Die Völkerwanderung als große Migration

warum soll nicht genau das passiert sein? Der Abzug ist anscheinend archäologisch mit am schwersten nachzuweisen. Holzhäuser brechen halt irgendwann zusammen.

Die Herkunft der meisten Stämme haben die Archäologen und Prähistoriker ziemlich genau bestimmen können. So ist es keine Frage, dass die Vandalen mit ihren Stammesteilen Silingen (Schlesien!) und Asdingen im Raum von Oder, Weichsel und oberer Theiß siedelten, bevor sie ihre Wanderung durch Europa antraten, die Burgunder im Raum zwischen Elbe und mittlerer Oder saßen, die Langobarden an der Unterelbe, wo im Raum Lüneburg noch heute der "Bardengau" und der Ort Bardowick zu finden sind.

Dass die Stämme der germanischen Völkerwanderung bei ihren Wanderzügen unter einer Leitung durch König oder Herzog und Adel standen, die über Schicksal und Ziel des Zuges entschieden, ist ebenfalls eine Tatsache.

Warum sollen sich nicht Teile der Ostgermanen als Slawen wiederfinden lassen?

Es ist gut denkbar, dass in den alten Sitzen zurückgebliebene Stammesteile der Vandalen, Burgunder oder anderer germanischer Gruppen im Zuge des slawischen Vordringens Richtung Elbe-Saale slawisiert wurden. Der Raum bis zur Elbe war nach Abzug der Germanenstämme zwar siedlungsarm, aber nicht siedlungsleer. So stießen sie Slawen ab dem 5./6. Jh. nicht in ein völliges Vakuum. Ob sich allerdings Reste der germanischen Stämme vor den vordringenden Slawen möglicherweise auch nach Westen zurückzogen, ist heute nicht mehr zu entscheiden.
 
Dass die Stämme der germanischen Völkerwanderung bei ihren Wanderzügen unter einer Leitung durch König oder Herzog und Adel standen, die über Schicksal und Ziel des Zuges entschieden, ist ebenfalls eine Tatsache.

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Klar.
Stichwort: Königsheil
Aber auch damals wird es den "Stubenhocker" gegeben haben, auch damals wird es den wackeren Germanen gegeben haben der sagte: "Unter dem seiner Führung? Eher einen Selbstmord."
 
Aber auch damals wird es den "Stubenhocker" gegeben haben, auch damals wird es den wackeren Germanen gegeben haben der sagte: "Unter dem seiner Führung? Eher einen Selbstmord."

So lange sich die adlige Stammesführung einig war, konnte ein Rebell wohl wenig ausrichten. Er musste entweder klein beigeben oder wurde verbannt, was bei einem durch fremde Länder und feindliche Bewohner wandernden Stamm das Todesurteil bedeuten konnte.

Gewiss gab es jedoch Führungskämpfe um Macht und Ansehen, aber dass sich Stämme gespalten hätten, ist mir nicht bekannt. Es ist aber gut möglich, dass keine Quelle über derartige Abspaltungen berichtet, die entweder untergingen, oder sich einem anderen Stamm anschlossen, wo sie wegen des Zustroms an neuen Kriegern gern aufgenommen wurden - sofern sie Wohlverhalten zeigten und sich der neuen Führung unterwarfen. Im Hinblick auf die ethnische Situation zitiere ich ergänzend zu meinen Ausführungen aus dem Lexikon des Mittelalters:

Neben den bekannten Stämmen müssen ständig verschiedene anonyme Gruppen unterwegs gewesen sein, sodass von in sich geschlossenen Ethnien nicht die Rede sein kann ... Alle Reiche etablierten sich nicht zuletzt durch Verbindung mit der bestegenden romanisierten Oberschicht und Schaffung einer Rechts- und Verwaltungsstruktur, in der Spezifisches sich mit dem römischen Vorbild verband, doch unter allmählicher Vermischung der ethnischen Bestandteile. Die Schichtung des Königtums, Adel und Gemeinfreie, blieb in der Regel erhalten. Die Annahme des Katholizismus förderte den Prozess der Transformation ...

(Lexikon des MA, Band VIII, München 2003, S. 1822 f.)

