Historische Romane

ich weiss das jetzt einige entrüstet aufschreien werden, aber an zweiter stelle kommt bei meinen allzeitfavoriten:
"Das Foucaultsche Pendel"
so was von enttäuschend, und so was von einer selbstverliebtheit des autors in seine fähigkeiten als literaturprofessor hab ich noch nie gelesen. :autsch:
wie man 3-4 seiten mit einer belanglosen sache, wie einem garten füllen kann, ist bei ihm zu erlernen.
nach einem spiegelartikel ist dies auch das meistverkaufte, von seinen käufern nie gelesene buch.
und ich kann mir gut vorstellen warum =)
 
Despenser schrieb:
ich weiss das jetzt einige entrüstet aufschreien werden, aber an zweiter stelle kommt bei meinen allzeitfavoriten:
"Das Foucaultsche Pendel"
so was von enttäuschend, und so was von einer selbstverliebtheit des autors in seine fähigkeiten als literaturprofessor hab ich noch nie gelesen. :autsch:
wie man 3-4 seiten mit einer belanglosen sache, wie einem garten füllen kann, ist bei ihm zu erlernen.
nach einem spiegelartikel ist dies auch das meistverkaufte, von seinen käufern nie gelesene buch.
und ich kann mir gut vorstellen warum =)

Ich habnicht den leisesten Schimmer, wo du beim Lesen dieses Buches auf Selbstverliebtheit gestossen bist, aber da sieht man mal wieder, wie die Geister sich scheiden - besonders wenn's um Kunst geht.

'Das Focaultsche Pendel' gilt als Meisterwerk; als eines der best recherchiertesten, am brilliantesten umgesetzten Geschichtsromane ueberhaupt, reich an Symbolik und extrem intelligent. Wenn dir also die Sache mit dem Garten zu 'langweilig' rueberkommt, solltest du dich vielleicht mit oben erwaehnter Symbolik etwas mehr auseinandersetzen, oder mit Eco's 'Hauptberuf', der Semiotik - schwupps macht das Ganze auf einmal viel mehr Sinn. :yes:
 
es mag sein das es für einige "Kunst" ist und ein meisterwerk ist (es gibt ja auch manche die genau dasselbe über Dan Browns bücher sagen), aber es lässt sich nicht leugnen das man nicht genau was wenn er mit diesem buch ansprechen wollte. wenn man sich die frühen italienischen kritiken dieses buches anschaut, sind nicht alle seiner kollegen begeistert, wenn er in "ihrem" stile schreibt, bis auf einige wenige. die richtig euphorischen kritiken kamen erst später. und das er gerne seine bücher mit seinem wissen überfrachtet, kannst auch du nicht leugnen. im gegensatz zu anderen büchern von eco, in denen er noch genau recherchiertes benutzt hat, um die handlung voranzutreiben, benutzt er in FP nur noch um uns zu zeigen, was er so alles weiss.
an seiner uni selbst wurde er als sehr veliebt in seine eigenen sätze dargestellt.

http://kunst.erzwiss.uni-hamburg.de/Meyer/Hypermed/eco-pen.htm

aber über kunst und meisterwerke darf man ja streiten :D
 
meisterwerke des historischen romans sind für mich:

"die handschrift von saragossa" von Potocki

"rot ist mein name" von orhan pamuk

und ( nicht lachen ;) )

"cryptonomicon" von neal stephenson..............auch wenn es vielleicht keine hist.Roman ist
 
Despenser schrieb:
es mag sein das es für einige "Kunst" ist und ein meisterwerk ist (es gibt ja auch manche die genau dasselbe über Dan Browns bücher sagen)

Ich versteh' nicht ganz, wo da der Widerspruch sein soll. Literatur hat viele Genres, viele Ebenen, auf denen Meisterwerke entstehen koennen. Leider ist nicht jedes Buch fuer jeden Leser geeignet. Eco ist nicht Brown und Brown ist nicht Astrid Lindgren. Trotzdem gebaren alle drei 'Meisterwerke'.

