Die Wiedervereinigung

Wieger

Gesperrt
Penseo hat mich ja gebenten einen eigenen Thread wieder aufzumachen. Ich halte den Begriff Wiedervereinigung nicht haltbar, da die es eher einem Aufsaugen ähnelt, wie in diesem Thread schon angedeutet http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=163739#post163739
Was hat es gebracht? Was ist die Folge? Wie wurde es gemacht? " Auf gleicher Augenhöhe wird nicht verhandelt" (Helmut Kohl) War es zu schnell, wie ist die Entstehung aus "Wir sind das Volk" zu "Wir sind ein Volk" zu bewerten? Freut ihr euch über die endlich geschaffte "Wiedervereinigung"?



Naja, dann schießt mal los!
 
Wieger schrieb:
Ich halte den Begriff Wiedervereinigung nicht haltbar, da die es eher einem Aufsaugen ähnelt, wie in diesem Thread schon angedeutet http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=163739#post163739

Naja, dann schießt mal los!

Vielleicht solltest Du Dein Thema dann noch einmal umbenennen. Der Begriff Wiedervereinigung stammt ja in der Tat nicht von Dir, sondern von mir. Ich verwende ihn auch nur, weil er sich eingebürgert hat.
Ich lasse mich gerne belehren, aber eigentlich ist Dieters Begriff des "Beitritts" doch wohl korrekt.

Und um den Thread nicht gleich dem Tode zu weihen, sollten wir uns vielleicht auf die historischen Ereignisse und nicht auf unsere persönliche Meinung konzentrieren.
 
Ich habe in den letzten zehn Jahren Unmengen an Vorträgen gehört, aber einen der frühesten nie vergessen. Da bedauerten zwei Bürgerrechtler aus dem Unstrut-Hainich-Kreis, dass ihre kurzlebige Hoffnung, die Politik der DDR selbst gestalten zu können, ganz schnell während des Jahres 1990 zusammenbrach.

Ich denke, dass dies für viele der politisch engagierten Bewohner der Ex-DDR ein Problem war. Im Grunde steht ja auch im Mittelpunkt des Films "Good Bye Lenin" das Gedankenspiel, wie es wäre, wenn eine DDR ohne Mauer und andere Restriktionen existiert hätte - der Protagonist "gestaltet" sie für seine seine Mutter so um, wie es ihm vernünftig erscheint.

Im Grunde wurde die DDR ja von der einen Regierung an die andere übergeben, einen Volksentscheid zur Wiedervereinigung gab es nicht. Ich glaube dennoch, dass die Bevölkerung hüben wie drüben in der damaligen Stimmung einer Wiedervereinigung zugestimmt hätte. Der zweite Punkt ist die Frage, wie realistisch die Annahme ist, die DDR hätte als souveräner Staat weiterexistieren können. Klar, die konservative Kohl-Regierung hätte sehr viel getan, damit die DDR nicht weiter existiert. Allerdings steht auch die Frage im Raum, wie der bankrotte Staat die notwendigen grundlegenden Veränderungen ohne Unterstützung durch West-Finanzen hätte schaffen
können. Auch der BRD gelang dies 1949 ja nicht mal eben so aus dem Stand, sondern mit Hilfe des Marshall-Plans.
Und noch ein Aspekt: es ist heute ein wenig vergessen, dass auch in den letzten beiden Jahren der DDR noch mal enorme Zahlen von Bürgern nach Westdeutschland abwanderten. Der Wohnungsleerstand in vielen Städten kommt ja nicht von ungefähr. Diesem Problem hätte eine weiterexistierende DDR kaum entgegenwirken können.
Die "Wild West"-Mentalität vieler damaliger Geschäftsleute und auch die zu Recht vermerkte stets von einer Überlegenheit des Westens ausgehende Art der Kohl-Regierung ist zu verurteilen - allerdings gab es m.E., auch angesichts der damaligen stimmung hüben wie drüben, keine Alternative zur Wiedervereinigung - ja, ich verwende diesen Begriff, und warum nicht? Die Besatzungszonen, die ja auch aus Sicht der Alliierten stets ein Provisorium darstellten, waren nun endgültig wieder zusammengefügt.
 
