Humangenetik, Polymorphie, Pigmentierung und Rassebegriff

Ich frage mich, wer hier wen missversteht und warum. Am Anfang des letzten Ministreits stand die Behauptung, es wäre einem Bewohner New Yorks aus dem 17. Jhd. eher weniger in den Sinn gekommen, Menschen über die Hautfarbe zu definieren, ab dem späten 17. Jhd. habe sich das geändert. Das halte ich nicht für korrekt, es gab entsprechende Diskriminierung über die Hautfarbe schon lange vorher. Die Genozide in den Neuenglandstaaten im 17. Jhd. an Indianervölkern beruhten auch darauf.

Nackt unterscheiden sich Menschen verschiedener Hautfarbe nun mal deutlicher voreinander als angezogen, egal, ob das Erbgut nur minimal abweicht oder nicht, daher habe ich diesen Passus auch nicht verstanden.

Außerdem sollte streng unterschieden werden, ob man nun über den modernen Rassebegriff oder einen historischen Rassebegriff, der ohne unsere heutigen Kenntnisse angefertigt wurde, spricht. Die jeweiligen Vorurteile sind für die Handelnden real, daher kann man für frühere Zeiten nicht einfach sagen, der Rassebegriff wäre subjektiv soziologisch erzeugt gewesen.

Insgesamt denke ich, man kommt gut ohne dieses überholte Konstrukt der Rasse aus. Ein sozial verstandener Rassebegriff ist irgendwie irritierend, man sollte für dieses Diskriminierungsmerkmal einen anderen Passus finden.

Es gab in Nieuw Amsterdam Gesetze, die sexuelle Kontakte zwischen Weißen und Schwarzen verboten. Allerdings importierten die Holländer schwarze Frauen, um sie mit ihren Atlantic Creoles zu verheiraten, was sie leichter kontrollierbar machte. In Einwohnerlisten der Kolonie tauchen einige Simon Congos oder John Angolas auf. Einer dieser Atlantic Creoles verklagte einen Weißen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Atlantic_Creoles
 
Es gab in Nieuw Amsterdam Gesetze, die sexuelle Kontakte zwischen Weißen und Schwarzen verboten. Allerdings importierten die Holländer schwarze Frauen, um sie mit ihren Atlantic Creoles zu verheiraten, was sie leichter kontrollierbar machte. In Einwohnerlisten der Kolonie tauchen einige Simon Congos oder John Angolas auf. Einer dieser Atlantic Creoles verklagte einen Weißen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Atlantic_Creoles

Atlantic Creole - Wikipedia, the free encyclopedia

Hoffe dieser link funktioniert besser.
 
Ira Berlin geht in seiner Studie der Herkunft verschiedener namentlich greifbarer Kreolen in der Chesapeak Bay auf den Grund.

Ira Berlin, Many Thousands gone- The First two Centuries of Slavery in North America, Cambridge/ MA 1998.

Berlin war auch an einem Projekt beteiligt, das einen Abriss der Geschichte der Sklaverei in Nordamerika bietet und deren Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft der späteren USA.

Slavery and the Making of America WNET 2011.

Ich schrieb weiter oben oder in einem anderen Thread, dass die Carolinas von Pflanzern aus Barbados kolonisiert wurde.
Den frühen Pionieren stellte sich die Frage nach einer lukrativen Agrarpflanze. In Virginia und Maryland setzte nach den Kriegen gegen die Powhattan der Tabakboom ein.
Der Motor des Wirtschaftswachstums der Carolinas war weder Baumwolle, noch Zuckerrohr, sondern Reis. Es fehlte allerdings die praktische Erfahrung für die Kultivation. Diese brachten afrikanische Sklaven mit, die in Senegambien und Oberguinea schon seit langem Reis anbauten. Sklaven die über wertvolle Erfahrungen und Arbeitstechniken verfügten, genossen gegen Ende des 17. Jhds ein relativ hohes Maß an Privilegien. Davon war zur Zeit der Stono Rebellion (1739 in South Carolina) nichts mehr übrig geblieben. Schwarze Schuldknechte hatten weitaus höhere Hürden zu überwinden, die Freiheit ihrer Nachkommen zu garantieren.Die bereits bestehenden Slave Codes wurden nach 1739 erheblich verschärft.

In Mark Twains Huckleberry Finn lernt Huck die Familie Grangerford kennen, die sich heftig mit dem Clan der Shepherdsons befehdet. Beim sonntäglichen Kirchgang tragen die Mitglieder beider Familien Waffen. Was Mark Twain ironisch aufs Korn nimmt, war im kolonialen Nordamerika Alltag, und ein Gesetz South Carolinas gestattete Sklavenhaltern, während des Gottesdienstes Waffen zu tragen.
 