Despenser schrieb:
..aber es lässt sich nicht leugnen das man nicht genau was wenn er mit diesem buch ansprechen wollte.

Das laesst sich sehr wohl leugnen. 'Das Focaultsche Pendel' ist eine spielerische Einfuehrung in die Physik und die Philosophie, gespickt mit Symbolik und getraenkt in Historik. Es geht um Wahnsinn und Weisheit, um Verschwoerungen und andere 'Netze' mit denen die Menschheit seit Jahrhunderten beschaeftigt ist und in die sie sich immer mehr verfaengt.

Despenser schrieb:
wenn man sich die frühen italienischen kritiken dieses buches anschaut, sind nicht alle seiner kollegen begeistert, wenn er in "ihrem" stile schreibt, bis auf einige wenige. die richtig euphorischen kritiken kamen erst später.

Ja, wenn man sich die fruehen 'Kritiken' Luthers anschaut, wird einem auch ganz anders. Oder - ums weniger religioes zu halten, was ist mit den fruehen Kritiken Joyce's, Wilde's oder Melville's?

Despenser schrieb:
und das er gerne seine bücher mit seinem wissen überfrachtet, kannst auch du nicht leugnen.

Will ich auch gar nicht - im Gegenteil. Wenn wer was weiss, soll er's ruhig zur Schau stellen. Waer's anders, wuerden schon lange keine (guten) Buecher mehr geschrieben werden. Schon mal davon gehoert, dass so viel Wissen auch inspirieren kann? ;)

Despenser schrieb:
an seiner uni selbst wurde er als sehr veliebt in seine eigenen sätze dargestellt..

Tja, wie Goethe so schoen sagte 'Mitwollende gibt’s wenig, Mißwollende viel'. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
es ist und bleibt leider ein "gelehrtenroman" und mit seinen andeutungen der kabbala, esoterik und freimaurerei wird eben ein grundlegendes wissen vorausgesetzt, das die meisten leider nicht haben. ein "elite"-roman für eine elite!!!

;)
 
Ich darf mich wohl eher zu den Kritikern historischer Romane zählen, und zwar vor allem aus didaktischer Sicht: ich habe immer wieder den Eindruck - auch aus anderen Internetforen (keine historischen Fachforen) - dass manche Leute historisches "Wissen" aus historischen Romanen beziehen, was vielfach fatal ist. Letztens wurde in einem Forum sogar in einer Diskussion Dan Browns Sakrileg als Quelle angeführt *kopfschüttel*
Den in diesem Thread angesprochenen Roman Fatherland empfinde ich als extrem schwach. Das Motiv für den Mord an den Parteibonzen ist ja, den Holocaust zu verheimlichen. Damit wird der Holocaust auf das Verbrechen einer kleinen Clique reduziert, die kaum Mitwisser hatte, was allerdings kaum haltbar ist - warum muß ich nicht ausführen.
Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht den Reiz an den Fragen á la was wäre gewesen, wenn?, meist gehen diese ja doch von falschen Postulaten aus...

Nichtsdestotrotz möchte ich hier einen historischen Roman empfehlen, den ich für recht gut gelungen halte.

Frank Baer: Die Brücke von Alcántara
In den Romantext sind immer wieder ereignishistorische Passagen eingefügt und am Ende des Romans äußert sich der Autor zu seinen Quellen und dazu, wo er von der Geschichtswissenschaft bzw. der allgemeinen Quelleninterpretation mit seiner eigenen Interpretation abweicht.
Achso... der Roman spielt im Spanien des 11. Jahrhunderts, es gibt drei Hauptfiguren, die sich immer wieder begegnen: ein jüdischer Arzt aus Sevilla, der andalusische Dichter Ibn Ammar (den gab es wirklich) und ein christlicher Soldat aus dem Norden, der die Tochter des jüdischen Arztes heiratet.