Wie überall wird die auch hier die Heterogenität der wandernden germanischen Stämme hervorgehoben, deren Bevölkerungsstruktur sich während der jahrzehntelangen Wanderung ständig veränderte. Das änderte sich erst bei einer festen Ansiedlung mit Reichsgründung, wobei es zu einem erneuten Assimilierungsprozess zwischen der romanisierten autochthonen Bevölkerung und der - sehr dünnen - Schicht zuwandernder Germanen kam.

Dass der Übertritt zum Katholizismus diese ethnische Transformation beschleunigte, steht außer Frage. Die überlieferte Situation im spanischen Westgotenreich oder auch im Frankenreich zeigt das deutlich.
 
So lange sich die adlige Stammesführung einig war, konnte ein Rebell wohl wenig ausrichten. Er musste entweder klein beigeben oder wurde verbannt, was bei einem durch fremde Länder und feindliche Bewohner wandernden Stamm das Todesurteil bedeuten konnte.

Gewiss gab es jedoch Führungskämpfe um Macht und Ansehen, aber dass sich Stämme gespalten hätten, ist mir nicht bekannt. Es ist aber gut möglich, dass keine Quelle über derartige Abspaltungen berichtet, die entweder untergingen, oder sich einem anderen Stamm anschlossen, wo sie wegen des Zustroms an neuen Kriegern gern aufgenommen wurden - sofern sie Wohlverhalten zeigten und sich der neuen Führung unterwarfen. Im Hinblick auf die ethnische Situation zitiere ich ergänzend zu meinen Ausführungen aus dem Lexikon des Mittelalters:



Wie überall wird die auch hier die Heterogenität der wandernden germanischen Stämme hervorgehoben, deren Bevölkerungsstruktur sich während der jahrzehntelangen Wanderung ständig veränderte. Das änderte sich erst bei einer festen Ansiedlung mit Reichsgründung, wobei es zu einem erneuten Assimilierungsprozess zwischen der romanisierten autochthonen Bevölkerung und der - sehr dünnen - Schicht zuwandernder Germanen kam.

Dass der Übertritt zum Katholizismus diese ethnische Transformation beschleunigte, steht außer Frage. Die überlieferte Situation im spanischen Westgotenreich oder auch im Frankenreich zeigt das deutlich.


Ich meinte es so, dass eben nicht jeder mitgegangen ist. Manche an den alten Plätzen blieben.
Es muss aber immer wieder Gruppen gegeben haben, die irgendwo "blieben" nicht weiter mitzogen.
Wie hätte Theoderich sonst auf dem Balkan die Hälfte seines "Stammes" sonst verlieren können, und durch andere Gruppen wieder auffüllen können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um noch mal zu den Traditionskern von Alanen und Vandalen zurückzukommen, will für die Erdnuss plädieren. Eben ein Nuss mit zwei Kernen.
406 überschritten Vandalen, Alanen und Sueben den Rhein und fielen gemeinsam ins Imperium ein. Interessant ist, dass alle drei Stämme trotz gemeinsamer Sache eigene Reiche auch der iberischen Halbinsel gründeten. Trotz der jahrelangen gemeinsamen Wanderung waren die Stammesunterschiede offenbar noch nicht aufgeben.
429 schifften sich Vandalen und Alanen nach Afrika über und nun wurde ein gemeinsames Reich der Vandalen und Alanen gegründet. Mit der neuzeitlichen Form "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" haben sie die Barbaren wohl nicht interessiert. Ich gehe davon aus, dass nach einer Generation noch beide Sprachen gesprochen und durch mündliche Überlieferung oder eigene Erfahrung konnte der einzlne Barbar wahrscheinlich doch wissen, ob sein Vater oder Großvater ein Alane, Vandale oder Suebe war. Das Reich in Nordafrika währte gerade einmal hundert Jahre.
An der anderen ethnischen Identität der Romanen und Berber hat die vandalische Oberschicht gar nicht gestört, die andere konfessionelle Zugehörigkeit der Untertanen störte die überzeugten Arianer hingegen schon. Ich gehe auch davon aus, dass die arianische Konfession wesentlich zur Trennung von eingewanderten Barbaren und alteingessenen beigetragen und vielleicht auch den Erhalt einer germanischen Sakral-Sprache gefördert hat. Eine Minderheit arianischer Barbaren als Parallelgesellschaft in einer mehrheitlich römisch-trinitarische Mehrheitsgesellschaft?
Nach Beseitigung des eigenen Reich durch die Byzantiner und der Rückfühung der arianischen Ketzer in die trinitarische Kirche, hat wohl auch das Vandalentum seinen Glanz verloren und jene weniger als 1% der Bevölkerung ausmachene Ethnie, ist irgendwie verschwunden. Egal ob nun romanisiert, berberisiert oder arabisiert. Karthago wurde immerhin schon 698 von den Arabern erobert.

