Geschichte der dt. Freicorps

heinz schrieb:
Warum machst Du so etwas?:confused: Er hat doch in diesem Thread schon geschrieben, wenn ich die Namen nicht verwechselt habe.:confused:

Auf die erste Frage. Weil es ein guter Beitrag ist :grübel:

Und auf die zweite Frage, das Thema wurde in die Neuzeit verschoben. :fs: Steht am Ende des Beitrags Nr. 21 in Rot
 
Repo schrieb:
Zentner schildert das anders.
Suchs mal heute abend raus.

Grüße Repo

Es hat mich umgetrieben...

Das Ergebnis des Kriegsspiels präsentierte Schleicher im Dezember 32, und beendete damit Papens 1 Tage Kanzlerschaft.
Papen wollte nicht nur mit Notverordnungen regieren, sondern das Parlament in unbefristeten Urlaub schicken.
Schleicher argumentierte, dass das zum Bürgerkrieg führen würde, was wiederum die Polen zu einer Besetzung Schlesiens ausnutzen würden, die dann nicht mehr abgewehrt werden könne. "Die derzeit sowieso agressive Haltung Polens".
Hindenburg schluckte das, und setzte Papen nach 24 Stunden wieder ab.

Grüße Repo
 
Zuerst einmal Danke für die Schreibrechte. Wie Ursi bereits erwähnt hat, war mein vorheriger Beitrag hier her verschoben worden. Ich konnte also nicht selbst antworten, weshalb Arne freundlicherweise für mich eine Antwort reingestellt hat.

Albatros schrieb:
Ich würde die Freikorps nicht nur auf die Zeit 18 -20/23 reduzieren. In den Monaten nach der Revolution bildeten sich hunderte von Freiwilligenorganisationen, die meisten bestanden nur kurze Zeit. Interessant sind aber die Freikorps, die längere Zeit bestanden, also z.B. Oberland, Epp, Ehrhardt, Roßbach. Es sind diese Freikorps, die den harten Kern der "Bewegung" bilden, die mal eben 1000km ins Baltikum marschieren, um ihre Kameraden rauszuhauen etc. Es sind diese Freikorps, die einen Tag für die Regierung marschieren und an nächsten gegen sie putschen.
Ich würde hier durchaus von einer Bewegung sprechen: die Freikorps eine nehmen eine Tradition der Befreiungskriege wieder auf, es ist ja kein Zufall, dass die nationalistisch geprägten Kriegsfreiwilligen und Schüler und Studenten das Gros der Mannschaften bilden, also eher bürgerliche Schichten. Diese Entwicklung steht m.E. durchaus im Zusammenhang mit der bürgerlichen Jugendbewegung, die außerhalb des sozialdemokratischen Milieus
existierte. Bisweilen hat man den Eindruck, für die Studenten von 1919/20 waren München und Oberschlesien was Woodstock für die 68er war.
Die eigentlichen Freikorps bestanden allesamt nur relativ kurze Zeit. Getragen wurden sie von patriotischen, eher bürgerlich gesinnten Männern für die das Kriegsende und vor allem sein Ausgang, inklusive der ihm folgenden Veränderungen in Deutschland zu Plötzlich kamen und ihrer Werteordnung teils widersprachen. Nicht alle waren kriegserfahrene Soldaten, etwa aus den Sturmtruppen mit neuer Infanterietaktik, die kurz vor Kriegsende so unglaubliche Erfolge erzielt hatten, sondern ihnen schlossen sich auch viele, noch von der Kriegspropaganda motivierte junge Männer an, die noch nicht im Feuer gestanden hatten. Viele Männer die zu Kriegsende etwa als Offiziersanwärter in der Ausbildung waren hatten genug Motivation die Waffen zu ergreifen, ihnen kam das Kriegsende zu Früh um sich zu beweisen. Das war das Potential welches die Reichswehrführung für den Aufbau der neuen Armee brauchte, es hatte nun die Chance sich in den Freikorps zu bewähren!

