Gab es eine europäische Sprache, der Art / mit : ....

Serpiola: Das mag eine gute Methode sein. Aber: das jeweils einleitende e oder a in Yoruba kann ein (vielleicht sogar sehr frühzeitlicher) Vorspann sein, den man evtl. grundsätzlich weglassen muß. Und: die heutigen europäischen Sprachen und vermutlich auch das Sanskrit dürften deutlich näher verwandt sein als die evtl. schon erheblich früher abgespalteten afrikanischen Sprachen.

Schon ungeschoren paßt das skr. eka zum yor okan besser als zu den europäischen Sprachen
Das sind halt so Zufallsähnlichkeiten, die man in allen Sprachen findet. Man muss nach systematischen und regelmäßigen Entsprechungen suchen.

Manchmal ist schon das System inkompatibel. Manche Zählsysteme basieren auf dem Fünfer-System, z. B.:
1 been
2 ňaar
3 nat
4 neent
5 juroom
6 juroom been
7 juroom ňaar
8 juroom nat
9 juroom neent
10 fukk

1 go’o
2 ɗiɗi
3 tati
4 nayi
5 jowi
6 joweego
7 joweeɗiɗi
8 joweetati
9 joweenayi
10 sappo

Und: die heutigen europäischen Sprachen und vermutlich auch das Sanskrit dürften deutlich näher verwandt sein als die evtl. schon erheblich früher abgespalteten afrikanischen Sprachen.
Die Frage ist nicht, ob "näher" oder "weiter" verwandt, sondern erst einmal, ob überhaupt von einer Verwandtschaft gesprochen werden kann. Wie @El Quijote schon klargestellt hat, beweisen lautliche Ähnlichkeiten nichts, wenn keine Regelmäßigkeit nachgewiesen werden kann.

Bei weitläufiger Verwandtschaft ist es oft so, dass sich die verwandten Wörter fast gar nicht mehr ähneln, vergleiche z. B. oben Deutsch fünf und Bulgarisch pet.

Aber: Das anlautende f- im Deutschen (wie in allen germanischen Sprachen, vgl. englisch five, dänisch fem usw.) entspricht einem anlautenden p- nicht nur in den slawischen Sprachen, sondern auch im Sanskrit und im Lateinischen. Und diese Entsprechung lässt sich als Regelmäßigkeit nachweisen!

englisch father - lateinisch pater, sanskrit pitṛ́
englisch foot - lateinisch pes, sanskrit pád
englisch full - lateinisch plenus, sanskrit pūrṇá
 
Ansonsten hatten sie die frühere westafrikanische Klassensprache angenommen, die sie wohl als einziges Volk bis heute weiter bewahrten, und die für ihre Identität entscheidend geworden ist,
Damit ist auch klar, warum die Fulbe-Sprachen zu den Niger-Kongo-Sprachen – früher auch niger-kordofanische Sprachen genannt – geordnet werden (Karte aus Wiki siehe Anhang).
Wenn das so ist, dann kommen wir mit linguistischen Methoden zu Fulfulde ohnehin nicht weiter.

Dann bleibt von Deiner These nur die mögliche "helle Hautfarbe" der ursprünglichen Ful, die Du mehrfach betont hast. Die ist aber Gemeinsamkeit vieler Sprachfamilien, nicht nur der Indo-Europäer. Und wohl aller Sprecher der
vielen isolierten altmediterranen Sprachen, die rings ums Mittelmeer verbreitet
waren, waren auch "wenig pigmentiert". Auch heute sind die benachbarten Berber und Tuareg "hellhäutig", und wir können das wohl von allen historischen Mittelmeeranrainern annehmen - von den Basken im Westen bis zu den Phöniziern im Osten.
Die einfachste Entwicklung wäre also, dass Berber oder mit diesen verwandte Völker als Nomaden in den Westen bzw. Süden der Sahara vorgestoßen sind, und dort - wie Du ja selbst schreibst - die Sprache der einheimischen Westafrikaner angenommen hätten. Das könnte der Assimilation der Franken im späteren Frankreich vergleichbar sein, die von einer germanischen zu einer romanischen Sprache wechselten.
Eine solche Verbindung lässt sich dann aber eher mit genetischen als mit linguistischen Methoden feststellen.

Eine gänzlich andere Variante wäre das Vordingen von Nuba-Völkern vom Nil nach Westen. Die haben zwar eine sprachliche, aber kaum eine "Pigmentierte" Verbindung zum Atlantischen Primärzweig der Niger-Kongo-Sprache.
 

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und besonders detailiert Pachecho 1505 und Almeda 1594 (für die Zeit jeweils ca. ½ Jhd. davor),
Den Pacheco habe ich hier: https://purl.pt/21999/4/cod-888_PDF/cod-888_PDF_24-C-R0150/cod-888_0000_capa-capa_t24-C-R0150.pdf
Wenn du mir noch die genaue Stelle herausschreiben würdest? Portugiesisch um 1500 handschriftlich muss ich nicht unbedingt 200 Seiten lesen.

Bei Gomes steht:

No outro dya, que eram viij dyas do mes dagosto muito cedo pella manhaã por rezom da calma començarom os mareantes de correger seus batees, e tirar aquelles cativos pero os levarem segundo lhe fora mandado; os quaaes, postos juntamente naquelle campo, er hũa maravilhosa cousa de veer, ca antre elles avya alguũs de razoada brancura, fremosos e apostos; outros menos brancos, que queryam semelhar pardos, outros tam negros como tiopios, tam desafeiçoados, assy nas caras como nos corpos, que casy parecia, aos homeẽs que os esguardavam que vyam as imageẽs do imisperyo mais baixo.

