Die wave-of-advance-Theorie

Dieses Thema im Forum "Frühzeit des Menschen" wurde erstellt von argisti, 17. März 2008.

  1. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Hast ja recht, vielleicht kann ein Mod die letzten Beiträge schieben. Obwohl Renfrew ja genau diesen Zusammenhang zu sehen glaubt.
     
  2. rena8

    rena8 Aktives Mitglied

    Und zukunftsweisend, da die diversen linguistischen Themen scheinbar ein Revival feiern werden. :winke:
     
  3. Jemand

    Jemand Gast

    Gegen Vermutungen ist nichts einzuwenden, siehe Stichwort "Hunnen" und "drei Schuß frei". Es war vor allem Victor H. Mair, der mit großem Enthusiasmus die Tocharer-Hypothese propagiert hat. In einer Rezension des von Mair herausgegebenen zweibändigen Buchs "The Bronze Age and Early Iron Age Peoples of Eastern Central Asia" (Washington 1998) resümiert Stefan Zimmer in Kratylos 45 (2000):
    Da müßte man den Pelasgern schon einen gewaltig weit reichenden sprachlichen Einfluß zubilligen:
    Hethitisch: "wiyana"
    Luwisch "wiana"
    Mykenisch: "wo-no"
    Armenisch "gini"
    Albanisch: "venë"
    Latein: "vinum"
    Gotisch: "wein"
    Altkirchenslawisch: "vino"
    Wie verträgt sich das denn mit Occam's Razor?
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 12. März 2009
  4. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Wir kommen mit den Threads durcheinander. Antwort siehe hier:
    http://www.geschichtsforum.de/f23/hethiter-aufstieg-und-fall-22953/index2.html#post406582

    Roggen als gemeinsames UIG-Wort kann eigentlich auch nicht stimmen. Er wurde als ehemaliges Unkraut in Weizenfeldern erst im 1. Jahrtausend vor Chr. kultiviert, als die indoeuropäische Sprachfamilie sich schon weit ausgebreitet und aufgesplittert hatte.
     
  5. Jemand

    Jemand Gast

    Die Region südlich des Kaukasus gehört allerdings (meinem bescheidenen Halbwissen nach) zu den frühesten Stätten des Weinanbaus. Die Hethiter betrieben nachweislich Weinbau.

    Na, vielleicht weil man da auf den geringsten Widerstand seitens einer ansässigen Vorbevölkerung gestoßen ist. Oder darf man sich frühe indogermanische Gruppen nur als unbesiegbares Herrenvolk vorstellen?
    Warum sind die Tocharer in die Wüste Ostturkestans gezogen? (Oder vielleicht sind sie ja gar nicht dorthin gezogen, die Hypothese einer ostturkestanischen Urheimat fängt an, mir zu gefallen...)


    Siehe http://www.geschichtsforum.de/406601-post122.html
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 12. März 2009
  6. rena8

    rena8 Aktives Mitglied

    Da ihr munter zwischen den Themen wechselt, kehre ich hier zu den Anfängen der Landwirtschaft zurück.
    Da sollte der Wein allerdings ein Musterbeispiel für den Übergang vom Sammeln zum Anbau sein.
    Irgendwo im Small-Talk habe ich bereits behauptet, das ich den Wein für eine robuste Pflanze halte, die fast überall wächst und Beeren ausbildet, folglich könnte der Wein und sein Name sehr lange bekannt sein.
    Für welche Theorie dieser Umstand ein Argument sein könnte, darüber muß ich nachdenken.
     
  7. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Für hethitischen Weinbau würde ich gern eine Quelle sehen. Ansonsten richtig, aber das gilt nur für die Tieflagen und Südhänge nahe des Schwarzen Meeres (Georgien). Dort ist das Klima sehr mild, es wachsen sogar Palmen. Im anatolischen Hochland, wo die Hethiter (und nach Renfrew und Gamzkrelidse die UIG_Sprecher) saßen, kann es dagegen im Winter sehr ungemütlich werden. Das ist nichts für Weinreben.
     
  8. rena8

    rena8 Aktives Mitglied

    Auf die Schnelle habe ich nichts Seriöseres zur Frühgeschichte des Weines gefunden. Geschichtliches zum Thema Wein
    Die alten Traubenkerne klingen aber vielversprechend und lagen in der entsprechenden Gegend. Auch beim Wein sollte man eine lange Übergangsphase vom Sammeln, Trocknen, Verarbeiten der Wildbeeren zum geplanten Anbau mit Verbesserung der Wildpflanze vermuten.
    Nun wäre es hilfreich, wenn Jemand uns noch sprachwissenschaftlich erläutern würde, was uns die oben erwähnte Tabelle zu dem Wort für Wein in den alten Sprachen sagt.
     