Albatros schrieb:
Das Heer ist 1918 nicht zusammengebrochen, auch wenn es deutliche Auflösungserscheinungen zeigte. Wer nach Hause wollte, ging einfach, damit war jeder, der blieb de facto Freiwilliger. Und aus dieses Potential wurde dann einsatzfähige Einheiten verbundener Waffen aufgestellt, ähnlich den "Kampfgruppen", die man bereits an der Front gebildet hatte.
Die personelle Überführung, nicht die organisatorische, des alten Heeres in die Reichswehr passierte größtenteils über die Freikorps. Die Fachleute und Spezialisten, Berufsoffiziere größtenteils, blieben immer beim Heer, die jungen Offiziere und Mannschaften hingegen, zumal die erst im Krieg zu (Reserve-)Offizieren ernannten Kriegsfreiwilligen (es geistert die Zahl von 200.000 herum), fanden sich in Freikorps wieder. Das zeigt m.E. auch der Umstand, dass viele der aktiven Regimenter Freiwilligenverbände bildeten, während mir noch kein Freikorps "Freiwilligen-Reserve-Landsturm-Regiment" begegnet ist.

Man darf dabei auch nicht vergessen, dass der Übergang zum 100.000 Mann-Heer erst 1920 (mit Inkrafttreten des Versailler Vertrags) begonnen wurde. Vorher war das Ziel 200.000 Mann. Die Freikorps dienten also dem Zweck, das Kräftepotential des Heeres zu erhalten, die Grenzen zu schützen und im Innern für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Ein Heer, wo jeder der will von Heute auf Morgen nach hause gehen kann hat aufgehört ein Machtfaktor zu sein. Es mag nicht zusammen gebrochen sein, aber es hat sich selbst aufgelöst. Was zurückblieb waren die Keimzellen der Freikorps. Letztlich meinen wir das Gleiche. Dein Beispiel mit "Freiwilligen-Reserve-Landsturm-Regiment" ist natürlich etwas Überzogen. In der alten Heeresorganisation kam der Landsturm nach aktiven Truppen, Reservetruppen und Landwehr. Der Landsturm wurde (ohne das zu überprüfen) m.W. nicht aktiviert, zumal er als Heimatschutz und letztes Aufgebot organisiert war (~ ähnlich dem Volkssturm im nächsten Weltkrieg), er war auch nicht in Regimentern, sondern maximal in Bataillone gegliedert. Letztlich sehe ich auch hier einen Gleichklang zwischen unseren Ansichten.

In den Grenzgebieten zu Polen etwa, wo in den entstehenden Schutztruppen viele Leute kämpften die ihre Heimat verteidigten oder auch politisch andere Schwerpunkte setzten, kämpfte man Seite an Seite mit den Freikorps. Warum mache ich diese Trennung überhaupt? Ich erlaube mir alle anderen Gründe auszublenden als einen: Die innere Ausrichtung! Die Freikorps, als Horte deutschnationaler Gesinnung sorgten schon selbst dafür dass unsichere Kandidaten wie Sozialdemokraten und glühende Demokraten nicht lange unter ihren Fahnen blieben oder sich anpassten! Genau wie die Freikorps der Befreiungskriege (mit nicht völlig deckungsgleicher Gesinnung wie jene Freikorps über 100 Jahre später), repräsentierten ihre Mitglieder weitgehend eine gleiche politische Ausrichtung, nationale Begeisterung und eine soziale Heimat. Die Freikorps waren von einer unbedingten, gegenseitigen Kameradschaft geprägt, die fast schon an das Motto der literarischen Musketiere erinnert. Darum marschieren sie mal eben gerade ins Baltikum um ihre Kameraden heraus zu hauen. Kameradschaft ersetzte die fehlende politische und private Perspektive. Darum auch ihr oft brutales Verhalten gegenüber feindlichen Kämpfern, vor allem wenn auch dieser ein Deutscher ist! Auf die Verachtung all jener die in der Dolchstoßlegende angeklagt werden habe ich bereits früher hingewiesen.

