Die Schlacht an den pontes longi.

Da bin ich schon wieder beim Kopisten, der vielleicht Strabons Werk kannte und deshalb die Annalen von ihrem "Fehler" befreite, indem er die Orte als die bekannten Flüsse umdeutete.

Mittelalterliche Kopisten kannten i.d.R. keine griechischen Texte.
Das Griechische war im lateinischen Mittelalter eine Sprache, die kaum gekannt wurde, was u.a,. zur Folge hatte, dass lateinische Mönche im Mittelalter auf arabische Übersetzungen griechischer Texte zurückgriffen.
 
Aber kleine Abschweifungen sollten noch drin sein dürfen...:winke:
Natürlich. Es geht mir nur darum, dass nicht jeder Thread, der die Jahre 9 - 16 thematisiert eine Neuauflage der Varusschlachtdiskussion ist. Wenn man etwa der Auffassung ist, Kalkriese könne nicht pontes longi sein, weil Kalkriese der Angrivarierwall sei, dann kann man das natürlich schreiben und dagegen auch wiederum, warum Kalkriese nicht der Angrivarierwall sein kann.
 
Mittelalterliche Kopisten kannten i.d.R. keine griechischen Texte.
Das Griechische war im lateinischen Mittelalter eine Sprache, die kaum gekannt wurde, was u.a,. zur Folge hatte, dass lateinische Mönche im Mittelalter auf arabische Übersetzungen griechischer Texte zurückgriffen.

Hallo ElQ,
mir geht es nicht nur um Kopisten des MA. Wie ich schon andeutete, gab es bereits in der Antike massenhaft Fehler beim Abschreiben...
 
Die wichtigste naturräumliche Info vergisst du dabei aber: Dass das Schlachtfeld am Angrivarierwall durch einen Strom (flumen) begrenzt wurde. Den gibt es in der Umgebung von Kalkriese nicht.

Naja, eigentlich ist das eine Information von Tacitus, und wer sich bei strategischer und taktischer Funktion eines Walls vertut, der kann sich auch bei Bach und Fluss vertun. Und kann 'flumen' nicht auch einfach nur Gewässer heißen, womit auch ein einfacher Bach gemeint sein könnte?


Das Thema dieses Thread ist allerdings nicht Kalkriese, nicht der Wall in Kalkriese und nicht die Varusschlacht sondern Caecina und pontes longi - dahin sollten wir allmählich zurückkehren und Kalkriese in diesem Thread nur noch als Kandidaten für pontes longi diskutieren. (Das ist nicht als Kritik an Leg XVII zu verstehen sondern gilt für alle aktiven Mitdiskutanten, einschließlich des Mod Quijott'.)

Participem sum culpae. Aber Varus ist doch irgendwie das Salz in der Suppe von F28, da schweifen wir doch alle nicht ungern weit vom Thema ab :)
 
Das ist auch gut so und ehrt ihn als Geograph! Immerhin gibt es diese Gewässer. Leider hat er sich nicht groß über mögliche Orte in Germanien ausgelassen.
Da bin ich schon wieder beim Kopisten, der vielleicht Strabons Werk kannte und deshalb die Annalen von ihrem "Fehler" befreite, indem er die Orte als die bekannten Flüsse umdeutete.
...diese "Argumentation" (oder besser Spekulation) nimmst du aber nicht selber ernst, oder? ...vielleicht und deshalb... ;)
 
Participem sum culpae. Aber Varus ist doch irgendwie das Salz in der Suppe von F28, da schweifen wir doch alle nicht ungern weit vom Thema ab :)

ähm, was ist F28?

Google gibt mir zu F28 Informationen über einen Flugzeugtyp und zu einem Schaltgetriebe eines Fahrzeuges aus. Aber das ist wohl nicht gemeint, oder?:S
 
Naja, eigentlich ist das eine Information von Tacitus, und wer sich bei strategischer und taktischer Funktion eines Walls vertut, der kann sich auch bei Bach und Fluss vertun. Und kann 'flumen' nicht auch einfach nur Gewässer heißen, womit auch ein einfacher Bach gemeint sein könnte?