Verschiedene Augen- und Haarfarben meistens bei Europäern?

Warum kommen unterschiedliche Augen- und Haarfarben, wie blau, grau und grün bzw. blond und rot, hauptsächlich bei ethnischen Europäern und in ihrem Diaspora vor, während die meisten anderen Leute i.d.R. schwarze Haare und braune Augen haben?

Im Nahen Osten findet man verschiedene Farben viel seltener. Ähnlich in Lateinamerika und dort haben die meisten Menschen mehr oder weniger europäische Abstammung durch Vermischung.

Australische Aboriginals und Melanesier sind meistens brünett und oft blond, die Augen sind jedoch immer braun.

Die einzigen mir bekannten Schwarzen mit hellen Augen- und Haarfarben, sind Afroamerikaner, und diese verfügen zu etwa 20% über europäische DNS.

In Ostasien kommen andere Augenfarben außer braun und hellere Haare nur vereinzelt und in bestimmten Ethnien vor, z.B. bei Hmmong und Mongolen (Genghis Khan war rothaarig und grünäugig).

Ursprünglich hatten alle Menschen schwarze Haare und braune Augen, bis es zu Mutationen kam, aber weshalb fanden diese in Europa viel öfter statt bzw. haben sich stärker durchgesetzt als anderswo?
 
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Weil wir pigmentell benachteiligt sind?
Weil die Lebensräume für größere Menechenmengen in Europa wegen des Golfstroms weiter nach Norden gehen als anderswo?
Weil die Lichteinstrahlung dadurch ein geringeres Problem war?
 
Mit der Anpassung an das Klima kann die Vielfalt nicht zu erklärt werden.

Die verschiedenen Augenfarbe bringen keinerlei praktischen Vor- oder Nachteile. (Ausnahme bildet die Augenfarbe Rot bei Albinismus, die Sehschwächen begünstigt.)
Lediglich im Ostseeraum (Skandinavien, Norddeutschland, Polen, Baltikum) ist eine Mehrheit der Bevölkerung blond- und blauäugig. Die Ursache hierfür ist unbekannt. Dunkelbraune Haare und helle Augen kommen auch noch in den Subtropen vor, z.B. Nordafrika und Mittlerer Osten. Ausgerechnet die Ureinwohner der asiatischen und nordamerikanischen Arktis haben schwarze Haare und dunkle Augen. Der Polymorphismus der Haar- und Augenfarben ist keine Anpassung an das Klima und die Sonneneinstrahlung. Der Schwerpunkt des Polymorphismus ist eindeutig Europa.

Polymorphismus ist eines der letzten Rästel in der Evolutionstheorie. Geografische Variationen kann man noch ganz gut erklären, aber warum in einer Population so viele verschiedene Varianten nebeneinander vorkommen, ist ungeklärt.

Vielleicht hilft auch ein Blick ins Tierreich. Beim Weißhandgibbon kommen zwei unterschiedliche Farbmorphen vor. Beim Menschen würde man das Spektrum als blond, brünett, rot und schwarz bezeichnen. Es handelt sich hierbei nicht um geografische Unterarten. Die Farbmorphen kommen bei allen Unterarten vor.
Bei manchen Primaten gibt es einen Polymorphismus bei Haarfarben, bei anderen nicht. Alle Orang-Utans sind rothaarig und alle Schimpansen sind schwarzhaarig. Bei Menschen und Weißhandgibbons ist die Sache jedoch kompliziert.
 
Kann das eventuell mit sexueller Selektion zusammenhängen? Manche glauben, dadurch, dass Europa während der Eiszeit unwirtlich gewesen ist, waren Männer lange unterwegs, um Nahrung zu beschaffen. Dadurch gab es mehr Frauen als Männer und diese konnten sich eine Partnerin mehr oder weniger frei aussuchen. Dabei bevorzugten sie Merkmale, die als selten und exotisch galten, d.h. eben diese "neuen" Augen- und Haarfarben. Das erklärt ebenfalls, warum die Farben auch bei Nahostlern oft vorkommen, wenn auch nicht so häufig wie bei Europäern, und Australische Aboriginals meistens braune und manchmal blonde Haare haben, weil diese Gebiete größtenteils Wüste sind und es durch die Unwirtlichkeit des Lebensraums nach der These zum "Männermangel" kam.