  9. Jemand

    Jemand Gast

    Meiner bescheidenen Meinung nach: Für gar keine. Aus der Tatsache, daß sich ein gemeinindogermanisches Wort für den Wein rekonstruieren läßt, kann man schließen, daß die Indogermanen ein Wort für den Wein kannten. Alles andere, was man darüber hinaus aussagen will, ist schon mit Spekulationen behaftet.
     
  10. Jemand

    Jemand Gast

    In der Beck'schen Reihe gibt es ein kleines nützliches Bändchen:
    Jörg Klinger, Die Hethiter, München 2007

     
  11. Jemand

    Jemand Gast

    So, diesmal gibt es noch einen zusammenfassenden Beitrag:

    Sagen wir so: Sie gilt im allgemeinen als widerlegt, wird aber trotz allem noch von einigen besonders treuen Anhängern geglaubt.

    Warum muß Geist eine Alternative anbieten?
    Wenn ich einem Horoskop-Gläubigen zu erklären versuche, daß er mit dem Horoskop halt doch nicht in die Zukunft schauen kann, warum sollte ich ihm eine Alternative (Glaskugel, Pendeln) als Ersatz anbieten müssen?

    Kann man denn nicht einfach klipp und klar sagen, daß sämtliche Methoden, die Ur-Indogermanen zu identifizieren und ihnen eine Urheimat zuzuweisen, bislang gescheitert sind?

    Zur kompletten Gimbutas'schen Theorie gehören allerdings die wilden Reiterhorden auch dazu.
    Läßt man alle Details beiseite, die der Phantasie entsprungen sind, bleiben als harte Fakten die sogenannten Streitäxte übrig - ob die wirklich als Waffen genutzt wurden, sei einmal dahingestellt. Wie auch immer, Streitäxte gab es allerdings schon lange vor der Zeit der angeblichen Invasionen, auch in der "friedfertigen matriarchalischen Bauernkultur" der Trichterbecherleute:
    [FONT=Verdana,Arial,Helvetica,sans-serif][SIZE=-1]
    Jungsteinzeit

    [/SIZE][/FONT]Die "militärische Überlegenheit" ist ein komplettes Phantasieprodukt.






    "almost all of the arguments for invasion and cultural transformations are far better explained without reference to Kurgan expansions, and most of the evidence so far presented is either totally contradicted by other evidence or is the result of gross misinterpretation of the cultural history of Eastern, Central and Northern Europe."
    James Patrick Mallory 1989, zit. aus Kratylos 48 (2003), S. 4

    ("Nahezu alle Argumente für Invasion und Kulturwandel sind ohne Bezug auf Kurgan-Expansionen viel besser zu erklären, und die meiste bislang präsentierte Beweismaterial steht entweder in völligem Widerspruch zu anderem Beweismaterial oder ist das Ergebnis einer groben Fehlinterpretation der Kulturgeschichte Ost-, Zentral- und Nordeuropas.")
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13. März 2009
  12. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Das behauptet heute wohl keine seriöse Studie mehr, deshalb sagte ich "modifizierte Theorie". So wie bei Schmoeckel dargestellt, war es sicher nicht. Das Reiten ist ohnehin jünger, bei Homer fahren die Helden noch auf Streitwagen in den Kampf.

    Zu den Kulturpflanzen. Den Wein hatten wir schon gestern, ebenso den Roggen (Obwohl der in der Tat ein guter Kandidat für eine gemeinsame Wortwurzel ist - als Kulturpflanze aber zu "jung").
    Ich habe mal in diversen Online-Wörterbüchern gestöbert und auch Litauisch als einen Vergleich gewählt, da diese Sprache als sehr urtümlich innerhalb des IG gilt. Für Sanskrit fand so schnell ich keine brauchbare Quelle. Als letztes dann Latein.

    Flachs (besser Lein, Leinen)
    UIG: [FONT=&quot]*[/FONT][FONT=&quot]lÂno-[/FONT][FONT=&quot],
    LIT: [/FONT]linas; linai
    LAT: linum
    In der Tat scheint es eine gemeinsame Wurzel zu geben. Aber Kulturpflanze? Manche Faserpflanzen, auch der Lein, wachsen in ihrer Wildform oft in Massenbeständen.