Nach meinem Lateinwörterbuch kann "flumen" im Singular nicht einfach nur Gewässer heißen.
Ein einfacher Bach wäre "rivus".

Dass jemand, der sich bei strategischer und taktischer Funktion eines Walls vertut, auch keinen Bach von einem Strom unterscheiden kann, ist keine logische Schlussfolgerung.

Abgesehen davon hast Du noch nicht enmal einen überzeugenden Grund dafür genannt, wieso Tacitus sich beim Wall vertan haben sollte.
 
Hallo dekumatland,

wenn ich diese spekulative Argumentation nicht als denkenswerte Möglichkeit erachten würde, wäre ich nur zum Provozieren unterwegs...
Schau mal, ursprünglich gebrauchte ich diese ja nur um begründen zu können, unter welchen Voraussetzungen Kalkriese tatsächlich die Pontes Longi Schlacht sein könnte, damit tat ich der vorhandenen Quelle, also dem überlieferten Text der Annalen, "Gewalt" an.
Machen wir uns nichts vor, die Gegebenheiten am dortigen Ausgrabungsgelände ließen sich gut auf das bekannte Wissen um die Caecinaschlacht legen. Der Text macht aber sehr deutlich, das dies geographisch nicht sein kann und Ende der Diskussion, die sich jahrelang immer im Kreis dreht.
In meinen Folgebeiträgen hatte ich dann ergänzend versucht aufzuzeigen, was einen (spekulativ) angenommenen Kopistenfehler wahrscheinlich machen könnte.
Natürlich kann man mich jetzt abbügeln oder ignorieren oder zwinkernd als Spaßvogel darstellen, aber lieber wäre es mir, könnte jemand die von mir aufgestellte Spekulation zwingend widerlegen.
Auch interessiert mich dann, warum Germanicus in seiner Kampagne im Jahre 15 alles an Kämpfern rekrutieren lässt, was nicht bei drei auf dem Baum ist - Pedo zieht mit der Reiterei durchs Land der Friesen (sicher auch um deren Aufgebote mitzubringen), er selbst kommt mit der Flotte über die Ems (sicher auch um die Chauken, die aber beidseits der unteren Weser hausen, mitzunehmen), sich dann an der mittleren Ems mit allen Truppen vereinigt - um dann alles zwischen Ems und Lippe zu verwüsten.

Was denn genau hatte er dort vorgefunden bitteschön?
- Er war doch wenige Wochen vorher, von Segestes kommend in etwa der Lippe folgend (?), an den Rhein zurückgekehrt, oder ist er wieder südlich über Mainz gezogen um nach Köln zu kommen (hat man dafür Zeit, wenn der Hauptangriff des Jahres erst noch erfolgen soll?)?
- Auch Caecina zog auf seinem Weg zumindest kurz an der unteren Lippe vorbei, bis er nach Norden abschwenkte.
- Die einzigen feindlichen Germanen der Gegend wurden, quasi nebenher, durch Stertinius mit leichten Truppen erledigt.

Was gab es da Großes in einem Gebiet von vielleicht 30 mal 40 Kilometern zwischen Ems und Lippe zu verwüsten? Warum benötigte er dafür ein derart großes Heer? Angst vor Arminius? Die Truppen nach der Meuterei wieder an Zucht und Ordnung zu gewöhnen? Aber das hatte er ja schon mit dem Feldzug gegen die Chatten gemacht.

Also nochmal, was wollte der Mann mit der ungeheuren Anzahl Kämpfer in einer Gegend, wo eigentlich kein ernsthafter Gegner mehr war? Warum an der Ems im nordeutschen Sumpfgelände rumtingeln, Zeit vergeuden, dann auch noch das Varusheer bestatten und erst damit und dann in der Nähe dessen zu sein, den es zu vernichten galt, ihm dann erst in unwegsames Gelände zu folgen und ohne ernsthafte Endscheidungsschlacht wieder abzuziehen?