Am anderen Tag, dem 8. August, der Hitze wegen sehr früh am Morgen, richteten die Matrosen ihre Boote und brachten die Gefangenen, wie es ihnen befohlen war; diese wurden zusammen auf das Feld gestellt und es war wunderbar mitanzusehen, dass es unter ihnen solche mit einer gewissen Hellhäutigkeit (branco, 'weiß' > brancura 'Weißheit' (nicht zu verwechseln mit Weisheit)) gab, schön (fremoso) und gut gebaut, andere, weniger hellhäutige, die, die braun erscheinen wollten und schließlich solche so schwarz, wie Äthiopier, so verdreht, sowohl die Körper als auch die Gesichter, dass es ihren Bewachern fast schien, sie sähen Bilder aus der untersten Hemisphäre (gemeint ist die Hölle).
Das ist die einzige Stelle bei Gomes, wo helle Hautfarben angesprochen werden. Keine Zuordnung zu irgendeiner Ethnie (was mich auch sehr gewundert hätte), lediglich dies hier. Vermutlich handelte es sich bei den Gefangenen um Araber oder Berber. Die Episode soll sich in Lagos ereignet haben, die Expedition kehrte aus der Region des Cabo Branco (= Raʾs Nawāḏībū) zurück.
 
Für das Yoruba was auch eine Klassensprache ist ist längst bekannt, daß es eine indoeuropäische Sprache ist , sowohl wegen vielen ähnlichen Wortstämmen als auch wegen entsprechenden Geschichten

Welt und Wirkungsprinzip : Werner Landgraf : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
....
Yoruba gehört zum Zweig der yoruboiden Sprachen der Benue-Kongo-Sprachen, und ist insofern durchaus mit den Ful-Sprachen verwandt.
Die mehr oder weniger zufällige Ähnlichkeit von Wörtern belegt aber noch keine genetische oder linguistische Verwandtschaft.

Wenn Beispielsweise - um im Kontext zu bleiben - sämtliche Begriffe oder auch nur Basiselemente der entsprechenden Terminologie aus der Viehhaltung von Rindern in zwei verschiedenen Sprachen oder Sprachfamilien relativ identisch vorkommen würden (so wie in den zentralasiatischen Turksprachen das Vokabular der Eisenbahner russisch geprägt ist, oder im Flugverkehr weltweit englisch genutzt wird), dann belegt das zunächst nur, dass die beiden Sprachen irgendwann einmal in Kontakt waren, und lässt durchaus vermuten, dass mit der entsprechenden Wirtschaftsweise auch das zugehörige Vokabular von der einen in die andere Sprache übernommen worden ist.
Es ist aber kein Beleg für eine stammesgeschichtlich ethnische Verwandtschaft.

Nachdem wir aufgrund Deiner Angaben - wenn dann überhaupt - von einer proto-indoeuropäischen Abspaltung ausgehen müssten (vor ~10.000 Jahren) einfach einmal der von Haarmann, S. 32 *) genannten Wortschatz dieser Grundsprache im Zusammenhang mit der Viehbewirtschaftung. Möglicherweise lässt sich damit eine kultureller Kontakt indizieren, der ja - wie in #26 angesprochen - über die ersten altägyptischen Kulturen geführt haben müsste.

Deutsch: proto-indoeuropäisch (Du kannst ja die entsprechenden Bezeichnungen aus Tukulör daneben setzen):

Ziege: *diks
männl. Ziegenbock: *bhugós - *h,egós
weibl. Ziege; *h,ei´gs

Schaf: *h,óyis
Mutterschaf: *h,óyikéh
Lamm: *h,eg'hnos, *urh,èn
Junges Lamm: *h,er

offenes Land, Ödland: *lendh- ~*landh-
offenes Weideland: *póh,iyeh,-
Weide, Wiese: ?*yélsz

Kleintierherde (Schafe, Ziegen): *yrétos oder *yeruh,tos?
Herde, Schar: *kherdeh,-



*)
Die Indoeuropäer, Beck Verlag, ein kleines empfehlenswertes Büchlein zum einfachen nachschlagen
 
Für das Yoruba was auch eine Klassensprache ist ist längst bekannt, daß es eine indoeuropäische Sprache ist , sowohl wegen vielen ähnlichen Wortstämmen als auch wegen entsprechenden Geschichten

Welt und Wirkungsprinzip : Werner Landgraf : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
Ein in Brasilien lebender deutscher Astrophysiker. Ob der Yoruba kann, weiß ich nicht. Aber ich kann einiges anderes in seinem Werk beurteilen. Aus seiner Einleitung:

Die auf langzeitigen Erfahrungen durch Beobachtungen der Natur und allen Geschehens basierende heidnische Kosmogonie der Vorzeit umfasst grundsätzliche Aussagen und Überlegungen bezüglich allen Werdens [...] Es ist anzunehmen, dass diese Regeln allgemeiner auch in solchen Angelegenheiten gelten, in welchen sie durch die modernen Wissenschaften noch nicht bestätigt oder in ihren Konsequenzen voll überblickt werden konnten.. So lassen sich beispielsweise viele Erkenntnisse und Schlussfolgerungen oder Experimente sowie scheinbare Paradoxone (sic!) der modernen Physik, dort teils nur schwierig verstanden, problemlos in die Grundaussagen der frühen Kosmogonie einordnen und waren ihr nach sogra zu erwarten gewesen.​

Ich übersetze dieses sperrige Geschwülst mal:

Eigentlich kommen alle Mythen aus einer Ursuppe und sind Produkt einer hochelaborierten Anschauung der Natur und eigentlich wussten die Alten über Physik und Biologie eh viel besser Bescheid, als moderne Naturwissenschaftler heute, die erst ganz langsam auf den Trichter kommen, was man in der Steinzeit schon längst gewusst hat. Aber ich, der große Astrophysiker mache euch jetzt mal den Erklärbären und füge prähistorisches Wissen und moderne Physik wieder zusammen.
(Diese "Übersetzung" ist aus mehr als nur dem oben zitierten zusammengestückelt, sie fasst im Prinzip die Einleitung zusammen.)
Seine Überlegungen zum Indoeuropäischen und Yoruba führt er gar nicht weiter aus, er schmeißt und mit irgendwelchen Worten um sich, von denen er weder erklärt, was sie eigentlich bedeuten, noch aus welcher Sprache er sie nimmt.