    Gerste:

    [FONT=&quot]UIG: *[/FONT][FONT=&quot]alb[/FONT][FONT=&quot]h[/FONT][FONT=&quot]i
    LIT: [/FONT] miežis; miežiai
    LAT: hordeum
    Hier kann ich als blutiger Laie keine Gemeinsamkeiten erkennen.

    Weizen:
    UIG: kein Wort gefunden
    LIT: kviečiai
    LAT: tricitum
    Kommentar siehe Gerste.

    Ich will ja gar nicht abstreiten, dass die UIG-Sprecher Kulturpflanzen anbauten, immerhin gibt es Pflug und Joch als Wörter mit UIG-Wurzel. Deshalb ist es für das Anliegen nicht entscheidend, ob manche Pflanzen einem gemeinsamen Wortschatz entspringen oder nicht.
    Meine Behauptung gestern (keine UIG-Kulturpflanzenwörter), die ich irgendwo mal gelesen habe, ziehe ich dennoch zurück - ich kann das Zitat nicht so schnell finden und mag jetzt nicht Hunderte Buchseiten überfliegen, um es zu finden. Außerdem, selbst wenn ich es finde, muss es nicht stimmen. Mir fehlen dann leider die Kenntnisse, um es selbst zu überprüfen.

    Betr. UIG-Sprecher geistert bei den Kurgan-Anhängern wahrscheinlich das Bild von Steppennomaden im Hinterkopf. Diese Wirtschaftsform entstand aber m.W. später, als man dann wirklich das Reiten gelernt hatte.
     
    Zuletzt bearbeitet: 13. März 2009
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  13. rena8

    rena8 Aktives Mitglied

    Vielen Dank für den schönen Link @Jemand (Stern folgt später, geht noch nicht).
    In diesem ist die Entwicklung und Herstellung verschiedener Axttypen beschrieben. Natürlich kann jede Axt auch eine Waffe gegen Mitmenschen sein.
    Als Streitaxtkultur wird eine Phase wegen der relativen Häufung eines zur Holzbearbeitung eher ungeeigneten Axttyps bezeichnet. Wenn eine Spezialaxt neben der üblichen Hölzfälleraxt benötigt wurde, könnte man darüber spekulieren, wozu sie außer Kampf und Krieg noch nützlich gewesen sein könnte.
    Z.B. Kult (Axt = wirkmächtig),
    Herrschaftszeichen (Träger zeigte an, er benötigt Axt nicht mehr zur "schnöden" Arbeit, sondern die Streitaxt schmückte ihn wie ein Zepter).

    IdR brauchten die frühen Ackerbauern aber die Axt als erstes Werkzeug, um sich ihren Acker freizuschlagen, denn der war von Gebüsch, Wald bestanden.
    Das war Schwerstarbeit und die so entstandenen Felder waren klein und unregelmäßig. Daher würde ich annehmen, dass die zur Verfügung stehende Fläche trotz der relativen Menschenleere der begrenzende Faktor war. http://www.geschichtsforum.de/f35/wieviel-platz-gibt-es-auf-der-erde-26482/#post405972

    Deshalb möchte ich noch bei den ersten Kulturpflanzen bleiben, da ich Getreide unter den Umständen des Übergangs in bewaldeten Gebieten nicht unbedingt für die erste Wahl halte, wenn es darum geht, einigermaßen satt zu werden.

    Seit wir Massentierhaltung betreiben sind die eiweißliefernden Leguminosen etwas ins Abseits geraten.
    Linse (Lens culinaris Medikus)

    Linsen, Erbsen, Bohnen, Saubohnen gehören aber zu den ältesten Feldfrüchten und bringen relativ hohen Ertrag auf kleinen Flächen.
    Außerdem gedeihen diese Stickstoffsammler auf schlechteren Böden, d.h. unsere frühen Bauern mußten nicht so oft neue Felder roden und weiterziehen.

    Die Ackerbohnen (Saubohnen) werden in http://www.genres.de/leguminosen/ackerboh.htm#TopOfPage als archaische Pflanzen bezeichnet, über deren Verbreitung es Quellen aus den frühen Schriftkulturen geben sollte.

    Wie wurden Erbse, Bohne, Linse in den alten indoeurop. Sprachen genannt?
    Auch typische Sammelfrüchte wie Äpfel, Nüsse würden mich im Gegensatz dazu interessieren?

