Die Marokko-Krisen

Sanderson führt auch aus, das der deutsche Botschafter Hatzfeld vor einigen Jahren Lord Salisbury ausdrücklich bemerkte, Deutschland nehme ein Interesse an der eventuellen Verfügung über die atlantische Küste Marokkos.
 
Wie ist das zu verstehen? Also haben die Briten sehr wohl verstanden, dass die Franzosen die Deutschen demütigen wollten und Recht brachen, ihnen war es aber wichtiger, dass die Deutschen keinen maritimen Stützpunkt in Marokko bekommen?
 
Gemäß Sanderson waren die Engländern über Hatzfeld bezüglich des deutschen Interesses an Marokko im Bilde. Bülow hatte später in einer Reichstagsrede etwas anderes, nämlich Desinteresse, behauptet. Wenn ich Sanderson richtig verstehe, verstand er Bülows Reichstagsrede als eine Aufforderung mit Berlin in Dialog zu treten.

Sanderson hat jedenfalls eine erheblich differenziertere Sicht als Crowe auf Deutschland, der die deutsche Politik und deren Methoden und Absichten nur oder doch überwiegend negativ bewertete. Das war in der Ära der Liberalen so, wo Grey ganz erhebliche Freiräume hatte, die äußere Politik Englands zu gestalten. Beispielsweise war nicht einmal der Premier bei Beginn der inoffiziellen militärischen Gespräche zwischen Frankreich und England informiert. Grey hatte auch die wichtigsten Posten im Foreign Office und Botschafterposten mit Leuten besetzt, die keine freundliche Einstellung gegenüber Deutschland hatten.

Delcassé hatte Deutschland jedenfalls nicht ins Boot geholt und die Konvention von Madrid nicht weiter beachtet. Formal war Deutschland bei den französischen Absichten im Recht.
Mit London und Madrid im Rücken meinte Delcassé möglicherweise sich das leisten zu können. Es wäre sicher erheblich klüger gewesen, Deutschland als Signatarmacht der Madrider Konvention von 1880 ins Boot zu holen.

Die Engländer haben es beim Khedivaldekret vorgemacht wie es geht. Das Delcassé nun auch kein Freund Deutschlands war, das muss nicht erst groß erwähnt werden.

Auf der Konferenz interessierte die Madrider Konvention praktisch überhaupt nicht.

Das deutsche Beharren auf eine Konferenz war ein schwerer strategischer Fehler. Man dachte, warum auch immer, man könne Frankreich demütigen und die Entente sprengen zu können. Nur, das hätte eigentlich schon vorher klar sein können, dass dies nicht gelingen würde. Warum sollten die Franzosen zurückweichen? Es ging in der Hauptsache um das Polizeimandat und Frankreich konnte sich mit großer Beharrlichkeit und Sturheit durchsetzen. Als Deutschland Frankreich sehr weit entgegenkam, nämlich das in sieben von acht Häfen Frankreich das Polizeimandat erhalten könne, lehnte Paris ab. Es setzte sich zu 100% durch, da es England als treuen Genossen aber eben auch Madrid hinter sich wusste. Die Engländer waren durchaus nicht mit dieser Inflexibilität der Franzosen einverstanden, aber wichtiger war der Erhalt der Entente, in der man sich halt zur diplomatischen Unterstützung bei Gegenständen die dort vereinbart worden waren, zusicherte.

Aber auch Madrid war auf der Seite Frankreich. Von Italien ist nichts gekommen. Roosevelt wollte keine Schwächung Englands und Frankreichs. Der Weg mit der Brechstange war nicht geeignet, das Ziel zu erreichen. Deutschland hatte, obwohl es eigentlich im Recht war, aufgrund seiner fehlerhaften Diplomatie eine schwere außenpolitische Niederlage erlitten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Jahre 1902 lag die italienische Staatschuld zu 60% in den Händen Frankreichs. Bei den Schuldverschreibungen der italienischen Bahn lag der größere Teil in den Händen des Deutschen Reiches. Die Umschuldung der Staatsanleihen von 1,2 Milliarden Lire , 600 Millionen auf Italien und je 300 Millionen auf Frankreich und Deutschland zog sich von 1903 bis 1906 hin. Erst nach der Konferenz von Algeciras, ging der größte Teil der Werte nach Frankreich.
 
Um den Übergang zur nächsten Krise zu erleichtern ;was ist der Unterschied zu Bilād al-makhzen und bilād as-siba den man oft hört im Zusammenhang des Protectorats?