Diese Ausführung fand ich besonders geil:

Strenge Extremalprinzipien oder genauer Ablauf nach einfachen formelmäßigen Gesetzen gelten daher nur für sehr idealisierte Vorgänge und beschreiben nicht das wirkliche Funktionieren der Welt oder [ihren] Subsystemen, sondern Erschlaffungszustände, Untätigkeit die nicht oder kaum zur Erzeugung von Zeit oder zur Entfaltung der Welt beitragen....
Bis zum sondern konnte ich ihm sogar noch folgen, übersetzt: Die Welt ist kein Reinraum im Labor. Ab dann wurde es schwurbelig.
 
Nach der Erzeugung von Zeit und der Entfaltung der Welt verfalle ich auch immer in Erschlaffungszustände.
 
Generell würde ich vermuten, daß eine (positive) Ähnlichkeit der Worte in mehreren Sprachen für dasselbe, eine gewisse Wahrscheinlichkeit darstellt (auch rechnerisch), daß diese Sprachen einmal in Kontakt kamen, umgekehrt aber eine Unähnlichkeit zahlreicher anderer Worte diese absolut nicht verringert.

Dabei habe ich das Sanskrit im Hinterkopf. Eine relativ geringe Anzahl ähnlicher Worte , die jemand bemerkt hat, haben zu dieser Vermutung geführt, die sich auch bestätigt hat. Dabei spielt es auch gar keine Rolle, daß es dagegen viel, viel mehr Worte im Sanskrit gibt, die kaum bzw keine Ähnlichkeit mit irgendeiner der heutigen europäischen Sptachen haben. Als Schnell-Check sieh dir nur mal in wikipedia den Artikel über Sanskrit - etwa die grammatischen Bezeichnungen - an. Ebenso die erhebliche Kompliziertheit der Grammatik von Sanskrit.

Man kann zwar noch einwenden, solche ähnlichen Worte kommen vielleicht lediglich aus flüchtigen Kontakten, wie ja auch heute Fremdwörter aus Sprachen gegenseitig übernommen werden. Auszuschließen ist das definitiv nicht. Andererseits waren früher Reisen und Kontakte schwieriger, sodaß solche Einflüsse dann doch nur von solch intensiven Kontakten denkbar sind, die man dann als teilweise Herkunft der Sprache und meist auch der Bewohner ansehen kann.

Nichts sagt, daß die Zahlen dann wenigstens ähnlich sein sollten bzw. überhaupt beibehalten wären. Ganz im Gegenteil sind Zahlen, danach Wochentage, Monatstage das Erste was gewechselt wird. Zumindest in Guinea überhaupt keine und in Senegal nur wenige wissen noch die Fula-Bezeichnungen der Wochentage oder gar Monate, sondern benutzen portugiesische oder französische Bezeichnungen; viele auch bei den Zahlen sobald sie komplizierter werden.

So sieht man auch an den Zahlen von Wolof ggnü. Fula - die oben jemand gegenüber gestellt hat - kaum Ähnlichkeit - vielleicht mit Ausnahme der 5 und daher auch das Vorwort der Zahlen 6-9 - und auch bei den sonstigen Wörtern zwischen Fula und Wolof wenig Ähnlichkeit - abgesehen von Wörtern die wohl in beide Sprachen aus dritten übernommen wurden. ( Wolof konnte ich früher auch fließend, aber dann fand ich die Sprache so häßlich daß ich mir Mühe gegeben hab sie zu vergessen ). Trotzdem wird Wolof oft als "ähnlich" oder zumindest derselben Herkunft wie Fula angesehen.

Was an dem Fula und dessen bisherigen Theorien seiner Herkunft (auch hier, daß es plötzlich "angenommen" worden sein soll) so merkwürdig ist, ist, daß einerseits die Fula übereinstimmend als sich den sonstigen Bewohnern in Westafrika intellektuell überlegen fühlend bezeichnet werden, andererseits die Fula-Sprache komplizierter als die sonstigen dortigen Sptachen ist. Das ist auch der Grund, warum die meisten Autoren die Fula und ihre Sprache als ursprünglich zusammengehörend und als gemeinsam nach Westafrika gekommen bezeichnen, nicht als dort von ihnen angenommen. Wir beobachten fast überall, daß bei Kontakt die sich unterlegen fühlenden Völker Gewohnheiten und Sprache der ihrer Meinung nach überlegenen annehmen. Das wird auch konkret in o.g. Buch berichtet, daß die Ful stets eine Oberschicht gebildet haben, mit lokalen Bewohnern als ihr Gefolge, die sich dann selbst bemüht haben sich zu fulanisieren, statt umgekehrt. Ebenso wäre fraglich, von wem die Ful bei ihrer Ankunft die Sprache übernommen hätten. Insbesondere ist aber überliefert, daß die Ful jedenfalls über lange Zeiträume aus der Gegend von Massina (selbst wenn nicht erwiesenermaßen ursprünglich her- aber jedenfalls dauernd nach-) gekommen sind, was kompatibel mit europäischen oder phönizischem Ursprung direkt vom Norden her wäre. Einschließlich auch damit, daß sie sehr lange in Massina verweilten, zBsp schon vor 5000 Jahren oder länger her vom Norden kamen.