Die Freikorps waren alles Andere als eine zielgerichtete, politische Bewegung, aber sie sahen in sich selbst die Keimzelle eines sich erneuernden Deutschlands, die die Schmach von Versailles und der Revolution abwaschen würden. Dieses neue Deutschland würde seinen Platz als Großmacht in Europa wieder einnehmen, mit einer erneuerten, von nationalem Geist erfüllten starken Armee. So sehr viele Freikorpskämpfer auch den Gewohnheiten des Kaiserreiches auch nachhingen, so sah ihre Masse die Monarchie als gescheitert an. Gerade die Flucht Kaiser Wilhelms in die Niederlande hat sie verbittert und die alten Brücken morsch gemacht die in die monarchistische Richtung führten.

Klingt das nicht alles nach Faschismus? Warum versuche ich zuerst einen Unterschied zwischen Faschismus und Freikoprs herauszuarbeiten, wenn ich jetzt doch die gleiche Schublade öffne? Der Faschismus ist eine politische, zielgerichtete Ideologie mit klaren Zielen. In den Freikorps fand sich eine Geisteshaltung die dieser Ideologie nahe steht, aber es gibt Unterschiede. Ganz wichtig ist hier, dass der Faschismus sich selbst erfand, in genau dieser Phase, als die Freikorps ihre Hochblüte hatten.

Kurzfristig kämpften die Freikorps für die ‚innere Ruhe’ in Deutschland und die Sicherung der Grenzen. Beides möglichst mit einer erneuerten, starken Armee. Als der Frieden von Versailles diesen letzten Punkt verhinderte, begann die Freikorpsbewegung zu straucheln. Dass es auch anders hätte passieren können zeigt das Beispiel der Türkei um die gleiche Zeit, wo ähnlich national gesinnte Männer unter Mustafa Kemal die Bedingungen der Verträge mit der Entente gewaltsam revidierten. Freilich ist klar das die Entente eine solche Entwicklung in Europa nicht hingenommen hätte, aber die Freikorpskämpfer mochten davon träumen. Die Reichswehrführung sah in den Freikorps die Keimzellen der neuen Reichswehr: Erprobte Soldaten, Einsatzfreudig, National gesinnt, Innenpolitisch gefestigt und letztlich unpolitisch!

Unpolitisch? Wie das denn, hat nicht alles was ich bisher gesagt habe einen politischen Hintergrund? Natürlich hat es das, aber dazu bedarf es weiterer Ausführungen in einem weiteren Post.

Die Schlüsselworte für die spätere Bedeutung der Freikorps sind meiner Ansicht nach ‚Unpolitisch’, National und ‚Woodstock’. Mein Post ist bereits lang genug damit wieder gemeckert wird. Ich werde mir also Zeit lassen.
 
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tejason schrieb:
....
....Unpolitisch? Wie das denn, hat nicht alles was ich bisher gesagt habe einen politischen Hintergrund? Natürlich hat es das, aber dazu bedarf es weiterer Ausführungen in einem weiteren Post.

Die Schlüsselworte für die spätere Bedeutung der Freikorps sind meiner Ansicht nach ‚Unpolitisch’, National und ‚Woodstock’. Mein Post ist bereits lang genug damit wieder gemeckert wird. Ich werde mir also Zeit lassen.