Ist das militärisch sinnvoll?
Oder ist er sinnvollerweise die Weser hochgefahren und hat sich beim Ort Amisia mit seinen Truppen vereinigt?

Grüße
Ostfale
 
Hallo ans Forum

@Ostfale
deine Ausführung ist das militärisch einzig Sinnvolle.

Kein Mensch schickt 4 Legionen auf eine rund 1000 km lange Schiffsreise, um damit rund 100 km Wegstrecke zu überbrücken und dann anschließend noch rund 150 km zu marschieren zur Weser. Der Nachschub muß sowieso zur Weser transportiert werden, wenn man dort operieren will.

Als HQ für Germanicus wie auch für Varus könnte man sich absolut Corvey vorstellen. Siehe das Vorbild Lambaesis. Aber der Beweis dafür wird wohl noch auf sich warten lassen, denn an einer tiefgründigen Untersuchung auf römische Spuren in Corvey ist leider keiner interessiert.

Der Rückweg nach der Trennung an der Weser führt dann nach Kalkriese.
Außerdem schreibt Tacitus von der Schlacht an den Langen Brücken und nicht auf denselben. Die sollte Caecina ja erst instandsetzen. Also wird er am Rand des Moores marschiert sein.

1 Punkt für Pontes Longi

Und nochwas zu den Bestattungen

EQ erwähnte ein paar Beiträge Früher die jahrelang freiligenden Knochen.
Dies ist so nicht richtig. Im Kalkriesethread wird immer wieder drauf hingewiesen, das die Knochen mindestens 6 Monate frei lagen.
Bei Pontes longi entkam Caecina nur knapp, man rettete sich auf freies Gelände und wehrte die Germanen ab. Die Verwundeten und Toten, die man im Engpass verloren hatte, holte man mit Sicherheit nicht vollständig zurück.
Das hätte die Rückkehr in den Engpass bedeutet. Die bestattete man entweder im nächsten Jahr oder die Germanen räumten irgendwann auf.
Der Tross des Caecina ging auch in Grossen Teilen verloren. Das als Erklärung für die Funde des Trosses und die Verschrottung.

Und nochwas zum Münzhorizont

Angeblich fehlen in Kalkriese Münzen des Germanicus
Dazu gibt es M.M.n. drei Möglichkeiten:

1. Keine neuen Münzen bis 15 n. im Umlauf
bedeutet Varusschlacht oder Pontes Longi
da beide Heere anwesend sein konnten.

2. Neue Münzen bis 15 n. im Umlauf
Bedeutet unbekannte Schlacht, da keine Hinweise auf das Heer des Germanicus, 8 Legionen beim Bestatten verlieren immer etwas.

3. Alte Münzen mit Gegenstempel
Pontes Longi, da die Legionäre nur zufriedengestellt werden konnten mit Geld, das so nicht vorhanden war, sondern aus der Privatkasse des Germanicus stammte. Das wird nicht für alle gereicht haben, also hat man es aufgewertet per Stempel. Dieses können nur Legionäre des Caecina verloren haben.

Schönes Wochenende

Suebe65
 
Hallo suebe65,

google mal nach "Heribert Klabes und Corvey", falls Du es nicht schon längst gemacht hast. Da findest Du mehrere Seiten, die die Erkenntnisse dieses Bauingenieurs, der nach dem Krieg die beschädigte Anlage reparieren sollte, anschaulich erläutern.
Tatsächlich könnte das Westwerk eine römische Gründung sein, vieles spricht dafür, zumal nach der Entdeckung von Waldgirmes...
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Ostfale

Natürlich kenne ich das Buch und war auch schon da.
Leider sehr umstritten, wie alles was an der vorherrschenden Meinung kratzt.

