Eid auf Hitler

nach meinem Verständnis ist die NSV (= Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) der Dachverband. Darum habe ich "NS-Schwestern" geschrieben.

@Hurvinek: dass auch evangelische Pfarrer einen Eid ablegten, war mir auch noch unbekannt. Danke


Der Ausdruck "NS-Schwester" ist mir jedenfalls noch nie untergekommen, während von der "NSV-Schwester" dauernd die Rede ist.

Die evangelischen Pfarrer, zumindest in Württemberg, haben den Eid eben nicht abgelegt.
Und wenn ich die mir vorliegende "Kriegschronik" richtig interpretiere, die katholischen auch nicht!
 
Völlig richtig. Ein Offizier, der in preußischer Tradition aufgestiegen war, hatte da ein Verpflichtungsgefühl, was sich heute kaum noch jemand vorstellen kann. Wer sich nicht mal die Mühe macht, sich dort hineinzudenken, für den sind auch gegebene Versprechen nur leere Worte - also Wischiwaschi.
Es gab Offiziere der Reichswehr, für die war der gegenüber der Weimarer Republik abgelegte Treueeid Wischiwaschi, währenddessen sie Hitler selbst dann noch folgten als sich dessen verbrecherischer Charakter längst gezeigt hatte. Hier stellt sich schon die Frage, warum sie der Eid auf die Republik sowenig binden konnte, währenddessen sie der am 2.08.34 übrigens rechtswidrig geleistete Treueeid auf Hitler so sehr gfangen nahm. Die Antwort wird man wohl darin zu suchen haben, dass ein solcher Offizier nicht nur eine Eidesleistung vornahm, die ihn hierdurch gewissermassen zu einem Befehlsausführungsautomaten machte, sondern dass dieser auch eigene Vorstellungen darüber hatte, wie die Welt, speziell sein "Vaterland", gestaltet sein sollte. Diese Vorstellungswelt war nicht von Werten wie Demokratie und Menschenrechten geprägt sondern von den Ideen eines völkischen Staates, in dem sich der Einzelne dem Volkskörper total unterordnet und dieser bei straffer Führung neuen Erfolgen entgegengeführt werden kann. Der Eid wirkte auf viele Offiziere der Wehrmacht deshalb so binden, weil sie durch diese völkische Vorstellungswelt geprägt waren. In dieser Vorstellungswelt war kein Platz für Korrektive wie Recht/Gerechtigkeit, Überleben des eigenen Volkes, etc.
 
Es gab Offiziere der Reichswehr, für die war der gegenüber der Weimarer Republik abgelegte Treueeid Wischiwaschi, währenddessen sie Hitler selbst dann noch folgten als sich dessen verbrecherischer Charakter längst gezeigt hatte....

Die gab es unbestritten, aber für die spielte der Eid im Endeffekt keine Rolle, die taten das, was sie für richtig hielten. :S
 
Mir ist eigentlich nur der Hinweis wichtig, dass ein solcher Treueeid nicht isoliert betrachtet werden kann. Der wurde von Menschen mit eigenen Anschauungen (hier sollte man die Sozialisation der Offiziere der Wehrmacht und ihre politischen Grundeinstellungen berücksichtigen) in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang (propagierte Werte, "Ehrenkodex", etc.) geleistet. Warum haben sich so viele Offiziere "durch ihren Eid" an Hitler gebunden gefühlt und keinen Widerstand geleistet? Meine Antwort: weil sie sich von diesen Vorstellungen nicht lösen konnten. Das "Pflichtgefühl" ist nur der Reflex von dieser inneren Bindung/Hinwendung.
 
Mir ist eigentlich nur der Hinweis wichtig, dass ein solcher Treueeid nicht isoliert betrachtet werden kann. Der wurde von Menschen mit eigenen Anschauungen (hier sollte man die Sozialisation der Offiziere der Wehrmacht und ihre politischen Grundeinstellungen berücksichtigen) in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang (propagierte Werte, "Ehrenkodex", etc.) geleistet. Warum haben sich so viele Offiziere "durch ihren Eid" an Hitler gebunden gefühlt und keinen Widerstand geleistet? Meine Antwort: weil sie sich von diesen Vorstellungen nicht lösen konnten. Das "Pflichtgefühl" ist nur der Reflex von dieser inneren Bindung/Hinwendung.


