H
hyokkose
Gast
Wobei man eines nicht ausser acht lassen soll: Der Wissenstand ändert sich ständig. Die Theorie von Rashev ist zB wesentlich neuer als die Arbeit von Schmitt.
Die Theorie von Rashev kenne ich von einem Aufsatz aus dem Jahr 1992, die Arbeit Schmitts ist von 1985. Mir ist nicht bekannt, daß sich der Forschungsstand in den dazwischenliegenden sieben Jahren wesentlich geändert hätte. Und die Namen der bulgarischen Herrscher sind seither wohl auch dieselben geblieben...
Erst gestern habe ich einen Artikel verlinkt, in dem es um bulgarisch-türkische Befindlichkeiten geht mit Verschwörungstheorien, Morddrohungen und allem Drum und Dran, ich zitiere noch einmal etwas ausführlicher daraus:Ausserdem, welche politischen Motive sollen denn dahinter stehen, dass man eine Theorie, mag sie auch falsch sein, forciert?
taz.de - ArchivDie Untersuchung "Batak als bulgarischer Erinnerungsort" hat das Land in Aufruhr versetzt. Diese Untersuchung sollte im Rahmen des Projekts "Feindbild Islam - Geschichte und Gegenwart antiislamischer Stereotype in Bulgarien am Beispiel des Mythos vom Massaker in Batak" am 17. Mai auf einer Konferenz und Ausstellung in Sofia und Batak vorgestellt werden; federführend ist dabei das Osteuropa-Institut der FU Berlin. Angeleitet von Dr. Ulf Brunbauer sollte das Projekt beschreiben, wie die Malerei des späten 19. Jahrhunderts teilhatte an der Entstehung des Nationalmythos rund um das Massaker in dem Dorf Batak. Im Zuge der Niederschlagung des April-Aufstands waren dort 1876 rund 30.000 Menschen von ottomanischen Truppen ermordet worden. Die Konferenz wurde abgesagt.
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Militante Mitglieder der Nationalistischen Partei und Einwohner von Batak drohten öffentlich, die Besucher der Konferenz zusammenzuschlagen, sollte sie denn stattfinden. Bojidar Dimitrov, der Leiter des bulgarischen Nationalmuseums, verkündete, er werde Brunbauer wegen Geschichtsverleugnung anklagen. Außerdem behauptete er, hinter der Bosch-Stiftung, die Unterstützung für das Projekt angeboten hatte, ständen reiche Türken, die versuchten, die bulgarische Geschichte umzuschreiben, um ihr Land in die EU zu schmuggeln.
In guter kommunistischer Tradition werden im Fernsehen Tag für Tag einfache Leute und Schulkinder gezeigt, die sich empören und sagen, dass die bulgarische Wissenschaft besser den Bulgaren überlassen bleiben solle. Martina Baleva, die bulgarische Teilnehmerin der Konferenz, wurde beschuldigt, ihr Vaterland für 2.000 Euro verkauft zu haben. Staatspräsident Parvanov, der selbst Historiker ist, bezeichnete das Projekt als eine Provokation. Eine solche Konferenz solle besser nicht stattfinden, denn niemand dürfe es erlaubt werden, die bulgarische Geschichte umzuschreiben. Parvanov ist Sozialist - verglichen mit seinen Positionen blieb selbst den Neofaschisten nicht mehr viel zu fordern übrig.
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Das Osteuropa-Institut in Berlin hat seine Sicherheitsmaßnahmen erhöht, weil Brunbauer täglich Todesdrohungen erhält. Und all das wegen eines Projekts, das sich neben anderen Dingen auch zum Ziel gesetzt hatte, ethnische Spannungen, die von Nationalmythologien angetrieben werden, zu entschärfen.
Wie konnte es so weit kommen? Eine Erklärung dürften die ersten Wahlen zum EU-Parlament sein, die in Bulgarien am 20. Mai stattfinden und die von allen Parteien benutzt werden, um sich als Verteidiger der nationalen Interessen gegen "Europa" zu stilisieren. Aus dieser Sicht ist Brunbauer geschickt worden, Bulgariens Geschichte zu verfälschen. Es dürfte kein Zufall sein, dass Dimitrov, die Chefs der an der Kampagne beteiligten Medien wie auch der Staatspräsident ehemalige Mitarbeiter des Geheimdienstes sind. Sie haben einen eigenen Stil, die Realität zu fiktionalisieren.
Innenpolitisch richtet sich die Kampagne gegen die türkische Partei - wie wird sie reagieren? Wird sie ihre Sympathien für die Ottomanen verkünden? Tatsächlich gab es ein Gesetzesvorhaben der Rechten, das vorsah, die Leugnung des Massakers wie die des Völkermords an den Armeniern unter Strafe zu stellen (wie in Frankreich). Dieses Gesetz sollte die Türkei auf ihrem Weg in die EU aufhalten.
Die massive nationale Einigkeit in dieser Sache ist erstaunlich. Warum sollten sich Bulgaren unbedingt als Opfer fühlen müssen? Ein Grund wurde von einem der Führer der rechten Partei VRMO (ebenfalls ein Historiker und ehemaliger Geheimdienstmann) ganz offen ausgesprochen: Wenn sie uns dieses Verbrechen angetan haben, dann brauchen wir uns auch nicht länger für die Namensänderungskampagnen schuldig zu fühlen, mit denen das Schivkov-Regime in den Achtzigerjahren die türkische Minderheit in Bulgarien überzogen hatte.