Dieter
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Es folgte eine Welle der zwangsislamisierung und des zurückdrängens der ansässigen Bevölkerung. Religiöse toleranz gab es in diesen Gebieten nicht wirklich. Andersgläubige wurden als Dhimma angesehen. Sie mussten erhebliche Steuern zahlen und wurden dabei noch unterdrückt.
Im Bereich des öffentlichen Rechts und der Ausübung religiöser Bräuche waren sie schari'arechtlichen Schranken unterworfen. Dazu zählten bestimmte Kleidervorschriften, das Verbot, religiöse Zeremonien lautstark in der Öffentlichkeit zu begehen oder neue Gotteshäuser zu errichten, sowie weitere rechtliche Einschränkungen
Von einer Zwangsislamisierung zu sprechen, wird den historischen Tatsachen nicht ganz gerecht. Zwangsbekehrungen zum Islam gab es in den wenigsten Fällen, denn die Christen wurden als "Leute des Buchs" betrachtet, die wie die Muslime an den einen Gott glaubten, zudem wie sie Gestalten der Bibel wie Moses, Abraham oder Jesus verehrten. Allerdings war den Christen nach Überzeugung der Muslime nicht die volle Wahrheit zuteil geworden, die durch Mohammed und den Koran offenbart worden war. Und so mussten die Christen die bekannte Kopfsteuer zahlen und waren auch im Rechtswesen bestimmten Beschränkungen unterworfen, die sie als Diskriminierung betrachten konnten.
Man muss aber hinzufügen, dass anders als beispielsweise im christlichen Spanien kaum gewaltsame Bekehrungen erfolgten und die ohnehin brüchige byzantinische Herrschaft in Vorderasien und Nordafrika von den betroffenen Völkern und Stämmen vielfach abgelehnt wurde, da byzantinische Steuereintreiber die Bevölkerung oft aufs Blut auspressten. Somit wurden die Araber sogar zuweilen als Befreier vom byzantinischen Joch begrüßt, denn die Kopfsteuer (Dschizya), die die nichtmuslimischen Schutzbefohlenen (Dhimmi)zu entrichten hatten, war niedriger als die vormaligen byzantinischen Steuerleistungen. Zudem besaß der Islam für viele eine große Anziehungskraft, ganz abgesehen davon, dass eine Konversion auch von allen Einschränkungen des Dhimmi befreite und ein problemloser Aufstieg innerhalb der staatlichen Hierarchie möglich war.
Das sind die Gründe, die zu einer erstaunlich raschen Islamisierung der vormals christlich-byzantinischen Gebiete in Vorderasien und Nordafrika und auch zu einem Sprachwechsel führten. So gaben die Ägypter ihre uralte Sprache auf, sodass etwa 200 Jahre nach der Eroberung nur noch ein ganz kleiner Teil die ägyptische Sprache bewahrt hatte - die Kopten - , während die große Mehrheit zum Arabischen übergegangen war. Das lag sicher daran, dass Arabisch die Sprache der Sieger war und bald auch die Sprache der staatlichen Verwaltung bzw. Administration.
Dass dieses Szenarium nicht in allen von den Muslimen eroberten Gebieten Gültigkeit hatte, zeigt u.a. Persien, wo der überwiegende Teil der Bevölkerung bei der persischen Sprache blieb, ganz abgesehen davon, dass sich dort die schiitische Form des Islam gegenüber der sunnitischen durchsetzte.
Nach knapp 200 Jahren wurden die Kreuzzüge 1291 eingestellt und es begann eine erneute islamische Expansion nach Europa, diesmal von der anderen Seite. Nur 8 Jahre nach Ende der Kreuzzüge fand mit den Osmanen eine erneute Welle der islamischen Eroberung statt
Bereits im Jahr 1071 erlitten die Byzantiner eine verheerende Niederlage gegen die turkstämmigen Seldschuken, sodass als Folge ein großer Teil Kleinasiens verloren ging. 1354 eroberten die Osmanen mit Gallipoli die erste Stadt auf europäischem Boden, 1361 gelang die Einnahme Adrianopels (Edirne), der zweitgrößten byzantinischen Stadt, nach der Schlacht an der Mariza (1371) folgte der Übergriff auf Makedonien (1371) und Bulgarien (1385 und 1396).
Ist es zu gewagt zu sagen das die Kreuzzüge eine Verteidigungsreaktion waren - ist die Behauptung richtig falsch, oder teilweise richtig?
Das halte ich in der Tat für zu gewagt. Immerhin liegen zwischen der Expansion des Islam in Vorderasien und dem Ersten Kreuzzug rund 450 Jahre, sodass Ursache und Wirkung weit auseinanderklaffen. Ausgelöst wurde die Kreuzzugsbewegung erst, als die Päpste den Zugang zu den Heiligen Stätten in Jerusalem und Palästina gefährdet sahen und der byzantinische Kaiser Alexios I. Komnenos mehrere Hilfegesuche an das christliche Europa richtete, da er sein Reich von den türkischen Seldschuken aufs stärkste bedroht sah.
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