Dem kann man wohl zustimmen.

Was man nicht außen vor lassen sollte, die "12 Jahre" sind ja eine sehr, sehr kurze Zeitspanne, "neue" oder geänderte Anschauungen können sich in den paar Jahren ja kaum entwickeln. Das Offizierskorps wurzelte da in ihren Anschauungen über den "Obersten Kriegsherr" doch immer noch irgendwo bei den preußischen Königen, die alles mögliche waren, aber eben keine Gangster.
Das Glockenspiel an der Potsdamer Garnisonskirche war doch "Üb immer Treu und Redlichkeit"

Dass da aber ganz schön latenter Konfliktstoff im Nazireich vorhanden war, zeigen ja zB die Vorgänge um die Verehelichung des Reichswehrministers Blomberg mit einem "Mädchen aus dem Volke", wo "sein Führer" den Trauzeugen machte, um dem konservativem Offizierskorps zu zeigen was die Stunde geschlagen hatte.:rofl:
 
Dass da aber ganz schön latenter Konfliktstoff im Nazireich vorhanden war, zeigen ja zB die Vorgänge um die Verehelichung des Reichswehrministers Blomberg mit einem "Mädchen aus dem Volke", wo "sein Führer" den Trauzeugen machte, um dem konservativem Offizierskorps zu zeigen was die Stunde geschlagen hatte.:rofl:

Das "Mädchen aus dem Volke" war wohl weniger das Problem, eher die weitere Story der Dame. Hitler und Göring haben davon wohl wirklich nichts gewußt; die größte Empörung durch die umlaufende Gerüchteküche ergab sich gerade in den Casinos. Immerhin schickte man einen Adjudanten dem Paar hinterher nach Rom, die Verbindung sofort zu lösen. Der auch erwog, Blomberg anderenfalls eine Pistole auf den Tisch zu legen.

Aber nochmal zurück zur Eidesleistung und der damit perzipierten Verpflichtung. Gandolfs Differenzierung ist sehr interessant, die empfundene Verpflichtung zu Weimar mit derjenigen zu Hitler zu vergleichen. Eid war also nicht gleich Eid. Dazu würde ich gerne nochmal den Muster-Militär Hindenburg zitieren: "Pflicht geht vor Recht". Der militärische Ehrenkodex wird damit neben die Staatlichkeit gerückt, die Anschauung quasi verselbständigt, und rechtlichen Kategorien entzogen.

Eigentlich hätte man erwarten können oder müssen, dass das Nazi-Regime nach den Katastrophen 1943 in objektiver Ansehung des Unterganges weggeputscht würde. Aber es passierte nichts in der Breite bis auf ein paar Außenseiter, auch nicht 1944. Der Eid ist nur eine Facette der Erklärung, eine winzige formale Deckschicht. Daneben steht ein Cocktail von Verstrickung, Verbrechen, Symbiose, Kontrolle, Brechung usw.
 
Das "Mädchen aus dem Volke" war wohl weniger das Problem, eher die weitere Story der Dame.

Aber nochmal zurück zur Eidesleistung und der damit perzipierten Verpflichtung. Gandolfs Differenzierung ist sehr interessant, die empfundene Verpflichtung zu Weimar mit derjenigen zu Hitler zu vergleichen. Eid war also nicht gleich Eid. Dazu würde ich gerne nochmal den Muster-Militär Hindenburg zitieren: "Pflicht geht vor Recht". Der militärische Ehrenkodex wird damit neben die Staatlichkeit gerückt, die Anschauung quasi verselbständigt, und rechtlichen Kategorien entzogen.

Eigentlich hätte man erwarten können oder müssen, dass das Nazi-Regime nach den Katastrophen 1943 in objektiver Ansehung des Unterganges weggeputscht würde. Aber es passierte nichts in der Breite bis auf ein paar Außenseiter, auch nicht 1944. Der Eid ist nur eine Facette der Erklärung, eine winzige formale Deckschicht. Daneben steht ein Cocktail von Verstrickung, Verbrechen, Symbiose, Kontrolle, Brechung usw.