Ich gebe diesem Thread nur eine kurze Halbwertzeit, deshalb will ich mal schnell einige Gedanken dazu loswerden. Der Begriff "Wiedervereinigung" wird abgelehnt von diversen Gruppen:

- DDR-Nostalgiker (Gruppe A), die eine demokratische DDR nach der friedlichen Revolution 1989, als zweiten deutschen Staat, lieber gesehen hätten.
- DDR-Nostalgiker (Gruppe B), die sich noch eine lange Zeit unter der SED gewünscht hätten
- Bundesdeutschen, die nach Kenntnis der finanziellen Belastungen lieber eine zweite Mauer auf westdeutschem Gebiet bauen oder die neuen Länder an Polen verschenken würden
- Revisionistischen 1937er Grenz-Deutschen, die das nur als ersten Schritt zur Wiedervereinigung des ganzen Reiches sehen


Er wird befürwortet von all denen, die ein Volk in einem Staat sehen wollen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer zwischen 1985 und 1990 durch die DDR gereist ist, hat gesehen was los war.
Dies Land war fertig.

Wer heute durch die gleichen Gebiete kommt. Mindestens die Infrastruktur ist inzwischen klar besser als in den alten Ländern.

wer als Wessie sieht wie es in den alten Ländern 1989 gegangen ist, und wie es heute geht, hat das Gefühl, dass die Probleme durch die Wiedervereinigung in den alten Ländern doch erheblich gewachsen sind.

Wenn dann über den Untergang der DDR lamentiert wird, fühlt man sich irgendwie im falschen film


Grüße Repo
 
Ich halte den Begriff "Wieder"vereinigung nur deshalb für unzutreffend, weil es nie vorher einen Staat in diesen Grenzen gegeben hat.

Ich erinnere mich noch an die Plakate der 60er Jahre "durch drei geteilt - niemals", wobei gemeint war : BRD - DDR - an Polen bzw. die SU gegangene Gebiete.

Eine Wiederherstellung dieser Grenzen war mit "Wiedervereinigung" gemeint.
 
Um vielleicht einen Einstieg (und wirklich nur einen Einstieg) in das Thema zu geben, empfehle ich den Wikipedia-Artikel
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wiedervereinigung

Dort wird auch kurz auf die Grenzfrage zu Polen eingegangen.
Für den Beitritt der DDR zur bestehenden Bundesrepublik Deutschland hat sich halt der Begriff "Wiedervereinigung" eingebürgert.
 
Klaus schrieb:
Ich halte den Begriff "Wieder"vereinigung nur deshalb für unzutreffend, weil es nie vorher einen Staat in diesen Grenzen gegeben hat.

Ich erinnere mich noch an die Plakate der 60er Jahre "durch drei geteilt - niemals", wobei gemeint war : BRD - DDR - an Polen bzw. die SU gegangene Gebiete.

Eine Wiederherstellung dieser Grenzen war mit "Wiedervereinigung" gemeint.

Sicherlich haben die westdeutschen Regierungen die Grenzen von 1937 eingefordert. (Die der DDR bis 1950 auch) Vor Verhandlungen stellt man eben Maximal-Forderungen.
Der Begriff Wiedervereinigung war aber immer mit dem Vorgang wie er im Grundgesetz bereits gewiesen wurde und wie er 1990 auch stattfand, besetzt. Wiedervereinigung durch Beitritt der Länder. Zuerst das Saarland und 1990 die "neuen Länder".

Grüße Repo

Dass der Preis der Wiedervereinigung zumindest der endgültige Verzicht auf die Ostgebiete sein würde, war immer klar.
 
Arne schrieb:
. Der Begriff "Wiedervereinigung" wird abgelehnt von diversen Gruppen:
- DDR-Nostalgiker (Gruppe A), die eine demokratische DDR nach der friedlichen Revolution 1989, als zweiten deutschen Staat, lieber gesehen hätten.
- DDR-Nostalgiker (Gruppe B), die sich noch eine lange Zeit unter der SED gewünscht hätten
- Bundesdeutschen, die nach Kenntnis der finanziellen Belastungen lieber eine zweite Mauer auf westdeutschem Gebiet bauen oder die neuen Länder an Polen verschenken würden
- Revisionistischen 1937er Grenz-Deutschen, die das nur als ersten Schritt zur Wiedervereinigung des ganzen Reiches sehen
Er wird befürwortet von all denen, die ein Volk in einem Staat sehen wollen.

