1. Womit du ganz sicher Recht hast. Dennoch war und ist der Katholizismus in Frankreich etwas anderes als in Spanien oder den Habsburger Erblanden.
2. Nicht nur anti-päpstlich, sondern in seiner Mentalität auch irgendwie liberaler. Dies gilt auch und gerade für die frz. Könige. Ihre "katholischen Haltung" war zwar ein Bekenntnis, dass die römische Kirche ein Teil von ihnen ist, aber ein wirklich theologisches Verständnis und tiefe Überzeugung scheint mir das nie gewesen zu sein. Eher eine Mischung aus Zweckrationalität und rel. Gewohnheit. Zumindest lagen zwischen der Frömmigkeit eines Philipp II. von Spanien und eines Ludwig XIV. ganze Welten. Letzterem würde ich sicherlich - auch in seiner frommsten Phase - eher eine religiöse Oberflächlichkeit bescheinigen wollen, ganz dem frz. Katholizismus folgend.
1. Ich glaube das ist ein komplexes Thema. Sicherlich befruchteten sich die habsburgischen Gebiete durch die gemeinsame Dynastie. Aber Österreich und Spanien sind auch andersrum ganz getrennt zu sehen. In Österreich war der Katholizismus auch immer eine Doktrin der Potentaten z.T. gegen die eigenen Untertanen, welche in breiter Front in sowohl Erb- als auch Nebenländern dem neuen Glauben anheim zu fallen drohten. In Frankreich war hingegen zur Zeit von Louis XIV der Katholizismus mittlerweile etablierter, während die Habsburger durchaus in Ungarn aber auch Böhmen bisweilen ihre liebe Not mit den Untertanen hatten, vom 30-jährigen ganz zu schweigen. Du selbst,
Louis le Grand, betontest ja immer die nummerische Unterlegenheit der Protestanten in Frankreich im Gegensatz zu den Katholiken im späten 17.Jh..
Spanien hingegen hat eine andere Prägung, sicherlich durch die Geschichte der Rückeroberung im 15. Jh., aber auch durch die anders entwickelte Monarchie. Ich denke der Stand des Herrschers ist für die unterschiedliche Ausprägung des Katholizismus von wichtiger Bedeutung.
Außerdem war Frankreich allein durch die Zahl der Einwohner schon ein anderes Gewicht als Österreich und Spanien. Louis XIV und auch Zeitgenossen betonten ja ihre Unabhängigkeit, welche nicht zuletzt durch die Größe (auch den Umfang an Ressourcen) gewährleistet wurde. Ich glaube dieses Selbstbewusstsein, kam auch gegenüber dem Heiligen Stuhl zum Tragen.
2. Das sind auch zwei verschiedene Zeitalter, in welchen sie lebten. Aber stimmt schon, bei den letzten Valois-Königen mag es auch einen deutlichen Unterschied zu Philipp gegeben haben, aber auch eine Einflussnahme durch die Protestanten (wenn auch ungewollt seitens der Valois) wäre denkbar. Bei Louis XIV würde ich von einer natürlichen Frömmigkeit ausgehen, auch wenn wir das nie so ganz erfahren werden. Vielleicht wäre er auch ein guter Protestant gewesen, wenn das seine Vorgaben aus der Tradition gewesen wären. Der Adel in Frankreich und die hohe Geistlichkeit, das war ein Zusammenhang. In dieser Welt lebte Louis XIV. Den Adel einzuschränken ist nicht unabhängig von der Einschränkung der Libertät der hohen Geistlichkeit zu sehen. Der Absolutismus in Person des Königs versuchte Gehorsam von allen zu forden. Der Katholizismus päpstlicher Prägung stand diesem Unterfangen bestimmt im Wege. Das müssen die Ursachen für die "liberale" Seite am französischen Katholizismus sein, aber das Wort "liberal" ließe sich sicherlich durch Beispiele von Engstirnigkeit leichterdings widerlegen.
Ich denke die absolutistischen Herrscher Frankreichs mussten sich mit dem "Erzkatholizimus" arrangieren. Da gaben die ersten Schritte einfach die Vorgaben dazu. Da man den Weg nicht in einen säkularen Absolutismus einschlagen konnte, wurde der Glauben durchaus als Mittel eingesetzt und bisweilen erschreckend schroff.
Louis le Grand, kennst Du da kurze Untersuchungen bzw. kannst sie schildern oder zusammenfassen, worin sich der französische und österreichische Katholizismus unterschieden? Schwer ist der Vergleich sicherlich, da wir in Österreich mit viel Vorsicht eher erst ab Maria Theresia von einem Absolutismus sprechen können und der wäre dann mit dem von Louis XV zu vergleichen und nicht mit Louis XIV. Währenddessen hatten nichtabsolutistische Staaten sicherlich weniger Probleme mit dem Papst, zumindest nehme ich das an.