Was Hitler ganz zweifellos besaß, das war ein begnadetes Talent zum Populismus. Er verstand es, die Ängste und Antipathien von Hunderttausenden in leicht verständliche Parolen zusammenzufassen. Seine Reden enthielten oft reichlich verunglückte Metaphern, und oft fehlte ihnen ein logischer Aufbau. Als Rhetoriker kam er keineswegs an Goebbels heran, der sehr gut reden konnte. In der persönlichen Begegnung verblüffte er oft seine Gegenüber. Er konnte, wenn er wollte, charmant und selbst witzig- sarkastisch sein. Chamberlain nannte ihn "den ordinärsten kleinen Straßenköter, den ich je gesehen habe", dennoch konnte Hitler in München machen, was er wollte. Die Herren Generale, Manstein, Guderian, Halder, sie alle hätten ja nach ihrer Ansicht den Krieg gewonnen, wenn der "Gefreite" ihnen nicht ständig in die Parade gefahren wäre. Seine Befehle, auch die unsinnigsten wurden dann aber befolgt. Er schnauzte sie an, setzte sie ab, behandelte sie als befehlsempfänger, und sie ließen sich das gefallen. Er war natürlich nicht der "größte Feldherr aller Zeiten", doch auch nicht der Dilettant, als den ihn die Generale schilderten. Das Kriegserlebnis von 1914/18 war vermutlich das Ereignis, das ihn intellektuell am meisten geprägt hatte. Er verblüffte seine Umgebung mit Detailkenntnissen und hatte sich als Autodidakt durchaus beachtliche Kenntnisse angeeignet. Er war Anhänger der modernen Kriegführung und gab schließlich Leuten wie Manstein oder Guderian freie Hand. Er hatte einen 7. Sinn für menschliche Schwächen, seine Triumphe hat er stets über schwache Gegner gefeiert. Er war ein Hassardeur, der grundsätzlich Vabanque spielte. Das führte zu Triumphen, aber auch zu katastrophalen Niederlagen. Hitler kannte nur offensive Konzepte. Als seine Divisionen geschlagen wurden, fiel ihm nur Halten bis zum letzten Mann, "kein Fuß breit zurück" ein. Er sagte einmal von sich, er kenne nur "das Zuschlagen". Hitler war mit Sicherheit intelligent, er verfügte über ein sehr gutes Gedächtnis und besaß sozusagen ein "böses Charisma". Geniale Züge kann ich an Hitler allerdings nicht entdecken. Sein ganzes Denken war unglaublich eingleisig und starr. Er sprach einmal von der "Kunst des Lesens" und dass er immer nur das annahm, was er ohnehin glaubte, schon zu wissen. Er suchte nur seine Selbstbestätigung und ignorierte alles, was nicht in dieses Konzept paßte. Er folgte seinem "granitenen Fundament" und war völlig unfähig, sich auf neue Konstellationen einzustellen. Seinen größten Triumph, das Abkommen von München, sah er gar nicht als solchen, denn er hätte lieber Krieg gehabt. Sein Weltbild kannte nur das Recht des Stärkeren, das primitive Zupacken. Diplomatische Versuche, einen Sonderfrieden mit Stalin zu erreichen, was noch 1943 möglich war, hat er erst gar nicht unternommen, er konnte ja seine Diskussionspartner nicht einmal ausreden lassen. Jegliche Selbstkritik war ihm fremd, er war extrem narzisstischveranlagt und vermutlich selbst der gläubigste Anhänger des Führerkultes. Dazu hatte er ein fast kindisch wirkendes Bedürfnis nach Rekorden, etwa wenn er Linz zur größten Kunststadt seines Reiches machen wollte oder auf der Straße amerikanische Straßenkreuzer zu einem Rennen herausforderte. Hitler war eine neurotische Persönlichkeit mit vielen Defiziten. Schon dass er das Schicksal des Reiches von der eigenen Lebenszeit abhängig machte, seinen Namen zum "deutschen Gruß erhöhte, ist bezeichnend. Es ist natürlich verführerisch, Hitler zum Geisteskranken, zum Psychopathen zu erklären, doch habe ich starke Zweifel ob diese "Geisteskrankheit" streng medizinischen Kriterien entspricht.
Ein Genie war Hitler nur im Hinblick auf seine Destruktivität. Niemand ist bisher so gründlich gescheitert, kaum jemand hat allerdings auch die Welt mehr verändert als Hitler. Es hätte keine Supermacht Sowjetunion und vielleicht auch keinen Staat Israel gegeben- ohne Hitler.
Er war nicht nur eine Persönlichkeit der Politik-, sondern auch der Kriminalgeschichte- etwa so wie Fritz Harmann oder "Jack the Ripper". Dabei verfügte er über bürokratische und industrielle Möglichkeiten des Massenmordes. Seine Verbrechen hielt er für Verdienste und brüstete sich in seinem Testament damit, den "Weltbrandstifter" in Form des "internationalen Finanzjudentums" bekämpft zu haben.
Hitler hielt sich selbst für ein Genie und lobte seine "Intuition". Er war ein merkwürdiger Reichskanzler, der lange schlief, Bürostunden schwänzte und sich gelegentlich hektisch in ein Projekt stürzte. Er verfügte zweifellos über Willenskraft, Autorität und Intelligenz, und besaß eine gewisse Schlauheit, für systematische Arbeit und Kontroverse ging ihm allerdings jeder Sinn ab, und er war unglaublich eingleisig. Er dachte nur in Herren- und Sklaven, in pseudodarwinistisch- rassistischen Kategorien. Die großen politischen Chancen, die sich für ihn ergaben, sah er gar nicht. Seine "Neuordnung Europas" war absolut unerträglich und konnte nur so lange Bestand haben, wie seine Armeen über die Macht verfügten, seine Terrorordnung aufrecht zu erhalten.
"Ich war Europas letzte Chance" sagte er von sich, woran leider etwas Wahres dran ist. Die verspielte er aber so gründlich, dass selbst Stalin Europa als das kleinere Übel erscheinen mußte. 1940 ergaben sich für das Reich noch einmal große diplomatische Chancen. Ein generöser Frieden mit Frankreich Polen hätte Deutschland die Hegemonie beschert und GB isoliert, wofür hätte das UK dann noch den Krieg führen wollen. Doch Hitler wäre eben nicht Hitler gewesen, wenn man sich ihn als Diplomaten und generösen Staatsmann vorstellt. Sein Konzept, seine Weltsicht war unglaublich primitiv. Er dachte nur in Gegnern und Feinden, ließ einzig und allein das Recht des Stärkeren als " ehernes Naturgesetz" gelten. Er verfügte über ein sehr gutes Gedächtnis und war ein eifriger Leser. Niemals aber konnte er ein Buch systematisch lesen, niemals konnte er die Strömungen seiner Zeit künstlerisch umsetzen. Seine Planung von Berlin- Germania war megaloman und beängstigend, aber nicht phantasievoll. Er besaß reiche Detailkenntnisse und ein unglaublich vielseitiges Halbwissen. Eine wirklich systematische Bildung hat er sich nicht aneignen können, und im Grunde war der verhinderte Künstler ein unglaublicher Banause und Ignorant.