bin gespannt auf deine weiteren Ausführungen. :yes:
Allerdings siehst du m.M. nach die Freicorps bisher zusehr als relativ einheitlich-unpolitische Gemeinschaften. Muß man nicht deren Führer sehr genau aufs Korn nehmen, nicht nur weil viele prominente spätere NS- Verbrecher ihre "Karriere " in Freicorps begannen , sondern auch wegen solchen, die nach dem 2. WK als "Biedermänner " in der Adenauer-Republik noch reussierten, wie z. B. Gerhard Roßbach ?
Wie trennst du also den einfachen Freicorpskämpfer von dessen (Ver-) Führer ?
Die Freicorpsführer sind sehr früh einer antisemitische Ideologie in ihrer Arbeit gegen die "verjudete " Weimarer Republik gefolgt ......kann man schon deshalb die Freicorps daher als im Grunde "unpolitisch " bezeichnen :grübel:
 
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Zuerst möchte ich nicht unterlassen darauf hinzuweisen, dass ich keineswegs persönlich die Einstellung in den Freikorps zur Politik und dem damaligen Geschehen teile. Es geht mir darum den Motiven der Bewegung nachzugehen und Bewegungen fußen nun einmal auf Emotionen. Ich hoffe mir gelingt diese Gratwanderung.

Den nationalen Background der Freikorps haben bereits alle Beiträge in diesem Thread betont. Diese Komponente ist also allgemein anerkannt. In meinem letzten Beitrag habe ich versucht den inneren Zusammenhalt und die eigentlichen Erwartungen der meisten ihrer Mitglieder herauszustellen. Kameradschaft und das, was Albatros als ‚Woodstock-feeling’ umschreibt bildete tatsächlich eine weitere Basis. Die Kameradschaft wurde auch durch Abgrenzung von Anderen definiert, die nicht die eigenen Ideale teilten. Der Kampf der Freikorps galt aus deren eigener Sicht einem besseren und selbstbewussten neuen Deutschland: Wer dem im Wege stand, musste damit rechnen auch mit Waffengewalt aus dem Wege geräumt zu werden, wenn es sein musste…

Steht das nicht alles im unmittelbaren Widerspruch zu der ‚Unpolitischen’ Einstellung die ich den Freikorps unterstellt habe. Wie kommt das? Dazu muss ich erneut zurückblenden.

1914 waren alle europäischen Nationen von einem Taumel der Kriegsbegeisterung getragen in einen elenden, furchtbaren Krieg gezogen. Nachwuchs für die Front fand sich auch in Deutschland noch lange. Eine entsprechende Kriegspropaganda putschte die Massen auf, für welche die alten Begriffe wie Kaiser und Vaterland allein nicht mehr reichten sie zu motivieren. Es ist interessant wie wenig konkrete Kriegsziele die Mächte dabei verfolgten außer zu siegen…. In Deutschland galt die Opferbereitschaft des kaiserlichen Heeres als Beispielhaft. Sie glaubten der Politik alles gegeben zu haben um den Krieg auf einer akzeptablen Basis beenden zu können. Das die höchsten Offiziere zu lange an einem Siegfrieden festgehalten hatten wurde völlig übersehen. Der Zusammenbruch kam für diese stolzen Militärs viel zu Plötzlich. Die Dolchstoßlegende bot günstigen Nährboden diesen mit ihrer inneren Einstellung in Einklang zu bringen. Wozu dann all die Opfer? Also waren die Söhne Deutschlands für eine unfähige Politik gestorben. Schlimmer: Die Politik hatte sie verraten! Politik ist schmutzig, zusammen mit marodierenden Zivilisten, denen die Politiker genug Raum gegeben hatten wurden all die Früchte ihrer eigenen Opfer verschwendet. Das Militär fühlte sich verraten! Das Kaiserhaus hatte versagt, indem es die versagenden Politiker nicht ausreichend kontrollieren konnte, folgerichtig musste der Kaiser gehen. Es erklärt auch die Wut und die vielen unnötigen Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung in umkämpften Städten, etwa beim Spartakistenaufstand. Die Freikorps, die in dieser Zeit sowohl die Grenzen zu schützen glaubten, als auch innenpolitisch Polizeiaufgaben erledigten, fühlten sich noch ein weiteres Mal verraten.