Laut Zentner:
Blomberg soll zu Hitler gekommen sein, und Befürchtungen geäußert haben, dass das Offizierskorps sein "Mädchen aus dem Volke" ablehnen würde.
Hitler äußerte, dass mit solchen Vorstellungen endlich Schluss sein müsse, er würde den Trauzeugen machen.
Und Zentner äußert weiter den Verdacht, dass Göring vielleicht doch davon wusste, er wäre halt so gern Kriegsminister geworden.


Aber auch ich werde den Verdacht nicht los, dass der Hinweis auf den Eid vielfach eine Nachkriegs-Schutzbehauptung darstellt.
Wie kann ein Eid auf den Teufel persönlich bindend sein?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Laut Zentner:
Blomberg soll zu Hitler gekommen sein, und Befürchtungen geäußert haben, dass das Offizierskorps sein "Mädchen aus dem Volke" ablehnen würde.
Hitler äußerte, dass mit solchen Vorstellungen endlich Schluss sein müsse, er würde den Trauzeugen machen.

Ach so, da haben wir aneinander vorbei geredet. Ich meinte die Fotos von der Dame.

Es wird wohl ein Geheimnis bleiben, ob Blomberg vorher davon wußte. Als es bekannt wurde - nur darauf bezog sich mein Hinweis - rumorte es mächtig in den Kasinos.


Zum Eid: den Verdacht habe ich auch, aufgrund der oben dargestellten Gemengelage lieferte er in der Nachkriegszeit eine plausible Erklärung aus Sicht der mitlaufenden Generalität.
 
Es wird wohl ein Geheimnis bleiben, ob Blomberg vorher davon wußte. Als es bekannt wurde - nur darauf bezog sich mein Hinweis - rumorte es mächtig in den Kasinos.

Wäre heute keinen Deut anders.
Generals und/oder Minister-Braut mit dem Vorleben...........

Wenn das Bild rausbekäme....
Wow:devil::devil::devil::devil::devil::devil::devil::devil::devil::devil:


NS: Wie sagte Onkel Joschi... Er sein schlau, heiraten Nutte, muss nix mehr arbeiten
 
Damit auch genug OT zur Skandalfrage, nur ein kleiner Hinweis auf sich gleichende Themen (1938 bei Fritsch übrigens strafbar, daher das Militärgericht unter Vorsitz von Göring):
Kießling-Affäre ? Wikipedia


Auch noch OT: (muss jetzt einfach sein)
Der Kießling war zuvor Kommandeur der 10. Panzerdivision in Sigmaringen, und von daher kein Unbekannter bei mir im Gäu.
Er war (damals) ein absoluter Weiberheld. Ihm wird der Spruch zugeschrieben:
"Von Liebe wird immer gesprochen, von Heiraten nie":rofl:
Hätte sich der Herr Wörner in Sigmaringen in der Standortverwaltung bei einer x-beliebigen Tippse nach Kießling erkundigt, ....jede weiß heute noch ein paar deliziöse Stories über ihn
 
Es gab Offiziere der Reichswehr, für die war der gegenüber der Weimarer Republik abgelegte Treueeid Wischiwaschi, c.


Seekt schrieb am 2. November 1923 an Kahr:
"Für ihn (Seekt) hat der Eid auf die Verfassung keine bindende Wirkung. Er war an der Ausarbeitung nicht beteiligt. Sie widerspricht seinem Denken und Empfinden in jeder Beziehung. Insofern kann er Kahr verstehen"
(Zitat aus dem Gedächtnis, näheres bei Bedarf heute Abend)

Im Umkehrschluss müsste man ja annehmen, dass das Denken und Empfinden Hitlers demjenigen der höheren Generalität in recht hohem Masse entsprochen hat, da sie ja solche Skrupel hatten den Eid auf ihn zu brechen.

Abgründe tun sich da mal wieder auf, Abgründe....
 
Das ist wohl war. Die Frage ist nur, ob es sich dabei um Einzelfælle oder das Gesamtbild der Denkweise der Generalitæt handelt.
Gruss, muheijo

Bei der höheren Generalität darf man wohl von einer einheitlichen Denkweise ausgehen, die man vor dem Hintergrund der Tradition, der Monarchie und des Nationalismus sehen muss. Auch in den Fragen der Verteidigung verfuhr die Reichswehr praktisch so, wie sie das für richtig hielt.