Diese These hat jedoch ein paar Probleme. Erstmal geht man davon aus, dass die Menschen alle bzw. primär monogam gewesen und traditionellen Geschlechterrollen gefolgt sind, was zu bezweifeln ist, gerade in der geschilderten Situation. Außerdem hätten diese neuen Augen- und Haarfarben nur solange als selten/exotisch und damit begehrenswert gegolten, solange sie in der Population noch in der Minderheit waren. Es erklärt also nicht, wie dadurch, wie von dir angesprochen, diese Eigenschaften zur Mehrheit im nördlichen Europa wurden. Und in anderen kalten und unwirtlichen Regionen, wie Sibirien und der amerikanischen Arktis, sind die Augen und Haare der Leute immernoch meistens schwarz bzw. braun.

Das es keine Vor- und Nachteile gibt, stimmt aber nicht. Meines Wissens nach kann man mit blauen Augen besser bei Dunkelheit sehen, wird jedoch leichter geblendet, bei braunen ist es andersrum. Einen Zusammenhang mit der Hautfarbe gibt es jedoch nicht. Helle Augen und Haare sind definitiv viel älter als helle Haut.
 
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Das Thema oben geht auf die Rassephantasien eines identitären Publizisten zurück. Oben in #10 fabuliert er über die Bedeutung von populationsgenetischen Verteilungshäufigkeiten und genetischen Abständen/Differenzierungsmaße aufgrund zeitlicher und räumlicher Separation (ein Kollegentroll im früheren thread bezüglich FST über den Vergleich zu Geschwistern).

Hier ein neuer Fachaufsatz zum Verständnis des Differenzierungsmaßes FST und Anwendung auf paleogenetische und aktuelle Untersuchungen aus der Nature:
Fst between archaic and present-day samples

Aufsatz ist hinter einer paywall, allerdings vorab im freien Download in der bioxriv verfügbar:
Fst between archaic and present-day samples
 
Das könnte doch auch einen Einfluss auf die Evolution von Pigmentierung haben.

Körperbemalung schützt gegen Blutsauger
„Wir fanden signifikante Unterschiede in der Zahl der gefangenen Bremsen“, berichten die Forscher. 72 Prozent aller Stechinsekten hatten die braunhäutige Puppe angeflogen, das hellhäutige Modell zog dagegen nur 18,5 Prozent an. Dies passe zu Beobachtungen, nach denen Tiere mit dunklem Fell stärker von Bremsen und Tsetsefliegen geplagt werden als hellfellige: „Je dunkler das Wirtstier, desto attraktiver ist es für Bremsen“, so Horvath und seine Kollegen. Das Entscheidende aber: War die dunkle Haut der Puppe mit weißen Streifen verziert, verlor sie nahezu alle Anziehungskraft für die Stechinsekten: Nur 9,5 Prozent der Bremsen flogen die bemalte Puppe an. „Das belegt, dass die Körperbemalung die visuelle Attraktivität des menschlichen Körpers auf Bremsen reduziert“, so die Forscher.
 
Halte ich für eher unplausibel. Die Stechinsekten folgen in erster Linie unserem Atem*, der ihnen offensichtlich anzeigt, wie attraktiv unser Blut für sie ist. Wenn man mal von Krankheiten wie Pest, Dengue, Zika und Malaria absieht, dann sind Stechinsekten auch nicht für unsere Fortpflanzung gefährlich und somit kein evolutionärer Faktor, zumal die Pest auch ein Resultat unkontrollierer Rattenplagen ist, da der Floh als Überträger eigentlich erst von der Ratte auf den Menschen als Zwischenwirt übergeht, wenn die Ratten nicht mehr ausreichen, um die Flöhe zu ernähren; wenn die Ratten also reihenweise eingehen, dann bemerkt der Mensch eigentlich erst, dass er ein Problem hat. Nun sind Dengue, Zika und Malaria Krankheiten, die hauptsächlich in Afrika, Südasien und Lateinamerika vorkommen, wobei Malaria auch in Europa vorkam.

*ja, dem Atem, nicht dem Schweiß, wie häufig kolportiert wird.
 
Es geht ja weniger um Plausibilitäten, sondern erstmal nur um einen empirisch belegten Unterschied.
Der Geruch als Faktor wird außerdem angesprochen.

"Zwar suchen Stechinsekten ihre Wirte nicht allein visuell, sondern orientieren sich auch nach dem Geruch. „Es wurde aber in früheren Experimenten schon gezeigt, dass gestreifte oder gefleckte Ziele selbst dann noch weniger attraktiv für Bremsen sind, wenn sie die typischen Lockstoffe wie Kohlendioxid oder Ammoniak abgeben“, erklären Horvath und sein Team. „In unserem Versuch war das braunhäutige Modell immerhin zehnmal so anziehend für die blutsaugenden Fliegen wie sein gestreiftes Gegenstück.“"
 
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