Die Republik, die willig ihre Dienste bei der Niederschlagung von Aufständen in Anspruch genommen hatte, verschmähte sie. Sie verleugnete ihre Hilfe, indem sie die unnötigen Grausamkeiten gegen Aufständische verurteilte. Hatten die denn keine Ahnung das Krieg immer grausam ist? Hatten nicht auch solche unfähigen und inkonsequenten Politiker die Frontkämpfer im Kriege verheizt und wuschen sich nun ihre Hände in Unschuld? Jetzt erlaubte die Republik nur 100.000 Mann für die neue Reichswehr, mehr als doppelt so viele patriotische Soldaten wurden in das Zivilleben entlassen. Ein Zivilleben in einem Land das wirtschaftlich ausgeblutet war und in dem Menschen an Hunger starben! Die Hungertodten sind heute meist vergessen, bestand die alliierte Seeblockade als Druckmittel doch über das Kriegsende hinaus. Statt die Not des Volkes zu lindern wurden die Werte des Landes an die Alliierten übergeben. Die Bergleute die die Kohle förderten, froren im Winter, während die Früchte ihrer Arbeit nach Frankreich als Reparation verschickt wurden. Ist es da ein Wunder, warum die Freikorps, wie überhaupt sehr viele Deutsche den Versailler Vertrag ablehnten und mit ihm jene Republik, die jenes Diktat angenommen hatten?

Die damals übliche Bezeichnung ‚Diktat’ in Deutschland für die Bedingungen des Abkommens beruht auf dem Hintergrund, dass den deutschen Vertretern die Bedingungen für das Kriegsende verlesen wurden. Dann wurden sie vor die Alternative gestellt entweder alle Artikel zu übernehmen oder der Krieg gehe weiter. Die deutschen Emissäre hatten also keine wirkliche Möglichkeit auf die Bedingungen einzugehen und sie in ihrem Sinne maßgeblich zu verändern. Der Gedanke liegt nahe, das es einige Militärs gab die lieber einen Endkampf um das Reich riskiert hätten wie er rund 25 Jahre später stattfand. Sowohl 1919 als auch 1945 war diese Option aber militärisch sinnlos und für die Zivilbevölkerung ein grauenvoller Opfergang. Es zeugt m.E. für die Verantwortlichkeit der republikanischen Politiker diese Bürde geschultert zu haben um Menschen zu schützen. Leider waren ihre Hoffnungen auf nachträgliche Erleichterungen der Bedingungen nur zu einem unbedeutenden Teil gerechtfertigt. Der französische Marschall Foch erwies sich als Prophet: „Das ist kein Frieden. Das ist ein zwanzigjähriger Waffenstillstand.“ Selbst der Reichskanzler Phillip Scheidemann (SPD), der nach der Flucht des Kaisers die Republik ausgerufen hatte sprach im Mai 1919 diese Worte: „Welche Hand müsste nicht verdorren, die sich und uns in solche Fesseln legte?“ Die Ablehnung der Versailler Bestimmungen war also keineswegs auf rein konservative Kreise beschränkt. In einer aufgeheizten, kriegerischen Stimmung sind Zwischentöne wie diese nicht leicht Wahrzunehmen.