Du hast eine Gruppe, die das Wort "Wiedervereinigung" ablehnen vergessen.
Diejenigen, welche das geschichtliche Wissen besitzen, dass Deutschland in dieser Gebietszusammensetzung vorher noch nie existiert hat.:pfeif:
Dass wir froh sein müssen, nach zwei von Deutschland angezettelten Weltkriegen überhaupt noch als Staat zu existieren, ist völlig klar.:grübel:
 
Man hat die DDR-Gesellschaft häufig als eine – im wahrsten Sinn des Wortes – "geschlossene Gesellschaft" bezeichnet. Die Menschen hatten nicht nur Freizügigkeit, weltoffenen Austausch und individuelle Entfaltungsmöglichkeiten zu entbehren, sondern es gab fast keinen Bereich des Lebens, der nicht durch Mangel und Gängelung gekennzeichnet war. Die Menschen waren in ein enges Geflecht von Betreuung und Bevormundung eingebunden, gleichgültig ob es sich um den Urlaub in einem Gewerkschaftserholungsheim oder um die Planung des eigenen Bildungs- und Berufswegs handelte.

Durch die (Wieder)vereinigung hat sich innerhalb kürzester Zeit die "geschlossene" in eine offene Gesellschaft verwandelt. Freilich erwies sich diese "freie" Gesellschaft nun als risikoreicher als die "geschlossene", in deren Mauern sich viele dann doch eingerichtet hatten. Arbeitslosigkeit und Existenzsorgen waren den meisten vorher unbekannt gewesen.

Doch obwohl die "spätkapitalistische" Gesellschaft der Bundesrepublik 10-20% Arbeitslose hervorbrachte und vielfach soziale Ängste produzierte, bot sie andererseits auch vielfältige Chancen und Verlockungen. Die Mehrheit der Bevölkerung war und ist daher sehenden Auges bereit, diese Chancen eines freien Gesellschaftssystems höher zu bewerten, als die repressive Enge der vorangegangenen sozialistischen Gesellschaft. Alle Umfragen zeigen, dass nur ganz wenige die DDR zurücksehnen, was freilich Reformwünsche mit wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Zielsetzung nicht ausschließt. Der Weg zu einer perfekten Gesellschaft ist halt mühselig, sofern sie nicht überhaupt utopisch ist.

Im übrigen war der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Lage unausweichlich geworden, zumal sich auch der gesamte sozialistische Ostblock auflöste.

Anzeichen einer Krise der DDR hatte es seit Anfang der 80er Jahre gegeben. In der Wirtschaft war trotz aller Erfolgsparolen der wissenschaftlich-technische Rückstand und die mangelnde Produktivität der DDR-Planwirtschaft nicht zu verdecken gewesen. Dem Devisenmangel und der Staatsverschuldung konnte durch eine Ausweitung der Westexporte nicht begegnet werden, weil DDR-Waren dort nicht genügend Abnehmer fanden. Noch deutlichere Anzeichen einer Krise wurden im politischen und gesellschaftlichen Bereich sichtbar. Denn auf die seit 1985 wachsende Gefahr, dass Funken der sowjetischen reformpolitik auch auf die DDR überspringen könnten, reagierte die SED-Führung mit härterer Durchsetzung des Herrschaftsanspruchs der Partei und mit Unterdrückung auch kleinster Ansätze von Reformdiskussionen. Zwar gab es warnende Stimmen, die zu einer Kurskorrektur aufforderten, doch lehnte die Parteiführung dies kategorisch ab, sodass Reformen ausblieben.

16 Jahre nach der Wiedervereinigung sind die Deutschen im gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen Alltag angekommen. Dieser Alltag ist rau, ist problembeladen, ist konfliktreich. Und da werden die Unterschiede, die es zwischen den Deutschen aufgrund 40-jähriger getrennter, ja gegenläufiger Entwicklung und Prägung gibt, eben nicht als etwas Bereicherndes oder Glückliches empfunden. Doch ist das lediglich eine Durchgangsstation, die in 1-2 Generationen der Vergangenheit angehört.

Ach ja, schließlich noch der Begriff "Wiedervereinigung". Mir persönlich ist es völlig wurscht, wie man das Kind nun nennt und ich halte eine Debatte darüber für Haarspalterei. Fakt ist, dass die Volkskammer der DDR am 23. August 1990 mit überwältigender Mehrheit und gegen die Stimmen der PDS den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland beschloss. Dieser freiwillige Beitritt der DDR erfolgte nach Artikel 23 des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990, was fast 80% der DDR-Wähler bei den ersten freien Wahlen gefordert hatten.