Auf die Frage der Yoruba wird man aufmerksam, wenn man nach einem indo-germanischen Ursprung der Ful in der vhd. Literatur sucht. Hier scheinen die angegebenen Ähnlichkeiten i.S. der eingangs erwähnten Wahrscheinlichkeiten überzeugend. Mythologische Bezeichnungen dürften stabiler und älter als sonstige Worte sein. Ähnlichkeiten mit Ful sind aber scheinbar keine vorhanden, wohl auch nicht bei der Lebensweise. Die Ful als ambulantes Volk haben anscheinend keine nennenswerten Aufzeichnungen , noch sehr alte mythologische Begriffe
 
Generell würde ich vermuten, daß eine (positive) Ähnlichkeit der Worte in mehreren Sprachen für dasselbe, eine gewisse Wahrscheinlichkeit darstellt (auch rechnerisch), daß diese Sprachen einmal in Kontakt kamen, umgekehrt aber eine Unähnlichkeit zahlreicher anderer Worte diese absolut nicht verringert.
Kontakt ist nicht Verwandtschaft.

Nehmen wir mal das Wort Alkohol. Es stammt aus dem Arabischen. Arabisch und Deutsch sind deswegen aber nicht verwandt. Als das Wort ins Deutsche übertragen wurde, hatten die beiden Sprachen nicht einmal unmittelbaren Kontakt zueinander. Oder Yoghurt. Das stammt aus dem Türkischen. Deswegen sind Deutsch und Türkisch nicht verwandt und auch beim Yoghurt dürfte der Übertragungsweg weiter sein, als direkter Kontakt.

Sprachverwandtschaften kann man über die historisch vergleichende Sprachwissenschaft feststellen. Insbesondere Verwandtschaftsworte, Worte für Tiere und Pflanzen, niedrige Zahlen sind dafür geeignet, Worte die Dinge aus der realen Lebenswelt beschreiben, die auch schon vor 8000 Jahren existierten.

Nehmen wir lateinisch rota und deutsch Rad. Das geht auf ein gemeinsames indoeuropäisches Etymon zurück. Ginge das deutsche Rad auf das lateinische rota zurück, hieße es heute wohl *rotze.

Um die Verwandtschaft zweier Sprachen festzustellen, muss man regulär immer wieder die gleichen Lautmutationen feststellen. Wie ich das gestern an lactem, noctem, dictum, factum etc. und seinen romanischen Kognaten gezeigt habe: Im Spanischen wurde der [kt]-Nexus regelmäßig zu -ch- [tʃ], im Portugiesischen und Französischen zu -it-, im Italienischen zu -tt- und im Rumänischen zu -pt-. Wenn wir solche Regelmäßigkeiten nicht feststellen können, handelt es sich wahrscheinlich nicht um alte Worte und somit wahrscheinlich nicht um Sprachverwandtschaft. (Problem: Natürlich unterliegen auch Lehnworte der Sprachentwicklung, vgl. lat. tegula, deutsch Ziegel. Das [ts] von Ziegel ist ein Produkt der hochdeutschen Lautverschiebung.)

Man kann das natürlich auch zwischen Deutsch und Englisch machen.
the - der/die/das
that - das
this - dies
thumb - Daumen
thorrow - Dauer (Trauer, bedauern)
thorn - Dorn
then - dann
thing - Ding
thief - Dieb
there - dort
through - durch
thunder - Donner
thin - dünn
feather - Feder
heather - Heide

(Ausnahmen: Father, mother, weather: Vater, Mutter, Wetter, im Altenglischen ist allerdings wedder belegt, was zeigt, dass weather eine rezente Entwicklung ist und im Deutschen existiert parallel zu Vater und Mutter Vaddern und Muddern)

devil - Teufel
deaf - taub
desk - Tisch (aus lat discus, über griech. diskos)
middle - Mitte
dream - Traum
deer - Tier
(hier hat, weil aus dem Lateinischen/Normannischen animal übernommen wurde, eine Bedeutungsreduktion stattgefunden, deer ist heute auf Rotwild beschränkt, also auf Hirsche und Rehe)
feed - füttern
door - Tür/Tor
bread - Brot

tick - Zecke
eat - essen
tooth/teeth - Zahn/Zähne
foot/feet - Fuß/Füße
to - zu
to tell - (er)zählen
tent - Zelt
to tear - zerren
toe - Zeh
tongue - Zunge


 
Dabei habe ich das Sanskrit im Hinterkopf. Eine relativ geringe Anzahl ähnlicher Worte , die jemand bemerkt hat, haben zu dieser Vermutung geführt, die sich auch bestätigt hat.
Es waren weniger die Wörter, sondern die Gemeinsamkeiten des Konjugationssystems, die den entscheidenden Anstoß gaben - das Buch Franz Bopps "über das Conjugationssystem der Sanskritsprache":
MDZ-Reader | Band | Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache / Bopp, Franz, 1791-1867 | Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache / Bopp, Franz, 1791-1867

Kontakt ist nicht Verwandtschaft.