Haben die Franzosen wirklich nur einige Städte konrollieren können?
 
Ich habe es mir immer so gemerkt ,da wo der Staat noch kontrolliert und die Outlaw-gebiete ausserdem hat @El Quijote zum "maghzen" in etymologische Kuriositäten was von Elite gesprochen also kann er bestimmt auch mehr über "siba" schreiben.
 
Ich habe es mir immer so gemerkt ,da wo der Staat noch kontrolliert und die Outlaw-gebiete ausserdem hat @El Quijote zum "maghzen" in etymologische Kuriositäten was von Elite gesprochen also kann er bestimmt auch mehr über "siba" schreiben.
Ich kann mich an nichts dergleichen erinnern. Hier der entsprechende Beitrag:
Grundlage ist das Arabische (al-)maḫzan (daraus ital. magazzino, span. almacén, port. armazem). Die Ursprungsbedeutung ist ‚Warenlager‘. Weitere Bedeutungen (Geschäft, Zeitschrift, Patronenbehälter) sind Bedeutungserweiterungen.
 
Ja,habe ich falsch Erinnerung es war ein Wikiartikel:
"The Makhzen is a very ancient notion in Morocco, it roughly coincides with the notion of the feudal state predating the French Protectorate in Morocco. Bilād al-makhzen ('the land of the makhzen') was the term for the areas under central government authority, while those areas still run by tribal authority were known as bilād as-siba ('the land of dissidence').[4] Hubert Lyautey, who served as resident-general of Morocco from 1912 until 1925 during the era of the protectorate, was a fervent proponent of indirect colonisation, especially in Amazigh-speaking areas. Lyautey maintained the role of the Makhzen and even enhanced it by giving important roles to local notables such as Thami El Glaoui. Local notables acted as a relay between the population and the French authorities.[5]"
 
Die deutsche Marokkopolitik wird ja generell kritisiert. Eine Anmerkung zu ersten der beiden Krisen.

Es war nicht die deutsche Reichsleitung, die die Idee gehabt hatte, den französischen Außenminister Delcassè aus dem Amt zu entfernen. Nein, bei Paul Schwachbach, „Aus meinen Akten S.290-292“ ist zu entnehmen, das am 01.Mai 1905 der französische Bankier Betzold Paul Schwabach besuchte und diesem wissen ließ, das der französische Ministerpräsident Rouvier Delcassè gerne aus dem Amte entfernen würde. Diese Nachricht gab Schwachbach unverzüglich an das Auswärtige Amt weiter. Das sollte man wissen, wenn über die bald darauf einsetzende deutsche Kampagne zwecks Entlassung Delcassè spricht.
 
In seiner Londoner Rede, 20.Oktober 1905, führte Sir Edward Grey aus, "Es müsse die Vorbedingung jeder Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland sein, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich ebenfalls gerechte und gute seien. (1)

Am 09.11.1905 äußerte der britische Premier Balfour, dass Europa sich gezwungen sehen könnte, "ein Bündnis gegen eine oder zwei Mächte einzugehen" und eine deutliche Drohung an "nations or rulers" gerichtet, die nationale Eroberungsziele nur durch "Herumtrampeln auf den Rechten ihrer Nachbarn" erreichen zu können.(2)

Bemerkenswert.

Hervorhebung durch mich.


(1) Hallmann, Spanien und die französisch-englische Mittelmeerrivalität 1898-1907, S.66
(2) Hallmann, Spanien und die französisch-englische Mittelmeerrivalität 1898-1907, S.66 f
 
Frankreich und Großbritannien waren entschlossen entgegen dem geltenden Völkerrecht zu handeln. Schon im Vorfeld der Konferenz von Algeciras hatte der überaus rührige und fähige Paul Cambon im Prinzip alle strittigen Punkte, selbstverständlich zugunsten Frankreichs, vorbereitet. Es wurden Absprachen mit Spanien und London getroffen. Es wurde, mal wieder, das deutsche Schreckgespenst des Krieges bemüht. Schon vor der Konferenz, Repington hatte nachgeholfen, wurde ein Gedankenaustausch mit dem französischen Generalstab in die Wege geleitet. Paul Cambon konnte sehr zufrieden sein.
Admiral Fisher hatte dies schon im Sommer 1905 auf eigene Faust getan. Nach der deutschen Niederlage auf der Konferenz, obwohl Berlin vollkommen im Recht war, dürften sich die deutschen Diplomaten wie begossene Pudel gefühlt haben.
 
