Historisierende Blockbuster und wie Geschichte im Mainstream gelesen wird

Es geht doch nicht darum, dass X Y nichts von der Handlung erzählt, sondern dass nicht alle Altersgruppen uneingeschränkt Zugriff zu Gewalt- und Sexszenen haben.
Du vergisst, welcher Geist in der Bundesrepublik in den 1950/60er Jahre herrschte. Zensiert oder zur Unkenntlichkeit verfälscht wurden auch politische Aussagen, wenn sie die Nazizeit betrafen. Weil die alten Nazis wieder das Sagen hatten – Zitat:

Als Casablanca am 29. August 1952 in die deutschen Kinos kam, enthielt der Film kaum noch Hinweise auf den Zweiten Weltkrieg. Alle Szenen mit Major Strasser und anderen Nazis waren herausgeschnitten worden. Auch die Szene, als die Deutschen Die Wacht am Rhein anstimmen und von französischen Patrioten mit der Marseillaise niedergesungen werden, fehlte. Victor László wurde zu Victor Larsen, einem norwegischen Atomphysiker, der die rätselhaften Delta-Strahlen entdeckt hat und aus dem Gefängnis geflohen war, nachdem er die von ihm selbst entwickelte zerstörerische Waffe eigenmächtig vernichtet hatte. Capitaine Renault wurde in Monsieur Laporte umbenannt und war nun ein Mitglied der Interpol.

Casablanca war in dieser um 25 Minuten gekürzten Version eher eine harmlose Romanze als ein Propagandafilm gegen die Nationalsozialisten und das Vichy-Regime. Erst im Oktober 1975 strahlte die ARD die ungekürzte und neu synchronisierte Fassung aus, die bis heute bekannt ist.
 
Ah, @Sepiola, wenn du so argumentierst, also diese Altersbeschrämungen als wirkungslos ansiehst, dann müsstest du dich auch fragen, warum es bis heute diese Art von Freigaben gibt.
Sie sind aber wirkungslos, damals wie heute. Zumal in Bezug auf Deine Argumentation. Denn die beruht darauf, dass die Erwachsenen, die 'Lebensborn' sehen durften, dessen Inhalt kollektiv vor der ausgeschlossenen Jugend verborgen hätten, was nicht der Fall war. Der Film wurde rezensiert und sicher auch an manchem Esstisch besprochen. Zur Unterdrückung politischer Standpunkte ist das Mittel der Indizierung denkbar ungeeignet, vor allem, da es einen Streisand-Effekt auslöst.
Du vergisst, welcher Geist in der Bundesrepublik in den 1950/60er Jahre herrschte. Zensiert oder zur Unkenntlichkeit verfälscht wurden auch politische Aussagen, wenn sie die Nazizeit betrafen.
Das heißt aber nicht, dass Du in diesem Fall Recht hast.
 
Das heißt aber nicht, dass Du in diesem Fall Recht hast.
Vielleicht hast du Recht, aber der erste mir genannte Grund für die Indizierung – siehe den Beitrag #69 – ist ein starkes Indiz dafür, dass das in erster Linie eine politische Entscheidung war; die anderen Gründe wurden vielleicht genannt, weil sie in jener prüden Zeit leichter durchsetzbar waren, sprich der Produzent konnte schwer dagegen argumentieren.
 
Vielleicht hast du Recht, aber der erste mir genannte Grund für die Indizierung – siehe den Beitrag #69 – ist ein starkes Indiz dafür, dass das in erster Linie eine politische Entscheidung war; die anderen Gründe wurden vielleicht genannt, weil sie in jener prüden Zeit leichter durchsetzbar waren, sprich der Produzent konnte schwer dagegen argumentieren.
Die Schlussstrich-Debatte, wie sie in den Wirtschaftswunderjahren losgetreten wurde, hat nicht nur ein politisches Element, sondern auch ein psychologisches. Viele Deutsche – auch politisch unverdächtige – wollten in Ruhe gelassen werden und von Krieg und NS-Zeit nichts hören. Es ist diese ostentative Gegenwartsbezogenheit, die das englische Schlagwort "Don't mention the war" persifliert. Der Deutsche wollte nicht mit der Vergangenheit konfrontiert werden – aber nicht allein wegen irgendeiner eventuellen persönlichen Schuld, sondern vor allem, um ohne schlechtes Gewissen seinen neuen Wohlstand genießen zu können. Vielleicht ist das bereits des Rätsels Lösung (und ich persönlich tendiere dazu, Bosheit und Hintersinn immer zuletzt als Erklärung in Betracht zu ziehen).
 
Einer der Drehbuchautoren Berthold Will hatte bereits 1958 in der Revue, einer der auflagenstärksten Zeitschriften damals, einen Fortsetzungsroman zum Lebensborn veröffentlicht, vermutlich geht das Drehbuch auf diesen Roman zurück.
Der Roman ist auch als Buch erschienen (Kindler Verlag, München 1958); die Namen der Hauptfiguren (Doris Korff, Klaus Steinbach) u. a. sind identisch.
 
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