Aber seit der ersten Übersetzung der Textstelle mit Amisia und Lupia steht so fest wie Kruppstahl, das es die beiden Flüsse sind und nicht die beiden Orte, weil so etwas gab es ja östlich der Weser nicht. Sagt man.

Aber solche felsenfesten Dogmen gibt es auch in anderen Büchern,
z.B. bei Klaus-Peter Johne " Die Römer an der Elbe "
Auf Seite 262 bis 264 behandelt er die Ereignisse um Maximinus Thrax und seinen Feldzug gegen die Elbgermanen und verteidigt die Umschreibung durch Claudius Salmasius 1620 von 300-400 Meilen in 30-40 Meilen, die Thrax nach Germanien eingerückt sei ( Codex Bambergiensis ).
Wörtlich" Dass die Offensive des Jahres 235 und evtl. des folgenden so weit gereicht hätte, ist jedoch ganz und gar unwahrscheinlich."

Spätestens seit der Entdeckung des Harzhornschlachtfeldes
ist diese Aussage Makulatur.

Und wer die Landesausstellung in Braunschweig besucht hat, müßte erkennen, daß das Harzhorn noch nicht die eigentliche Schlacht darstellt, sondern nur ein Überfall der Germanen auf den Tross der Römer auf dem Rückweg nach verml. Mainz darstellt.

Noch ein Wort zum Wall bei Kalkriese:
Wenn man das Lager oder den Weg überfluten will, dann braucht man nicht nur einen Graben, um das Wasser umzuleiten, sondern man muß das Bauwerk auch verteidigen können, sonst kann der Feind das Bauwerk zerstören.
Deshalb der Wall zum Verteidigen der Stauanlage. Außerdem möchte ich gerne wissen, wie die Höhe der Öffnungen im Wall von den Archäologen ermittelt wurde. Waren es so hohe Tore wie die Rekonstruktion in Kalkriese oder nur
niedrige Öffnungen zum Wasserdurchlaß, um das Gelände vor dem Wall unwegsam zu machen. Wenn jemand dazu Infos hat, nur heraus damit.

Schönen Abend
Suebe65
 
Auf Seite 262 bis 264 behandelt er die Ereignisse um Maximinus Thrax und seinen Feldzug gegen die Elbgermanen und verteidigt die Umschreibung durch Claudius Salmasius 1620 von 300-400 Meilen in 30-40 Meilen, die Thrax nach Germanien eingerückt sei ( Codex Bambergiensis ).
Wörtlich" Dass die Offensive des Jahres 235 und evtl. des folgenden so weit gereicht hätte, ist jedoch ganz und gar unwahrscheinlich."

Spätestens seit der Entdeckung des Harzhornschlachtfeldes
ist diese Aussage Makulatur.
Dieser Fall zeigt in erster Linie, wie vorsichtig man damit sein muss, etwas in einer Quelle komplett zu verwerfen oder als Abschreibfehler zu deuten, bloß weil es nicht zur eigenen These passt, angeblich dem "gesunden Menschenverstand" widerspricht oder was auch immer.
 
Tacitus bezeichnet Ems und Lippe nicht nur als flumen, sondern auch als amnis, nach dem Georges:

"amnis , is, m. (vgl. altind. abann »Fluß«, cymr. afon), eig. jedes Gewässer, insbes. ein größeres, der Strom, schiffbar u. unmittelbar ins Meer fließend (hingegen fluvius u. flumen = ein gewöhnl. Fluß), Oxus amnis, Lycus amnis, Curt.: ostium amnis, Liv.: ripa amnis ...

Wörterbucheintrag Latein-Deutsch zu »amnis«. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Hannover 1913 (Nachdruck Darmstadt 1998), Band 1, Sp. 385."

Den neuen Georges besitze ich noch nicht. Außerdem ist der alte im Netz zugänglich. Wer darüber meckern will, sollte den neuen Eintrag dann auch berichten.
 
