Meiner Erfahrung nach haben vor allem die Rechten Schaum vorm Mund. Marx war weitaus rationaler als die Vordenker des Faschismus.
Hast du dich mal intensiver mit Marx beschäftigt? Ich habe mich vor einiger Zeit mal in die Marx-Engels-Briefwechsel eingelesen und habe den Eindruck, dass der gute Herr Marx durchaus öfters mal Schaum vor dem Mund hatte, was sicherlich zum Teil nicht einfachen Lebensumständen geschuldet war, teilweise aber auch einfach Brass über die Auseinandersetzungen mit politischen Revialen/Gegner wie Lasalle.
Und was die Rationalität bei Marx betrifft, da müsste man denke ich das Frühwerk, in dem noch sehr viel an romantisch-philosophischen Gedankengut steckt, von den späteren Schriften trennen.
Und auch was das Spätwerk angeht, könnte man da durchaus monieren, dass er in bestimmten Bereichen erfassbaren Entwicklungen, die seiner Theorie widersprachen, nicht oder absolut unzureichend Rechnung trug.
Man wird Herrn Marx lassen müssen, dass er eine fundamentale und bahnbrechende Analyse der kapitalistischen Gesellschaft und Produktionsverhältnisse geleistet hat.
Was aber den politischen Marx betrifft, kann man bei ihm durchaus einige Probleme ausmachen, die sich später auch bei Vordenkern er extremen Rechten finden.
Beispielsweise hat er mit seinem Proletarier-Begriff eine recht gute Arbeitsdefinition für theoretisches Arbeiten geliefert, einfach weil der viel trennschärfer ist, als eher diffuse und sehr weit verhandelbare Termini und Gegensätze wie "arm/reich", "Unterschicht/Oberschicht", etc.
Aber ein Problem bei Marx ist, dass sich eine derartige Klassenvorstellung aus den gesellschaftlichen Realitäten nicht herleiten ließ und dass das auch nicht unbedingt mit der sozialen Hackordnung der werdenden Industriegesellschaften übereinstimmte, zumal die sich in Teilen noch mehr über die überkommene Feudalordnung, als über die ökonomischen Verhältnisse definierte.
Noch krasser wird in diesem Zusammenhang das Auseinanderklaffen marx'scher Begrifflichkeiten und der sozialen Realität, wenn man die kolonialen Verhältnisse mit einbezieht, in der die marx'schen Klassengegensätze insofern auf den Kopf gestellt wurden, als dass innerhalb des Kolonialen Rahmens selbst Proletarier in der marx'schen Setzung zur sozialen Oberschicht eines Gebiets gehören konnten, wenn sie aus der Gruppe der Kolonisatoren kamen, während selbst ökonomisch erfolgreiche Produktionsmittelbesitzer in den kolonialen Gebieten sehr häufig keine gesellschaftliche Führungsrolle spielen konnten.
Das wäre mMn ein schönes Beispiel dafür, wie Marx, auch wenn ich seine Definitionen und Arbeiten an sich als kontrastierende Perspektive sehr schätze, mitunter in ähnlicher Weise am Gegensatz zwischen Theorie und sozialer Realität gescheitert ist, wie das später Leute aus ganz anderen Lagern noch tun sollten und wo auch bei Marx mitunter zu Gunsten der Theorie die gesellschaftlichen Verhältnisse simplifiziert oder ignoriert wurden.
Ähnliches könnte man z.B. auch über sein Entwicklungsmodell sagen, an der Stelle, an der er davon ausgeht, dass mit der Industrialisierung die ökonomische Macht vom Adel an das Bürgertum als Träger dieser Entwicklung übergeht, was das Bürgertum dazu ermächtigte die Adelscherrschaft zu stürzen und eine Gesellschaft nach eigenen Bedürfnissen einzurichten.
Das mag sich vor allem in Frankreich und ggf. auch in den Niederlanden so verhalten haben, was aber da aber nicht berücksichtigt hat, aber hätte sehen können/müssen, ist, dass es durchaus Teile Europas gab (z.B. Schlesien), in denen die Industiralisierung nicht vom Bürgertum, sondern zumindest Teilweise oder vor allem von den adligen Grundbesitzern getragen wurde, womit in diesen Gebieten eine ökonomische Ermächtigung des Bürgertums, wie er sich das dachte, nicht stattfand.
