Um noch mal zu den Traditionskern von Alanen und Vandalen zurückzukommen, will für die Erdnuss plädieren. Eben ein Nuss mit zwei Kernen.
406 überschritten Vandalen, Alanen und Sueben den Rhein und fielen gemeinsam ins Imperium ein. Interessant ist, dass alle drei Stämme trotz gemeinsamer Sache eigene Reiche auch der iberischen Halbinsel gründeten. Trotz der jahrelangen gemeinsamen Wanderung waren die Stammesunterschiede offenbar noch nicht aufgeben.
429 schifften sich Vandalen und Alanen nach Afrika über und nun wurde ein gemeinsames Reich der Vandalen und Alanen gegründet. Mit der neuzeitlichen Form "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" haben sie die Barbaren wohl nicht interessiert. Ich gehe davon aus, dass nach einer Generation noch beide Sprachen gesprochen und durch mündliche Überlieferung oder eigene Erfahrung konnte der einzlne Barbar wahrscheinlich doch wissen, ob sein Vater oder Großvater ein Alane, Vandale oder Suebe war. Das Reich in Nordafrika währte gerade einmal hundert Jahre.
An der anderen ethnischen Identität der Romanen und Berber hat die vandalische Oberschicht gar nicht gestört, die andere konfessionelle Zugehörigkeit der Untertanen störte die überzeugten Arianer hingegen schon. Ich gehe auch davon aus, dass die arianische Konfession wesentlich zur Trennung von eingewanderten Barbaren und alteingessenen beigetragen und vielleicht auch den Erhalt einer germanischen Sakral-Sprache gefördert hat. Eine Minderheit arianischer Barbaren als Parallelgesellschaft in einer mehrheitlich römisch-trinitarische Mehrheitsgesellschaft?
Nach Beseitigung des eigenen Reich durch die Byzantiner und der Rückfühung der arianischen Ketzer in die trinitarische Kirche, hat wohl auch das Vandalentum seinen Glanz verloren und jene weniger als 1% der Bevölkerung ausmachene Ethnie, ist irgendwie verschwunden. Egal ob nun romanisiert, berberisiert oder arabisiert. Karthago wurde immerhin schon 698 von den Arabern erobert.
Was den Erhalt der Sprachen betrifft, so ist erstaunlich, dass diese nicht an den Erhalt der ethnischen Identität und den Erhalt der Königreiche gebunden ist. Bestes Beispiel ist das bekannte Krimgotisch. Der Gotenname verschwindet nämlich tatsächlich recht schnell am schwarzen Meer, stattdessen ist von Tetraxiten. Den neuzeitlichen Reisenden begegnen am Schwarzen Meer auch nicht die letzten Goten sondern "deutsch"sprachige Tataren.
Zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus befindet sich ohnehin eine Art Sprachenschutzgebiet. Dort überdauerten auf engsten Raum offenbar gotische, alanische, awarische und hunnische Sprachreste die Völkerwanderungszeit noch ein Jahrtausend. Und natürlich auch noch Griechen, Slawen, Türken, Georgier, Kaukasier...
In den zivilisierteren, relativ dicht besiedelten Gegenden wie Spanien, Italien, Südgallien und Nordafrika setzte sich die romanische Sprache durch, an der Periphrie in Britannien, am Rhein und eben am Schwarzen Meer überlebten die Sprachen der Barbaren.
Gewiss gab es jedoch Führungskämpfe um Macht und Ansehen, aber dass sich Stämme gespalten hätten, ist mir nicht bekannt. Es ist aber gut möglich, dass keine Quelle über derartige Abspaltungen berichtet, die entweder untergingen, oder sich einem anderen Stamm anschlossen, wo sie wegen des Zustroms an neuen Kriegern gern aufgenommen wurden - sofern sie Wohlverhalten zeigten und sich der neuen Führung unterwarfen.
Tatsächlich sind aber zur Genüge Fälle bekannt, in denen sich die Oberschicht zerstritten hat. Bestes Beispiel sind die Franken und Allamannen. Vor Chlodwig hatten die Franken zahlreiche Könige, die einander bekriegten. Chlodwig hat dann einen nach dem anderen beseitigt und sich zum alleinigen König gemacht. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Reich mehrfach geteilt, was der fränkischen Identität nicht im geringsten gschadet und die jeweiligen Konflikte der Oberschicht scheinen auch rein gar nichts mit innerfränkischen Tribalismus der Salier und Ripuarier zu tun zu haben.