Nehmen wir mal das Wort Alkohol. Es stammt aus dem Arabischen. Arabisch und Deutsch sind deswegen aber nicht verwandt. Als das Wort ins Deutsche übertragen wurde, hatten die beiden Sprachen nicht einmal unmittelbaren Kontakt zueinander.
Es gibt Beispiele für Wörter, die über Tausende von Kilometer weitergegeben wurden, ohne dass die Sprecher der Urspungs- und der Zielsprache überhaupt voneinander gewusst hätten. So sind beispielsweise Wörter griechischer Herkunft bis nach Fernost ins Mandschu gelangt:
Herkunft der Sumerer
 
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Das ist völlig klar, daß Kontakt nicht Verwandtschaft bedeutet. Damit aber Wörter bleibend in eine Sprache eingehen - noch dazu vor vielleicht 6000 Jahren oder früher wo Reisen und Kontakte beschwerlicher waren als heute - muß der Kontakt schon intensiv gewesen sein.

Wie gesagt, ist es gut, im Auge zu behalten, daß die Verwandtschaft des Sanskrits anhand der Ähnlichkeit relativ weniger Worter entdeckt wurde, was ein Zufall sehr unwahrscheinlich macht, wogegen umgekehrt daneben selbst eine große Zahl ganz anderslautender Wörter diese Wahrscheinlichkeit nicht verringern kann. Denn solche können dann durch Übernahme aus anderer (aber typischerweise leichterer !!) Sprache kommen - wie in Fula , frz. oder ptg. Tage- und Monatenamen und oft auch Zahlen, oder gar wie in Nigeria viele Fula-Kinder heutzutage das viel einfachere Hausa lernen und dort dessen Wörter oft Fula-Wörter ersetzen

Außerdem kommt es auf die Zeiträume an. Wenn einzelne afrikanischen Sprachen nennenswert von den indoeuropäischen abhängen, dann haben sie sich viel früher von ihnen getrennt als das Sanskrit, denn bis dahin zurück überschaut man (vermutlich) heutzutage die vorindogermanische(n) Sprache(n). Man kann also nicht einmal mehr so "große" bzw bereits klein genügende Übereinstimmungen wie zwischen Sanskrit und den anderen ie Sprachen erwarten. Insofern ist es nachvollziehbar, daß bei dem Vergleich mit Yoruba auf Eigennamen von mythologischen Begriffen Gewicht gelegt wurde, die sich mutmaßlich kaum ändern. Auch die Eigennamen in der alten Edda dürften sehr alt sein.

Ich bin gerade dabei, nochmal in den im Internet zu findenden ältesten Beschreibungen über die Fula nachzulesen, auch ob sich da (außer den künstlichen Rückführungen als Abstammung vom Propheten in der islamischen Zeit) noch vor-islamische Bezeichnungen irgendwelcher Urahnen finden
 
Das ist völlig klar, daß Kontakt nicht Verwandtschaft bedeutet. Damit aber Wörter bleibend in eine Sprache eingehen - noch dazu vor vielleicht 6000 Jahren oder früher wo Reisen und Kontakte beschwerlicher waren als heute - muß der Kontakt schon intensiv gewesen sein.

Nein.
Auch Wörter, die von weither gewandert sind, können sich Jahrtausende in einer Sprache halten.

Wie gesagt, ist es gut, im Auge zu behalten, daß die Verwandtschaft des Sanskrits anhand der Ähnlichkeit relativ weniger Worter entdeckt wurde
Anscheinend hast Du meinen letzten Beitrag noch nicht gelesen. Vielleicht schaust Du mal rein:
Gab es eine europäische Sprache, der Art / mit : ....

Insofern ist es nachvollziehbar, daß bei dem Vergleich mit Yoruba auf Eigennamen von mythologischen Begriffen Gewicht gelegt wurde, die sich mutmaßlich kaum ändern.
Genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade Eigennamen werden besonders hurtig ausgetauscht, wie man namentlich am Vergleich der Götternamen in indogermanischen Sprachen feststellen kann. Es gibt nicht einmal eine Handvoll Eigennamen, die sich aus der ursprünglichen Sprache überhaupt irgendwo gehalten haben.
Schon beim Vergleich zwischen den altrömischen Göttern und ihren relativ nahe benachbarten griechischen Kollegen findest Du kaum Namensvettern:
Hera - Juno
Artemis - Diana
Athene - Minerva
Aphrodite - Venus
Hermes - Merkur
Poseidon - Neptun
usw.

Zeus - Jupiter ist da schon eine bemerkenswerte Ausnahme (die Verwandtschaft sticht allerdings nicht sehr ins Auge.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, doch. Damit ein Fremdwort in einer Sprache lange bleiben kann, muß es erst mal reinkommen, und das dürfte nicht schon bei einem oberflächlichen Kontakt geschehen. Außer einem Kontakt dürfte es ferner eine neue Sache betreffen (zBsp Handelswaren / Erfindungen) für die das annehmende Volk noch keine einfache Bezeichnung hat. Andernfalls wenn der Austausch so einfach ohne was stattfände, wären alle Sprachen schon längst gleich.

Guckst du mal unter "Indogermanische Sprachen" Wikipedia . Demnach wurde die Zugehörigkeit des Sanskrits zuerst durch ähnliche Wörter bemerkt. Zumindest darf man behaupten, daß sie AUCH vorhenden sein sollten, also aufgefunden werden können. Und zwar gerne bei solchen Begriffen, die NICHT (wie oben) typischerweise durch Handelsgegenstände übertragen werden können.

Würde man bei der Grammatik anfangen - etwa bei der Konjugation - würde vom Englischen ausgehend nicht schnell das Sanskrit vermuten. Nicht mal von den 3 Klassen aus.

Die römischen/griechischen Götter sind Neuerfindungen - in der Edda gibt es die gar nicht.
 
