Geschlechterrollen in der Steinzeit

Arbeitsteilung in Gruppen?

45,000-Year-Old Lithic Artifacts Point to Dawn of Social Division of Labor | Archaeology | Sci-News.com


"Thousands of stone tools crafted 40,000 – 45,000 years ago (early Upper Paleolithic) and unearthed from the recently discovered cave site of Mughr el-Hamamah in Jordan show a mix of techniques for making points, blades, scrapers, cutting flakes, and reveal clues about how early humans may have started organizing into complex social groups by specializing in different technical skills."
 
Ich lese aus dem Artikel nicht einen "'explosionsartigen' Anstieg männlicher Nachkommen" sondern eine starke Dominanz weniger Männer in der Fortpflanzung. Ersteres würde ja bedeuten, dass es kaum noch Frauen gegeben hätte.
 
Ich lese aus dem Artikel nicht einen "'explosionsartigen' Anstieg männlicher Nachkommen" sondern eine starke Dominanz weniger Männer in der Fortpflanzung.

Auf jeden Fall gab es einen explosionsartigen Anstieg, der sich anhand der männlichen Bevölkerung nachweisen lässt, oder wie möchtest Du diesen Satz übersetzen?

“This pattern tells us that there was an explosive increase in the number of men carrying a certain type of Y chromosome, within just a few generations. We only observed this phenomenon in males, and only in a few groups of men.”


Ersteres würde ja bedeuten, dass es kaum noch Frauen gegeben hätte.

Wieso das?

Wenn es einen explosionsartigen Anstieg der männlichen Bevölkerung gab, dann würde ich doch vermuten, dass es auch einen entsprechenden Anstieg der weiblichen Bevölkerung gab.
 
Wenn es einen explosionsartigen Anstieg der männlichen Bevölkerung gab, dann würde ich doch vermuten, dass es auch einen entsprechenden Anstieg der weiblichen Bevölkerung gab.

Den Satz für sich alleine betrachtet, nein. Sonst hätte man doch eher geschrieben: "...explosionsartiger Anstieg der Bevølkerung".

Gruss, muheijo
 
Bitte in die links schauen.:winke:

Untersucht wurden derzeitige y-Chromosom-Verteilungen, verbunden mit Hypothesen über die Entstehung genetischer Ausprägungen.

"The earliest explosive increases of male numbers occurred 50,000-55,000 years ago, across Asia and Europe, and 15,000 years ago in the Americas. There were also later expansions in sub-Saharan Africa, Western Europe, South Asia and East Asia, at times between 4,000 and 8,000 years ago. The team believes the earlier population increases resulted from the first peopling by modern humans of vast continents, where plenty of resources were available."

Nichts anderes ist oben geschrieben: Anstieg männlicher Nachkommen. Über eine male-female-ratio und ihre Veränderung steht in meinem Beitrag nichts, wie Hans-forscht hineindeutet.

Folglich ist es bzgl. der absoluten Zahlen so zu sehen, wie sepiola schreibt: kann man vermuten, dass es auch einen Anstieg der weiblichen Bevölkerung gab.

Die "starke Dominanz weniger Männer" bezieht sich wiederum darauf, dass zahlreiche, früher existente y-Linien offenbar heute nicht mehr auftreten, und steht nicht im Widerspruch mit der Aussage männlichen Bevölkerungsanstiegs.
 
Wenn es einen explosionsartigen Anstieg der männlichen Bevölkerung gab, dann würde ich doch vermuten, dass es auch einen entsprechenden Anstieg der weiblichen Bevölkerung gab.
Den Satz für sich alleine betrachtet, nein. Sonst hätte man doch eher geschrieben: "...explosionsartiger Anstieg der Bevølkerung".

Den zitierten Satz habe ich geschrieben.
Was meinst Du mit "nein"?
 
Nun ja. In dem englischen Zitat ist in der Tat von einem explosionsartigen Anstieg der männlichen Bevölkerung die Rede. Richtig ist auch, dass in diesem Eingangssatz nicht von Frauen die Rede ist, also hypothetisch gemeint sein könnte, die Anzahl der Menschen beiderlei Geschlechts sei angestiegen, und diese Aussage in Bezug auf die Damen lediglich unter den Tisch gefallen ist. Dann müsste man sich allerdings fragen, warum man da so unfreundlich die eine Hälfte der Bevölkerung ausdrücklich nicht erwähnt hat.

Wenn ich nun aber die Begründung lese, so sind ja nicht etwa plötzlich große Mengen von Überresten männlicher Menschen da, sondern es wird auf eine Verengung hinsichtlich der Vielfalt an Y-Chromosomen abgestellt. Das sagt nun aber wieder doch gar nichts über die Anzahl der Männer aus, sondern eben nur darüber dass einige oder viele männliche Vorfahrenlinien ausgestorben oder zumindest soweit zurückgedrängt worden sind, dass sie nicht mehr nachweisbar waren.