Ob man diesen Vorgang nun Vereinigung, Wiedervereinigung oder staatsrechtlich korrekt "Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland" oder noch anders nennt, ist recht nebensächlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Repo,
in einigen Punkten muß ich Dir wiedersprechen.

Repo schrieb:
Wer zwischen 1985 und 1990 durch die DDR gereist ist, hat gesehen was los war.
Dies Land war fertig.

Wenn Du die damalige ökonomische Situation der DDR mit denen von Polen, Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei vergleichst, wirst Du feststellen, daß die DDR nicht schlechter da stand. Polen, Ungarn, die Tschechische Republick und die Slowakei sind heute Mitglieder der EU und stehen auf eigenen Füssen.
Die DDR war nicht fertig, aber in einer tiefen Krise. Der Beitritt war der wahrscheinlich einfachste Weg aus dieser, ein Stück weit, heraus zu kommen.

Repo schrieb:
wer als Wessie sieht wie es in den alten Ländern 1989 gegangen ist, und wie es heute geht, hat das Gefühl, dass die Probleme durch die Wiedervereinigung in den alten Ländern doch erheblich gewachsen sind.
Nun in den Jahren 1989 bis etwa 1995 erlebte die bundesdeutsche Wirtschaft, im Zuge des Beitritts, einen wahren Boom. Das Wirtschaftswachstum und die hohen Gewinne der Unternehmen täuschten über die strukturellen Probleme in der BRD hinweg. Reformen wie in anderen, westeuropäischen Länder, hat es nicht gegeben. Die Unternehmen konnten sich ein dickes Polster zulegen, der Staat indessen "vergaß" einen Teil dieser Gewinne abzuschöpfen. Der Beitritt der DDR ist nicht als Chance verstanden worden, die Dinge die im argen lagen und auch teilweise heute noch liegen (z. B. Bildungreform, Arbeits- und Sozialrecht, Steuerrecht u.s.w.), an zu packen. Die zusätzliche Mehrbelastung durch den Beitritt und das schwindene Wirtschaftwachstum haben die Situation erheblich verschärft.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Fridericus:

Nachdenklich machen kann einen nur, daß selbst der eingefleischteste Börsianer und damit Kapitalist der Meinung ist, daß das kapitalistische System genauso dem Untergang geweiht ist, wie der ehemalige praktizierte Sozialismus.

Wo ist denn in so einem Beitrag das Historische? Entschuldige, dass ich darauf hinweise, aber ich möchte vermeiden, dass auch dieser DDR-Thread geschlossen wird.
 
Ich möchte einfach noch mal auf den Beitrag Nr. 3 von Ashigaru verweisen, den ich gern gelesen habe. :)

Wer zwischen 1985 und 1990 durch die DDR gereist ist, hat gesehen was los war.
Dies Land war fertig.

Wer heute durch die gleichen Gebiete kommt. Mindestens die Infrastruktur ist inzwischen klar besser als in den alten Ländern.

wer als Wessie sieht wie es in den alten Ländern 1989 gegangen ist, und wie es heute geht, hat das Gefühl, dass die Probleme durch die Wiedervereinigung in den alten Ländern doch erheblich gewachsen sind.

Wenn dann über den Untergang der DDR lamentiert wird, fühlt man sich irgendwie im falschen film

Und wäre ich Wessi, würde ich wohl ebenso reagieren. ;) Die meisten Leute hier in den neuen Bundesländern wünschen sich, das wurde ja schon geschrieben, die DDR nicht zurück und wissen die Hilfe der Bundesrepublik oder korrekter: der alten Bundesländer auch zu schätzen.
Der Frust, der in den neuen Bundesländern immer mal aufkommt (in den alten Bundesländern soll es ja so was gelegentlich auch geben), hat nicht nur etwas mit dem Gefühl, ohne Wenn und Aber angegliedert worden zu sein, sondern auch mit so banalen Dingen wie gescheiterten Lebensentwürfen, Zukunftsplänen, ideellen Werten und teilweise irreparablen Brüchen in den Biografien der Menschen zu tun.
Beim Beitritt zur Bundesrepublik (oder der Wiedervereinigung) spielte neben der Bewusstheit der historischen Chance, ein einmal getrenntes Land zu einen, und anderen ideellen Motiven auch der Wunsch der Ostler, die D-Mark zu bekommen, eine nicht unwesentliche Rolle, was dann der Industrie der alten Bundesländer einen neuen Absatzmarkt, in dem es auf längere Zeit keine bemerkenswerte industrielle Konkurrenz geben würde, beschert hat.
 
