Die Christianisierung Irlands
In diesem Thread wurde u.a. darüber spekuliert, inwieweit die keltischen Überlieferungen und Sitten durch die Christianisierung verändert wurden. Da das nicht mehr wirkich zum Thema "Wie weit drangen die Kelten nach Norden vor", ein neues Thema.
Ob, in welchem Maße und in welchem zeitlichen Rahmen dies geschah ist zwar eine spannende Frage, aber nur sehr schwer zu bewerten. Es spricht vieles dafür, dass die Einführung des Christentums in Irland tatsächlich mit einer Konversion zumindest großer Teile der keltisch-heidnischen "Intelektuellen", also Druiden, einherging. Dafür sprechen:
Es bildete sich eine eigene kirchliche Organisation (die keltische Kirche), also spielte die Ausbreitung einer schon vorhandenen kirchlichen Institution mit allem ihren Machtanspruch keine Rolle; diese Konflikte tauchten erst später zwischen römischer und keltischer Kirche auf, als das Christentum eigener Prägung in Irland schon etabliert war.
Viele der ältesten Klöster entstanden aus druidischen Schulen und waren lange Zeit nicht nach Geschlechtern getrennt. Überhaupt basierte die christliche Kirche Irlands viel stärker auf Klöstern, auch dies könnte Folge der Übernahme druidischer Traditionen sein.
Es gibt eine bruchlose Tradierung der alten heidnischen Sagen; diese wurden (oft in der Frühphase) der Christianisierung von Mönchen verschriftlicht, und sie hatten weiterhin einen hohen Stellenwert, wurden also in die christliche Tradition und Glauben aufgenommen, ja galten dann sogar als im christlichen Sinne heilig, segensreich oder dienten zur Abwehr des Bösen, und dies bis weit in katholische Zeit hinein (zT wohl bis ins 18./19. Jh.).
All das sagt nicht, inwiefern hier eine Umdeutung stattgefunden hat, richtig; ganz ohne eine solche ist die Integration heidnischer Sagen in ein christliches Weltbild unnmöglich. Allerdings könnten diese Umdeutungen eher unbedeutend sein. Daneben auch eine "Keltifizierung" des christlichen Glaubens denkbar, bzw in Details sogar nachweisbar. So spricht Kolumban, ein keltisch-christlicher Mönch von Jesus als seinem "Druiden. Auch wurden von der keltischen Kirche zunächst die druidische Tonsur und die druidische Form der Beichte übernommen.
Dabei ist anzumerken, dass es im frühen Christentum evtl stärkere keltisch inspirierte Tendenzen gab, die evtl von christianisierten Festlandskelten kamen. Ein Beispiel dafür wäre der Pelagianismus (benannt nach Pelagius, einem britischen Mönch), der 431 offiziell verworfen wurde (theologische Gegner Pelagians war v.a. der Kirchenvater Augustinus). Die Eigenheiten der keltischen Kirche, die den Papst anerkannte, wurden mehr und mehr zurückgedrängt und verlor zunehmend ihre Eigenheiten, u.a. ihre pelagianische Prägung. Als eigene Institution bestand sie aber noch bis ins 12. Jh.
Das Hauptproblem, das bestehen bleibt und bleiben wird: Wir kennen die keltisch-heidnische Religion Irlands eigentlich nur aus Schriften, die von schon christlichen Mönchen verfasst wurden, und die Situytion in Irland ist, in Bezug auf die Religion, noch die beste von allen keltischen Kulturen, da es von anderen so gut wie gar keine schriftlichen Hinterlassenschaften gibt. (Ausnahme: Wales, aber das Mabinogion u.a. walisische Quellen sind weit stärker durch Romanisierung und Christianisierung verändert als irischen).
Jegliche Rückschlüsse auf die vorchristliche Religion Irlands sind damit stark spekulativ, auch jegliche Vergleiche mit dem späteren christlichen Irland; auch macht es die Beliebtheit keltischer Mythen in esoterischen Kreisen nicht unbedingt einfacher, an glaubwürdige Quellen zu kommen. Meine Quellen waren vor allem Die Druiden von Peter Berresford Ellis und Lexikon der keltischen Mythologie von Sylvia und Paul F. Botheroyd.