nicht zu schade in der Hoffnung doch noch was daran retten zu können.
Deswegen werden nun natürlich nicht auf einmal alle Historiker Regisseure, aber sie integrieren sich in Dokumentationen, welche einer breiten Öffentlichkeit Geschichte präsent machen. Also rede mal die Aktivität der Geschichtswissenschaftler in der Öffentlichkeitsarbeit und auch im Medium Fernsehen nicht schlechter als sie ist.
Aufmerksam verfolgt bietet die Historikergemeinde schon heute eine bdeutende und willige Mitarbeit mit dem Fernsehen an, arbeitet an gemeinsamen Projekten als Partner. Interessierte werden erreicht und wen soll man sonst erreichen außer Interessierte? Ich verstehe nach wie vor nicht Dein Problem, Scarlett.
 
Ja genau, auf so etwas spielte ich an. Wenn man sich auf einem Gebiet gut auskennt, neigt man dazu, Details mehr Bedeutung zuzumessen, als sie beispielsweise für einen Laien angebracht wären.
Viele Details ergeben ein Ganzes, s. meinen vorhergehenden Beitrag.

Die Gefahr von Detailversessenheit ist da groß und ab einem bestimmten
Die Frage ist, wo man - vom Wissensstand oder Bildungsgrad her - bei einem Fernsehpublikum ansetzen kann, so dass es a) der Bildung förderlich ist und b) aber auch einem Fachmann als effektiv erscheint.
Es geht hier nicht darum, ob ein Gewehr aus dem Zeitrahmen 1812 oder 1830 stammt, was allerdings in Sachen Technikgeschichte (Vorderlader, Hinterlader usw.) mitunter auch wieder in Bedeutung tritt. Nur als Beispiel sei die hier im Forum oft erwähnte Schlachtfeldarchäologie zu "Custers Last Stand" genannt, bei der erst nach Auffindung klar wurde, dass die Indianer, anders als in Film und Fernsehn dargestellt und darum auch sonst gerne als gültig angenommen, die besseren Gewehre besaßen.
Ob es nun wirklich Relevanz hat, ob der Tschako schon eingeführt, die tunica über oder unter den Knien endet, da ist sicher der Fachmann gerne mal pedantischer als es für ein vernünftiges Bild notwendig ist.

Ich weiß ja nun, dass gerade das Fachpublikum bei Knopp leicht in Rage gerät, aber vielleicht wäre es sinnvoller, wenn dasselbige Wege ersinnt, wie man es denn besser macht. :grübel:;)
Würdest du von einem Maschinenbauer erwarten, dass er erklärt, wie man am besten Auto fährt, weil er kritisiert, dass ein quergestellter Kotflügel keinen Sinn macht? Historiker sind, leider, keine Pädagogen und keine Medienfachleute. Sie können i.d.R. nur das Ergebnis beurteilen, die Informationen und den Informationsgehalt bewerten. Von ihnen das ersinnen neuer medialer Gestaltungsmittel oder gar eine drehbuchautorliche / direktive Leistung zu verlangen bedeutet, mehr zu erwarten, als möglich ist.
In unserer Gesellschaft ist es unüblich geworden, Kritik hinzunehmen oder Kritiker als das zu betrachten, was sie sind. Wenn auch jedes kritische Wort die Forderung kommt: "machs doch besser" treten wir auf der Stelle.

Aber um der Realität die Ehre zu geben, es gibt Seitens der Museen und Universitäten in der Tat immer wieder Bestrebungen, die Visualisierung vernünftig ein- und umzusetzen. Aber darüber zu diskutieren wäre vielleicht ein eigenes Thema wert.

Wenn Brissotins Zahlen stimmen, und es stand eine halbe Million pro 45 Minuten-Folge zur Verfügung, dann ist sicherlich ein gewisser Standart zu erwarten gewesen, der in manchen Ebenen auch eingehalten wurde (der Leiter wurde ja nicht müde auf die hohe Qualität der Lechfeldsimulation hinzuweisen), bei anderen nicht voll oder gar nicht erfüllt (wie die Hinweise eben auf die Visualisierung oder die Themenauswahl klar machen).
 
Das Problem beim Informationsmarketing, das man für solcherart Unterhaltungsinformation wie das Knoppzeug betreiben muss, ist die grundlegende Maxime des Marketing: nur das Beste ist gerade gut genug.

Keiner kauft Joghurt, der "nicht auf den Magen schlägt" oder Schokolade "die zwar dick macht, aber nicht schlecht schmeckt". Knopp kann seine Rekonstruktionen und Konjekturen nicht mit den Worten "Ganz gut geschätzt", "so oder so ähnlich" oder "ok, Luther war dicker, aber dafür ist unserer schöner" verkaufen. Da muss alles prügelweich und knüppeldick authentisch und nach modernsten Forschungen abgesichert sein (ist es nicht, aber er nutzt die Autorität der Glotze: noch 20 Jahre nach dem Fall der öffentlich-rechtlichen Sender scheint das, was über sie gesendet wird, immernoch den Ruch des Wahrhaftigen zu haben).

Schlimm: seichter Standard in den "offiziellen" Dokus verwischt Geschichtsbilder, die man dann auch in den Fernsehspielen wie "Die Gustloff" akzeptiert. Solcherart Geschichtsschreibung durch Geschichtenschreiben ist zwar traditionell, aber man darf nicht vergessen oder den Fakt beiseite schieben, dass Geschichtsforschung heute auch eine Wissenschaft ist. Diese zugunsten von verfilmten "Coffeetable Books" zu verwerfen ist meschugge.
 
Das Grundproblem der Reihe ist die Kombination und Vermischung von Fakten, Wertungen und Vereinfachungen.
Auf der einen Seite werden Inhalte und Fakten massiv vereinfacht (noch simpler als in Schulbüchern!), das historische Handlung wird zwecks spielfilmartigen Dramatisierung verbogen und stilisiert... nebenbei werden Dinge, die in Knopps Geschichtsbild nicht passen einfach weggelassen, die Geschichte der Deutschen wird so geradelinig fast schon teleologisch... dazu werden aber dann möglichst kurze, ja einzelne Sätze aus Interviews mit anerkannten Historiker herausgeschnitten und mit den Spielszenen kombiniert.
So erhält das durch künstlerische Freiheit veränderte Geschehen auch noch den Schein von Wissenschaftlichkeit!
Anders als in offensichtlichen Spielfilmen der öffentlich-rechtlichen Sender wie "Die Flucht", "Die Gustloff" oder zuletzt "Mogadischu" wurde hier Fiktion und Fakt nicht fein säuberlich getrennt. Auf die ebenfalls recht erfolgreichen Spielfilme folgten in der Regel Dokumentation oder wenigstens ein Frontal-21-Bericht über die Geschichte. An der Stelle wurde dann auch offen gesagt, was künstlerische Freiheit des Spielfilms war und was belegt und was nur vermutet war.
In der Reihe "Die Deutschen" wurden hingegen beide Genres vermischt, ohne es zuzugeben.:S
 
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