Wie sollte man denn aus dem Genpool herauslesen können, ob die Anzahl der Menschen stark angestiegen ist?
 
Dann müsste man sich allerdings fragen, warum man da so unfreundlich die eine Hälfte der Bevölkerung ausdrücklich nicht erwähnt hat.
Da sich die Forschungsarbeit auf Untersuchung des y-Chromosoms beschränkt, ist es wohl wissenschaftlich überzeugend, sich auf Aussagen zur männlichen Population zu beschränken und auf Spekulationen über weibliche Bevölkerungsanteile bzw. deren Entwicklung zu verzichten. Im Aufsatz wird ja angedeutet, dass man vom Anstieg der Population insgesamt, geschlechterunabhängig, ausgehen könnte. Mehr geht eben nicht.

Wenn ich nun aber die Begründung lese, so sind ja nicht etwa plötzlich große Mengen von Überresten männlicher Menschen da, sondern es wird auf eine Verengung hinsichtlich der Vielfalt an Y-Chromosomen abgestellt. Das sagt nun aber wieder doch gar nichts über die Anzahl der Männer aus,...

Wie sollte man denn aus dem Genpool herauslesen können, ob die Anzahl der Menschen stark angestiegen ist?

Es wird zunächst einmal auf auf heute beobachtete Spannbreiten und Vielfalt abgestellt. Sodann werden Hypothesen in Verbindung mit Erwartungen über Mutationsraten getestet, also in der statistischen Populationsgenetik plausible Entwicklungen der Vielfalt.

Die Fragestellung ist damit eine statistisch-genetische, wie bei vorhandenen Erkenntnissen über Mutationsraten, Vielfalt wie Verengung, über einen bestimmten Zeitpunkt der status quo heute, Spannbreite beobachtbarer y-Chromosomen, erklärbar wird. Das wiederum führt zu den peaks als Schlussfolgerungen.

Im Ergebnis stehen Hypothesen über die Entwicklung männlicher Populationen.

Wenn diese Hypothesen oder die Vorgehensweise bei anderen Experten "durchfallen", werden wir sicher darüber lesen.
 
Wenn der Ansatz so ist wie von @silesia beschrieben, könnte eine sinnvolle Aussage doch eher lauten: "explosionsartiges Anwachsen der menschlichen Population anhand Berechnungen zu Mutationsraten des Y-Chromosoms und daraus abgeleiteter Aussagen zur männlichen Bevölkerungszahl". Dann wäre eine Aussage nur über die männliche Bevölkerung eher irreführend als präzise, wie man am Diskussionsverlauf ablesen kann. Denn demnach wäre die Einschränkung der Aussage ja Ausdruck der Messmethode und nicht Gegenstand der Betrachtung.
 
Für die Geschlechterrollen in der (Mittel)Steinzeit ganz interessant ist die Auswertung des Gräberfeldes von Ostorf (Schwerin).
Die "Ostorfer" sind vor allem deswegen bekannt, weil sie regionale Fortsetzer der spätmesolithischen Ertebølle-Ellerbek-Kultur in einem Zeitraum waren, als die Umgebung längst neolithisiert war. Sie lebten also weiter als Jäger, Sammler und Fischer, als in den benachbarten Gunstzonen längst Landwirtschaft betrieben wurden. Sie nahmen offenbar weder die neuen Techniken* an noch vermischten sie sich mit neolithischen Neusiedlern.
Bemerkenswert jedoch ist, dass Frauen- und Männergräber derselben Zeitstellung differenzierte C14-Datierungen aufweisen.
Dieses Problem lässt sich auflösen, wenn man in die Überlegungen mit einbezieht, dass sich marine und terrestrische C14 aufgrund des unterschiedlichen Einflusses der Sonnenaktivität auf Land- und Wasserwesen anders verhalten. Unsere C14-Datierungen sind normalerweise terrestrisch.
Für die Population des Ostorfer Flachgräberfeldes ergibt das Folgendes: Offenbar ernährte sich die Population insgesamt von Fleisch, Fisch, Muscheln** und gesammelten Nahrungsmitteln (Wurzeln, Beeren).
Die Frauen aber lebten wohl mehr oder weniger ganzjährig in der engeren Umgebung ihres Dorfes und ernährten sich in ganz erheblichem Maße von Fisch, wohingegen die Männer offenbar häufiger über Tage und Wochen Jagdzüge unternahmen und in dieser Zeit einen ganz erheblichen Teil des Jagdwildes aßen und offenbar nur relativ geringe Anteile davon ins Dorf zurückbrachten, so dass die Frauen nur einen vergleichsweise geringen Anteil an Fleisch bekamen.


*das stimmt so nicht ganz, die Ostorfer kannten Keramik, welche erst während des Neolithikums in Gebrauch kam und kopierten die der sie umgebenden Trichterbecherkultur (TBK).
**Zumindest ist die Ertebølle-Ellerbek-Kultur ja für ihre Muschelhaufen bekannt; inwieweit der Muschelkonsum an Binnengewässern eine Rolle spielte, ist natürlich eine andere Frage.
 