Ich kann nur das Zitat wiederholen: "Pflicht geht vor Recht". Und dieses "Recht" bezog sich auf die Konstitution und Konstruktion der Weimarer Republik. Negativ könnte man formulieren, dass die Republik damit praktisch immer zur Disposition stand. Andererseits kann man feststellen, dass es auch zu "Bündnissen" mit der Republik kam, eben eine Frage gemeinsamer Gegner.
 
Sinngemäss fragt sich Ritzler (Tagebücher Aufsätze Dokumente), wo sind all die Offiziere hin, die Preußen groß gemacht haben und deutet an, welche Verkrustung im preußischen O-Korps seit den Befreiungskriegen eingesetzt hat.

Aus meiner Sicht deutet seine Distanz zum Offiziers-Korps auch an, dass es im Kaiser-Reich ein sehr isolierter Mikrokosmos ist, der sich der sozialen Verantwortung entzieht und im negativen Sinne "unpolitisch" ist und dadurch hoch politisch, indem er die politische Modernisierung gebremst hat.

Die Legitimation bezieht es aus der Bindung an das Königstum.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass bereits um 1914 ultramonarchische Offizierskreise sehr aktiv auf den Thronfolger eingewirkt haben in Richtung auf einen Militärputsch. Der Thronprinz war wohl nicht nur aufgeschlossen, sondern aktiver Multiplikator für diese Ideen. In diesem Zusammenhang soll sich wohl Bethman direkt an Wilhelm gewandt haben, mit der Bitte dem Thronprinz derartige Aktivitäten zu untersagen.

Ich möchte eigentlich nur damit sagen, dass es bereits im Kaiserreich eine relativ ausgeprägt Form der Entfremdung des Offiziers-Korps von den nicht-monarchischen politischen Instanzen gab. Und dazu würde ich sogar auch die zivile Regierung von Wilhelm zählen. Spätere Karakterisierungen der preußischen Offiziere in der Spätphase des WW I durch Ritzler fallen noch deutlich zynischer aus.

In diesem Sinne ist es nicht verwunderlich, dass sich das Offiziers-Korps der Reichswehr der Legitimation durch das Volk vermutlich mehrheitlich verweigert haben und diese Form auch nicht als Souverän anerkannt haben.

OT und PS: Gibt es eigentlich Untersuchungen über die soziale Zusammensetzung des O-Korps während er Weimarer-Republik ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte eigentlich nur damit sagen, dass es bereits im Kaiserreich eine relativ ausgeprägt Form der Entfremdung des Offiziers-Korps von den nicht-monarchischen politischen Instanzen gab. In diesem Sinne ist es nicht verwunderlich, dass sich das Offiziers-Korps der Reichswehr der Legitimation durch das Volk vermutlich mehrheitlich verweigert haben und diese Form auch nicht als Souverän anerkannt haben.

Man kann ganz spitz formulieren: in den 2 Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg handelte es sich beim Heer um eine Anti-Bürgerkriegs-Armee, deren Funktion mindestens so weit nach innen wie nach außen gerichtet war. Das dürfte mit geprägt haben. Deren Ausbau wurde mit Bedacht auch deshalb verzögert und erst kurz vor 1914 freigegeben, weil man die Verwässerung des Offizierskorps durch Bürgerliche fürchtete.

Schaut man sich die typische Verteilung von Opferzahlen an, ist in der Blutmühle des Ersten Weltkrieges die Generalität unterproportional betroffen, das System wird also konserviert. Denkt man einen Schritt weiter an die Einschmelzung der Reichswehr auf 100.000 Mann, könnte man bestimmte Schlüsse ziehen, wer diese Einschmelzung überstand und die Führung der Reichswehr darstellte.
 
Häufig wurde seinerzeit den Widerständlern des 20. Juli entgegengehalten, sie hätten ihren Eid gebrochen.
Eigentlich verwunderlich, dass über die Frage, inwieweit dieser auf die Verfassung bezogene Eid 1933 oder schon früher gebrochen wurde, kaum diskutiert wird.

Im Moment wurde ich durch die Diskussion um Graf Schenk von Stauffenberg auf meine Frage gebracht.