Interessant ist auch das Werk des als Krimiautor bekannt gewordenen spanischen Schriftstellers Manuel Vázquez Montalbán über die Borgia: Aut Caesar aut nihil. Zu deutsch als "Kaiser oder nichts" veröffentlicht. Leider ist Vázquez Montalbán, der in seinen Kriminalromanen seine Beobachtungen der politischen Entwicklung Spaniens darzulegen wußte, am 19.3.2003 verstorben. Er vertrat bis zu seinem Tod die These, dass die Transición, also der Übergang von der Diktatur Francos zur Demokratie bis heute nicht abgeschlossen sei.

El Quijote
 
Zuletzt bearbeitet:
Despenser schrieb:
es ist und bleibt leider ein "gelehrtenroman" und mit seinen andeutungen der kabbala, esoterik und freimaurerei wird eben ein grundlegendes wissen vorausgesetzt, das die meisten leider nicht haben. ein "elite"-roman für eine elite!!!

;)

Ich bin wie an anderer Stelle schon erwaehnt auch Mitglied in einem netten Literatur-Forum, und da wird Anfang Mai eine neue Leserunde gestartet, dreimal darfst du raten, mit welchem Buch.. Bist herzlichst eingeladen, dran teilzunehmen, vielleicht tun sich ja dann Welten auf, von denen du beim ersten Mal lesen nur getraeumt hast. :)

http://www.literaturschock.de/literaturforum/
 
Ich kenne die Seite, und ich finde sie gut :D aber du hast schon recht, wenn jeder seine eigene Meinung zu Meisterwerken hat. Und ich kann mir nicht vorstellen, das diese Leserunde meine Meinung ändern kann. Ich mag Bücher, die gut recherchiert sind und auch solche Themen zum Inhalt haben. ABER (*g*) : Wenn jemand sein ganzes Wissen über die gefundenen Quellen in einem Ego-erguss von sich gibt, und man bei einem historischen Roman unterhaltsam in diese Zeit versetzt werden soll, dann frage ich mich, wo denn diese "Unterhaltung" abgeblieben ist.
Es gibt sog. Meisterwerke, die ich persönlich für Schund halte (G.Gardonyi:"Sterne von Eger"; "Die Päpstin"; Serno......) und am liebsten hätte ich sie in die Ecke geschleudert.
Aber es gibt auch andere, wie zB: "Lempriere's Wörterbuch", oder Palissers "Das Geheimnis der fünf Rosen".
Ich mag Romane, die mich dazu bringen, etwas zu entdecken, mich nicht mehr loslassen, bis ich selber nachlesen muss, meine Bücher raushole, und mich inmitten eines Berges von Büchern zurücklehne und sage:"Er hat recht!"
Das kann auch bei leichterer Kost geschehen (Paul Harding), aber wenn ich Dinge in Büchern nur noch interpretieren muss, denke ich an meine Schulzeit und an H.Heine :grübel:
=)

Und das ist dann zuviel des Guten!

Aber ich habe dort schon öfters vorbeigeschaut und werde es sicherlich auch im Hinblick von Eco tun......!
 
Despenser schrieb:
Ich kenne die Seite, und ich finde sie gut :D aber du hast schon recht, wenn jeder seine eigene Meinung zu Meisterwerken hat. Und ich kann mir nicht vorstellen, das diese Leserunde meine Meinung ändern kann. Ich mag Bücher, die gut recherchiert sind und auch solche Themen zum Inhalt haben. ABER (*g*) : Wenn jemand sein ganzes Wissen über die gefundenen Quellen in einem Ego-erguss von sich gibt, und man bei einem historischen Roman unterhaltsam in diese Zeit versetzt werden soll, dann frage ich mich, wo denn diese "Unterhaltung" abgeblieben ist.
Es gibt sog. Meisterwerke, die ich persönlich für Schund halte (G.Gardonyi:"Sterne von Eger"; "Die Päpstin"; Serno......) und am liebsten hätte ich sie in die Ecke geschleudert.
Aber es gibt auch andere, wie zB: "Lempriere's Wörterbuch", oder Palissers "Das Geheimnis der fünf Rosen".
Ich mag Romane, die mich dazu bringen, etwas zu entdecken, mich nicht mehr loslassen, bis ich selber nachlesen muss, meine Bücher raushole, und mich inmitten eines Berges von Büchern zurücklehne und sage:"Er hat recht!"
Das kann auch bei leichterer Kost geschehen (Paul Harding), aber wenn ich Dinge in Büchern nur noch interpretieren muss, denke ich an meine Schulzeit und an H.Heine :grübel:
=)