Was den Erhalt der Sprachen betrifft, so ist erstaunlich, dass diese nicht an den Erhalt der ethnischen Identität und den Erhalt der Königreiche gebunden ist. Bestes Beispiel ist das bekannte Krimgotisch. Der Gotenname verschwindet nämlich tatsächlich recht schnell am schwarzen Meer, stattdessen ist von Tetraxiten. Den neuzeitlichen Reisenden begegnen am Schwarzen Meer auch nicht die letzten Goten sondern "deutsch"sprachige Tataren.
Zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus befindet sich ohnehin eine Art Sprachenschutzgebiet. Dort überdauerten auf engsten Raum offenbar gotische, alanische, awarische und hunnische Sprachreste die Völkerwanderungszeit noch ein Jahrtausend. Und natürlich auch noch Griechen, Slawen, Türken, Georgier, Kaukasier...
In den zivilisierteren, relativ dicht besiedelten Gegenden wie Spanien, Italien, Südgallien und Nordafrika setzte sich die romanische Sprache durch, an der Periphrie in Britannien, am Rhein und eben am Schwarzen Meer überlebten die Sprachen der Barbaren.

Gewiss gab es jedoch Führungskämpfe um Macht und Ansehen, aber dass sich Stämme gespalten hätten, ist mir nicht bekannt. Es ist aber gut möglich, dass keine Quelle über derartige Abspaltungen berichtet, die entweder untergingen, oder sich einem anderen Stamm anschlossen, wo sie wegen des Zustroms an neuen Kriegern gern aufgenommen wurden - sofern sie Wohlverhalten zeigten und sich der neuen Führung unterwarfen.
Tatsächlich sind aber zur Genüge Fälle bekannt, in denen sich die Oberschicht zerstritten hat. Bestes Beispiel sind die Franken und Allamannen. Vor Chlodwig hatten die Franken zahlreiche Könige, die einander bekriegten. Chlodwig hat dann einen nach dem anderen beseitigt und sich zum alleinigen König gemacht. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Reich mehrfach geteilt, was der fränkischen Identität nicht im geringsten gschadet und die jeweiligen Konflikte der Oberschicht scheinen auch rein gar nichts mit innerfränkischen Tribalismus der Salier und Ripuarier zu tun zu haben.
 
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Ich meinte es so, dass eben nicht jeder mitgegangen ist. Manche an den alten Plätzen blieben.
Es muss aber immer wieder Gruppen gegeben haben, die irgendwo "blieben" nicht weiter mitzogen. Wie hätte Theoderich sonst auf dem Balkan die Hälfte seines "Stammes" sonst verlieren können, und durch andere Gruppen wieder auffüllen können.

Ja, gewiss ist das so!

Wie ich oben schon sagte, haben sich bestimmt im Verlauf der Wanderungen Stammesteile abgespalten, doch ist über deren Schicksal aus zeitgenössischen Quellen nichts bekannt. Man kann vermuten, dass diese Gruppen entweder untergingen oder sich anderen Stämmen anschlossen und im Verlauf von ein bis zwei Generationen deren Identität annahmen.

Wiederum andere sind möglicherweise zurückgeblieben, verloren ihre Identität und verschmolzen mit der autochthonen romanisierten Bevölkerung.
 
Um noch mal zu den Traditionskern von Alanen und Vandalen zurückzukommen, will für die Erdnuss plädieren. Eben ein Nuss mit zwei Kernen.

Ich weiß nicht, was du uns damit sagen willst. Die Alanen bewahrten auch im Verbund mit den Vandalen ihre Identität, weil es sich um eine große und zudem nichtgermanische, nämlich iranische Gruppe handelte, die noch in Spanien unter eigenen Königen Land nahm. Erst als sie im Jahr 418 gegen die Westgoten eine vernichtende Niederlage erlitten, gaben sie ein eigenes Königtum auf und schlossen sich den Vandalen an. Seit diesem Zeitpunkt urkundeten die Vandalenkönige rex vandalorum et alanorum.