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Da mein Browser immer wieder geschlossen wird, wenn ich längere Texte posten will, gibt es nun mehrere Kürzere.

Zunächst von einem Westfalen an einen Ostfalen:

Da beißt die Maus keinen Faden ab, denn explizit wird Amisia als der Punkt erwähnt, wo die Truppen sich trennen. Das kann man schlecht wegdiskutieren!

Genau dies stimmt eben nicht. Ich habe weiter oben zwei weitere Möglichkeiten zur Interpretation dieser Stelle angegeben. Wir können der Überzeugung sein, dass die Lokalisierung der Schlacht westlich oder südwestlich der Ems die wahrscheinlichste, oder sogar bei weitem wahrscheinlichste Möglichkeit ist. Dennoch betreiben wir keine Wissenschaft, wenn wir andere Möglichkeiten ignorieren.

Die Teilung an der Ems kann sich auch bloß auf die Abteilung des Germanicus beziehen. Man schrieb schließlich ohne Punkt, Komma, Strich.
 
Als HQ für Germanicus wie auch für Varus könnte man sich absolut Corvey vorstellen. Siehe das Vorbild Lambaesis. Aber der Beweis dafür wird wohl noch auf sich warten lassen, denn an einer tiefgründigen Untersuchung auf römische Spuren in Corvey ist leider keiner interessiert.

Der Rückweg nach der Trennung an der Weser führt dann nach Kalkriese.
Außerdem schreibt Tacitus von der Schlacht an den Langen Brücken und nicht auf denselben. Die sollte Caecina ja erst instandsetzen. Also wird er am Rand des Moores marschiert sein.

1 Punkt für Pontes Longi

Und nochwas zu den Bestattungen

EQ erwähnte ein paar Beiträge Früher die jahrelang freiligenden Knochen.
Dies ist so nicht richtig. Im Kalkriesethread wird immer wieder drauf hingewiesen, das die Knochen mindestens 6 Monate frei lagen.
Bei Pontes longi entkam Caecina nur knapp, man rettete sich auf freies Gelände und wehrte die Germanen ab. Die Verwundeten und Toten, die man im Engpass verloren hatte, holte man mit Sicherheit nicht vollständig zurück.
Das hätte die Rückkehr in den Engpass bedeutet. Die bestattete man entweder im nächsten Jahr oder die Germanen räumten irgendwann auf.
Der Tross des Caecina ging auch in Grossen Teilen verloren. Das als Erklärung für die Funde des Trosses und die Verschrottung.

Und nochwas zum Münzhorizont

Angeblich fehlen in Kalkriese Münzen des Germanicus

Ich hätte zu diesem Beitrag diverse Fragen:

HQ für Varus und Germanicus könnte Corvey gewesen sein.
Könnte!
Aber warum? Und welche tiefgründige römische Spuren gibt es in Corvey, die intensive Nachforschungen rechtfertigen? Und gibt es Hinweise auf Varus oder Germanicus? Solche Vermutungen entbehren jeglicher Grundlage.

Welche Trennung an der Weser meinst du denn?
Lt. Tacitus geschah diese Trennung an der Ems und Kalkriese liegt östlich der Ems. Das Caecina, dessen Ziel westlich der Ems liegt, zunächst einmal wieder nach Osten geht ist absolut unlogisch. Nun gibt es immer wieder Vermutungen, daß der Tacitus Weser und Ems verwechselt hat. Aber das sind nur Vermutungen. Der Text sagt nunmal anderes aus. Da sind wir wieder mal bei der Vergewaltigung der Quellentexte.