Damit ein Fremdwort in einer Sprache lange bleiben kann, muß es erst mal reinkommen, und das dürfte nicht schon bei einem oberflächlichen Kontakt geschehen.
Das kann sehr schnell gehen.
Am 12. Oktober 1492 entdeckte Kolumbus Amerika. Am 13. Oktober ebschriebt er, wie Einheimische sich mit Einbäumen (in Größen von einer bis 45 Personen) nähern. Diese bezeichnet er mit einem Arabismus im Spanischen, der heute nicht mehr existiert: Almadías. Der Begriff almadía kommt im Bordbuch 25 Mal vor.

Ellos vinieron a la nao con almadías, que son hechas del pie de un árbol, como un barco luengo, y todo de un pedazo, y labrado muy a maravilla, según la tierra, y grandes, en que en algunas venían cuarenta o cuarenta y cinco hombres, y otras más pequeñas, hasta haber de ellas en que venía un solo hombre.​

Am 26. Oktober verwendet Kolumbus erstmals das Wort canoa (Kanu):

Dijeron los indios que llevaba que había de ellas a Cuba andadura de día y medio con sus almadías, que son navetas de un madero adonde no llevan vela. Estas son las canoas.

Das neue Wort canoa kommt im Bordbuch 47 Mal vor.

Ein weiteres neues Wort, welches Kolumbus ebenfalls als erster Europäer dokumentiert und was wir bis heute verwenden, ist am 3. November:

Vinieron en aquel día muchas almadías o canoas a los navíos a rescatar cosas de algodón hilado y redes en que dormían, que son hamacas.​

Das ist zu frz. hamac und engl. hamoc geworden und die Niederländer haben Form und Phonetik zusammengebracht und aus hamac die hangmat gemacht, die Hängematte.

Also nach nur zwei Wochen benutzt Kolumbus ein karibisches Wort häufiger als den kastilischen Arabismus. Und das, obwohl es eine reine Luxusentlehnung ist. Und wir benutzten dieses Wort bis heute. Die Hängematte dagegen ist 1492 ein neues Konzept, das die Europäer zuvor nicht kannten.

Ich will damit gar nicht sagen, dass es normal sei, dass ein Wort sich so schnell in einer neuen Sprache einbürgert. Es gibt aber durchaus Beispiele dafür.

Guckst du mal unter "Indogermanische Sprachen" Wikipedia . Demnach wurde die Zugehörigkeit des Sanskrits zuerst durch ähnliche Wörter bemerkt. Zumindest darf man behaupten, daß sie AUCH vorhenden sein sollten, also aufgefunden werden können. Und zwar gerne bei solchen Begriffen, die NICHT (wie oben) typischerweise durch Handelsgegenstände übertragen werden können.

Ich hatte ja auf folgendes hingewiesen:

Sprachverwandtschaften kann man über die historisch vergleichende Sprachwissenschaft feststellen. Insbesondere Verwandtschaftsworte, Worte für Tiere und Pflanzen, niedrige Zahlen sind dafür geeignet, Worte die Dinge aus der realen Lebenswelt beschreiben, die auch schon vor 8000 Jahren existierten.

Genau das hat man im Sanskrit entdeckt im Vergleich zum Lateinischen, Griechischen oder Deutschen.


Die römischen/griechischen Götter sind Neuerfindungen - in der Edda gibt es die gar nicht.
???

Nichts sagt, daß die Zahlen dann wenigstens ähnlich sein sollten bzw. überhaupt beibehalten wären. Ganz im Gegenteil sind Zahlen, danach Wochentage, Monatstage das Erste was gewechselt wird.
Das müsstest du näher erläutern: Warum sollen Zahlen das Erste sein, was gewechselt wird??
 
Ja, doch. Damit ein Fremdwort in einer Sprache lange bleiben kann, muß es erst mal reinkommen, und das dürfte nicht schon bei einem oberflächlichen Kontakt geschehen.
Wie ich gezeigt habe, reichen auch schon indirekte Kontakte. Wörter können über Sprachgrenzen immer weiter gereicht werden.

Guckst du mal unter "Indogermanische Sprachen" Wikipedia . Demnach wurde die Zugehörigkeit des Sanskrits zuerst durch ähnliche Wörter bemerkt.
Du meinst Sassetti? Dem sind insbesondere die Zahlen aufgefallen...

Zumindest darf man behaupten, daß sie AUCH vorhenden sein sollten, also aufgefunden werden können.
Ja, natürlich.
Ohne vergleichbare Wörter wird es schwierig, z. B. phonologische Regelmäßigkeiten nachzuweisen.