Und das ist dann zuviel des Guten!

Aber ich habe dort schon öfters vorbeigeschaut und werde es sicherlich auch im Hinblick von Eco tun......!

Ich denke, ich weiss was du meinst.

Na dann, vielleicht sieht, aeh, liest man sich ja dann dort mal. :D
 
Despenser schrieb:
Aber es gibt auch andere, wie zB: "Lempriere's Wörterbuch", oder Palissers "Das Geheimnis der fünf Rosen".
Bei Pallisers "Quincunx. Das Geheimnis der fünf Rosen" ging es mir ähnlich wie dir bei Eco. Eigentlich eine sehr spannende Geschichte, aber auch der Versuch, möglichst viel Sozial-, Wirschafs- und Rechtsgeschichte in einem Buch unterzubringen, was dann irgendwann etwas langweilig wird. Trotzdem ein sehr lesenswert. :hoch:
 
Wie gesagt Livia, jeder hat so seinen Geschmack, aber ich kann dich verstehen. :rofl:
Es war ein Buch zum "Erst-mal-einlesen"
Hätt ich doch glatt einen meiner Lieblinge vergessen: "Der Azteke" von Gary Jennings
Hab keine Ahnung, ob er "historisch korrekt" ist, dazu reicht mein Wissen über diese Thema nicht aus, aber das war ein Roman, der mich in eine andere Welt entführte.
 
Senf zu die Birnen

Die Muck hat schon Erich Maria Remarque erwähnt. Von dem hab ich Feuer gefangen voriges Jahr. Stilistisch hat ihm die Erfolgsschock-Pause nach seinem berühmten Erstling gutgetan und ich würde empfehlen "Im Westen nichts Neues" als letztes dieser Trilogie zu lesen:

1. "Zeit zu leben, Zeit zu sterben" (1965), 2. "Schatten im Paradies"
Von den (re)markigen Titeln bitte nicht abschrecken lassen! Remarque ist näher bei Fjodor Dostojewskij denn bei Konsalik!
Buch 1 ist -wiederum- aus der zunehmend desillusionierten Sicht eines jungen deutschen Soldaten geschrieben, diesmal im Weltkrieg 2, ein Meisterwerk des Einfühlungsvermögens, bedenkt man, dass Remarque jene Zeit im US-Exil verbrachte,- was Buch 2 autobiographischer erschienen lässt: "Schatten im Paradies" beschreibt das Leben der dt. Exilanten-Gesellschaft in New York und (wieder) deren Desillusionierung beim Gedanken eine Rückkehr in ein Land, wo sie nicht wirklich gern wiedergesehen sein würden...

Danach bekam ich ein höchstkontroversielles -und für manche wohl unlesbares- Buch:

L. F. Céline (eigentlich: Destouches) "Norden": eines der irrsinnigsten Bücher über die letzten Kriegsmonate eines versprengten französischen Nationalsozialisten. Die gab es und Céline war der berühmteste, das Buch ist auch rein autobiographisch, Céline hatte einen der berühmten kleinen schwarzen Särge seitens der fr. Résistance erhalten und war durch das traumatisierte Deutschland irrend via Berlin schließlich in irgendeinem Schloss im Norden (Brandeburg oder Mecklenburg-Vorpommern) gelandet. Und in diesem Stil:... beschreibt er... die Auflösung von Moral und Ethik... während über Monate Bombergeschwader um Bombergeschwader... den nächtlichen Himmel über Berlin fahl erleuchtete...