Tief von der Politik enttäuscht zogen sich die Soldaten der neuen Reichswehr in ihre Kasernen zurück. Sie bereiteten sich intensiv vor bereit zu sein, wenn aus der kleinen Reichswehr wieder eine große, „den nationalen Interessen angemessene Armee“ werden würde, die auch im Reiche wieder einen Platz an der Sonne haben würde. Das war ihr Ziel und Trost in den wenig erfreulichen Tagen der frühen Republik.
Wie anders jene bisherigen Kameraden, die plötzlich auf der Straße standen. Einige in jenen Freikorps, die gegen die Regierungen in Berlin oder den Ländern putschten mögen darin ein Mittel gesehen haben sich eine Entschädigung für ihre – in ihren Augen missbrauchte - Opferbereitschaft zu erkämpfen. Es überrascht kaum, dass die Reichswehr selten gegen Verbände der Freikorps vorging. Auch der Hitler-Ludendorff-Putsch in München scheiterte nicht an Truppen der Reichswehr, sondern an der Polizei! Selbst der Kapp-Putsch entwickelte sich aus den Turbulenzen, die bei der Auflösung von Freikorps entstanden. Man fühlt sich an Wallenstein erinnert, der im 30jährigen Krieg darauf hinwies, dass es leichter sei Truppen aufzustellen, als sie aufzulösen. Bei der Aufstellung brauche man wenig Geld, aber viel Material. Wolle man sie aber auflösen, brauche es sehr viel Geld!

Nur die Reichswehr verdammte die Freikorps nicht. Für die Politik hatten sie ihre Schuldigkeit getan und konnten gehen. Für das Deutsche Reich, als Gesellschaft wie als Wirtschaftsverband waren sie zur Belastung geworden. Was Wunder, wenn die alten Freikorpskämpfer die Politik verdammten? Natürlich waren die alten Kämpen anfällig auch für radikale politische Ideen. Es ist ja gerade die Verquickung von Politik mit gesellschaftlichen Umwälzungen, die Ideologien von normaler Politik angrenzen. So resignierten die Einen, während Andere sich stark im deutschnationalen, oder im nationalsozialistischen Milieu tummelten. Wieder Andere machten doch noch ihren Weg im Zivilleben, was weniger wundert wenn man sich ihr Alter (Jung!) und ihre soziale Herkunft aus besser gestellten Familien vorhält. Eben durch diese Zersplitterung zeigt sich das die Freikorps zwar eine Bewegung waren, aber kein politischer Machtfaktor. Wenn sie überhaupt politische Wirkung entfaltet haben, oder im Faschismus später noch entfalten werden, dann als Werkzeug, nicht als Gestalter! Das ist letztlich der Punkt meiner Aussage und der Grund für die vielen Abschweifungen.
Wie anders doch die Reaktion Adolf Hitlers, als ihm der Waffenstillstand bekannt wird:
„…da beschloss ich Politiker zu werden.“
 
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Ich denke, Tejasons umfangreiche Analyse ist weitestgehend zuzustimmen. Ich hätte nur ein paar kleine Anmerkungen:

1. Unpolitisch war die Freikorps weder in ihrem Denken, noch Handeln. Vielmehr waren sie unparteiisch, weil keine der Parteien der Weimarer Republik das verkörperte, was sie vertraten, ja gar nicht verkörpern konnte. Bezeichnend ist ja, dass aus der Generation der Frontkämpfer in vielen Ländern eine faschistische Bewegung erst entstand, die überall einen ähnlichen völkisch-sozialistischen Ansatz hatte. Dabei wird auch deutlich, aus welchen Quellen diese Bewegung schöpfte, nämlich einerseits dem Nationalismus und den sozialrevolutionären Ansätzen der Vorkriegszeit. Das Konzept einer "konservativen Revolution", der nicht wenige Freikorpsler anhingen, wäre im Kaiserreich unvorstellbar gewesen.