Die römischen/griechischen Götter sind Neuerfindungen - in der Edda gibt es die gar nicht.
Zur Zeit der alten Griechen und Römer gab es die Edda noch gar nicht.
Alle Götternamen, ob griechisch, römisch oder germanisch, sind irgendwann einmal neu erfunden worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir beobachten fast überall, daß bei Kontakt die sich unterlegen fühlenden Völker Gewohnheiten und Sprache der ihrer Meinung nach überlegenen annehmen. Das wird auch konkret in o.g. Buch berichtet, daß die Ful stets eine Oberschicht gebildet haben, mit lokalen Bewohnern als ihr Gefolge, die sich dann selbst bemüht haben sich zu fulanisieren, statt umgekehrt.
man kann an irgendwelchen Einzelbeispielen alles mögliche herauslesen.
Zustimmen würde ich Dir, dass etwa im Voralpenraum die germanische Sprache der politischen Elite von der verbliebenen romanischen Reliktbevölkerung übernommen wurde, die "romanischen Sprachinseln" wurden immer kleiner. Das ist ähnlich auch heute zu beobachten. Migranten aller möglichen Länder benutzen zunehmend die Sprache der herrschenden Gesellschaft, sind nach einigen Generationen der "Doppelsprachlichkeit" (Bilingual, innerfamiliär nach der Herkunftssprache) sprachlich völlig integriert. So hat sich ja auch englisch als Nationalsprache in Nordamerika durchgesetzt, nicht z.B. aber Französisch, Deutsch oder Polnisch - was ja sowohl von den Herrschaftsverhältnissen wie von der Zahl der Zuwanderer auch möglich gewesen wäre.
Umgekehrt haben wir aber auch aus der Völkerwanderungszeit die Feststellung, dass die germanischen Franken im späteren Frankreich die romanische Sprache übernommen haben. Ich vermute, dass die Merowinger mit der Betonung auf ihre (spätrömische) Legitimation und Traditionen daran maßgeblich beteiligt waren.
Es lässt sich also kein generelles Schema ableiten.
Außer vielleicht, dass es maßgeblich auf die Sprachgewohnheiten der Herrschenden selbst ankommen könnte. Bereits die kurze Zeit des Absolutismus und der napoleonischen Dominanz hat ja eine Flut von französischen Ausdrücken bis hin zu Dialektwörtern im deutschen Sprachraum geführt (Gendarm ...).
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir beobachten fast überall, daß bei Kontakt die sich unterlegen fühlenden Völker Gewohnheiten und Sprache der ihrer Meinung nach überlegenen annehmen. Das wird auch konkret in o.g. Buch berichtet, daß die Ful stets eine Oberschicht gebildet haben, mit lokalen Bewohnern als ihr Gefolge, die sich dann selbst bemüht haben sich zu fulanisieren, statt umgekehrt.

In der Sprachwissenschaft spricht man von Strata (stratum, 'Ebene', 'Schicht'). Man unterscheidet zwischen
  • Substrat
  • Superstrat
  • Adstrat
Was bedeutet das konkret? Nehmen wir das von Erich angeführte Bsp. der Franken. Diese übernahmen als Teil einer ethnisch basierten militärischen Funktionselite die Macht am Niederrhein, als das römische Reich zusammenbrach.
Von dort aus eroberten sie erst Nord- und Westgallien, dann auch Südgallieen bzw. die frühere Narbonensis.

Sprachlich passierte folgendes: Die militärische Elite sprach neben Latein auch einen westgermanischen Dialekt. Die kirchliche und administrative Elite sprach Spätlatein. In den flämischen Reichsteilen wurde das Lateinische durch das Westgermanische verdrängt, rund um die Île de France aber übernahmen die Franken mit der Zeit das spätlateinische/frühfranzösische Idiom. Ein schöner Beleg dafür sind die Straßburger Eide, volkssprachliche Eide in Altfranzösisch und Althochdeutsch. Der Westfränkische König schwor auf deutsch, der ostfränkische König auf französisch. Die westfränkischen Krieger schworen auf französisch, die ostfränkischen Krieger auf deutsch (woran man sieht, dass man von den jewieligen Königen etwas mehr erwartete, als von den Kriegern, da die Könige in der jeweils für sie fremden(?) Sprache schworen, die Krieger aber in der jeweils eigenen Sprache.

In dieser Zeit sind ins Französische ein paar germanische Begriffe eingegangen. Weil die Franken die romanischsprachige Bevölkerungsmehrheit beherrschten, spricht man von Superstrat. Die Sprache der Herrschaftselite ging verloren, nur einige wenige Worte blieben erhalten.

Ein weiteres Superstrat könnte sein (das ist eine These von mir, die ich hier im Forum vor einigen Jahren mal diskutiert habe, die ich aber mangels detaillierter Fachkenntnis der französischen und niederländisch-flämischen Sprachgeschichte wirklich nur als These, nicht mehr präsentiere), dass sowohl im Französischen, als auch im Niederländischen -l- in der Folge Vokal-l-(Konsonant) regelmäßig verloren geht.

altum > haute
castellum > château
alberenjena > aubergine
delphin > dauphin
albergue > auberge

alt > oud
behalten > behouden

Wir brauchen das hier nicht zu diskutieren, wir haben das an anderer Stelle schon getan, wenn's dazu Meinungen gibt: Der Verlust des enklit. /l/ im Frz. & Ndl. - Parallelentw. o. Sprachbundphänomen?

Das Deutsche ist seit dem Mittelalter voll von französischen Verben.Aber es hat deswegen keine französische Herrrschaft im Mittalter über das ostfränkische oder später deutsche Reich gegeben. Frankreich war einfach um 1200 die kulturelle Referenz schlechtin und deshalb wurden viele französische Worte - darunter witzigerweise auch Germanismen - ins Deutsche übernommen. Man spricht hier von (Kultur)Adstrat.

Ein Superstrat ist es auch, wenn ein Engländer vom Schweinefleisch auf dem Teller pork sagt, zum Schwein im Stall aber pig. Das vom lateinischen porcus abgeleitete pork ist mit den Normannen nach England gekommen und die Nutzung von pig und pork spiegelt ganz gut die Herrschafts-Knechtschafts-Verhältnisse im 11. - 13. Jhdt. wieder, als die frankreichzentrierte anglonormannische Elite normannisch bzw. französisch sprach. Englisch ist daher viel stärker mit Latinismen/Franco-Gallizismen durchsetzt, als deutsch.