Als "Mitverursacher" dieses Thema ist es vielleicht lohnend, den bisherigen beachtlichen Wortmeldungen noch etwas hinzuzufügen, und zwar unter folgenden Aspekten:
(I) Wie hat sich die soldatische Eidesleistung nach 1919 entwickelt?
(II) Welches sind die Gravamina dabei?
(III) Wie sind jene Eidesleistungen historisch zu bewerten und wie denkt man heute darüber?​
Ich bitte um Verzeihung für Redundanzen; diese sollen der Lesbarkeit zugute kommen.


I. Vereidigungsformeln 1919-1934

1. Entwicklung in der Weimarer Republik

Die Weimarer Verfassung (WRV) ordnete an (Art. 176 S. 1 = RBGl. S. 1417):
"Alle öffentlichen Beamten und Angehörigen der Wehrmacht sind auf diese Verfassung zu vereidigen."
Das Nähere bestimmte die Verordnung (VO) des Reichspräsidenten vom 14.8.1919 (S. 1419):
[Reichsbeamte:] "Ich schwöre Treue der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Amtspflichten."
[Soldaten:] "Ich schwöre Treue der Reichsverfassung, und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Reich und seine gesetzmäßigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und meinen Vorgesetzten Gehorsam leisten will."
Die religiöse Komponente fehlte wegen Art. 136 Abs. 4 WRV (RBGl. 1408 f.):
"Niemand darf ...zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden."
Weil schon bald - vor allem 1920 - die Frage nach der Loyalität der Eidesleistenden zur Republik auftauchte, wurde durch das Gesetz über die Pflichten der Beamten zum Schutz der Republik vom 21.7.1922 (RGBl. S. 590) klargestellt:
[Art. I, u. a. Einfügung eines § 10a ins Reichsbeamtengesetz:] "Der Reichsbeamte ist verpflichtet, in seiner amtlichen Tätigkeit für die verfassungsmäßige republikanische Staatsgewalt einzutreten."
Das gleiche Gesetz stellte in Art. II klar, dass die Bestimmungen des § 10a "sinngemäß auch für Soldaten" galten.

Von einer 1924 eingetretenen, hier aber nicht wichtigen Änderung des Vereidigungstextes der Beamten abgesehen, blieb es bei dieser Rechtslage bis 1933.

2. Änderung im Dezember 1933
[Zitat:]Während noch nach der Verordnung des Reichspräsidenten vom 2.12.1933 der Diensteid von Beamten und Soldaten auf die Verfassung zu leisten war...
Hierbei sind zwei Änderungen zu verzeichnen:

Das Gesetz über die Vereidigung der Beamten und der Soldaten der Wehrmacht vom 1.12.1933 (RBGl. S. 1016) hatte vorbereitenden Charakter:
"Die öffentlichen Beamten und die Soldaten der Wehrmacht haben bei Eintritt in den Dienst einen Diensteid zu leisten. Das Nähere wird durch Verordnung des Reichspräsidenten bestimmt."
Die angekündigte VO vom 2.12.1933 (RGBl. S. 1017) lautete:
[Beamte:] "Ich schwöre: Ich werde Volk und Vaterland Treue halten, Verfassung und Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe."
[Soldaten:] "Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich Volk und Vaterland allzeit treu und redlich dienen und als tapferer und gehorsamer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen."
Gleichzeitig wurde die VO von 1919 außer Kraft gesetzt.

3. Änderungen im August 1934

Durch das Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs vom 1.8.1934 (RGBl. S. 747) wurde "das Amt des Reichspräsidenten [...] mit dem des Reichskanzlers vereinigt".

An die Stelle der bisherigen Vereidigungsregelungen trat das Gesetz vom 20.8.1934 (RBGl. S. 785):
[Beamte] "Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfülllen, so wahr mir Gott helfe."
[Soldaten:] "Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler, dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen."
II. Gravamina bei den Änderungen 1933/1934 für die Soldaten

Nach meiner - sicher ergänzungsfähigen - Einschätzung sind drei Punkte besonderer Beachtung wert:

  1. Der Eid auf die Verfassung wird ersetzt durch den Eid auf die Person des Staatsoberhaupts.
  2. Der beeidete Schutz der "gesetzmäßigen Einrichtungen" wird ersetzt durch den "unbedingten Gehorsam" gegenüber jener Person.
  3. An die Stelle des säkularen Schwörens und Gelobens tritt der "bei Gott" geschworene "heilige Eid".
Zu jedem dieser Punkte gibt es einiges zu sagen. Vorab nur der Hinweis, dass die zitierte Aussage, 1933 wäre der Soldateneid noch auf die Verfassung zu leisten gewesen, nicht zutrifft; an deren Stelle waren bereits "Volk und Vaterland" getreten.
 