Allerdings hat die Forschung in Nordafrika keine Unterschiede zwischen Alanen und Vandalen mehr feststellen können, denn das archäologische Fundgut hat keine Unterschiede mehr erkennen lassen. Somit ist zu vermuten, dass beide Volksteile verschmolzen und gemeinsam der Romanisierung in Nordafrika unterlagen.

Es ist müßig zu spekulieren, wie lange die Alanen wohl ihr iranisches Idiom beibehalten haben. Sicher ist auf jeden Fall, dass es im Zuge der Romanisierung verschwand oder verschwunden wäre, wobei man raten kann, ob das nun in 100, 150 oder 200 Jahren geschehen wäre. Da jedoch das Reich der Vandalen nach kurzer Zeit durch den Vorstoß Ostroms unterging, erübrigen sich derartige Spekulationen.
 
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Die Slawen scheinen sich aber ja überwiegend friedlich vom Dnjepr zur Elbe ausgebreitet zu haben.

Diese Gebiete waren ja auch ziemlich entvölkert. Dass die Slawen nicht immer friedlich siedelten, davon konnte der byzantinischen Hof ein Lied singen. In unseren Breiten plünderten sie u.a. Hamburg und Ribe/Jütland, Karl der Große überließ ihnen als Dank für Waffenhilfe einst sächsische Gebiete an der Unterelbe und in Holstein.
 
Zitat aus AiD Sonderheft Völkerwanderung
Aufsatz von Walter Pohl "Die Völkerwanderung: Wandlungen und Wahrnehmung"
"... ...diese Völker waren es auch, die in der Völkerwanderung die Initiative ergriffen. Ihr Zusammenhalt sollte zunächst nicht überschätzt werden. Eine Diskussion, ob Franken und Alemannen vor der Wanderungszeit Stammesbünde oder Stammesverbände waren, verkennt die pauschale Bedeutung der neuen Großgruppenbezeichnungen ebensowie den dynamischen Charakter der Entwicklung. Vor der Schlacht bei Straßburg 357 musste das Alemannenheer durch zahllose Einzelabmachungen zwischen alemannischen Kleinkönigen zusammengebracht werden. Manches deutet daraufhin, dass bei der Zuordnung zu Franken und Alemannen in den schriftlichen Quellen zunächst römische Klassifizierungen ausschlaggebend waren und sich die Namen erst langsam als Selbstbezeichnungen durchsetzten. Die ältere Forschung hat den ethnischen, quasi angeborenen Zusammenhalt der Völker der Völkerwanderungszeit weit überschätzt. In Wirklichkeit handelte es sich um Völker im Werden, bei denen die Zugehörigkeit noch stark fluktuierte."

Der grundsätzlichen Bedeutung wegen habe ich länger zitiert.

Bei den Burgundern, insbesondere in der Westschweiz, hat sich anhand der Schädeldeformationen ein nicht gerade kleines "hunnisches Element" nachweisen lassen. Andere ethnischen Merkmale sind bis dato archäologisch ja nicht nachzuweisen. Kann man also lustig über größere Zahlen spekulieren.

Die Burgunden auch als Modell zur Idenditätsbildung:
Die Burgunden, als Ethnie in der Sabaudia nach einer Generation bereits kaum mehr nachzuweisen, nicht über Funde (eine "Burgundische Kunst" gab es wohl nie), nicht über Sprachreste. Aber noch über anderthalb Jahrtausende der Name immer neuer Staatsgebilde. Soviel zur Idenditätsbildung durch die Übernahme des Namen einer erfolgreichen Gruppierung.

Edit: aus einem heutigen Beitrag von rinoabutzle
KHM Wien - Burgundisches Erbe
Hallo zusammen!

Bis Jänner findet im Kunsthistorischen Museum in Wien eine Sonderaustellung statt, die sich mit dem burgundischen Erbe der Habsburger beschäftigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Gebiete waren ja auch ziemlich entvölkert. Dass die Slawen nicht immer friedlich siedelten, davon konnte der byzantinischen Hof ein Lied singen. In unseren Breiten plünderten sie u.a. Hamburg und Ribe/Jütland, Karl der Große überließ ihnen als Dank für Waffenhilfe einst sächsische Gebiete an der Unterelbe und in Holstein.

