Bei allem Respekt, aber hier findet sich ja in keiner Weise eine angemessene Analogie.
Man kann doch nicht im Ernst das Auf und Ab des Wählerverhaltens der (bayerischen) BRD-Geschichte, die weder ähnliche Instabilitäten noch Radikalität aufweist, mit der Situation der letzten Tage der WR vergleichen.
Es ging nicht um die Instabilität der späten Weimarer Zeit, sondern darum zu zeigen, dass ein Auf und Ab von Wahlstimmen kein Beleg dafür ist, ob eine Partei ihren Zenit überschritten hat, zumal diese Partei, die angeblich ihren Zenit überschritten gehabt haben soll, immer noch die stärkste Fraktion im Reichstag bildete und in Lippe auf Landtagswahlebene noch einen weiteren beachtlichen Erfolg erringen würde.
Man darf auch zur Kenntnis nehmen, dass die allgemeine Einschätzung (von Links bis Rechts) Ende 1932 eben davon ausging, dass die Hitlerpartei ihren Zenit überschritten habe.
Davon weiß ich nichts. Aber solche Einschätzungen kennen wir auch aus der Gegenwart zur Genüge, einige Jahre später stellen sie sich häufig als vorschnell heraus. Da wir durch den Naziterror ab dem 31. Januar 1933 der Möglichkeit beraubt sind, solche Einschätzungen zu verifizieren bzw. falsifizieren, wäre ich also mit solchen Postulaten sehr, sehr vorsichtig.
Meine These ist ja, dass Hindenburg gar nicht anders konnte, als Hitler zum Reichskanzler zu machen
würde mich interessieren welcher Historiker diese These teilt.
...dünnes Eis.
feif:
Das sehe ich nicht so, aber aus anderen Gründen als Thanepower. Wie schon erwähnt, entspricht es demokratischen Gepflogenheiten, dass die stärkste Parlamentsfraktion mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Sie muss dafür sorgen, notfalls durch Koalitionsbildung, eine Parlamentsmehrheit herzustellen, um eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Die Weimarer Verfassung hatte keine prozentuale Hürde, was dazu führte, dass zeitweilig sehr viel Parteien ins Parlament kamen und dadurch die Regierungsbildung erschwert wurde. Auch das führte zu den im Grunde undemokratischen Präsidialkabinetten, denen es nie gelang, Regierungsmehrheiten im Reichstag herzustellen.
Die Deutschen hatten gewählt, Im Juli 1932 machte die NSDAP einen gewaltigen Satz nach vorne in der Wählergunst, mit 19 Prozentpunkten Zugewinn gegenüber der vorhergehenden Wahl 1930 (bei der sie schon beachtliche 15 Prozentpunkte Zugewinn gemacht hatte!). Im November machte sie 5 Prozentpunkte Verlust, war aber immer noch die stärkste Fraktion mit 13 % Vorsprung gegenüber der SPD als zweitstärkster Partei.
Natürlich
konnte, wenn wir das Wort
können auf die Goldwaage legen, Hindenburg anders. Das hatte er ja in den letzten drei Jahren mit den Kabinetten Brüning, Papen und Schleicher wiederholt bewiesen. Der Sinn einer Regierungsbildung in einem demokratisch verfassten Staat ist aber nun mal der, dass eine mehrheitsfähige Regierung entsteht. Und da hat ein Präsident nicht nach dem eigenen Gusto eine Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sondern danach, welche Partei die stärkste Fraktion stellt. Und wenn es dieser nach Verhandlungen nicht gelingt, eine stabile Mehrheit zu gewährleisten, dann ist eben die nächste Fraktion dran und ggf. muss es dann eben auch - als letztes Mittel - Neuwahlen geben, wenn es partout nicht möglich ist, eine Regierung zu bilden.
Aber das Mittel der Neuwahlen war verbraucht. Zwei Reichstagswahlen in einem Jahr! 1919 und 1920, das hatte gewissermaßen noch einen Sinn, aber die jeweils zwei Wahlen 1924 und 1932 zeigten ja, wie problematisch die Gesamtsituation war.
Wie lange sollte Hindenburg den Wählerwillen noch ignorieren, zumal die NSDAP auch bei der Landtagswahl in Lippe Mitte Januar gegenüber der vorhergehenden Landtagswahl 36 Prozentpunkt hinzugewann und damit aus einer vernachlässigbaren Kleinpartei aus dem Stand zur stärksten Fraktion im lippischen Landtag wurde, von 3,4 auf 39,5 %?
Also ja, rein technisch hätte Hindenburg anders können. Aus Sicht des Verfassungssinns - auch wenn in der Weimarer Verfassung nirgends explizit steht, dass die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragt werden soll - aber hatte er sich viel zu lange geweigert. Denn die NSDAP als Terrororganisation dauerhaft zu verbieten, dazu konnte man sich ja nicht durchringen (Aufhebung des Parteiverbots nach dem Hitlerputsch schon im Januar 1925), selbst das SA-Verbot Brünings vom April 1932 wurde nach Regierungswechsel im Juni 1932 schon wieder aufgehoben.