buschhons
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Ich schätze, dass jene Reisewege in Galiläa und Judäa sehr gut alleine mit "Sandalen und härener Kutte" zu bewältigen waren, erst recht von etwa März bis Oktober. Für die Regenzeit/ den Winter suchte man sich notfalls halt eine Bleibe.Und da stellt sich, bedenkt man die Reisewege und -orte, die ganz banale Frage, ob das allein, nur mit Sandalen und härener Kutte überhaupt zu schaffen gewesen wäre
Na ja, Jesus hat sich laut den Evangelien nicht irgendwo in die judäische Wüste oder so gestellt, angefangen zu predigen und gehofft, dass mal zufällig einer vorbeikommt. Er hat bewohnte Landstriche bereist, z. B. die Ortschaften um den See Genezareth. Außerdem reisten jährlich zum Passafest im Frühling und zu den großen Festen im Tischri im Herbst zahlreiche Juden aus dem ganzen Land zu ihrer Heiligen Stadt, die sich in Reisegesellschaften zusammenschlossen, um bspw. von Galiläa durch das Jordantal nach Jerusalem zu pilgern. Nicht nur, dass sich bei solchen Anlässen, so ziemlich alle Neuigkeiten von Mund zu Mund herumgesprochen haben werden mit größtmöglichem Verbreitungseffekt, sondern auch, dass Jesus als Mitreisender hier automatisch große Menschenmengen antreffen konnte. Gelegenheiten für einen Prediger, der es vermag Interesse zu wecken und mit seiner Botschaft zu faszinieren, wird es also genug gegeben haben.und warum sich große Menschenansammlungen überhaupt (ohne Hndy, Internet, Zeitungen, Plakate etc) irgendwo in der Pampa hätten einfinden sollen, wenn so eine Art staubiger Bettelmönch da am Wegesrand seine mahnende Stimme erhebt.
Finde ich nicht.Die Wahrscheinlichkeit, dass dem heiligen Bettelmann begeisternde Mund-zu-Mund-Propaganda vorauseilt und große Menschenmengen bewegt, sich zu versammeln, ist doch eher gering.
Große Gesten und Parademärsche waren doch eher den jeweils politischen Machthaber vorbehalten. Das machte sie aber nicht zwangsläufig bei den Massen beliebter (ich denke z. B. an Herodes d. Gr. oder Archelaos). Und schenken wir dem Iosephos auch nur ein bisschen Glauben, so lockte Johannes der Täufer ganz ohne Parademärsche und Pomp viele Juden zu sich an den Jordan. Warum soll Ähnliches nicht auch Jesus und anderen Wanderpredigern gelungen sein. Neugier, Aufmerksamkeit und Begeisterung lassen sich ja nicht ausschließlich durch "große Gesten", die auf Geld und politischer Autorität basieren, erreichen.Bedenkt man, dass in dieser Zeit große Gesten (Paradeeinmärsche sozusagen) angesagt waren
Müssen denn immer alle geschäftsmännisch und unternehmerisch denken bzw. gedacht haben? Kann die Menschheit nicht auch ein paar Typen hervorgebracht haben, die tatsächlich Ideale und Überzeugungen in der Brust trugen? (keine Angst, ist spaßeshalber so pathetisch formuliert).so gesehen stellt sich die Frage nach dem quasi religiösen Geschäftsmann, dem "Unternehmen Messias" und seinem Mitarbeiterstab und Equipment als Konkurrenz zu den Hohepriestern in den Synagogen, welche ja ebenfalls alles andere als ärmlich oder unrepräsentativ waren!
Tempel und Tempelkult bzw. -gottesdienst waren gewiss repräsentativ für das Judentum überhaupt und gewiss auch nicht ärmlich ausgestattet und gestaltet. Unter den Priestern gab es sowohl Reiche, die in der Jerusalemer Elite mitmischten, als auch relativ "Einfache" aus nicht reichen Priesterfamilien, die nur, wenn sie gemäß der Dienstordnung gerade Dienstwoche hatten, aus ihrem Heimatort in die Stadt gingen, um ihren gottesdienstlichen Pflichten/ Rechten nachzukommen. Jedenfalls war der riesige und herrliche Tempel das religiöse und gesellschaftliche Zentrum eines ganzen Volkes. Für konkurrenzfähig konnte sich Jesus da auf der Mitarbeiter- und Equipment-Ebene sowie so nicht halten. Mit dem Tempel in Sachen äußerlicher Würde konkurrieren zu wollen, wäre von vorneherein lächerlich und aussichtslos gewesen. Und ich denke, dass das auch gar nicht nötig war, um als Prediger gehört zu werden. Übrigens hielten ja die Essener den Hohenpriester für illegitim (vor allem aufgrund seiner familiären Herkunft seit den Makkabäern), Teile der Priesterschaft für verrucht, die Festzeiten für falsch berechnet usw. Die Essener setzten sich schon in gewissem Maße zum damaligen "Tempelmanagement" in Widerspruch (wenngleich sie die großen Feste am Tempel wohl gemäß der Anordnung der Hl. Schrift besucht und mitgefeiert haben werden). Auch die Essener hatten dennoch Mitglieder und Anhänger, ohne dass sie mit dem Tempel-Equipment irgendwie hätten mithalten können oder wollen.
Die im Lande verstreuten für den "Schriftgottesdienst" genutzten sowie als Toraschulen fungierenden Synagogen sind zwar Ausstattungs-technisch und Bedeutungs-technisch nicht mit dem Jerusalemer Heiligtum und seinen Opfern zu vergleichen; aber klar, besaßen auch sie in ihrer jeweiligen Ortschaft eine ihnen eigene religiöse Würde. Eine Tora-Rolle wird Jesus vermutlich nicht unterwegs mitgeschleppt haben; dennoch trat er laut Evangelien wenigstens zu der Synagoge in Nazareth und ihren Ältesten in eine Art "Konkurrenz". Das war aber eine ganz andere Liga als der Tempel. Wie gesagt, als "religiöser Geschäftsmann" mit dem Hohenpriester und den Priestern am Tempel in Konkurrenz treten zu wollen, wäre Wahnsinn gewesen - und, wie gesagt, wohl auch gar nicht notwendig, um gehört zu werden.
(Nur nebenbei: Hohepriester wird man nur in Ausnahmefällen in Synagogen gefunden haben. Der amtierende Hohepriester dürfte sich vorzugsweise am Tempel herumgetrieben haben.)
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