Die germanische "Landnahme" erfolgte regelmäßig mit erheblicher Gewalt.
Die slawische wohl nicht.
Aber natürlich keine Regel ohne Ausnahme.
 
Bei den Burgundern, insbesondere in der Westschweiz, hat sich anhand der Schädeldeformationen ein nicht gerade kleines "hunnisches Element" nachweisen lassen.

Das war zwar eine aus der Steppe überkommene Mode, wurde aber eine Zeitlang auch beim germanischen Adel, besonders bei Frauen, praktiziert. Es ist kein Beleg für ethnische Hunnen in der Schweiz.
 
Die germanische "Landnahme" erfolgte regelmäßig mit erheblicher Gewalt.
Die slawische wohl nicht.

Warum soll die anders abgelaufen sein? Nur weil wir kaum Schriftquellen darüber besitzen, muss der europäische Hinterhof nicht automatisch ein Hort der Friedfertigkeit gewesen sein.
 
Das war zwar eine aus der Steppe überkommene Mode, wurde aber eine Zeitlang auch beim germanischen Adel, besonders bei Frauen, praktiziert. Es ist kein Beleg für ethnische Hunnen in der Schweiz.

AaO Von der multikulturellen Gesellschaft zum staatstragenden Volk, aufsatz von Reto Marti

"Ein weiteres reiternomadisches Element sind künstliche Schädeldeformationen. Die Sitte, den Schädel von Kleinkindern so zu bandagieren, dass er turmartig in die Höhe wächst, etablierte sich nur kurze Zeit im westlichen Europa, als die Hunnen nach Gallien drängten. .... ist nicht davon auszugehen, dass die Burgunder selbst diesem Schönheitsideal anhingen.... Andererseits ist das Merkmal wertvoll, weil es als einziges nicht von der Grabbeigabensitte abhängt. Das gehäufte Vorkommen in der Westschweiz und angrenzenden Gebieten dürften von Personen aus dem reiternomadischen Umfeld stammen, die ihre "Behandlung" noch vor 438 erfahren haben."

Ich habe "Reiternomadisch" mit "Hunnisch" übersetzt. Sorry.
 
Den Schädeln sieht man ja nicht an, welche Sprache ihre Träger redeten. Hunnisch galt damals als "in". Tante Wiki formuliert da vorsichtiger:
In der Völkerwanderungszeit brachten die Hunnen den Brauch aus den asiatischen Steppen mit, und er ist im 5. und 6. Jahrhundert gelegentlich an Grabfunden der von den Hunnen unterworfenen oder beeinflussten germanischen Völker wie den Alamannen, Thüringern und Burgundern nachweisbar. Dabei wurde der Kopf mit fest geschnürten Bandagen vom Kindesalter an in eine längliche Form gebracht. Oft hatte die Schädeldeformation eine soziale Bedeutung und war der Oberschicht vorbehalten.
 
Warum soll die anders abgelaufen sein? Nur weil wir kaum Schriftquellen darüber besitzen, muss der europäische Hinterhof nicht automatisch ein Hort der Friedfertigkeit gewesen sein.

aAO "Epilog" Mathias Knaut und Dieter Quast
"Die in diesem beschriebenen Völker mit ihren jeweils individuellen Migrationsgeschichten zeigen aber, dass kriegerische Eroberungen nur eine Möglichkeit sind. Eine andere sind friedliche Umsiedlungen, wie bei den Burgunden, oder der wohl eher friedliche Zuzug in schwächer besiedelte Gebiete, wie bei den Slaven in die nordostdeutschen Gebiete. "
 
Den Schädeln sieht man ja nicht an, welche Sprache ihre Träger redeten. Hunnisch galt damals als "in". Tante Wiki formuliert da vorsichtiger:


Wohl doch: (zumindest ein bißchen:cool:)
vom aO:
"Deformationen dieser Art finden sich sowohl an mongoloiden wie europiden Schädeln beiderlei Geschlechts"
 
"Deformationen dieser Art finden sich sowohl an mongoloiden wie europiden Schädeln beiderlei Geschlechts"

Die rund 80 Jahre hunnischer Herrschaft haben halt ihre Spuren hinterlassen. Der Eindruck, den die vermutlich turkstämmigen nomadischen Reiterkrieger auf die Germanen hinterließen, muss unglaublich stark gewesen sein. Spuren davon sind bekanntlich in der Edda, im Nibelungenlied und anderen Sagenkreisen zu finde.