Am Ende ist festzuhalten, das Frankreich für seinem flagranten Rechtsbruch mit Großbritannien und seiner Sturheit auf der Konferenz von Algeciras üppig belohnt worden ist. Der diplomatische Sieg war vollständig.

Es ist auch nur schwer zu verstehen, weshalb die Deutschen angesichts der Mächtekonstellation überhaupt auf eine solche Konferenz bestanden haben.

Italien war keine Hilfe, sondern hatte sich eher auf die Gegenseite geschlagen. Der deutsche Botschafter Monts teilte hierzu mit: "Das feste Zusammenhalten beider Westmächte, die sich anbahnende englisch-russische Entente und die unbedingte Gefolgschaft, welche, auch wieder unter Englands Patronage, die iberische Halbinsel der gallischen Republik leistete, mussten den Steuermann der appeninischen Halbinsel, wenn anders dieser Pilot ein Staatsmann war, mit ernster Sorge erfüllen." (1)

Die Rolle Österreich-Ungarn durch seinem Vertreter Graf Welsersheim, von der man in der Wilhelmstr. zunächst so begeistert gewesen war, Wilhelm II. von "einem brillanten Sekundanten auf der Mensur, wird durch eine Äußerung des Grafen Welsersheim zurecht gerückt. Gegenüber einen französischen Journalisten äußerte der Graf, Graf Goluchowksi (Außenminister der Monarchie, Anmerkung von mir) sei bekanntlich ein warmer Freund Frankreichs und er "versichere allen Ernstes, das Österreich-Ungarn mehr für Frankreich als für Deutschland getan hat." (2) Diese Auslassung fand dann den Weg in die Londoner Times.

Auch die USA unter Roosevelt neigten mehr den Westmächten zu. Die Russen hielten selbstverständlich zu Frankreich.


(1) Times vom 23.03.1906
(2) Große Politik, Band 21.1, Nr.7141
 
Das Theater und Spektakel anläßlich des "Panthersprunges" nach Agadir ist ja bestens bekannt. Was in den Geschichtsbüchern vollständig unterschlagen wird, ist, wie die Franzosen im Verbund mit den Spaniern,
Jedenfalls war dieser Sherif Raisuli kein Freund der Franzosen und er begriff, was diese tatsächlich mit Marokko vorhatten.
Paris bauschte angebliche Übergriffe in Tanger von Mulai auf, um entschlossen zur Sache zu gehen. Angeblich seien Leib und Leben der Europäer in Gefahr.
Die neue französische Regierung war mal gerade vier Tage im Amt und schickte dann einen Kreuzer nach Marokko, wo bereits ein spanisches Kanonenboot wartete.
Großbritannien war von Paris sebstver.ständlich vorher informiert worden und London signalisierte Treue zur Entente. Kaum zu glauben.
Ein paar Wochen später wollte man ein gemischtes französisch-spanisches Linienschiffgeschwader mit Invasionstruppen an Bord auf der Reede von Tanger vor Anker gehen.

Diesmal waren die Deutschen auf Zack. Der deutsche Gesandte Rosen aktivierten sofort den Sultan. Diese kümmerte sich sofort und "brachte die Dinge vor Ort" wieder in Ordnung. Frankreich wäre es sehr lieb gewesenn schon 1906 die Marokkofrage endgültig im eigenen Sinne zu regeln. So wartete man noch ein paar wenige Jahre auf einen Vorwand, wieder war angeblich Leib und Leben der Europäer in Gefahr.
 
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Die Franzosen wollten nun ein Abkommen mit Spanien und Großbritannien abschließen. Es ging um die Küste Marokkos.

Gegenstand war, das die Mächte überein kämen, im Wege des Verkaufs, der Verpachtung, des Tausches oder sonstwie eine Insel, einen Hafen, einen Küstenplatz,.......ein Fischereirecht, eine Kohlenstation, irgendein Etablissement, das eine dauernde Niederlassung von Seiten einer dritten Macht oder ihrer Landeskinder nach sich ziehen könnte.
Hardinge bezeichnete die allgemeinpolitische Bedeutung und Wirkung eines solchen dreiseitigen Abkommens. Deutschland werde es, wenn es nicht geheim bleibe, als gegen sich gerichtet betrachten und ernstlich verübeln. Ein solches Abkommen würde so aussehen, als ob man das Netz zusammenziehen wolle, das man. über die Betätigung der deutschen Politik ausgespannt habe und es könne Deutschland zu einer Abwehrmaßnahme veranlassen.