Es wäre eine Chance gewesen, etwas neues zu beginnen, aber die wurde verdöst.

Denn vieles im Westen war ursprünglich auch nur als Provisorium gedacht (Ich meine damit nicht nur Bonn). Stattdessen hat man unsere alten, zwar noch funtionierendes aber im Grunde unausgegorenes System den neuen Ländern übergestülpt, anstatt eine langfristige Zukunftplanung ins Auge zu fassen und die gesamte BRD neuzuformen.
Vieles ist sozusagen mit langer Vorankündigung in die Brüche gegangen und warnende Rufe wurden als Unkenrufen in die "Träumerecke" gestellt.
 
Ich hab jetzt nicht alle Beiträge hier gelesen, nur zur Begriffserklärung: Normalerweise bedeutet doch "Aufsaugen", daß ich mir den Inhalt von Etwas einverleibe.
Da Du, Wieger, selbst schon erwähntest , daß Sachen wie Kindergärten, Verfassung, Poliklinik, etc. heut nicht mehr bzw. in anderem Ausmaß vorhanden sind, war es wohl kein Aufsaugen der DDR durch die BRD, sondern irgendwas anderes.
Davon abgesehen haben viele Menschen in der deutschen Geschichte schon oft später etwas bereut, was man zuvor allerdings unbedingt wollte, so auch die Wiedervereinigung, welche, wie schon von jemandem angesprochen, ja von der Mehrheit des ostdeutschen Volkes und des Parlamentes gewollt wurde.
Hinterher daran rumzusägen hat leider nix mit der existenten Realität zu tun, so schwer es auch für manche sein mag, Life goes on...
 
askan schrieb:
Es wäre eine Chance gewesen, etwas neues zu beginnen, aber die wurde verdöst.

Denn vieles im Westen war ursprünglich auch nur als Provisorium gedacht (Ich meine damit nicht nur Bonn). Stattdessen hat man unsere alten, zwar noch funtionierendes aber im Grunde unausgegorenes System den neuen Ländern übergestülpt, anstatt eine langfristige Zukunftplanung ins Auge zu fassen und die gesamte BRD neuzuformen.
Vieles ist sozusagen mit langer Vorankündigung in die Brüche gegangen und warnende Rufe wurden als Unkenrufen in die "Träumerecke" gestellt.

Wiewohl es ja im Osten und nicht im Westen zu Protesten gegen das bestehende System gekommen ist. Da auch gleich noch das westliche System zu erneuern, hätte im Westen wohl keine Mehrheit gefunden.
 
Penseo schrieb:
Wiewohl es ja im Osten und nicht im Westen zu Protesten gegen das bestehende System gekommen ist. Da auch gleich noch das westliche System zu erneuern, hätte im Westen wohl keine Mehrheit gefunden.

Obwohl es westliche Stimmen waren, die dies anmahnten.
Ich hatte damals meine Berufsausbildung begonnen, und damals schon war die Schieflage in unserem System deutlich erkennbar, denn die ersten Einschnitte waren schon einige Jahre vorher zu spüren gewesen. Überall wurde überaltere Stukturen beklagt, dann kam die Wende und Vereinigung und die Erwartungen auch im Westen stiegen, das mal ein neuer Besen durchs Land und Amtsstuben fegt. Aber es wurden nur dieselben ausgelatschten Schuhen dem Osten mitangezogen.
Die Folgen sehen wir ja jetzt.
 
Wenn Du die damalige ökonomische Situation der DDR mit denen von Polen, Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei vergleichst, wirst Du feststellen, daß die DDR nicht schlechter da stand. Polen, Ungarn, die Tschechische Republick und die Slowakei sind heute Mitglieder der EU und stehen auf eigenen Füssen.
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Ich war, vor der Wende, auch in Ungarn und in der CSSR, und rein vom visuellen Eindruck waren diese Länder nicht halb so kaputt wie die DDR.

Die DDR war ja faktisch, durch den Interzonenhandel, EWG-Mitglied und hatte den "Bruder"-Ländern doch einiges voraus. Was der BRD von den anderen EWG-Ländern immer aufs neue angekreidet wurde. Diesen Vorteil hatte kein anderes Comecon-Land.

Grüße Repo
 
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