    Da gebe ich dir recht, in unseren Köpfen scheinen die streitbaren Krieger irgendwie immer aus dem Osten zu kommen.......im Westen ist ´halt nur Wasser.
     
    Zuletzt bearbeitet: 13. März 2009
  14. Jemand

    Jemand Gast

    Ich sehe bei der "modifizierten Theorie" die Argumente nicht. Wenn die Modifikation darin besteht, daß die Argumente wegfallen, die Theorie aber bleibt (in diese Richtung bewegen sich Gimbutas' letzte Publikationen), würde ich auch nicht mehr von "Theorie" sprechen.
    Welche seriöse Untersuchungen sind Dir bekannt, die seit Gimbutas mit neuen Argumenten die Kurgan-Theorie bestätigt hätten?

    Da mußt Du als Biologe besser Bescheid wissen. Ich kann nur Wikipedia beisteuern, demnach ist Lein eine Kulturpflanze par excellence, die Wildform soll im Mittelmeergebiet heimisch sein:
    Gemeiner Lein ? Wikipedia


    Deutsch "Gerste" und Latein "hordeum" sollen auf dieselbe Wurzel zurückgehen (die unterschiedliche Entwicklung wird allgemein mit dem Ablaut) erklärt, dazu kommen griechisch krithe, albanisch drithë, armenisch gari.

    Griechisch puros, Sanskrit pura (bezeichnet ein Gebäck aus Weizenmehl), Litauisch purai (bezeichnet den Winterweizen), Lettisch puri


    Deine Argumentation damals ging so:
    Also: Wir haben im Indogermanischen Bezeichnungen für Kulturpflanzen, wir haben Wörter für "Pflug", "Ackerfurche", "Mühlstein". Und es herrscht auch Einmütigkeit, daß die verschiedenen Bezeichnungen für das Schwein (es lassen sich unterschiedlichen Bezeichnungen für das Wildschwein und das Hausschwein nachweisen, beim Hauspferd/Wildpferd ist das nicht der Fall) als Indiz für die Lebensweise (wenn auch nicht unbedingt für eine konkrete Urheimat) der Indogermanen gewertet werden können. Schweinezucht verträgt sich schlecht mit der Lebensweise von Steppennomaden.

    Nun beantworte doch selber Deine Frage:
    Meine Antwort: Die kann sonstwo liegen, nur Wüste und Arktis scheiden aus.

    Ein erklärter Gegner der Renfrew- und Gamkrelidze/Ivanov-Theorien) schreibt zu diesem Thema:
    Stefan Zimmer, Indogermanische Altertumskunde, in: Kratylos 47 (2002)


    Kein Thema, ich hätte nur gern gewußt, wer sowas allen Ernstes behauptet. Einem Reinhard Schmoeckel hätte ich das zugetraut, aber es ist schon etliche Jahre her, daß ich das Buch gelesen habe.

    EDIT:
    Den nachträglich eingefügten Absatz hatte ich nicht berücksichtigt:
    Dieses Bild ist grundlegend für die Gimbutas'sche Theorie. Die indogermanischen Invasoren waren demnach (O-Ton Gimbutas) "patriarchal, horse-riding steppe pastoralists, fighting on horseback with dagger, spear, shield, bow and arrows", ihre alteuropäischen Opfer hingegen waren "sedentary, matrifocal, peaceful, art-loving and possessed of a matriarchal earth- and water-bound pantheon of goddesses". Selbstverständlich hat sich dieses Bild eingeprägt.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 13. März 2009
  15. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Ist mit dem UIG-Wort wirklich der Gemeine Lein (Linum) gemeint? Die Gattung umfasst viele Arten. Es gibt viele potenzielle Faserpflanzen, sogar die Brennessel zählt dazu.
    Man ist ja lernfähig...

    Ich sagte bereits, dass das Steppennomadentum jünger ist. Eine halbsesshafte Lebensweise der UIG-Sprecher an günstigen Stellen (Ufer der großen Flüsse Eurasiens) ist also durchaus denkbar, mit Viehzucht (inkl. Schweine) UND Ackerbau.

    Alles was man zum Thema "Kurgan-Hypothese" so liest, baut anscheinend letztendlich auf Gimbutas auf. Es würde mich selbst einmal interessieren, ob es neue unabhängige Resultate gibt. Um das einzuschätzen zu können, fehlt mir leider die spezifische Quellenkenntnis.

