Angesichts dessen, daß Kitcheners Feldzug dem von von Trotha nicht unähnlich war
Man kann den Bogen deutlich weiter spannen. Mit Hull, Hyslop und van Heyningen kann argumentiert werden, dass das Auftreten von Konzentrationslagern am Ende des „fin de siecle“ ein generelles Phänomen des Kolonialismus bzw. Imperialismus war. Es sind im wesentlichen „bürokratische Modelle“, die während des Krieges auf Kuba (1897-98) durch General Weyler zu Konzentrationslagern geführt haben oder auch durch die US Amerikaner auf den Philippinnen. (v. Heyningen, Pos. 66)
In diesem Kontext formuliert Heyningen: „Germany was different only in that it was at the extreme end of a continuum, unmoderated by the kind of civilian controls that Britain possessed.“ (v. Heyningen, Pos. 79)
Es ist somit durchaus zutreffend, dass militärisch verursachte massenhafte Tötungen auch im Umfeld von Demokratien auftraten. Es ist aber auch zutreffend, dass die Kritik der medialen und parlamentarischen Öffentlichkeit zeitnah oder wenigstens nachträglich die kolonialen Verbrechen offen benannt hatte und zu einem entsprechenden Druck auf die Exekutive geführt hat.
Dieser Funktion konnte der Reichstag in Deutschland nicht nachkommen, obwohl frühzeitig kritische Stimmen (SPD etc.) gegen eine brutalisierte Kriegsführung zu vernehmen waren. Ohne die Dominanz des Militärs, der Rolle des Militärkabinetts und die direkte und uneingeschränkte "Kommandogewalt" von KWII über das Militär hätte es in DSWA keinen Genozid unter der Verantwortung von Leutwein gegeben!
Im Deutschen Reich nahm der Kanzler diese Aufgabe war und stützte sich - parlamentarisch und ethisch - dabei auf die "technische Rationalität" der Mittelschichten und ihrer politischen und administrativen Repräsentaten.
Eine These, die beispielsweise von Steinmetz (The Devil`s Handwriting) oder von Bönker (Militarism in a Global age) in Abgrenzung zur "Sonderwegthese" vertreten.
Kitchener initiated plans to flush out guerrillas in a series of systematic drives, organised like a sporting shoot, with success defined in a weekly 'bag' of killed, captured and wounded, and to sweep the country bare of everything that could give sustenance to the guerrillas, including women and children ... It was the clearance of civilians—uprooting a whole nation—that would come to dominate the last phase of the war. (Pakenham, Thomas, The Boer war, 1979).
Das ist ein gutes Beispiel für „selektives“ zitieren. Bei Pakenham steht: „In early March, Kitchener decided to break the stalemate by a double sweeping operation: to flush …..[siehe oben]….sustance to the guerillas: not only horses, but cattle, sheep, women and children. [dann wurde von beorna weggelassen] But were could the women and children be put, if removed from their homes?“
Zwei wichtige Aspekte werden durch die Auslassungen betroffen. Es ist zum einen die Politik der „verbrannten Erde“, die sich nicht gegen Frauen und Kinder als Guerillas gerichtet hatte, wie beornas Zitation impliziert, sondern gegen eine Region insgesamt. Zum anderen ging es „lediglich“ darum, eine Region für die Kriegsführung durch die Buren unbrauchbar zu machen (ein Vorgehen, dass in DOA nachgeahmt wurde), allerdings ungeachtet der verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung, um die sich Kitchener nicht kümmerte. Und die Frage implizierte, wohin die Frauen und Kinder verbracht werden können. Und zum Aufbau der zivilverwalteten Konzentrationslager geführt hatte.
Allerdings ist beorna in der Kritik an Kitchener insofern zuzustimmen – und da folge ich explizit auch Pakenham – dass Kitchener ein ziemlich beschränkter Militär war, der in seinen Persönlichkeitsstrukturen in der Tat einem v. Trotha ähnlich gewesen sein könnte.
Frauen und Kinder in den Konzentrationslagern
Women & Children in White Concentration Camps during the Anglo-Boer War, 1900-1902 | South African History Online
in Britischen KZs mehr als dreimal soviele Buren starben wie Herero und Nama in deutschen KZs
Von v. Heyningen wird eine entsprechende Datenbank zu den britischen Konzentrationslagern gepflegt und aktualisiert.
Ansonsten ist dieser Vergleich wenig aussagekräftig, da die meisten Herero bereits vorher in der Omaheke gestorben sind.
Die Ursachen für die hohen Verluste bei der Zivilbevölkerung in den Konzentrationslagern sehen Hyslop (S. 259) und Heyningen (Pos. 80) in der Haltung von Kitchener. Und kontrastieren die Inkompetenz des Militärs Kitchener mit der planerischen Kompetenz eines Milner, der als Britischer Hochkommisar für Süd-Afrika für eine deutliche Verbesserung der sanitären bzw. humanitären Situation in den Konzentrationslagern gesorgt hatte.
Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass trotz der Kriegsgreuel eine relativ rasche Aussöhnung zwischen den Buren und dem Common Wealth mögllich war. Auch mit der Konsequenz dass ein Smuts eine herausragende politische Rolle am Ende des WW1 für das Commonwealth gespielt hatte.
British Concentration Camps of the South African War 1900-1902
daß es eine Vielzahl von KZs gab, in denen Schwarze interniert waren.
Ein wichtiger Aspekt, der bisher historisch nicht ausreichend untersucht worden ist, trotz erster Studien, die zu dem Thema publiziert worden sind, wie Heyningen konstatiert (vgl. beispielsweise Warwick)
Die Rolle der Schwarzen im Buren-Krieg und den Konzentrationslagern
Role of Black people in the South African War | South African History Online
Hyslop, Jonathan (2011): The invention of the concentration camp. Cuba, Southern Africa and the Philippines, 1896-1907. In: South African Historical Journal 63 (2), S. 251–276.
Pakenham, Thomas (2003): The Boer War. London: Abacus.
van Heyningen, Elizabeth (2010): A tool for modernisation? The Boer concentration camps of the South African War, 1900-1902. In: South African Journal of Science 106 (5-6), S. 52–61.
van Heyningen, Elizabeth (2013): Concentration Camps of the Anglo-Boer War. Auckland Park: Jacana Media.
Warwick, Peter (2004): Black people and the South African War, 1899-1902. Cambridge: Cambridge University Press