Von diesem Buch muss man sich erholen.

Da fiel mir "Notabene 45" in die Hände, Erich Kästners Tagebuch bis Kriegsende, Ende Februar zum Beispiel seine Eltern in Dresden wissend... während er mit einem Filmteam die letzten Wochen Endkampf in einem Tiroler Bergdorf abwartet..

Von Kästners Gemütsruhe muss man sich auch wieder erholen, oder erinnere sich besser an Carl Zuckmeyers großer Autobiographie "Als wärs ein Teil von mir" (und lese sie "dagegen".. und Vorsicht: beide sind natürlich Bio-Äpfel bei die Romanbirnen.)

Also wieder ernüchtern:
Das tat ich mit dem "kühlen Grauen", das Imre Kertész mit seinem "Roman eines Schicksallosen" erzeugte. Ich habe ihm nachträglich in Gedanken hochachtungsvoll (mehr als zuletzt der österr. Reichshälfte) zum Literaturnobelpreis gratuliert.

An- und abschließend den wunderbaren Russen noch ein Stein ins Brett:

Endlich las ich "Doktor Schiwago" von Baris Pasternak. Und war hingerissen.
 
Ich les ja ganz gerne mal im Handbuch der Geschichte Russlands, aber noch lieber lese ich einen Roman von Dickens. :D
Interessant fand ich auch die Autobiografie von Trotzki, mal eine etwas andere Sicht auf die Ereignisse =)
Nicht zu verachten ebenfalls die Slawobulgarische Geschichte von Paissi Chilendarski, eine der wichtigsten Quellen der bulgarischen Geschichte, aber nicht immer einfach zu lesen.
Zum Schluss sollten noch die Goebbels Tagebücher erwähnt werden, bin aber nie durch gekommen, wird nach und nach immer ätzender, da sieht, wie verpeilt die alle waren.
 
Mein Tipp:

Henri Sanson: - Tagebücher der Henker von Paris 1685 - 1847
über die Henkers-Familie Sanson, ziemlich blutrünstig aber historisch
sehr interessant und spannend.

Susan Kay: - "Die Königin"
Roman über Elisabeth I. von England

Sandra Gulland: - "Kaiserin Joséphine"
das ist ein Tagebuchroman aus der Sicht Joséphins

Heinrich Mann: - "Die Vollendung des Königs Henri Quatre"
über das Leben Heinrichs von Navarra (Heinrich IV. von Frankreich),
sehr dickes Buch und zu Anfang etwas schwere Kost, doch es lohnt sich.
 
parago schrieb:
'Das Focaultsche Pendel' gilt als Meisterwerk; als eines der best recherchiertesten, am brilliantesten umgesetzten Geschichtsromane ueberhaupt, reich an Symbolik und extrem intelligent. Wenn dir also die Sache mit dem Garten zu 'langweilig' rueberkommt, solltest du dich vielleicht mit oben erwaehnter Symbolik etwas mehr auseinandersetzen, oder mit Eco's 'Hauptberuf', der Semiotik - schwupps macht das Ganze auf einmal viel mehr Sinn. :yes:

Interessanter wird das "Meisterwerk" dadurch trotzdem nicht. Unter brilliant versteh zumindest ich etwas anderes. Es mag ja auch sein, daß es mir an Intelligenz oder zumindest Intellekt mangelt, aber das Pendel ist mit Abstand das schlechteste Buch von unserm geliebten Literaten...
 