    Dieses Szenario halte ich auch für Mumpitz, ich sagte bereits mehrfach das erst später geritten wurde. Eine große Völkerwanderung muss es auch nicht gewesen sein. Eine relativ kleine Elite kann durchaus die Mehrheit sprachlich prägen (Beispiel Ungarn oder Türken in Anatolien), auch wenn es wohl häufiger vorkam, dass die Neuankömmlinge assimiliert wurden (Bulgaren, Mandschu). Das berührt aber primär nicht die Frage nach dem Sitz der UIG-Sprecher.
     
    Zuletzt bearbeitet: 13. März 2009
  16. Jemand

    Jemand Gast

    Inwieweit die Urindogermanen mit der botanischen Taxonomie vertraut waren, vermag ich nicht zu beurteilen. Daß die Brennessel zur Gattung Linum zählt, hätte ich nicht gewußt. Mir wäre auch nicht bekannt, daß im Deutschen das Wort "Lein" für die Brennessel oder x-beliebige andere Faserpflanzen verwendet wird. Ähnliches dürfte vom "lein" der Goten und vom "linum" der Römer gelten. Und meiner unmaßgeblichen Vermutung nach auch vom griechischen linon, Litauischen linai, Altkirchenslawischen linenu, Albanischen lini...

    Denkbar ist vieles, beweisbar nichts. Denkbar sind alle großen Flüsse Eurasiens, seien es Rhein oder Donau, Kızılırmak oder Euphrat. Hier eine Liste, jeder hat drei Schuß frei:
    Liste der längsten Flüsse der Erde ? Wikipedia

    Ich bin - wie einige Zitate in meinen letzten Beiträgen erkennen lassen - gerade dabei, die "Kratylos"-Bände ("Kritisches Berichts- und Rezensionsorgan für indogermanische und allgemeine Sprachwissenschaft") der letzten 15 Jahre durchzugehen. Da wird eigentlich alles Relevante besprochen, was zu diesem Thema erscheint. Eine Neuauflage der Kurgan-Theorie, unabhängig von Gimbutas, habe ich bislang nicht gesehen. Der Tenor der Fachwissenschaft scheint in etwa zu lauten: Das Thema "Urheimat" ist bis auf weiteres ausgelutscht, die Hypothesen von Gimbutas, Renfrew, Gamkrelidze & Co. gehören ad acta.
    Neuere Untersuchungen unter aktuellerem Blickwinkel bringen, soweit ich sehe, keine greifbaren Ergebnisse und sind in der Tendenz recht skeptisch, so etwa John V. Day, Indo-European Origins: The Anthropological Evidence, Washington 2001.
     
  17. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Das tut sie auch nicht - trotzdem kann man daraus Fasern gewinnen und verarbeiten. Aber kann das Wort "Lein" nicht ursprünglich irgendwelche beliebigen Faserpflanzen bezeichnet haben und später dann speziell auf den kultivierten Flachs (Ich wüsste keine anderen so nutzbaren Kulturpflanzen aus jener Zeit; Baumwolle ist im Zusammenhang mit dem Thema mal außen vor) angewendet worden sein?
    Es bleibt wohl nur das Fazit, dass das UIG-Problem wohl nie gelöst wird, wenn nicht grundlegend neue Erkenntnisse in Form von Schriftzeugnissen oder Bodenfunden auftauchen. Bis dahin darf man glauben und spekulieren, wissen kann man nicht.
     
    Zuletzt bearbeitet: 13. März 2009
  18. Jemand

    Jemand Gast

    Die Erbse (lateinisch ervum, griechisch orobos bzw. erebinthos) steht im Verdacht, ein altes Lehnwort aus dem Mittelmeerraum zu sein.
    Das Wort für die Bohne wird als *bhabha rekonstruiert: Lateinisch faba, baltisch (altpreußisch) babo, russisch bob, griechisch phakos (dort allerdings mit der Bedeutung "Linse")

    Äpfel und Nüsse (lateinisch nux, Altirisch cnu, Altisländisch hnot) und der Apfel (Gallisch avallo, Altirisch ubull, Altkirchenslawisch abluko) gehören ebenfalls zum rekonstruierbaren Vokabular.
     
  19. Jemand

    Jemand Gast

    Das heißt, das Wort hätte dann nachträglich in allen indogermanischen Einzelsprachen - unabhängig voneinander - jeweils die Bedeutung "kultivierter Flachs" angenommen?
    Können sein hätten mag vieles, aber wie war das nochmal mit Occam's Razor?
     
  20. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Wenn der Flachs später die einzige echte Kulturpflanze zur Fasergewinnung im IG-Spachraum war, warum nicht?
     

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