Insofern kann es nicht verwundern, dass die der Forschung seit langem bekannte Kopfdeformation bei germanischen Populationen dieser Epoche eine hunnische Modeerscheinung kopierte.
 
Insofern kann es nicht verwundern, dass die der Forschung seit langem bekannte Kopfdeformation bei germanischen Populationen dieser Epoche eine hunnische Modeerscheinung kopierte.

Die obige Aussage (Reto Marti sitzt in Liestal) steht in Bezug auf die Burgunden und hier speziell auf die archäologischen Ausgrabungen in der Westschweiz.
Mag lange bekannt sein, mir ist es neu.
 
Die Burgunden auch als Modell zur Idenditätsbildung:
Die Burgunden, als Ethnie in der Sabaudia nach einer Generation bereits kaum mehr nachzuweisen, nicht über Funde (eine "Burgundische Kunst" gab es wohl nie), nicht über Sprachreste. Aber noch über anderthalb Jahrtausende der Name immer neuer Staatsgebilde. Soviel zur Idenditätsbildung durch die Übernahme des Namen einer erfolgreichen Gruppierung.

Wie rasch germanische Stämme innerhalb fremder Völker ihre Identität verloren, lässt sich nicht verallgemeinern. Eine solche "germanische Identität" konnte sich dort am längsten erhalten, wo ein germanisch dominierter Staat mit germanischer Führungsschicht bestehen blieb. Das war z.B. beim spanischen Westgotenreich der Fall, das immerhin über 200 Jahre Bestand hatte und wo noch bis zur Vernichtung durch die Araber im Jahr 711 die gotische Sprache nicht völlig erloschen war, der Adel gotische Namen trug und nach zeitgenössischen Quellen stolz auf seine gotische Herkunft war - ein Element, das übrigens bei Beginn der spanischen Reconquista als Neogotizismus belebt wurde und auch der antimuslimischen Propaganda diente.

Das Reich der Burgunder in der Sabaudia hingegen lebte nur wenige Jahrzehnte, bis es vom Frankenreich erobert wurde. Eine starke Identität hatte sich also nicht ausbilden können oder verlor sich nach der fränkischen Unterwerfung rasch. mImmerhin heißt die Region noch heute Burgund!

Die Langobarden wiederum, die über 200 Jahre einen unabhängigen germanischen Staat in Italien hatten, besaßen auch eine beträchtliche germanische Identität. Noch im 10. Jh., also nach über 200 Jahren, soll es in Oberitalien noch Enklaven mit langobardischer Sprache gegeben haben. Und im Mittelalter gab es eine Reihe italienischer Adelsfamilien, die stolz auf ihre angebliche langobardische oder gar ostgotische (!) Herkunft war.
 
Kraft meiner Mitgliedschaft in der Interessengruppe "Orthographische Pedanterie" möchte ich Euch zwischendurch mit ein Bisschen Linguistik behelligen :
Wiki-mongolid schrieb:
Mongolide oder Mongoliden ist eine ... Sammelbezeichnung für eine Reihe ost-, zentral- und südostasiatischer sowie arktischer, amerikanischer sowie einiger pazifischer Bevölkerungen.
Wiki-mongoloid schrieb:
Mongoloid“ bzw. „Mongolismus“ ist ein veralteter Begriff für Träger des Down-Syndroms, ...
Fazit : Es gibt es einen Unterschied zwischen den Endungen -id und -oid, wobei "-oid" mehr eine Ähnlichkeit und "-id" mehr eine Zugehörigkeit ausdrückt (genauer kann ich's leider nicht). Für Anthropologen gibt es auch einen Unterschied zwischen "Humaniden" und "Humanoiden". Letzteres ist eine übergeordnete Klassifizierung, die eher "menschenartige" als "menschliche" ("-ide") Spezies mit einschließt.
 
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