2. Das kaiserliche Heer darf hier nicht als monolithischer Block verstanden werden. Die Initiative für den Waffenstillstand ging von der OHL aus. Gerade die höheren Offiziere wußten, spätestens seit dem Scheitern der Frühjahrsoffensiven 1918, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen, ja dass ein Waffenstillstand zu deutschen Bedingungen unwahrscheinlich war. Die jungen Offiziere, oftmals erst während des Krieges ernannte Kriegsfreiwillige, kannten die Situation an der Front zur Genüge, um festzustellen, dass sie der materiellen Überlegenheit der Alliierten nichts entgegenzusetzen hatten.
Darüberhinaus, und das dürfte gerade bei den Freikorps ein entscheidender Faktor gewesen sein, war das Heer in sich gespalten. Feldheer/Heimatheer, Front vs. Etappe. Die heimkehrenden Truppen trafen auf Soldatenräte, die sich ohne ihr Zutun gebildet hatten, den jungen Offizieren wurden die Schulterklappen heruntergerissen etc. Dazu hatte sich die Sozialstruktur des Heeres grundlegend gewandelt. Das kaiserliche Offizierskorps war eine Domäne des Adels gewesen, insbesondere die Garderegimenter; dort tut man sich schwer, einen bürgerlichen Offizier zu finden. 50% aller Offiziere waren 1913 adlig, mit steigender Tendenz je weiter man die Stufen hinaufkommt. Groener, Württemberger und bürgerlich, war eine absolute Ausnahme in der Generalität vor 1914. Und jetzt übernehmen plötzlich bürgerliche Spezialisten die Führung dessen, was einmal die Reichswehr sein wird. Die Welt stand auf dem Kopf.

3. 1919 - während der Hochzeit der Freikorps - war Versailles noch nicht so dominant, wie in den Jahren darauf. Es konkret darum, die Zentralgewalt wieder herzustellen, vor allem in den Industriezentren: Braunschweig, München, Sachen, Berlin. Versuche dort Räterepubliken zu errichten, wurden brutalst möglich niedergeschlagen, mit der Billigung der Regierung oder zumindest durch diese geduldet. Erschreckend finde ich die Selbstverständlichkeit mit denen die Maßstäbe der Front auf die Heimat übertragen werden. Man benimmt sich in den Arbeitervierteln, als befände man sich in Feindesland.

4. Das Motiv für die Bildung der Freikorps ist nicht nur die Herstellung von Ruhe und Ordnung. Abgesehen von den Hochburgen der Arbeiterbewegung herrschte in Deutschland eine bemerkenswerte Ordnung. Die Verwaltung funktionierte größtenteils reibungslos und der Übergang der Macht von den alten auf die neuen Machthaber vollzog sich vielerorts wie eine normale Amtsübergabe. Selbst der Spartakusaufstand blieb fast überall eine kurze blutige Episode. Das Bild des revolutionären Deutschlands ist getrübt von den Vorgängen in Berlin, München etc. Ein weiteres, entscheidendes Motiv für die Bildung der Freikorps, war die Fortsetzung des Krieges im Osten gegen die Sowjetregierung in Rußland. Die Grenze zwischen Polen und Deutschland ist keineswegs festgelegt, hier ist nicht klar, was zu schützen ist. Aber Deutschland kämpft - mit dem Segen der Alliierten - im Baltikum, in der Ukraine und bald auch im Kaukasus gegen die Bolschewisten. Dafür braucht es kampfbereite Truppen, die aus dem Feldheer im Westen rekrutiert werden. Während man den eine Krieg beendet, facht man andernorts einen neuen Krieg an. Und auch hier ist die Lage unübersichtlich, weil Verbündete zu Feinden werden und Feinde zu Verbündeten. Plötzlich entsteht eine Russische Westarmee, die zu 80% aus Deutschen besteht. Und am Ende stehen die Kämpfer mit leeren Händen da. Kein Sold, kein Land, höchstens das "Baltenkreuz" als Beweis dabeigewesen zu sein.