Eine weiterer Aufsatz aus der PLOS One hat Beachtung gefunden, weil er eine Art "hybrider Subsistenzwirtschaft" aufzeigt: in der Ochostk-Kultur, einer spezialisierten Jäger-/Sammler-Gesellschaft in Kombination mit Landwirtschaft vollständig domestizierter Pflanzen.

Die Art der Betätigungen dürfte auch auf die durchmischten Spezialisierungen und Rollen- bzw. weit gefächerten Arbeitsverteilungen innerhalb solchen Gruppen hindeuten. Vermutlich ist auch eine gewisse Gruppengröße Voraussetzung für diese Spannbreite und "Flexibilität" in der Ernährung.

Hier ein Pressebericht:
Ernährung vielfältiger als bisher angenommen ? Archäologische Nachrichten ? [Archäologie Online] ? ?

Zum Aufsatz, digital verfügbar:
Barley (Hordeum vulgare) in the Okhotsk culture (5th?10th century AD) of northern Japan and the role of cultivated plants in hunter?gatherer economies
 
„Kräftige Oberarme“, bei denen heutige Athletinnen nicht mithalten können.

ScienceAdvances, im open access:

Prehistoric women’s manual labor exceeded that of athletes through the first 5500 years of farming in Central Europe

Presse, zB
http://www.spiegel.de/wissenschaft/...n-die-frauen-der-jungsteinzeit-a-1180977.html
Kräftige Arme - So fit waren die Frauen der Jungsteinzeit
„Die Frauen-Rudermannschaft der Uni Cambridge ist stark. Gerade erst stellte sie einen neuen Rekord auf. Doch mit ihren Vorfahrinnen vor 7000 Jahren könnten auch die kräftigen Sportlerinnen nicht mithalten. - Frauen in der Jungsteinzeit hatten im Schnitt trainiertere Oberarme als heutige, ambitionierte Ruderinnen. Das ergab eine Vergleichsstudie zwischen rund 7200 Jahre alten Knochen aus Skelettfunden und der heutigen Frauen-Rudermannschaft der Universität Cambridge.“
 
Vielleicht hätte man die jungsteinzeitlichen Bäurinnen auch lieber mit Bäurinnen des 19. und frühen 20. Jhdts. vergleichen sollen.
 
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Man kann zu solchen „Rekonstruktionen“ sicher unterschiedlicher Meinung sein, interessant ist es allemal.

Natürlich stellt sich bei der Behauptung, Steinzeitfrauen hätten ein „androgyneres“ Aussehen gehabt, die Frage nach der Repräsentativität solcher Fälle.

https://www.livescience.com/61511-ancient-teen-face-reconstructed.html
 
Man kann zu solchen „Rekonstruktionen“ sicher unterschiedlicher Meinung sein, interessant ist es allemal. Natürlich stellt sich bei der Behauptung, Steinzeitfrauen hätten ein „androgyneres“ Aussehen gehabt, die Frage nach der Repräsentativität solcher Fälle. https://www.livescience.com/61511-ancient-teen-face-reconstructed.html
Den grimmigen Gesichtsausdruck, das hagere Gesicht und den Unterbiss kann man getrost unter künstlerischer Freiheit verbuchen. Wie anders würde die junge Frau ohne gerunzelte Stirn, ohne heruntergezogene Mundwinkel, mit lächelnden Augen und Lippen, etwas runderen Wangen und einer normalen Darstellung des Unterkiefers aussehen.
 
Wie anders würde das Mädchen ohne gerunzelte Stirn, ohne heruntergezogene Mundwinkel, mit lächelnden Augen und Lippen, etwas runderen Wangen und einer normalen Darstellung des Unterkiefers aussehen.

Sie wäre (nur) so ~450 Generationen von uns heute entfernt. Schon faszinierend, wenn man sich vorstellt, dass das vermutlich keine großen Unterschiede ausmacht, außerhalb der Lebensumstände. Wenn man die genetischen Denk-Spielereien mitmacht, könnte sie die Vorfahrin von mindestens jedem 2. hier sein.
 
@Heine
Die Ausprägung der Proportionen einzelner Gesichtspartien seitens der Modelleure wage ich nicht in Frage zu stellen, doch ich stimme dir allemal zu, diesen Gesichtsausdruck hätte diese Frau heutzutage wohl kaum verwendet, wenn sie sich irgendwo bildlich hätte präsentieren wollen, im digitalen Zeitalter wäre dieser Schnappschuss höchstwahrscheinlich dem Mülltonnen-Symbol anheim gefallen.
Nach einem sicherlich enormem Zeitaufwand von Künstlershand, wird so ein “verzerrend schiefer“ Eindruck hervorgerufen. Was wenn vor 450 Generationen durchschnittlich viel häufiger gelächelt wurde...
 
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