Ein Substrat ist es hingegen, wenn die Sprache der unterlegenen Völker verloren geht und nur vereinzelte Worte oder grammatische Strukturen erhalten bleiben. Hier sind viele lateinamerikanische und karibische Sprachen betroffen, vor allem karibische Sprachen. Die großen Indianersprachen haben ja bis heute überlebt. Aber Orkan/Hurrican, Mais, Batata* und Kanu sind Worte aus Sprachen, die schon lange verloren gegangen und durch das Spanische ersetzt worden sind.

Der Unterschied zwischen Adstrat auf der einen und Sub- und Superstrat auf der anderen Seite ist, dass die Adstratsprache erhalten bleibt, wohingegen die Sub- oder Superstratsprache verschwindet. Die Grenzen sind daher fließend.

Was Sub- und Superstrat anbelangt, so hat manchmal die Demographie das letzte Wort, manchmal aber auch das Prestige, was einer Sprache zugemessen wird.

*Dieses Wort für die in der Karibik bekannten Süßkartoffel ist später auf die Kartoffel übertragen worden und lebt daher in vielen Sprachen nicht nur als Süßkartoffel sondern auch als Kartoffel fort.
 
Ein Superstrat ist es auch, wenn ein Engländer vom Schweinefleisch auf dem Teller pork sagt, zum Schwein im Stall aber pig. Das vom lateinischen porcus abgeleitete pork ist mit den Normannen nach England gekommen und die Nutzung von pig und pork spiegelt ganz gut die Herrschafts-Knechtschafts-Verhältnisse im 11. - 13. Jhdt. wieder, als die frankreichzentrierte anglonormannische Elite normannisch bzw. französisch sprach.

Da gibt es weitere analoge Beispiele:
Das Schaf auf der Weide heißt sheep, auf dem Teller heißt es mutton (nach dem französischen mouton).
Auch das Rindvieh trägt germanische Bezeichnungen, nur auf dem Teller heißt es beef (nach dem französischen bœuf).

Obwohl die Oberschicht nach der normannischen Eroberung jahrhundertelang das anglonormannische Französisch sprach, setzte sich letzten Endes das Englisch der Unterschicht durch.
 
Ein Superstrat ist es auch, wenn ein Engländer vom Schweinefleisch auf dem Teller pork sagt, zum Schwein im Stall aber pig.
Kann man pig eindeutig auf eine westgermanische Sprache zurückführen? Klarer wird es für mich bei Sepiolas Beispiel mutton/sheep oder auch beim Wort swine, das man eher als Beschimpfung oder Krankheitsbezeichnung (swine fever) nutzt.
 
Kann man pig eindeutig auf eine westgermanische Sprache zurückführen?
Gute Frage, darüber habe ich mir tatsächlich keine Gedanken gemacht.

Das Online Etymology Diccionary sagt:

pig (n.1)
Middle English pigge "a young pig" (mid-13c., late 12c. as a surname), probably from Old English *picg, found in compounds, but, like dog, its further etymology unknown. The older general word for adults was swine, if female, sow, if male, boar. Apparently related to Low German bigge, Dutch big ("but the phonology is difficult" -- OED).​
 
Das ist alles hochinteressant und auch für mich lehrreich

Ich selbst interessiere mich aber hauptsächlich für die Fula Sprache, u.a. weil ich ein Kind von denen habe. Bezüglich dieser Sprache ist es jedenfalls so, daß sie sehr kompliziert ist, deutlich im Gegensatz zu anderen Sprachen in dieser Umgebung (einschließlich des Wolof, was zwar auch eine Klassensprache ist, aber eigentlich nur eine halbe - evtl. erst vom Ful angesteckte - weil es viele deren Charakteristiken nicht hat) .

Daher ist es schwer zu glauben, daß diese Sprache von den zuwandernden Ful von irgendjemand mal schnell insgesamt übernommen wurde ... und wenn ja, von wem ? Derzeit beobachten wir umgekehrt, daß (besonders in Nigeria) viele Kinder statt dieser Sprache Haussa lernen, als Familiensprache neben einer evtl. offiziellen Sprache wie Englisch - und zwar ausdrücklich weil die Ful Sprache zu kompliziert ist. Ferner schreiben fast alle Autoren, daß die Ful Sprache am richtigsten gesprochen sowie verbreitet wird durch die früher fast weiße Oberschicht, die auch (zumindest früher) nicht seßhaft sondern umherziehend ist, und hauptsächlich aus Massina nachgekommen sei. Der - so auch nach "Fulas do Gabu" - schließt sich dann immer ein Gefolge dunklerer Leute an, die dann ebenfalls als Fulbe behandelt werden, wodurch sich das Volk heutzutage schon erheblich verdunkelt habe, aber auch die Sprache proportional dazu "falsch" bzw vereinfacht gesprochen werde.

Einige RGB-Werte kann man auf sites der Fulbe selbst abschätzen - wobei die wie gesagt schon deutlich verdunkelt ggnü. der früher aus Massina nachgezogenen Primär-Fulas seien - etwa:

Tabital Pulaaku International – Kawren townen pulaaku

(anders als früher, benutzen die jetzt auch da nicht mal mehr ihre eigene Sprache)
(und wo die sich gemäß >>fulbe>genetique auch selbst für ihre Herkunft interessieren, wie ich gerade sehe)

Nach dem vorgenannten Fulas do Gabu sei die erste genaue Beschreibung der Fula die von Alvares de Almada, ist aber unlesbar

http://purl.pt/17338

Die Leute selbst meinen auch, daß sie zumindest sekundär aus Masina kamen - so wie auch in o.g. Buch und sonstiger europäischer Literatur steht

Huunde e daartol laamaandi Maasina

aber wie und woher sie da hin kamen, weiß keiner. Die Sprache ist z.Bsp. nicht denen der Tuareg ähnlich
 
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