Und in Bezug auf die Knochen:
Diese lagen nicht 6 Monate, sondern mindestens 2 Jahre an der Oberfläche. Dies ist eigentlich gesichert, da die Skelletierung erst nach 2 Jahren abgeschlossen gewesen sein kann. Unterstellt man eine Bestattung durch die Römer nach der pontis longi Schlacht, dann müßte diese Bestattung frühestens 17 n. Chr. stattgefunden haben. Da gab es allerdings keine Römer mehr in Germanien. Die Germanicus Feldzüge wurden 16 n.Chr. abgebrochen. Und woher nimmst du bitteschön die "Sicherheit", daß die Römer ihre Toten nach der Caecina Schlacht nicht geborgen haben? Die Quellen geben diese Vermutung sicherlich nicht her.
Und warum sollten die Germanen aufgeräumt haben? Aus welchem Grund? Und warum haben sie erst nach 2 Jahren aufgeräumt?

Und im Fundspektrum von Kalkriese gibt es keine Münzen aus einem möglichen Germanicus Horizont. Das ist eine Tatsache. Vieleicht könntest du deine Wortwahl, insbesondere das Wort "angeblich" näher erläutern.
Da bin ich sehr gespannt.
 
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Welche Indizien gibt es für solch eine gewagte obige Annahme?
1. Kein Text eines antiken Autors ist als Autograph erhalten, alle sind mehr oder weniger häufig kopiert worden.
2. Kein antiker Text hat den Weg durch die Jahrhunderte fehlerfrei überstanden. Delz schreibt, jeder Fehler ist ein Sonderfall und kann die verschiedensten Ursachen haben, oft wirken mehrere Gründe zusammen.
3. Der Tacitustext ist nur in einem kopierten Exemplar erhalten. Vergleichende Betrachtungen können sich also nicht direkt auf den Text beziehen um mögliche Fehler zu erkennen, sondern es lassen sich nur genannte Fakten mit anderen Quellen vergleichen.
4. In unzähligen antiken Texten konnten auf diese oder jene Weise viele enthaltene Kopierfehler entdeckt und korrigiert werden, wenn überhaupt möglich. Oft wird dabei auch vom inhaltlichen Sinn ausgegangen.
5. Es gibt die Ortsangaben bei Ptolemäus zu Amisia und Lupia, wenn auch original in Griechisch.
6. Es gibt einen angenommenen "Irrtum" bei Tacitus, hervorgerufen durch die Verwendung von Weser, wo nach erhaltenem Text besser Ems gestanden hätte.
7. Unlogische Verhaltensweisen der Römer: Beim zweiten Feldzug von Germanicus im Jahre 16 befindet er sich schon mit Truppen rechts des Rheins um dann dorthin zurückzukehren, auf die 1000 Schiffe zu steigen und in die dem Rhein sehr nahe Ems einzufahren und gleichzeitig der Hälfte der Truppen den Befehl gibt über Land zum Treffpunkt zu kommen. Sicher nahm er sehr viel Ausrüstung und Fourage mit, aber dann bloß bis zur Ems, wo doch sein Hauptstoß in Richtung Weser und dahinter ging und er die ganze Bagage nun auch über Land mitschleppen musste?
Warum nicht gleich mit 1000 Schiffen in die Weser einfahren und nahe dem Ziel ausschiffen? Warum so dilletantische Fehler beim Ausladen nahe der Emsmündung, auch noch zur falschen Seite um dann mühevoll Brücken zu bauen damit die andere Fluss-seite erreicht werden konnte?
Dies soll nur eine kleine Auswahl der militärischen "Schwächen" sein, die Tacitus schildert.