Die Spanier waren auch nicht so angetan von dem französischen Vorstoss. Ihr Vorschlag lautete dahingehend, das im Mittelmeer und im Atlantik die Rechte der drei Partner ungeschmälert erhalten bleiben sollen und im Falle einer Bedrohung des Besitzstandes durch eine dritte Macht sich über gemensame Maßnahmen verständigt werden sollte. Grey war einverstanden.

Frankreich solle sein bisheriges Marokkoabkommen mit Spanien durch eine entsprechende Note ja ganz ähnlich ergänzen.
 
Richtig stark was hier rausgearbeitet wird. Ich bin ja noch nicht so lange hier unterwegs, aber für solche Beiträge sollte es soetwas wie eine "Mitglied des Monats" Auszeichnung geben! Top.
 
Der belgische Gesandt in Berlin, Baron Greindl, hat am Ende der Krise für die Notwendigkeit des englischjen Handelns eine ganz einfache, einleuchtende Erklärung gefunden.
"England war durch seinen Geheimvertrag mit Frankreich gebunden....Es geht klar daraus hervor, dass in dem Augenblicke der Unterzeichnung der Algerias-Akte mindestens drei der daran beteiligten Mächte Verpflichtungen untereinander eingegangen sind, die mit den Versprechungen unvereinbar waren, die sie öffentlich gemacht hatten."

Belgische Dokumente, Erster Egänzungsband,S.238

Zur Entente Cordiale führt Baron Greindl aus:
"[...] aber es ist nichtsdestoweniger wahr, dass mit oder ohne schriftliche oder mündliche Verpflichtung jedermann in England oder in Frankreich die Entente Cordiale als ein Defensiv- und Offensivbündnis gegen Deutschland ansieht. Das entspricht genau dem Charakter, den der verstorbene König von England ihr hat geben wollen. Die Entente Cordiale ist nicht auf einer positiven Grundlage der Verteidigung gemeinsamer Interessen begründet worden, sondern auf der negativen Grundlage des Hasses gegen das Deutsche Reich."

Belgische Dokumente, Erster Egänzungsband,S.236
 
Lord Morley, in der Julikrise 1914 Lord President of the Council, zur Marokkokrise und dem britischen Kriegseintritt 1914:

"Das übereilte Auflodern über Belgien war weniger der Empörung über die Verletzung eines Vertrages, als der natürlichen Empfindung zu verdanken, das die Berufung darauf einen guten Grund für eine Intervention zugunsten Frankreichs, für die Entsendung eines Hilfskorps (gemeint ist das Britische Expeditionskorps; Anmerkung von mir) und für alles übrige liefern würde. Belgien musste den Platz einnehmen, welchen früher Marokko und Agadir als Grund zu einem Kriege eingenommen hatten."

Lord Morley, Meine Demission
 
Nachfolgend ein paar Worte zum Vorabend der 2.Marokkokrise:

Am 04.April 1911 erörterte Nicolson mit dem französischen Botschafter in London, Cambon, die Möglichkeit einer französischen Expedition nach Fes. Auf Nicolsons Einwände reagiert Cambon mit dem Hinweis, das er bloß an die Wand mal, was möglicherweise eintreten werden.
Nicolson erklärte Cambon, das er kluger Einsicht in die Verhältnisse, " Wenn die französischen Truppen zu dem Zwecke entsandt würden, um dem Sultan auf seinem Throne zu erhalten, dann sei es klar, dass sie das Land nie mehr verlassen könnten."
Kurze Zeit danach äußerte Nicolson zum russischen Botschafter in London, Benckendorff, das es leichter sei eine Stadt zu besetzen, als sich wieder zurückzuziehen. Im Falle einer Besetzung können politische Komplikationen entstehen. Nicolson ist nicht der einzige, der die Dinge klar kommen sieht.
Der Assistant-Undersecretary Langley meinte, das Deutschland, wenn es die Umstände nicht benützt, um Ungelegenheiten zu machen, einen Preis verlangen wird.
Man hat im Foreign Office die Dinge also klar kommen sehen und auch der warnende Standpunkt anderer ist gehört worden. Eine militärische Expedition der Franzosen nach Fes bedeutet aller Wahrscheinlichkeit nach eine Eroberung und dauernde Besetzung Marokkos. Dieses wird ein Eingreifen Deutschlands zur Folge haben, das dann wohl die Revision der Akte von Algeciras und einen Preis verlangen wird. Crowe erging sich in seinen üblichen Anklagen gegen Deutschland, ohne jede Beachtung oder Berücksichtigung des Völkerrechts.
Als Nicolson von Frankreich darüber in Kenntnis gesetzt wurde, das in Hinblick auf Fes die Lage täglich kritischer werde, eine französische Kolonne bereitgestellt sei, um nach der Hauptstadt vorzurücken, hat der britische Diplomat keine entsprechende Warnung entgegengesetzt, sondern im Prinzip gebilligt.

