Ruth Andreas-Friedrich schreibt in ihrem Tagebuch, Eintrag vom 26. Januar 1944:
Göring hat sich ein Meisterstück geleistet. Wäre sein Ausgang nicht so tragisch, könnte man es als Witz belachen. Am Montagmittag [24. Januar 1944] dröhnt die Vollalarmsirene. Erschreckt marschieren dreieinhalb Millionen Berliner in die Keller. Stille. Kein Schuss, keine Bombe, kein Fliegersurren. Um ein Ubr: Entwarnung. Dreieinhalb Millionen wandern zurück in ihre Wohnungen und Arbeitsstätten.
Wo blieb der Angriff? Was war geschehen? »Der Angriff war eine Privaterfindung unseres Obersten Luftwaffenchefs«, klärt uns Hinrichs auf. »Der Herr Reichsmarschall mischte sich wieder mal in Dinge, die ihn nichts angehen.« […] »Einflug feindlicher Maschinen im holländischen Raum.« Ein diensteifriger Adjutant stürzt zu Göring, der sich eben in Karinhall einen Sonderurlaub genehmigt. Göring liebt keine Fliegerangriffe. Vor allem nicht dann, wenn sie Neigung zeigen, sich in seiner unmittelbaren Mähe abzuspielen. So eilt er zum Telefon, lässt sich mit einem Jagdfliegerhorst verbinden und brüllt in die Leitung: »Was, ihr seid noch nicht hoch Feindflieger im Anflug, und ihr hockt noch herum? ‚Rauf‘, sage ich euch, ‚rauf! Aber schleunigst!« Hängt auf und alarmiert den nächsten Fliegerhorst. Wie aufgescheuchte Tauben schwirren die Jäger empor. Es ist ein diesiger Tag. Schlechte Sicht, undeutlicher Abhörempfang. Die Lufteaffenleitung lauscht in den Äther. Motorengeräusch? Ein Aufstiegsbefehl ist nicht durchgesagt. Also handelt es sich um Feindmaschinen. Also muss man Alarm geben.
[…]
Mehr als achthundert Jäger brausen in die Luft. Die höchste Jagdfliegerzahl, die bisher für Feindflug eingesetzt wurde. Flak schießt in Stuttgart […] Pilsen […] Köln […] Hannover und Braunschweig. Vom Rhein bis zur Elbe donnern die Abwehrgeschütze. […] zehn Maschinen stürzen. Zerschmettert liegt die Besatzungsmannschaft. Galland muss notlanden. Der Aufwand an Munition und Benzin ist ungeheuerlich. Und als man den Schaden besieht, da sind die heruntergeholten Maschinen deutsche Maschinen, die Toten Piloten deutsche Piloten. Kein englisches Flugzeug hat an diesem Morgen den Rhein überflogen.
Gratuliere, Herr Reichsmarschall! Der Führungsstab zerbricht sich den Kopf, wie er dem hohen Herrn die peinliche Wahrheit beibringen soll.
Ruth Andreas-Friedrich war Gegnerin der Nazis, insofern kann man hier Entsetzen über den sinnlosen Tod der Soldaten gemischt mit Genugtuung über die Notlandung des Fliegerstars Galland und das Versagen Görings lesen. Die Frage ist, wie öffentlich eine solche Geschichte tatsächlich wurde und was hiervon faktisch korrekt und was oppositionelles Wunschdenken war. Dass man sich in Berlin über den Reichsmarschall Hermann „Meier“ das Maul zerriss, ist ja hinlänglich bekannt.Wo blieb der Angriff? Was war geschehen? »Der Angriff war eine Privaterfindung unseres Obersten Luftwaffenchefs«, klärt uns Hinrichs auf. »Der Herr Reichsmarschall mischte sich wieder mal in Dinge, die ihn nichts angehen.« […] »Einflug feindlicher Maschinen im holländischen Raum.« Ein diensteifriger Adjutant stürzt zu Göring, der sich eben in Karinhall einen Sonderurlaub genehmigt. Göring liebt keine Fliegerangriffe. Vor allem nicht dann, wenn sie Neigung zeigen, sich in seiner unmittelbaren Mähe abzuspielen. So eilt er zum Telefon, lässt sich mit einem Jagdfliegerhorst verbinden und brüllt in die Leitung: »Was, ihr seid noch nicht hoch Feindflieger im Anflug, und ihr hockt noch herum? ‚Rauf‘, sage ich euch, ‚rauf! Aber schleunigst!« Hängt auf und alarmiert den nächsten Fliegerhorst. Wie aufgescheuchte Tauben schwirren die Jäger empor. Es ist ein diesiger Tag. Schlechte Sicht, undeutlicher Abhörempfang. Die Lufteaffenleitung lauscht in den Äther. Motorengeräusch? Ein Aufstiegsbefehl ist nicht durchgesagt. Also handelt es sich um Feindmaschinen. Also muss man Alarm geben.
[…]
Mehr als achthundert Jäger brausen in die Luft. Die höchste Jagdfliegerzahl, die bisher für Feindflug eingesetzt wurde. Flak schießt in Stuttgart […] Pilsen […] Köln […] Hannover und Braunschweig. Vom Rhein bis zur Elbe donnern die Abwehrgeschütze. […] zehn Maschinen stürzen. Zerschmettert liegt die Besatzungsmannschaft. Galland muss notlanden. Der Aufwand an Munition und Benzin ist ungeheuerlich. Und als man den Schaden besieht, da sind die heruntergeholten Maschinen deutsche Maschinen, die Toten Piloten deutsche Piloten. Kein englisches Flugzeug hat an diesem Morgen den Rhein überflogen.
Gratuliere, Herr Reichsmarschall! Der Führungsstab zerbricht sich den Kopf, wie er dem hohen Herrn die peinliche Wahrheit beibringen soll.