II. Gravamina (Forts.)

Ich ziehe die zeitgenössische Einschätzung des Führer-Eides vom 2.8.1934 vor.
Sah man einen Widerspruch zum bis dahin geltenden Eid auf die Weimarer Verfassung? Meine Vermutung ist, dass man es ueberwiegend als Erweiterung des bisherigen Eides ansah, da sicher die Wenigsten meinten, die Machtuebernahme Hitlers sei im Widerspruch zur Verfassung geschehen.

Statt vieler beziehe ich mich auf zwei Militärhistoriker:

Michael Salewski (in: Deutsche Militärgeschichte, TB-Ausgabe Bd. 4, S. 81) schreibt, die Vereidigung auf Hitler sei "kein so ungewöhnlicher Vorgang" gewesen, "wie dies oft dargestellt wird" und verweist zur Begründung auf die "vorbereitende" Regelung vom 1.12.1933; im Übrigen habe der Hitler-Eid "in der Logik des Gesetzes vom 1.8.1934" gelegen.

Deswegen und weil der Eid sei "in seiner politischen und ethischen Bedeutung verhältnismäßig gering eingeschätzt wurde" (S. 82), wäre es auch erklärlich, dass die Offiziere keine "Skrupel" gehabt hätten, den Eid zu leisten (S. 81). "...alles in allem wurde der Eid akzeptiert [einzige bekannte Ausnahme: Generalmajor Konrad Stephanus, Wehrgaubefehlshaber Nürnberg] und lediglich die Hoffnung ausgesprochen, daß auch Hitler damit enger an die Reichswehr im Sinne eines gegenseitigen Treueverhältnisses, nicht unähnlich jenem, das zwischen Offizier und König vor 1918 bestanden hatte, gebunden würde" (S. 83).

Karl Demeter (Das Offizierskorps in Gesellschaft und Staat 1650-1945, S. 188) bestätigt, die in Rede stehende Vereidigungsregelung wäre "vom Offizierskorps widerstandslos, wenn auch nicht überall bedenkenlos, akzeptiert und befolgt" worden. Bei den Bedenken bezieht er sich auf den General Ludwig Beck, der dem Vernehmen nach kurzzeitig geschwankt hätte, ob er aus dem Dienst gehen sollte; dieser wäre dann aber zu der Überzeugung gelengt, daß "unter den damals vorliegenden Verhältnissen ein solcher Schritt nicht möglich" gewesen wäre.

Insgesamt, so Salewski, gäbe es "nur wenige Quellen aus dem Jahre 1934 zur Frage der Wirkung des Eides auf die Wehrmacht" - was aber "in den Memoiren der Generale nach 1945 zu dieser Frage ausgeführt wurde, ist historisch weitgehend wertlos" (S. 82).
 
II. Gravamina (Forts.)

1. Die Vereidigung auf eine Person
Mein Hauptanliegen: war es auch darum so schwer, gegen das NS-Regime in den Widerstand zu treten, weil sich sehr viele an diesen persönlichen Eid gebunden fühlten?

"Alle Deutsche Truppen sind verpflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufzunehmen.[...] Die von Demselben [dem Kaiser] ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid." (Art. 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 RV; vgl. 30. Januar 1933 bis 2. August 1934 - Google Bcher).

Die Eidesformel von 1934 knüpfte bei dem an, was in der Monarchie bis 1918 galt, d. h. bei einer historischen Tradition, in welcher die Vereidigung auf eine Person der Normalfall bzw. eine Selbstverständlichkeit war. Es gab freilich einen markanten Unterschied: Der Eid auf den Kaiser galt nach übereinstimmender Auffassung dem "Funktionsträger", der Eid auf Hitler dem Individuum.