Wie sehr und wie entscheidend es auf die Haltung Englands ankam, das sah der belgische Gesandte in Paris Guillaume, "vom ersten Tage ab": Der Schwerpunkt der Situation liegt in London."
 
Frankreich stand mittlerweile in Fes als Sir Arthur Nicolson seine Zustimmung zu einem "höchst vernünftigen Programm" der französischen Regierung gab.

Der französischen Botschafter in Madrid, Geoffray, das der Sultan sowohl wie der Machsen, seit einiger Zeit von Frankreich gegängelt werden...und dieses Verhältnis auf ein Protektorat hinauslaufe.

Nun meldete auch Spanien seine Ansprüche aufgrund der spanisch-französischen Geheimkonvention an. Frankreich hatte aber kein großes Interesse sich daran zu halten und wurde hierbei von London unterstützt.

Die Engländer wollten ein erneutes Aufrollen der Marokkofrage verhindern und übten Druck auf Madrid aus.

Crowe meinte hierzu, "wenn wir dies unterließen, fast unvermeidlich zu einer europäischen Krise kommen würde, die abzuwenden in unserer Macht liegt.

Stellt sich die Frage, warum eigentlich nicht der Hebel in Paris angesetzt wurde, denn dort saß der Rechtsbrecher. Der Hebel wurde an der falschen Stelle angesetzt.
Und je mehr die französischen Truppen in Marokko eindrangen, desto schwieriger wurde es den spanischen Tatendrang zu zügeln.

Der englische Protest bei den Spaniern zeigt zunächst kurzfristig Wirkung, wofür die Franzosen sehr dankbar waren. Doch dann besetzten die Spanier die Höhen von Ceuta und fanden die Zustimmung Frankreich und Englands, die da der Meinung waren, man müsse die Spanier ein wenig gewähren lassen, um seine Empfindlichkeit nicht zu verletzen.Das englische Bemühen lief klar darauf hinaus, Spanien aus der Gegnerschaft gegen Frankreich herauszubringen.

Die Deutschen waren in der Marokkokrise Partei. Die Engländer waren es nicht im gleichen Maßen. Um eine Krise zu vermeiden, wäre es von der britischen Diplomatie klug gewesen, zügig den Kontakt mit Berlin herzustellen, um die Rolle eines Vermittlers zu übernehmen. Aber so eine diplomatische Lösung wurde im Foreign Office überhaupt gar nicht erwogen, obwohl man auch dort wußte, das Frankreich das Völkerrecht gebrochen hatte. Im Prinzip hatte hier die eroberungslustige Politik Frankreichs und die Unterlassungen und Versäumnisse der englischen diese Lage geschaffen, in der in England der trügerische Glaube an eine vielleicht noch glückliche Lösung und schlechter Wille den Sieg über die Erkenntnis, die dagewesen war, und über das Gewissen feierten.

Jules Cambon, der französische Botschafter in Berlin, meinte, die britische Unterstützung würde die Deutschen in Schranken halten. Wenn es aber sehe, das die Unterstützung entzogen werden oder nur widerwillig gewährt werde, werde es sofort daran gehen die Lage für sich auszunutzen. Als Pfund für Frankreich wurde Sir Arthur Nicolson gesehen, denn er war ja auch britischer Gesandter auf der Konferenz von Algeciras. Cambons Gedanke fiel auf fruchtbaren Boden. England und Frankreich müssen zusammenstehen, dann wird Deutschland schon zurückweichen.

Kein Gedanke, das man selbst das Völkerrecht gebrochen hatte, kein Unrechtsbewußtsein, sondern nur Überlegungen, wie man sich durchsetzt.
 
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