Zu 7: Der Hauptstoß ging zwischen Ems und Lippe. Der Besuch des Schlachtfeldes, welches, ob Kalkriese oder nicht, in Reichweite der Basis an der Ems gelegen haben wird, wird mit einem Affekt begründet. Arminius lockte Germanicus später in eine ungünstige Position. Die Weser wird nicht erwähnt. Er kehrt um. Ob er sich schon vor der Ems von Caecina getrennt hat, wird aus der Quelle nicht deutlich. Jedenfalls konnten sie aufgrund der Truppenstärke nicht gleichzeitig auf demselben Marschweg zurückgehen. Brücken mag man schon allein für die Abteilung des Caecina gebaut haben, der die Ems sowieso queren musste. Das Lager mag auf dem westlichen Ufer auch besser angelegt gewesen sein. Vielleicht war es auch einfacher ein altes, zufällig vorhandenes Marschlager zu befestigen. Eine Brücke über die Ems war für die Römische Armee sicher kein großes Projekt, zumal wenn das Lager an der Grenze der Schiffbarkeit gelegen hat. Ein Lagerplatz für mehrere Legionen zu finden, dürfte nicht überall so leicht sein. Und, wie schon gesagt, können die Brüche bei Tacitus auf dessen Haltung zu den Protagonisten beruhen. Da sehe ich keine unlogische Verhaltensweise der Römer. Es wird bis zu einem Punkt vorgegangen, den man als Basis nutzen kann und die feindlichen Stämme der Umgegend werden eingeschüchtert. Dann zieht man sich zurück. Im nächsten Jahr ging man weiter vor. (Das die Germanen da wider Erwarten ein Wörtchen mitreden konnten, spielt ja für die Anlage des Feldzuges keine Rolle.)

zu 6: Ein Fehler, wie ihn auch heute noch Historiker machen. Dies ist der einzige Anhaltspunkt, für eine Korrektur des Überlieferten Textes. Er ist nicht zwingend und hat erst mal nichts mit Ems und Lippe zu tun.

Die anderen Argumente besagen nur, dass Fehler in der Überlieferung vorkamen. Aber, wie Du selbst schreibst, müssen sie begründet werden. Und natürlich kann man anhand des Textes argumentieren, wenn nur ein Überlieferungsstrang vorliegt. Das habe ich ja auch weiter oben im Thread getan.

EDIT: Da hab' ich doch glatt des Ptolemäus Orte unter 5 vergessen. Wenn man davon ausgeht, dass es diese Orte gab, und es gibt eigentlich keinen Grund dies zu bezweifeln, muss man in der Tat darauf achten, ob eine Quelle falsch interpretiert wurde. Amisia kommt in den Kapiteln 60 bis 63 des ersten Buchs der Annalen 3mal vor, Lupia 1mal. Amisia wird als flumen und amnis bezeichnet, einmal steht nur der Name. Lupia wird - zusammen mit der Amisia - als amnis bezeichnet. Nachdem der Feldzug gar nicht zur Weser geführt wurde, gibt es auch keinen durch die Geographie vorgegebenen Grund, dass nicht die Flüsse gemeint sind. Damit ist der Verdacht einer Verwechslung von Ort und Fluss an dieser Stelle hinfällig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo dekumatland,

wenn ich diese spekulative Argumentation nicht als denkenswerte Möglichkeit erachten würde, wäre ich nur zum Provozieren unterwegs...
Schau mal, ursprünglich gebrauchte ich diese ja nur um begründen zu können, unter welchen Voraussetzungen Kalkriese tatsächlich die Pontes Longi Schlacht sein könnte, damit tat ich der vorhandenen Quelle, also dem überlieferten Text der Annalen, "Gewalt" an.
du kannst mittels einer Spekulation irgendetwas begründen? ... alle Achtung, das können nicht viele...
(du verzeihst mir die Ironie hoffentlich)

Ich will deine Überlegungen, was wann wo gewesen sein könnte, gewiß nicht irgendwie runtermachen oder so - vielmehr weise ich dich auf problematische Bestandteile deiner Argumentation hin: es ist für interessierte Mitleser schwer verdaulich, wenn eine Spekulation als Begründung verwendet wird.

In diesem Sinne einfach anders gefragt: kannst du deine Deutung auch plausibel darstellen, ohne dass sowas wie mit der Spekulation passiert? (das, was ich anmerke, betrifft nicht den Inhalt deiner Überlegungen, sondern nur die Argumentationsweise)
 
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