Dass der Treueid ursprünglich auf die Beziehung zwischen natürlichen Personen - dem Eidleistenden und dem Eidnutzenden - bezogen war, lässt sich durch Feudalismus, Absolutismus und Konstitutionalismus verfolgen. Letzterer warf auch die Frage auf, ob nicht der soldatische Eid künftig dem Staat als solchem bzw. seiner Verfassung gelten müsse. Für Deutschland wurde das im Ergebnis verneint: Zwar wurde der Eid nach 1848 kurzzeitig in Staaten wie Sachsen und Württemberg auf die Verfassung geleistet (genauere Angaben bei Friesenhahn, Der politische Eid, S. 99, 120), aber insbesondere in Preußen wurde dies von maßgeblicher Seite strikt abgelehnt.

Für den "Soldatenstand" blieb es nach Demeter (S. 147) bei der Devise "Gehorsam gegen den Fürsten, Autokratie gegen das Volk, beides 'absolut'". Dies nicht zuletzt auf Drängen des Offizierskorps, welches sich vehement dagegen wehrte, die "konstitutionelle Weiterentwicklung des Zivilbeamtentums von der absolutistischen zur konstitutionellen Auffassung des Staates und Staatsdienstes" mitzumachen (ebd.). Das gleiche trifft auch für den hergebrachten Ehrbegriff zu: "wesensmäßig mit dem König, mit dem Monarchen verbunden, nur auf den Dienst für die König bezogen und jahrhundertelang in diesem ausschließlichen Sinne gepflegt" (S. 142).

Ist der Eid auf die Person des Staatsoberhaupts in einer Republik logisch und rechtlich überhaupt möglich? Mir ist nicht bekannt, ob 1934 ein hochrangiger Jurist diese Frage verneint hätte. Psycho-logisch lag General Reichenau, der den Eid konzipierte, ohnehin richtig: Hindenburg war als Reichspräsident für große Teile des Offizierskorps (und darüber hinaus) eine Art "Ersatzkaiser", und man kann wohl die These wagen, dass es Hitler gelungen ist, diese Dignität weitgehend auf sich überzuleiten.
 
Ist der Eid auf die Person des Staatsoberhaupts in einer Republik logisch und rechtlich überhaupt möglich? Mir ist nicht bekannt, ob 1934 ein hochrangiger Jurist diese Frage verneint hätte. Psycho-logisch lag General Reichenau, der den Eid konzipierte, ohnehin richtig: Hindenburg war als Reichspräsident für große Teile des Offizierskorps (und darüber hinaus) eine Art "Ersatzkaiser", und man kann wohl die These wagen, dass es Hitler gelungen ist, diese Dignität weitgehend auf sich überzuleiten.


Dank an @jschmidt für diese Darstellungen!

Zu den hochrangigen Juristen eine Ergänzung. Absolon, Wehrmacht I, verweist auf das ergänzender Gesetz vom 16.10.1934, welches auch die Reichsminister und Mitglieder von Landesregierungen in den Hitler-Eid einbezog. Lammers drückte das wie folgt aus, und skizziert damit zugleich den Umsturz der Verfassung:
"Der Führer und Reichskanzler führt heute den Staat, und nicht, wie es früher hieß, er leitet die Staatsgeschäfte ...". Absolon weiter: Lehre und Praxis konnten damals den unbestrittenen Satz aufstellen, dass Führerbefehle einem ... Gesetz gleichstünden oder ihm gegenüber sogar Vorrang hätten. Sowohl der Eid als auch das Verständnis desselben sind Ausdruck der Verfassungsumsturzes.

Zu den Wurzeln der Entwicklung sollte man die Reichswehr beachten, deren Befehlsverweigerung im Putschfall ("Truppe schießt nicht auf Truppe") schon eine Distanzierung von der Verfassung darstellt.


Zum Zeitgeist ein weiterer Hinweis auf den Kontext der Eidesleistung und die Ziele (Gruchmann, Justiz im Dritten Reich):
Im November 1933 wurde die StPO geändert, und in der Präambel wird das Ziel der Änderung damit beschrieben, überflüssige Eidesleistungen [im Strafprozeß] zu verhindern, "um dem Eide die seinem Wesen und seiner Heiligkeit entsprechende Bedeutung wieder zu verliehen."
 
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