Weil ich noch viel zu wenig Gutes gelesen habe, bin ich etwas wählerisch und lese relativ selten historische Romane.
Tolstois „Krieg und Frieden“ wurde schon genannt, sehr viel mehr als ein historischer Roman, ein Meisterwerk, das ich ohnehin nicht angemessen mit ein paar Sätzen beschreiben kann – ist auch unnötig, so bekannt und vielfach gewürdigt, wie es ist. Tolstoi ist für mich ein ganz großer, genialer Erzähler, Künstler, ein bewundernswerter Mensch, der alle Konflikte, die er beschreibt, aus eigener Erfahrung kannte – er hat sich in keiner Hinsicht irgendetwas geschenkt – ; er war ein Weisheitssuchender, der das, was er suchte, auch zu leben bereit war.
(Allerdings habe ich „Auferstehung“ von Tolstoi kürzlich beiseite gelegt, weil ich für 600 Seiten moralische Läuterung des Protagonisten gerade nicht den Nerv habe. Irgendwann lese ich es.)
Feuchtwangers Josephus-Trilogie wurde, glaube ich, auch schon erwähnt, etwas ganz Großes, Brillantes, es geht in diesen Büchern um mehr als den jüdischen Krieg im 1. Jahrhundert n.Chr., aber auch um diesen. Die drei Flavier, noch nicht allzu häufig mit Romanen bedacht, sind meisterhaft porträtiert – besser kann man es, meine ich, gar nicht machen.
Ich möchte drei inhaltlich zusammengehörende Romane empfehlen, die vielleicht weniger bekannt sind: „Herr Lucius und sein schwarzer Schwan“ http://www.hist-rom.de/rez/lewiherr.html, „Die Ärztin von Lakros“ und „Die stillen Römer“ http://www.amazon.de/exec/obidos/AS...879/sr=1-56/ref=sr_1_2_56/302-3998432-9772055 von Waldtraut Lewin http://de.wikipedia.org/wiki/Waldtraut_Lewin. Diese Bücher sind in der DDR erschienen (deshalb antiquarisch sehr preiswert) und thematisch – auf ersten Blick - ein Zugeständnis an das vom Regime vorgegebene Geschichtsbild. Sie sind trotzdem lesenswert, weil von faszinierender psychologischer Tiefe, sprachlich und erzähltechnisch vom Feinsten, die Handlung ist spannend und bewegend, zudem bieten die Bücher eine ungewöhnliche Perspektive auf die historischen Ereignisse (was wiederum dem DDR-Geschichtsbild geschuldet ist): die Hauptfiguren sind Sklaven und die Ärmsten der Armen im alten Rom. Der erste Band ist für mich der beste, der Sklave Auletes ist ein überaus faszinierender Protagonist, eine schillernde, einprägsame Romanfigur. Der zweite Band enthält etwas viel Inselromantik, aber in diesem Buch wird schon eine Desillusionierung der Hauptfiguren deutlich – es geht um eine Gruppe von Sklaven, die den Spartakusaufstand überlebt haben, auf eine Mittelmeerinsel geflohen sind und mit Duldung des dortigen Herrschers ihr Inselparadies geschaffen haben, wo es keine Sklaverei gibt – bis dann Gold gefunden wird und Rom Anspruch auf die Insel erhebt. Der dritte Band ist wieder sehr gut, darin geht es – unter anderem – um einen jungen Aristokraten, der sich selbst zum „Princeps der Armen“ ernennt, einem Volk von Höhlenbewohnern zu Gerechtigkeit und einer eigenen Stadt verhelfen will und scheitert. Hier sehe ich eine Parallele zum „real existierenden Sozialismus“, und es wäre billig, der Autorin vorzuwerfen, sie hätte einfach nur ein Auftragswerk geschrieben. Aus meiner Beschreibung geht, glaube ich, hervor, dass Waldtraut Lewin die Romanhandlung und die Protagonisten ihrer Komposition und Erzählabsicht unterordnet, gelegentlich zu Lasten der historischen Authentizität, also nichts für jemanden, der eine exakte Wiedergabe historischer Ereignisse und archäologischer Details erwartet.
 
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