Ok, ich hab mich wohl unverständlich ausgedrückt. Was ich fragen will: Kann man eine Verwandtschaft z.B. zwischen germanischen und den Orchonrunen nur anhand der gleichen oder ähnlichen Lautwerten ausmachen, oder können ähnliche oder sogar gleiche Zeichen, die es in beiden Schriftsytemen gibt ( aber eben nur mit grundverschiedenen Lautwerten) auch eine gemeinsame Herkunft teilen? Oder ist das eben alles Zufall?
Hoffe, dass ich es diesmal verständlich ausgedrückt habe.
Wenn du eine eigene, vom lateinischen Alphabet unabhängige phonetische Schrift entwickeln wolltest, was würdest du machen? Du würdest dir wahrscheinlich ein System bestenfalls einfach zu merkender Grapheme aus Punkten und Strichen überlegen und somit wahrscheinlich auch zu ähnlichen Zeichen kommen.
Oder aber du entwickelst eine Bilderschrift (tatsächlich stammen ja daher unsere Alphabete, von einer in Jahrtausenden auf phonetische Schrift reduzierten Bilderschrift).
Natürlich kann es sein, dass mit sprachlicher Evolution sich auch einzelne Buchstaben phonetisch von dem entfernen, was sie ursprünglich für einen Lautwert hatten.
Nehmen wir mal das -l- im Spanischen.
El lobo (der Wolf) ['el 'lobo] > l bleibt [l]
La llave (der Schlüssel) ['la 'ʎaβə] (akademische Norm) bzw. ['la 'ʝaβə] (
Yeísmo, sprachliche Realität in weiten Teilen Spaniens und Lateinamerikas).
Geht man nach Argentinien wird man stattdessen anstatt ['la 'ʝaβə] (oder gar entsprechend der akademischen Form ['la 'ʎaβə]) den
Žeísmo oder
Šeísmo finden.
Dann wird aus ['la 'ʝaβə] plötzlich ['la 'ʒaβə] oder gar ['la 'ʃaβə].
Anderes Bsp.:
Yo como pollo en la calle. (Ich esse Hähnchen auf der Straße.)
Akad. Norm: [jo 'komo 'poʎo en la 'kaʎe]
Yeísmo: [jo 'komo 'pojo en la 'kaje] (Mehrheitsfähig)
Žeísmo: [ʒo 'komo 'poʒo en la 'kaʒe]
Šeísmo: [ʃo 'komo 'poʃo en la 'kaʃe]
Wir sind es gewohnt, das Doppel-l den Lautwert [l] behält. Das spiegelverkehrte Lambda [ʎ] für spanisches <ll> (das im Übrigen als Digraph als eigenes Graphem behandelt wird), das bei uns einem <lj> entspräche, ist sicherlich noch nachvollziehbar. Aber die Entwicklung zu [ʒ] wie in
Garage oder zu [ʃ] wie in
schön ist für uns komisch. Also ja,
hypothetisch könnte es so sein, dass eine Orchon-Rune, die einer Fuþark-Rune ähnlich sieht - trotz unterschiedlichen Lautwertes - auf dasselbe Ursprungsgraphem zurückgeht. Allein... sehr wahrscheinlich ist das nicht. Da greift dann eher, was ich oben bereits schrieb: Wenn du eine eigene, vom lateinischen Alphabet unabhängige phonetische Schrift entwickeln wolltest, würdest du dir wahrscheinlich ein System einfach zu merkender Grapheme aus Punkten und Strichen überlegen und somit wahrscheinlich auch zu ähnlichen Zeichen kommen.