5. Aus den Reihen der desillusionierten Freikorpskämpfer bilden sich Netzwerke, in denen sie sich gegenseitig Halt bieten. Sie können sich nur auf sich selbst und den Mann neben ihnen verlassen, haben sie gelernt. Ein Teil findet eine neue Heimat in der Reichswehr, ein Teil faßt Tritt im Zivilleben, und ein Teil hält am alten Leben fest, bis es nicht mehr geht. Inflation und Wirtschaftskrise tun das ihrige um diese Leute in die Arme der Nationalsozialisten zu treiben. Und dort finden sich dann zahlreiche Führer und Verführte wieder. Dieser Prozeß findet zwischen ca. 1930 und 1934 statt. Dass ein Himmler, Heydrich, Bormann, Röhm, und wie sie alle heißen, Werkzeuge waren, wage ich zu bezweifeln. Ebenso viele der Aktivisten des Stahlhelm und anderer Wehrverbände, die in die SA eingereiht wurden. Die Freikorpsbewegung war keine Vorhut des Nationalsozialismus, aber ein Bindeglied zwischen verschiedenen Gruppierungen und Strömungen im völkisch-nationalistischen Lager.

Fazit: Die Freikorps sind nicht eine blosse Ansammlung von Verlierern des Waffenstillstands. Sie sind ein Instrument der Machtpolitik in Deutschland in einer Zeit, als noch nicht klar ist, wer eigentlich die Macht hat. Diese Unsicherheit prägt die Weimarer Republik und wird ihr letztlich zum Verhängnis. Die Freikorps haben an diesem Schicksal wesentlichen Anteil, weil sie zur Delegitimisierung der Republik in allen Schichten beitragen; bei der Arbeiterschaft durch ihre - vermeintlich legale - Brutalität, beim Bürgertum durch ihr martialischen Auftreten und ihr Landsknechtgebahren, beim Militär durch ihre Disziplinlosigkeit. Die "Geächteten" trugen den zersetzenden Keim mit sich, der dann schlußendlich in der "Überwindung des Parteienzanks" und der Errichtung einer "Volksgemeinschaft" durch die Nationalsozialisten gipfelte.
 
Buch über Freikorps

Hallo,
ich möchte mal mehr über die Freikorps wissen .Ist das Buch von Matthias Spengler in dem Fall zu empfehlen ?

Gruss Detlev
 
[MOD]Link zu anderem Board gelöscht[/MOD]

Dort beschäftigt sich man recht ausführlich mit dem Thema. Wenn ich das richtig sehe, gibt es leider sehr wenig aktuelle und vor allem keine politisch neutralen Publikationen zu dem Thema.

Ganz interessant zu dem Thema finde ich Salomons "Der Fragebogen" (er hat auch ein Buch über seine Freikorpszeit geschrieben, "Die Geächteten" (glaub ich?)). Der Fragebogen ist wg. hoher Auflagen günstig im Antiquariat zu kriegen. Salomon hat eine recht interessante Lebensgeschichte und kann schreiben.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Was soll an denn an Sprengers Publikation nicht neutral sein, was an Salomon interessant zum Thema? In welchem Kontext soll Der Fragebogen zum Thema stehen?
 
Was soll an denn an Sprengers Publikation nicht neutral sein, was an Salomon interessant zum Thema? In welchem Kontext soll Der Fragebogen zum Thema stehen?
Würde mich auch interessieren. Ich habe das Buch nicht gelesen, mein Vater aber war sehr angetan davon. So weit ich jedoch weiss, handelt es von der Organisation Konsul und nicht von den Freikorps.
 
Das Sprenger-Buch kenne ich nicht. Die in o.a. Link angeführte Literatur ist grösstenteils oder zur Gänze aus den Jahren 1920-40 und aus heutiger Sicht gelinde gesagt rechtslastig, also "nicht neutral".

Salomon war Freikorpsler und geht im "Fragebogen" in einigen Passagen auf seine Zeit als rechter Aktivist (Freikorps aber auch später) ein. Ich fand es interessant, wie die Freikorpsler bzw. die nicht-nazistische Rechte in der Weimarer Republik "getickt" haben, darüber gibt es ja relativ wenig Material. Der "Fragebogen" ist wie gesagt problemlos und billig zu kriegen, da kann man nicht viel falsch machen.
 
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