Was er auch nicht berücksichtigt hat, ist dass es Gesellschaftsmodelle gab, in denen der Übergang zwischen Großbürgertum und Adel relativ fließend war (Großbritannien und je nachdem wie streng man sich an die Petrinische Rangtabelle hielt auch Russland) in denen die Vorstellung eines Klassenkampfes der "Bourgeoisie" gegen den Adel, nicht in dem Maße einleuchtend ist, wie dass vielleicht für andere Teile West- und Mitteleuropas zutreffen konnte, weil im Gegensatz dazu der Adel hier keine exklusive, abgeschottete Gesellschaftsschicht darstellte.
Insofern, so überzeugend marxen's Theorien mitunter klingen, sie stimmen häufig nicht unbedingt mit den gegebenen gesellschaftlichen Grundlagen überein, deren Analyse und Interpretation Marx und Engels selbst ja zur Königsdisziplin erhoben.
Insofern halte ich die Einschätzung "rationaler" für schwierig.
Natürlich ist das noch immer wesentlich rationaler als diverse Formen rechtsesoterischen Schwurbels, aber eine gewisse Tendenz die komplexe Realität simplifizierenden theoretischen Ansichten anzupassen und Teilen der Bevölkerung eine Identität zuzuschreiben, die sie übrhaupt nicht besaßen und in Teilen auch nicht besitzen wollten, auch wenn das hier nicht nach nationalen/rassistischen sondern nach Klassenparadigmen lief, ist etwas, was man Marx durchaus ankreiden kann.
Und ob man die Idee eines immerwährenden, Kampfes zwischen, nach Klassengeichtspunkten organisierten, streng kollektivistisch organisierten Grußgruppen, unbedingt für rationaler halten möchte, als die Vorstellung eines solchen Kampfes rassistisch organisierter Gruppen gegeneinander, daran kann man durchaus ein Fragezeichen machen.
Hätte wohl doch gleich aufs Gymnasium gehen sollen. Mein selbst erarbeitete "Erkentniss" das Deutschland die Hauptschuld am 1. Weltkrieg hatte, oder der Falklandkrieg von Margaret Thatcher ohne blutvergießen hätte beenden können fandet ihr allerdings auch nicht toll.
Zum Thema Falklandkrieg kann ich nichts sagen, in der Diskussion habe ich mich nicht beteiligt und da muss ich auch freimütig einräumen, dass ich darüber auch herzlich wenig weiß.
Ich bin schlicht zu Jung, als dass ich das in irgendeiner Form als Zeitzeuge hätte mitbekommen können und meine Interessen und Schwerpunkte liegen in anderen Bereichen.
Über den Falkland-Krieg beschränkt sich mein unsicheres Halbwissen auf 2-3 Dokumentationen, die ich dazu mal gesehen habe und das ist schlicht keine solide Diskussionsgrundlage, insofern, muss ich was das angeht passen.
Deine Einlassungen hinsichtlich Schuldverteilung, was den ersten Weltkrieg betrifft, waren im Wesentlichen ein Referieren der Positionen Fischers.
Die Probleme dieser Position sind aufgezeigt worden.
Ich weiß nicht, woher du nimmst das "wir" (wer immer das sein soll) das einfach nicht besonders "toll" finden, es ist einmal lediglich so, dass es durchaus auch andere Deutungsmöglichkeiten gibt, die den aktuellen Diskurs zum Thema geprägt haben.
Die sind im Forum in den verschiedensten Fäden rauf und runter diskutiert worden und wenn du darauf hingewiesen wirst, dass da durchaus im Hinblick auf die Gesamtlage noch einiges mehr zu diskutieren wäre, ist das durchaus keine Unmutsäußerung zu deinen Ansichten.
Es muss schon auch die Möglichkeit geben, auf Diskurse und Schwächen einer Argumentation hinzuweisen, ohne dass das gleich als persönliche Beleidungung aufgefasst wird.